Bildung

Eindrücke vom weltweiten Aktionstag für die Freiheit der Wissenschaft

March for Science

Das Ziel des March for Science ist es, die hohe Bedeutung faktenbasierter Wissenschaft für alle Bereiche der Gesellschaft zu verdeutlichen. Die Piratenpartei steht für evidenzbasierte Politik und unterstützt diese Aktionen sowohl durch ihr Programm als auch durch direkte Teilnahme an den Demonstrationen. Wissenschaftliche Erkenntnisse sind die Grundlage für eine freie und moderne Gesellschaft.

Ich unterstütze den ‚March for Science‘ und hoffe, dass sich möglichst viele Menschen den weltweiten Demonstrationen am Samstag anschließen. Der Wohlstand unserer modernen Gesellschaft beruht auf den vielen Erkenntnissen der Wissenschaft. Diese dürfen nicht infrage gestellt werden, nur um die eigene Ideologie diskutabel zu machen
Philip Köngeter, Vorsitzender der Piratenpartei Baden-Württemberg

Berlin

In Berlin startete der Marsch an der Humboldt-Universität und führte zum Brandenburger Tor. Es geht bei dem March for Science aber um mehr als bloßen Protest gegen Maßnahmen der Trump-Regierung. Immer häufiger werden weltweit Erkenntnisse und Prinzipien der Wissenschaft geleugnet, Forschungsergebnissse zurückgewiesen oder auch durch populistische Umdeutungen infrage gestellt.

Unliebsamer Forschung wird die finanzielle Basis entzogen, in der Türkei werden derzeit dem Regime nicht passende Forscher massenweise entlassen oder gar verhaftet und ganze Universitäten geschlossen. Ein Negativbeispiel in Europa ist die „Central European University“ (CEU) mit Sitz in Budapest. Ein vom ungarischen Parlament beschlossenes Gesetz verlangt, dass ausländische Hochschulen in Ungarn auch immer einen Sitz im Ausland (Ursprungsland) haben müssen. Das bedeutete das Aus für die CEU. Sie wurde von dem in Ungarn geborenen US-Milliardär George Soros 1991 gegründet. Mittlerweile überlegt die Freie Universität Berlin, der CEU Exil in Berlin anzubieten.

Dr. Franz-Josef Schmitt, politischer Geschäftsführer der PIRATEN Berlin, ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Technischen Universität (TU) Berlin und dort Vorsitzender des Erweiterten Akademischen Senats. Schmitt zum March for Science:

„Der March for Science ist nicht nur ein Aufruf zum Protest für die Freiheit der Wissenschaft, sondern betrifft die Freiheit der Menschen insgesamt. Denn wie wissenschaftliche Fakten, die im Widerspruch zu populistischen Forderungen stehen, sind natürlich auch die Meinungs- und Pressefreiheit unliebsame Errungenschaften für selbstherrliche Politiker. Gerne würde ich mit den Worten „Wehret den Anfängen“ zur Beteiligung aufrufen, gegen das Leugnen von Fakten zu protestieren, doch dazu ist es leider schon zu spät. Die genannten Beispiele zeigen, dass wir mitten in einer Welt leben, in der neue Formen der Zensur den Alltag derer bestimmen, die sich der Wahrheit verpflichtet fühlen.“

 

Frankfurt am Main

In Frankfurt war die @Drachenrose auf der Straße:

In Frankfurt waren 2500 Menschen auf der Straße. Peter Feldmann, Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt, hielt die Eröffnungsrede, in der er sich für eine evidenzbasierte Wissenschaft und gegen Fake-News, alternative Fakten und postfaktische Wahrheiten aussprach. Dabei nahm er auch die Politik in die Verantwortung. Diese müsse sich viel stärker an Fakten orientieren und auch dorthin sehen, wo es weh tun würde.

Die nachfolgenden Redner betonten nicht nur die Notwendigkeit der Freiheit der Wissenschaft, sondern legten großen Wert auf den Stellenwert von Bildung insgesamt. Besondere Priorität wurde der Evolutionstheorie eingeräumt, die in den Schulen viel zu spät (erst in der Oberstufe) oder teilweise gar nicht (in der Mittelstufe) behandelt wird. Evolutionstheorie müsse kindgerecht bereits in der Grundschule behandelt werden. Schließlich würden sich Kinder enorm für Dinosaurier begeistern, genau da wäre der Ansatzpunkt, Kindern die evolutionäre Entwicklung des Lebens zu vermitteln.

Ein weiterer Schwerpunkt lag auf der internationalen Vernetzung, ohne die in Deutschland keine Forschung funktionieren würde, da zahlreiche Projekte grundsätzlich gemeinsam mit vielen Gruppen quer über den ganzen Globus verteilt angelegt sind. Erwähnt wurden auch die Repressionen, denen derzeit türkische Wissenschaftler aus unterschiedlichen Gründen ausgesetzt sind. Hierfür reicht es aus, einfach die „falsche“ politische Einstellung zu haben oder Forschungsergebnisse zu produzieren, die der Regierung nicht genehm sind.

 

Hamburg

Aus Hamburg berichteten @Tischnachbar und @PirateRanger.

Auch extremes Aprilwetter konnte Wissenschaftler aus ganz Norddeutschland nicht abhalten, sich am Hamburger March for Science zu beteiligen.

Ca. 2500 Teilnehmer waren dem Aufruf von Imke Fiedler und Annika vom Scheidt, Doktorandinnen am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, gefolgt. Besonders auffallend war die internationale Ausprägung und die vielen weiblichen Teilnehmenden an der Demonstration. Der Protest wurde insbesondere von Studierenden und Mitarbeitern der Hamburger Universitäten und Hochschulen sowie den Mitarbeitern der großen Forschungsstandorte DESY, Bernard Nocht Institut und Helmholz Geesthacht getragen.

Hervorgehoben wurde immer die Bedeutung der Wissenschaften für die Gesellschaft und die notwendige Stärkung dieser. Eine ebenfalls vorgebrachte Forderung richtete sich an die bedarfsgerechte Finanzierung, um die Freiheit der Forschung zu sichern. Auch „Alternative Fakten“ waren Gegenstand der Reden. Erwähnenswert war zudem der Redebeitrag von Paula Herrschel, Vertreterin des AsTA, die unter anderem G20 in Hamburg thematisierte; ein weiterer bekannter Redner war @AlexHoaxmaster Alexander Waschkau, Podcaster und Psychologe, der sich bereits seit Jahren mit seinem Hoaxilla Projekt gegen Fake-News wendet. Beendet wurde der March for Science in Hamburg passend mit einem Science Slam im Hörsaal A des Uni-Hauptgebäudes.

 

Heidelberg

In Heidelberg war @AlexSchestag mit dabei.

Am March for Science in Heidelberg nahmen schätzungsweise 1800 Leute teil. Nach einer kleinen Auftaktkundgebung mit einem Science-Slammer gab es einen Demozug bis zum Universitätsplatz. 13 Rednerinnen und Redner, zu denen auch die baden-württembergische Wissenschaftsministerin Theresia Bauer und der Rektor der Universität Heidelberg gehörten, machten auf verschiedene Aspekte der Bedeutung von Wissenschaft aufmerksam.

Bild: @AlexSchestag, March for Science HeidelbergNeben einer freien und demokratischen Gesellschaft kamen auch Punkte wie die Stärkung von kritischem Denken in der Bevölkerung, das Zusammenspiel von Wissenschaft und Politik, insbesondere in der Stadtgesellschaft, und die Notwendigkeit einer besseren Wissenschaftskommunikation zur Sprache. Ein Höhepunkt war die Rede einer türkischen Wissenschaftlerin, die beschrieb, wie ihre Kollegen in der Türkei mit der Zensur ihrer Arbeit, Entlassungen von Wissenschaftlern und Verhaftungen umgehen.

München

In München war @ResiduumMuc dabei:

In München nahmen am March for Science zwischen 3.000 und 4.000 Personen teil. Von den Organisatoren und den Rednern wurde immer wieder betont, dass es sich nicht um eine Veranstaltung gegen Trump handelt, sondern grundsätzliche Fragen verhandelt werden: Welchen Stellenwert soll Wissenschaft und Forschung in der Gesellschaft haben?

Wesentlich für viele Redner war auch, dass Geistenwissenschaften und sogenannte „Orchideenfächer“ haben, und dass diese für die Naturwissenschaften eine wesentliche Bedeutung für die Einordnung der Erkenntnisse haben.

In meinem Redebeitrag betonte ich die Verantwortung der Politik für die Freiheit der Wissenschaft: Zum einen muss die Gesellschaft für die Sicherheit des akademischen Mittelbaus sorgen, indem die Mitarbeiter sich von befristeten halben Stellen und befristeten halben Stellen hangeln müssen, zum anderen muss auch an den Universitäten die Trennung von Staat und Religion erfolgen, indem die Konkordatslehrstühle abgeschafft und durch reguläre Lehrstühle ersetzt werden müssen. DIe katholische Kirche soll nicht mehr bei der Besetzung von Lehrstühlen der Philosophie, Pädagogik, Soziologie und Politikwissenschaften mitentscheiden können.

Beeindruckend war besonders von Prof. Maria Kronfeldner, die Philosophie an der Central European University in Budapest lehrt. Sie schilderte die Situation in Ungarn und besonders die Angriffe der ungarischen Regierung gegen die CEU, die sich der Internationalität und der europäischen Integration verpflichtet fühlt.

Wir danken allen, die sich am March for Science beteiligten!

 

3 Kommentare zu “March for Science

  1. Interessant. Wer glaubt, das die Erde eine Scheibe ist, ist ein Spinner. Wer verkündet, das das Boot nicht voll sein kann…Der darf politische Verantwortung tragen. Auf dem evangelischen Kirchentag werden Obama und Merkel wohl im Einklang mit den Kirchenfürstinnen verkünden wie der ALLMÄCHTIGE, dem Zeitgeist entsprechend, die Welt gern hätte, keine Kriege, Keine Ausgrenzung, keine Armut, Homoehe usw. usw.so wird aus Glauben Politik. „Labore statt Mauern“ las ich auf einem Transparent. Heißt was ? Labore ohne Mauern ? Oder befristete Verträge für Laboranten und Wissenschaftler, damit man sie bald gegen billigere Fachkräfte, Inder ? Chinesen ? austauschen kann ? Wäre doch super. Oder soll das nur für die Putzkräfte gelten ?
    MfG

  2. Noch was : habe jetzt schon x mal gehört “ Einfache Lösungen sind rechtpopulistisch und damit falsch“. Gibt es da „wissenschaftliche Grundlagen“ ? Hüstel.
    MfG

  3. Noch mehr. Parteien, Gewerkschaften, Kirchen usw. fordern regelmäßig gerechte, also höhere, Löhne. Bei ZON findet ihr den Artikel : Warum die Lohnquote ständig sinkt. Auch hier wird mit Wunschdenken und falschen Versprechungen, eben nicht Science, Politik gemacht. Oder wie sollten Löhne, von normalen, austauschbaren Arbeitnehmern steigen, wenn in einer funktionierenden Marktwirtschaft, das Angebot an Arbeitskräften, durch Globalisierung, Zuwanderung, Automatisierung etc. steigt ?
    Denkt darüber nach und thematisiert es.
    MfG

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