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Die Politik versagt beim Dieselskandal, Parteien mit untauglichen Konzepten im Wahlkampf

Falsch abgebogen…ein Verkehrsrant

CC0 von puppet auf pixabay

Mehr als 2 Jahre Dieselskandal und immer noch keine Konsequenzen, zumindest in Deutschland. In den USA gibt es Entschädigungen für Fahrzeugbesitzer und eine erste Verurteilung fand statt. Hierzulande hingegen hat man eher den Eindruck, dass alles getan wird, damit schnell Gras über die Sache wächst. Im Wahlkampf haben sich die Parteien allesamt mit halbgaren und dadurch ganz untauglichen Vorschlägen positioniert.

Lindner übernimmt AfD-Forderung

FDP-Chef Lindner steigt ein, indem er die Position der AfD übernimmt und gleich mal behauptet, dass die erlaubten Grenzwerte für NOx im Büro „sehr viel höher“ lägen, als in den Innenstädten und will eine Gesetzesänderung, damit keine Fahrverbote kommen, die einer Enteignung entsprechen würden. Offensichtlich braucht Herr Lindner da gleich an zwei Stellen Nachhilfe. Die Grenzwerte am Arbeitsplatz liegen bei bestimmten Industriearbeitsplätzen tatsächlich höher, weil das z.B. beim Schweißen nicht anders möglich ist und dort keine Risikogruppen wie Kinder oder Lungenkranke betroffen sind. Für Büros und andere Arbeitsplätze, wo erhöhte Werte nicht produktionsbedingt unvermeidbar sind, ist das aber gerade mal der anderthalbfache für die Außenluft gültige Grenzwert.

Übrigens etwas, an dessen Korrektur der Ausschuss für Innenraumrichtwerte bereits arbeitet. Sehr viel höher ist der NOx-Grenzwert schon in den 90ern nicht gewesen. Seitdem gelten die 60 µg/m³ als die Schwelle, ab der für normale Arbeitsplätze unverzüglich etwas unternommen werden muss.

Gut, damals war Herr Lindner gerade noch damit beschäftigt, sein erstes Unternehmen in den Sand zu setzen.

FDP fordert auf Bundesebene, was auf EU-Ebene umgesetzt wird

Was die Gesetzgebung betrifft, bewirbt sich Herr Lindner leider gerade für den falschen Posten. Die Grenzwerte werden nämlich von der EU festgelegt, der Bundestag setzt diese nur um. Bei einem nationalen Alleingang zur Rettung der Dampfmaschine des Dieselmotors droht ein Vertragsverletzungsverfahren. Die Strafe dafür zahlt übrigens der Steuerzahler, nicht der Herr Lindner.

Seehofer pöbelt – was auch sonst?

Aus Bayern pöbelt Herr Seehofer, dass es ohne Existenzgarantie für den Verbrennungsmotor keine Koalition geben wird. Steht das Angebot? Bitte dringend annehmen, bei der letzten Pöbelrunde, äh, Bundestagswahl servierte uns diese Kraftmeierei der CSU die PKW-Maut. Eine Regierung ohne CSU kann eigentlich nur besser werden.

Merkel laviert wieder mal rum

Frau Merkel fährt mal wieder den bekannten Schlingerkurs, wenn sie noch nicht entschieden hat, womit sie die meisten Wählerstimmen erwartet. Anfang des Jahres war der Diesel der heilige Gral des Klimaschutzes. Zwischenzeitlich wurde dann über Altmaier verkündet, dass die Zukunft bei Elektroantrieben liegt und Merkel wollte sich nur nicht auf ein Jahr festlegen lassen, wann die Verbrennungsmotoren verschwinden. Mittlerweile ist sie an dem Punkt angekommen, von „modernen Dieselmotoren“ zu reden. Dabei stellt sie auch fest, dass die Nachrüstung alter Fahrzeuge ja davon abhalten würde, diese neuen, tollen Dieselfahrzeuge zu kaufen und noch tollere zu entwickeln. Damit ist sie dann auf der Linie von VW Chef Müller, der auch den Zickzack-Lauf zwischen Ende des Diesels und glorreicher Zukunftstechnologie macht (aktuell gerade Zukunft…).

Die Grünen wollten verbieten – wie immer

Die Grünen… ja, also die Grünen … ganz spannend! Die Bundespartei hat beschlossen, ab 2030 die Neuzulassung von Autos mit Verbrennungsmotoren zu verbieten. Wahrscheinlich in der Hoffnung, dass dann Winfried Daimler Kretschmann nicht mehr Ministerpräsident von Baden Württemberg ist. Das hat ihn aber nicht daran gehindert, sich erstmal drüber aufzuregen. Bevor er gemerkt hat, dass er bis dahin in Rente ist. Jetzt hat er kein Problem mehr damit.
Natürlich passt das zu den Grünen, Verbote mögen sie, ob die dann umsetzbar sind, wird der Koalitionsvertrag zeigen, wenn sie denn so weit kommen. Und Jahreszahlen hören sich ja auch immer schön an, besonders wenn sie noch weit genug weg sind, damit man erstmal nichts tun muss außer Reden schwingen.

Die Linke … äh, ja.

DIE LINKE hatte sich gewünscht, dass der Dieselgipfel ehrlich und transparent ablaufen soll. Aha…

Hendricks? Top! Zypries? Flop!

Der sich selbst als zukünftiger SPD-Kanzler sehende Martin Schulz – immerhin einer der noch daran glaubt – sieht keine Notwendigkeit für Diesel-Fahrverbote bei erhöhter Feinstaubbelastung. Herr Schulz, Thema verfehlt, 6, setzen. Es geht um Stickoxide, aber machen Sie mal weiter mit Ihrem Kanzler-Plan…
Immerhin: er hat dann noch mal nachgelegt mit E-Auto-Quote und Nachrüstung auf Kosten der Hersteller welche betrogen haben. Etwas besser unterwegs ist da seine Parteifreundin und Bundesumweltministerin Barbara Hendricks, die von Anfang an klare Worte fand, was die Verantwortung der Autohersteller betrifft. Kompensiert wird das aber dummerweise durch die komplette Abwesenheit von Kompetenz (nicht nur in diesem Thema) bei Wirtschaftsministerin Zypries. Die Automobilindustrie darf sich ihrer vollen Unterstützung bei der Ablehnung von Nachrüstungen über das Alibi-Softwareupdate hinaus sicher sein. Vielleicht die beste Chance, die wir auf echte Nachrüstungen haben: vielleicht verbockt sie ja das Verhindern davon auch noch.

Fazit

Also insgesamt toll, da fühlt man sich als Bürger doch in seinen Interessen voll vertreten, findet ihr nicht?

Dabei sind die Fakten eigentlich recht übersichtlich:

  1. Die Automobilindustrie hat betrogen. Viele Diesel-Autos halten die gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerte nicht ein. Der Schaden liegt bei den Autobesitzern und den durch die Abgase belasteten Bürgern.
  2. Fahrverbote werden die Folge sein, weil die Gesetzeslage auf Basis von EU-Vorgaben dies so fordert. Die Frage ist nur: vor oder nach dem Vertragsverletzungsverfahren durch die EU? Und was wir mit den „Antworten“ oben zu erwarten haben, dürfte ja jetzt klar sein.

Aber mal ehrlich: was ist an dieser Stelle eigentlich so schwer daran, eine Bestrafung der Verantwortlichen und eine Nachrüstung der betroffenen Autos zu fordern? Selbst die Amerikaner kriegen das hin. Wenn schon der Ausstieg aus dem Klimawandel bislang eher schlecht läuft. Die Fahrverbote müssen dadurch verhindert werden, dass die Autos an die Vorschriften angepasst werden – nicht umgekehrt. Oder wir können uns Grenzwerte für Autos künftig auch gleich ganz schenken, wenn sie ohnehin nur bis zum ersten Verstoß durch große Hersteller halten.

Und der konsequente nächste Schritt ist dann, sowohl über ein modernes Verkehrskonzept mit besserem ÖPNV zu reden, als auch den Umstieg auf Elektroautos attraktiver zu machen. Die Technologie ist da, die Produkte auch. Eine flächendeckende Ladeinfrastruktur mit einem einheitlichen Abrechnungssystem ist das, was jetzt dringend notwendig wäre. Dann brauchen wir auch kein Verbot von Verbrennungsmotoren und keine Jahreszahl, die letztlich nach drei Mal hin- und herdrehen eh in der Tonne landet und außer auf Winfried Kretschmanns Blutdruck auf gar nichts wirklich praktische Auswirkungen hat.

7 Kommentare zu “Falsch abgebogen…ein Verkehrsrant

  1. Dieter Schremms

    Liebe Piraten,

    den Grünen werft ihr populistisch vor, sie „wollten verbieten – wie immer“. Seit ihr wirklich schon auf dem Niveau angelangt, dass man eigentlich eher von den „etablierten“ Parteien kennt: nicht um Inhalte streiten, sondern den politischen Gegner mit Polemik platt machen? Worthülsen statt Argumente?

    In eurem Wahlprogramm fordert ihr übrigens auch reichlich Verbote. Peinlich, nicht war?

    • Was ist an der Überschrift „Rant“ nicht zu verstehen?
      Bei einem Rant handelt es um einen Artikel, der absichtlich und ganz bewusst polemisch und angreifend geschrieben ist. Hier wird geschimpft und Dampf abgelassen.

      Und dies beantwortet die Frage: Nein, wir sind nicht auf dem Niveau der anderen: Denn diese geben keine Triggerwarnung vor ihren „Rants“, die sie alltäglich ablassen.

  2. Und was ist mit dem Argument, die Nachrüstung werde mehrere 1000 Euro kosten (bei so vielen Dieseln nicht durch die Hersteller bezahlbar) und zudem 5 Jahre für die Umsetzung brauchen? Womit dann sämtliche Kapazitäten ausgelastet wären und für Anderes/Neues nicht zur Verfügung stünden?

    Ich hab dazu keine feste Meinung, will aber wissen, was der Autor dazu denkt!

    • Michael Berndt

      Aber locker bezahlbar. Gewinne allein 2016: VW: 14,6 Mrd. € operatives Konzernergebnis vor Sondereinflüssen, Daimler: 8,8 Mrd. € Konzernergebnis, BMW: 6,9 Mrd. € Konzernüberschuss.

    • Guido Körber

      Ja und? Wird Bestrafung und Entschädigung daran fest gemacht, dass der angerichtete Schaden nur groß genug sein muss, damit der Betrüger einfach so davon kommt?

      Natürlich wird die Automobilindustrie sich dagegen wehren, es kostet sie ja eine Menge Geld. Aber sie haben diese Situation verursacht und sind verantwortlich für die Umweltbelastung und den Schaden den die Fahrzeugbesitzer haben.

      Das Argument damit wären Kapazitäten ausgelastet, die dann nicht für Neues zur Verfügung stehen ist ganz schwach. Neues ist batterielektrisch. Die Kapazitäten für Verbrennungsmotoren werden bei der notwendigen Umrüstung zum letzten mal wirklich ausgelastet, danach ist e mit dem Thema vorbei. Die Hersteller, die versuchen das zu verhindern werden definitiv nicht weiter existieren.

  3. Cord Böge

    Kosten von mehreren 1000 Euro halte ich für zu hoch gegriffen. Es gibt nämlich die notwendige Technologie bereits, einfach mal NBNOX googln. Da man davon ausgehen darf, das es sich dort um Einzelpreise handelt, ist bei einer allerdings noch aufzubauenden Massenproduktion der Preis erheblich zu senken. Effektiv und ohne Gewinne dürfte ein Umrüsten pro Fahrzeug (PKW) ca. 1000 Euro kosten.

    Zudem halte ich die Euphorie für den Elektroantrieb für völlig überzogen. Ich hab das in anderen Kommentaren schon geschrieben. Ohne eine allgemeine Nutzenanalyse des Individualverkehrs und der dadurch notwendig werdenden Lösungen von Transporten aller Art ist das E-Auto leider nur ein Phantom mit dem Angst und Schrecken verbreitet wird.

    Für die die es nicht verstehen, nehmt einen Akkuschrauber in die Hand haltet den Kopf fest (Vorsicht Verletzungsgefahr) und schaltet den ein. Der läuft irgendwann an, wenn eure Kraft nicht mehr ausreicht. Das 20x hintereinander und er Akku ist leer. Damit simuliert ihr das anfahren am Berg oder einem Anhänger mit einem E-Auto. Das Ganze ist ein Induktiver Antrieb, der je mehr man Gas gibt, mehr Strom verbraucht um den Rollwiderstand zu überwinde. Dreht sich der Motor erst einmal sinkt die Belastung und der Stromverbrauch entsprechend dem Restwiderstands (Fahrzeuggewicht beladen+Luftwiderstand).

    Alternativ gibt es e-Motoren die ihre Leistung sofort abgeben ohne induktiv zu wirken. Die brennen aber durch, wenn sie den Widerstand nicht überwinden können, brauchen aber eine hohe Einschaltenergie um überhaupt in Gange zu kommen.

    Beim Auto bietet es sich also an Induktiv Motoren einzusetzen. Bei jedem losfahren muss der Anfangswiderstand überwunden werden. Der dafür notwendige Energieaufwand reduziert die Reichweite, genauso wie die Zuladung oder Anhängelast.

    Wie ich darauf komme? Ursprünglich wurde die Leistung in Pferdestärken (PS) angegeben. Dann wurde es üblich PS in KW umzurechnen. Dabei ist aber das Drehmoment und die Anfangskraftübertragung zu Gunsten der rechnerischen Leistung verloren gegangen. Die Lösung immer mehr KW. Damit können Motoren den Anfangswiderstand überwinden. Nebeneffekt, ohne Last können so auch erheblich höhere Geschwindigkeiten erreicht werden.

    Heutige Getriebe und Kupplungen sind der Schwachpunkt.Bei Verbrennungsmotoren keine Anfangsleistung mehr produzieren. Die wird aber benötigt um Lasten in Gange zu bekommen. Hier einiges zu nachdenken: Ein heutiges Fahrzeug kann bei 7 Sitzen nur 600KG zuladen. Mein Mercedes 123D BJ 80 mit 2Ltr und 60PS zog problemlos 2 Tonnen. Mein Peugeot 307 1,6ltr und 109 PS darf 1600KG ziehen, nach 2000 Km bei 1300kg (Wohnanhänger) war die Kupplung kaputt. Der Literverbrauch mit Last waren in etwa gleich. Um heute die 2t zu ziehen bedarf es Fahrzeuge die über 140KW oder ca. 170 umgerechnete PS benötigen. Der Irrsinn, ohne Last nur mit den Fahrer besetzt erreichen sie teilweise 240Km/h.

    Das sind für mich ausreichende Indizien dafür das Konzept Auto völlig neu zu überdenken. Noch eine Anmerkung zum E-Auto: Die notwendige infrastruktur für einen Masseneinsatz fehlt völlig. Oder sieht das Konzept vor, die Batterien mit Hilfe von Diesel Notstromaggregaten auf zu laden ?

    • Sag mal Cord, deine persönlichen Erfahrungen in Ehren, aber willst du mir erzählen, die ganze Industrie hat keine Ahnung davon, was sie tun? E-Autos funktionieren prächtig, sie fahren auch am Berg an und das seit Jahren, E-Bahnen gibt es seit Jahrhunderten, E-Motoren sind bestens erforscht in allen Belangen und allen ihren Varianten… Das Kilowatt und das PS unterscheiden sich um den Faktor 1,36, ansonsten sind es beides Einheiten für die Leistung. Beides hat nix und hatte nie was mit Drehmoment zu tun, was willst du mir sagen? Bei einer Drehzahl von 0 hat ein Verbrennungsmotor ein Drehmoment von 0 (klar, ist ja aus 😉 ). Bei einem E-Motor sieht das anders aus, der hat bei niedriger Drehzahl (die niedrigste ist 0!) ein sehr hohes Drehmoment. Super zum Anfahren. Meinen Akkuschrauber kann ich mit der Hand gerade so festhalten, weil es ein kleiner ist, und dank Li-Ionen-Akku kann ich das Experiment auch 100x wiederholen, ohne dass der Akku leer ist. Dafür ist der Akkuschrauber aber nicht gebaut, er ist dafür gebaut, Schrauben und Bohrer zu drehen, die weniger Moment aufbringen als meine Hand, und genauso werden E-Autos dafür ausgelegt, genug Drehmoment zum Anfahren zu haben, auch am Berg… Und wenn du ein E-Auto mit besonders hohem Drehmoment brauchst, dann wird das durch Getriebe und passenden Motor eben so gebaut – so what?!?

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