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Ein Gastbeitrag von DeinRoXas

Urheberrechtsreform und Inklusion

Für behinderte Menschen ist das Internet nicht nur das Fenster zur Welt, sondern oft auch die einzige Möglichkeit, Geld zu verdienen. Artikel 13/17 würde dem einen Riegel vorschieben. Ein Gastbeitrag von einem Betroffenen.

In Deutschland sollen Menschen mit einer Behinderung gefördert werden, so dass ihre Nachteile, seien sie psychischer oder physischer Natur, ausgeglichen werden.
Jedoch scheint der CDU das Thema Inklusion nicht wichtig. Die von dieser Partei mitinitiierte Reform des Urheberrechts, insbesondere der umstrittene Artikel 13 (17), hat das Potential, mein Studium und meine Existenz in Deutschland zu bedrohen.

Über mich, mein Leben und meine Krankheit:

In den letzten 5 Jahren verlief mein Leben vollkommen anders und weitaus schlechter, als ich es jemals geplant hatte.
Im Jahre 2014, als ich mich gerade im 2. Semester meines Studiums befand, erkrankte ich an Colitis Ulcerosa, einer chronischen und bisher unheilbaren Darmkrankheit. Die Symptome können durch Medikamente und diverse Therapien nur unterdrückt werden. Obwohl die Erkrankung nicht selten auftritt, bekennen sich viele Betroffene nicht öffentlich dazu, sei es aus Scham oder aus Angst, von den Mitmenschen abgelehnt zu werden. Die Krankheit hat mir damals das Weiterführen meines Studiums verwehrt. Es ist mir kaum möglich, das Haus zu verlassen. Die schlaflosen Nächte und die Nebenwirkungen der Tabletten und Infusionen haben mich vollkommen verändert; psychisch als auch physisch. So wiege ich heute fast 20 Kilo weniger.
Das Schlimmste aber ist: Ich gelte als austherapiert, weil jegliche Behandlungen keine Wirkung gezeigt haben. Dafür waren einige davon mit so starken Nebenwirkungen verbunden, dass ich nicht einmal mehr die einfachsten Tätigkeiten ausführen konnte.
Nach dem unvermeidlichen Abbruch meines Direktstudiums schrieb ich mich bei einer Fernuni ein, um keine Lücke in meinem Lebenslauf entstehen zu lassen und meine Zukunftschancen zu wahren.
Die letzten Jahre konnte ich einigermaßen normal leben. Der Preis dafür sind hohe Kortison-Dosierungen und die Einnahme sehr vieler Medikamente. Dennoch blieb mir das längere Verlassen meiner Wohnung nach wie vor verwehrt.
Schließlich musste ich meinen Stolz beiseite schieben und öffentliche Hilfe in Anspruch nehmen. Ich schickte also meine Patientenakte und einen Antrag an das Versorgungsamt, um meinen GdB (Grad der Behinderung) zu bestimmen. Nach kurzer Zeit erhielt ich eine Bestätigung, sodass ich nun mit schwerbehinderten Menschen gleichgestellt bin.

Was also tun in meiner Situation?

Auf Youtube und Twitch bin ich seit längerem unter „DeinRoXas“ bekannt. Ich helfe Menschen und unterhalte sie mit meinen Livestreams. Es gelang mir, dieses Hobby zu einem Nebenjob umzufunktionieren. Ein „normaler“ Nebenjob war und ist aufgrund meiner Krankheit bis heute undenkbar für mich. Eigentlich war es schon immer mein Traum, mein Hobby eines Tages zum Beruf zu machen. Dank der aktuellen Politik von CDU und SPD rückt dieser Traum allerdings in weite Ferne; mehr noch: Diese Politik stürzt mich in existenzielle Nöte.

Was bedeutet die Urheberrechtsreform für mich?

Mein Hobby als Nebenjob hat es mir bislang ermöglicht, mein Studium zu finanzieren und meine Einschränkungen durch die Behinderung auszugleichen.
Die Reform des Urheberrechts wird diese Option vollkommen zunichte machen. Die Groko-Parteien ruinieren meine Zukunft, meine Perspektiven, meinen Beruf und mein psychisches Wohl.
Der Artikel 13 (17) ist in dieser Form ein Schritt in die falsche Richtung. Wenn ich Videos veröffentliche, die beispielsweise Nintendospiele thematisieren, erhebt Nintendo keinen Einspruch gegen diese Verwendung, solange bestimmte Regeln befolgt werden. [2]

Es ergibt sich nunmehr die absurde Situation, dass ich vom japanischen Hersteller selbst die Erlaubnis habe, seinen Content unter Einhaltung dieser Regel auf Youtube zu publizieren, während im Hintergrund demnächst ein Uploadfilter droht, der genau dies verhindert. Ich verstehe an dieser Stelle nicht, wieso diverse Politiker, die offensichtlich keine Ahnung von der Materie haben, einen solchen Uploadfilter bzw. eine Erkennungssoftware einfach durchwinken.
Kein wirklicher Funfact dazu: Die gleichen Politiker haben Uploadfilter in ihrem Koalitionsvertrag ausdrücklich abgelehnt.

Ich frage diese Politiker:

  • Wie soll ein anderer Nebenjob in meiner speziellen Situation, die aber viele andere aus den unterschiedlichsten Gründen ebenso betrifft, auszuüben sein?
  • Wie soll ich in Zukunft mein Leben, mein Studium, handhaben, wenn mir mein Nebenjob, den ich von zu Hause aus ausüben konnte und der mir noch etwas Freude am Leben bereitet, verliere?

Es kann gut sein, dass ich diesen Nebenjob bald aufgeben muss, verbunden mit der bitteren Erkenntnis, dass die führenden Politiker dieses Landes auch gegen Menschen mit Behinderung vorgehen, um die Lobbyisten, die sie an die Macht brachten und sie an der Macht halten, zufrieden zu stellen.

Ist das nur mein persönliches Problem?

Nein. Mit meiner Leidensgeschichte stehe ich bei weitem nicht alleine da. Es gibt viele Creator wie mich, viele Erkrankte, die vor ähnlichen Problemen stehen, sich aber nicht trauen, lautstark zu opponieren.
Die Einführung von Uploadfiltern wird nicht nur eine enorme Änderungen für Konsumenten einbringen, sondern auch für Künstler und Kreative auf Plattformen wie etwa Twitch und Youtube.

Bevor etwas veröffentlicht wird, sei es ein geschütztes Zitat, ein Bild, ein Video oder ein Livestream, muss geprüft werden, ob das Material gegen Urheberrechte verstößt. Diese Filter-Technik ist nach Meinung von Experten unausgereift und könnte auch Inhalte löschen, bei denen kein Verstoß vorliegt.
Livestreams auf öffentlichen Straßen könnten gesperrt werden, wenn Musik im Hintergrund zu hören ist und der verantwortliche Creator keine Lizenzen für diese besitzt.
Es sind viele Fragen offen, die weder IT-Experten noch die Politiker, die für Artikel 13 sind, sachgerecht und vernünftig beantworten können.
Aufgrund dieser Unklarheiten bleibt besagten Plattformen nichts anderes übrig, als unter Umständen die gesamte EU auszugrenzen, weil sie ansonsten selbst dafür sorgen müssten, dass keine Urheberrechtsverletzungen auftreten.

Mein Fazit:

Ist in einer Demokratie nicht das Volk der eigentliche Souverän? Was mir Hoffnung macht: Speziell junge Menschen erheben in letzter Zeit ihre Stimme, demonstrieren, entwickeln ungeahntes und vom Mainstream wohl auch ungewolltes Interesse für die Politik. Sie werden daraufhin beschimpft, sogar als „Bots“ tituliert, welche angeblich von US-amerikanischen Konzernen beeinflusst und für Demonstrationen bezahlt werden, aber sie lassen sich nicht beirren. Interessant wird sein, wie sie bei den demnächst anstehenden Wahlen abstimmen.

Momentan wird die Stimme der Bevölkerung jedoch ignoriert. Menschen mit Behinderungen, so wie in meinem Falle, die sich ihren Lebensunterhalt finanzieren und kaum eine andere Möglichkeit oder eine Aussicht auf gesundheitliche Besserung haben, bekommen von der CDU/CSU weitere Nachteile im Leben aufgedrückt.

Und am Ende stellen wir uns alle nur noch eine Frage: „Welcher Aspekt hat in der heutigen Demokratie einen größeren Stellenwert? Demokratie oder Lobbyismus?“

8 Kommentare zu “Urheberrechtsreform und Inklusion

  1. Bewegender Beitrag. Das Netz hat unglaubliche Chancen und Freiheit geschaffen, die immer mehr zerstört wird – inklusive großer Pläne von Menschen 🙁 Politik sollte unsere Freiheit und Chancen aber vergrößern, nicht vernichten!

  2. Das Urheberrecht ist wichtig und richtig. Deshalb dürfen Inhalte nur veröffentlicht werden wenn entsprechende schriftliche Verträge vorliegen welche es Youtube erlauben diese zu veröffentlichen.

    Wer Spielevideos veröffentlicht muss dann eben vor der Veröffentlichung einen Lizenzvertrag beim Spielehersteller für dieses Video einholen und Youtube muss dann sicherstellen das alle Einnahmen die aus diesem Video entstehen an den Rechteinhaber ausgeschüttet werden. In diesem Falle wäre das dann der Hersteller des Spiels, vertreten von den Verwertungsgesellschaften wie der GEMA. Liegen die Lizenzverträge nicht vor, so ist das Video illegal da es Urheberrechte verletzt und muss dann eben konsequent aus allen Internetseiten, Instant Messangern sowie auf allen Computern und Smartphones automatisch gelöscht werden.

    Uploadfilter sind der richtige Weg um das Gesetz auch im Internet durchzusetzen. Schließlich darf das Internet nicht länger ein rechtsfreier Raum sein sondern muss den Gesetzen unterworfen werden welche auch im echten leben gelten.

    Deshalb dürfen wir die anonymen Darknets usw nicht länger aktzeptieren. Genauso wie auf jedem Computer ein Virenscanner vorinstalliert ist. Müssen dort auch Urheberrechts und Anti Terror Filter installiert werden um den Konsum und die Verbreitung von illegalen Inhalten konsequent zu verhindern. Ich bin dafür das Handys und Computer nur noch mit solchen vorinstallierten Filtern verkauft werden dürfen, um die Rechteinhaber vor dem Diebstahl zu schützen.

    Und deswegen werde ich zur Europawahl die CDU wählen, denn nur Sie setzt sich für ein Internet ein in dem endlich Recht und Ordnung herrschen.
    Es gibt nämlich kein recht mit dem Geistigen Eigentum anderer Geld zu verdienen, dies geht nur mit Lizenzverträgen. Alles andere ist Diebstahl und der muss unterbunden werden.

    • Ich weiß nicht ob der Text vom „Junger Konservativer“ Satire sein soll oder er es einfach nicht versteht.
      Warum sollte Nintendo daran verdienen wenn ich deren Spiel auf Youtube „Spiele“?

      Zahlen Fotografen an das Land Gebühren wenn sie Naturfotos machen und diese verkaufen? Zahlt ein Musiker Gebühren an einen Gitarrenhersteller weil er Musik auf dem Instrument von Firma XY macht? Zahlt ein TV Sender jedes mal für den Schreiner und die Maskenbildner wenn ihre Werke in einem Film zu sehen sind? Nein. Komischerweise aber bei Musik!. Mit welchem Recht bekommt bitte ein Musiker jedes mal wenn sein Werk (das eh für einen Film z.B. schon lizenziert und bezahlt war) nochmals Geld wenn der Film im Kino oder TV läuft? Ja Kinos zahlen auch GEMA. Warum bekommt der Schauspieler das nicht? Der bekommt im „Normalfall“ nur einmal Gage pro Drehtag. Warum bekommt der Bühnenbildner das nicht? Oder der Kameraman? Deren Werke werden doch auch immer wieder gezeigt? Genau hier sieht man wie „absurd“ das System überhaupt ist was Leute wie sie im Kopf haben. Es passt nur auf bestimmte Verwertergruppen wie GEMA / VG Wort etc. Alle anderen bekommen nichts.

  3. Für die klassischen Parteien als auch die alte content Industrie ist ein unzensiertes Internet eine Gefahr für ihre Macht. Deswegen werden Sie es bekämpfen wo immer Sie nur können. Für die alten Konzerne und Bürrokratien ist ein freier Fluss von Informationen nicht erwünscht.

    Einzelne YouTuber, Urheber die sich selbst organisieren ohne dabei abhängige Lizenznehmer zu sein, ohne in den Fängen der Verwertungsgesellschaften geknebelt zu sein ist den alten, konservativen Mächten doch ein Graus. Denn dann würden Sie die Dominanz über die Alltagskultur und Informationsverbreitung an freie Menschen verlieren. Eben Menschen welche nicht in den Hirarchien der großen Institutionen und Verwerterindustrien eingebunden sind, damit dann aber auch nicht kontrollierbar und steuerbar sind.

    Anscheinend sind freie Menschen für die so eine Gefahr das Sie lieber das ganze Internet kaputt machen als Freiheit zuzulassen. Ich sehe das das noch ein sehr langer harter Kampf werden wird.

  4. Was ist das denn für ein Nonsense ? Filter auf allen Computern ?

    Die würden dann vermutlich auch ganz legale Privatkopien wegzensieren, oder fälschlich erkannte Dateien löschen und somit bei unbescholtenen Bürgern zu Datenverlusten und Schäden führen. Aber die nehmen die Konservativen wohl gerne in Kauf wenn es darum geht die Interessen von irgendwelchen korrupten Konzern Lobbyisten durchzusetzen.

    Mal ganz davon zu schweigen das dies auch den Datenschutz kaputt machen würde. Dann hätten wir einen Stasi haften Überwachungsstaat um die Interessen privater Konzerne gegen die Bürger durchzusetzen. Im Grunde wäre das dann die Diktatur der Kapitalinteressen einiger weniger auserwählter.

    Ist es das was die „Konservativen“ wollen ?

  5. Alles verständlich und so weiter, aber hier geht es offensichtlich nicht um Inklusion und Behinderung im Zusammenhang mit dem Urheberrecht, sondern das ist nur persönlicher Kontext. Du hättest die gleichen Schwierigkeiten, wenn Du vollkommen gesund wärest und Spiele-Videos dein Hobby wären. Der Rest hat damit nichts zu tun, und ich finde die Verknüpfung eher merkwürdig.

  6. etwas älterer Konservativer

    @DeinRoXas
    Sie haben die Erlaubnis vom japanischen Hersteller der Spielekonsole nicht. Nach dem erstmaligen Einschalten der Speilekonsole haben Sie die EULA akzeptiert. Ich habe die gerade auf der Webseite des Herstellers quergelesen und würde sogar mit Ihnen Wetten, dass ich mit der Aussage recht habe.
    Interessant wäre was passiert, wenn Sie in Ihren Let’s Play’s nur noch schlecht über die Produkte des Herstellers reden. Womöglich macht er dann doch von seinem Recht gebrauch, und lässt Ihre Videos löschen.
    Das darf er im Übrigen nicht wegen der neuen Urheberrechtsverordnung, sondern wegen dem Vertrag den Sie beim Einschalten der Spielekonsole mit ihm abgeschlossen haben.
    Sie könnten sich darauf verlegen Let’s Play’s von Open Source Computerspielen zu machen. Diese Lizenzen erlauben das im Allgemeinen. Über diese Spiele könnten Sie dann sogar nur Schlechtes sagen ohne dass es jemand zensieren kann.
    Sie könnten allerdings auch versuchen Ihr Fernstudium abzuschließen bevor ihr Nebenjob nicht mehr funktioniert. Falls Sie z.B. Informatik studieren, können Sie es als Freelancer versuchen. Auch gesunde Informatiker gehen bei der Arbeit selten besonders weit weg von einer Toilette. Damit kämen Sie eventuell auf einen ähnlichen Nebenverdienst wie mit 16K Followern auf YT.

    @Junger Konservativer
    Wenn Sie einen PC kaufen ist da unter Umständen gar kein Betriebssystem vorinstalliert, auch kein Virenscanner. Man muss keine bestimmte Software darauf installieren. Man kann sich die Software sogar selber programmieren, wenn man Spaß daran hat. Wie wollen Sie z.B. mich dazu zwingen mir einen „Urheberrechts und Anti Terror Filter“ zu installieren? Das können Sie nichtmal bei 18 Jahre alten Script-Kiddies. Vergessen Sie die Idee am besten ganz schnell wieder. Danke für die Stimme.

    @Rumpelschmauser und Bezahlter Bot
    Nein, das ist nicht das was DIE Konservativen wollen. Ich z.B. will meine Kinder in der Schule in den Religionsunterricht schicken, an einem Platz auf der Erde leben, an dem es der überwiegenden Mehrheit der Leute gut genug geht, dass sie keinen Bürgerkrieg miteinander anfangen müssen, und wie Sie beide, auch keine Uploadfilter. Die beiden ersten Punkte sind mir nur wichtiger. Deswegen bin ich seitedem die Piratenpartei ein Vollprogramm hat kein Pirat mehr sondern wieder bei der CDU. Also keine Angst, da gibt es Menschen die sich ganz genau mit Let’s Play’s und auch mit Inklusion von Schwerbehinderten auskennen.

  7. @Junger Konservativer:
    Was Sie sich wünschen, ist eine totalitäre Kontrolle. Zudem liegen Sie mit den Urheberrechten falsch. Bei einer Besprechung eines Computerspiel dürfen Sequenzen daraus gezeigt werden. @DeinRoxAs schreibt zudem, dass er sich an die Bedingungen des Spieleherstellers hält. Ich habe nicht die Details, aber dann er kann auch über das Zitatrecht hinaus Szenen zeigen.
    Im übrigen ist immer auch DeinRoxAs Urheber der eingestellten Filme, selbst wenn diese fremdes Material enthalten.
    Ganz so schlimm wie @DeinRoxAs schreibt, wird es allerdings nicht kommen. Es sind allerdings folgende 3 Szenarien denkbar:
    – Es bleibt bei einer verschärften ContentID bei Youtube: In der Folge werden seine Upload geblockt und er muss jedem Video hinterherlaufen, bis es freigeschaltet ist. Das kostet Mühe und Zeit, er wird aber weiterhin Inhalte posten können.
    – Auf Grund des höheren Aufwands und dem Haftungsrisiko senkt Youtube die Ausschüttungen an die Urheber*innen. Das können sie sich auch leisten, denn die Urheberrechtsnovelle hat die Konkurrenz beseitigt.
    – Youtube schränkt seinen Dienst in Europa ein.
    Im Ergebnis also schlimm genug.

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