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Gastbeitrag eines Neumitglieds

„Mein Weg zu den PIRATEN“ oder „Politik ist eine ganz blöde Sache“

Wer bin ich?

Ich heiße Lorena, mein Nick ist lorycamo. Ich bin 17, Slowako-Deutsche, schreibe gern Texte und möchte Astronautin werden. Was suche ich dann eigentlich bei den PIRATEN?

Wie alles begann…

Die Klasse 10a sitzt im Sozialkundeunterricht. Alle sind gelangweilt, notieren also längst nicht mehr mit, was der Lehrer sagt, wenn sie ihm denn überhaupt noch zuhören.
„…und Lorena erzählt uns jetzt etwas über die Themen der Tagesschau gestern.“
Gerade noch so wach hebe ich den Kopf, richte meinen Blick nach vorn zum Lehrerpult.

Tagesschau… Irgendwas mit Erdoğan war doch, oder? Und ging es nicht vor ner Woche mal um die Flüchtlinge – schon wieder?

„Tja, da weiß ich ehrlich gesagt nichts Konkretes, aber…-“
Mein Lehrer unterbricht mich, als er aufsteht und betrübt den Kopf senkt.
„Es interessiert euch also wirklich nicht, was in der Welt passiert, das ist bedauerlich. Ich würde euch empfehlen…-“
Die Klasse flüstert. Mein Sitznachbar beugt sich zu mir rüber:
„Als könnten wir jemals was dran ändern, was da vor sich geht… ist doch eh deprimierend.“
Ich verdrehe die Augen, stütze meinen Kopf lethargisch in die rechte Handfläche.
Die Stunde heute zieht sich ja eeeewig…

Und dann?

Tja, dann kam die Oberstufe. Ich lebe in Rheinland-Pfalz, das bedeutet, mein Land macht es mir praktisch fast unmöglich, Sozialkunde abzuwählen.
So besuche ich also eine öde Unterrichtsstunde nach der nächsten. Zumindest habe ich einen neuen Lehrer, den Unterricht verstehe ich immer noch nicht, ich verbringe meine Freizeit doch nicht mit Politik… die Parteien die im Bundestag sitzen, sind doch sowieso alle nichts für mich!

Die CDU ist mir zu verstaubt, Merkel spricht mir zu langsam.
Von der SPD hab ich die Schnauze voll, immerhin wohne ich in einem SPD-infestierten Kaff- wenn gewählt wird, taucht das ganze Dorf in ein grelles Rot. Wofür die so stehen, scheint ihnen aber selbst nicht so klar zu sein.
Die Grünen kommen mir irgendwie unsympathisch vor, als wäre die Art Politiker eine vom Aussterben bedrohte Tierart und überhaupt, irgendwie muss Politik doch aus mehr bestehen als aus Umweltschutz?
Die FDP macht hübsche Plakate, aber ich finde sie kalt und weltfremd, die Linke ist mir zu DDR-ig und die AfD scheint irgendwie unter einer bizarren Angststörung zu leiden.

Politik ist mir einfach fremd und es kommt mir vor, als würde keine Partei so wirklich das verkörpern, was ich fühle oder will. Ich kann doch eh nichts ändern, denke ich mir.

Wie ich innerhalb eines Tages alles wegwarf und umdachte

„Du, Lorena, hast du Lust am Samstag mit mir nach Saarbrücken zu fahren? Da soll so eine Demo gegen Artikel 13 und so sein. Ich will nicht alleine gehen.“
Janine ist meine beste Freundin, ihr Traumberuf ist freischaffende Künstlerin. Unter einem Pseudonym betreibt sie einen winzigen YouTube-Kanal und kann irre gut zeichnen.
„Du weißt, es geht ja irgendwo um meine Zukunft, ich mag am Ende sagen können: Wenigstens hab ich es probiert.“
Ich lehne mich in meinem Schreibtischstuhl zurück, nehme das Telefon in die andere Hand. Wirklich Lust habe ich ehrlich gesagt nicht. Aber vielleicht können wir nach der Demo etwas essen. Abends steigt sowieso eine Party, da können wir uns auch früher treffen und zusammen da hin gehen. Was hab ich zu verlieren?
„Fein, dann bin ich dabei. Wann soll ich dann an dem Tag bei dir aufkreuzen?“

Als Janine und ich an dem Samstag auf den Vorplatz des Theaters kamen, hatten sich bereits eine Menge Menschen eingefunden und marschierten gerade los.
Auf den Plakaten wurde ein gewisser Herr Voss kritisiert, und es ging irgendwie um Filter im Internet. Ich hatte mir flüchtig ein Video zur Thematik angesehen, anscheinend so flüchtig, dass ich tatsächlich keine Ahnung hatte, wogegen ich die nächsten zwei Stunden demonstrieren sollte.
„Wer sind eigentlich diese Piraten?“, frage ich. In der Menge sah ich eine Handvoll orangener Flaggen, auf denen wiederum das Logo einer Flagge und der Parteiname prangte.

Die zeigen ja wirklich… Flagge.

„Das sind die Organisatoren, soweit ich weiß. Die haben auch den Stand aufgebaut und organisieren die Rednerrunde oder so.“
„Keine Ahnung, wer das ist.“
Und so zogen wir an dem Tag durch die Straßen, ich verlor fast mein Gehör wegen der Trillerpfeifen, aber was mich mitriss, war der Geist der Menschen.

Die hier stehen für etwas. Die hier klagen an, fordern… Gerechtigkeit. Die Frage, die ich mir all die Jahre in Zusammenhang mit Politik gestellt hatte: Wo bleibt die Gerechtigkeit?

Und hier, in der großen Menge, stellte man dieselbe Frage.
Langsam aber sicher fing ich an, in die wütenden Rufe der Demonstranten mit einzustimmen.
Nach der Demo schrieb ich meinem Freund:

  • Ich: demo ist um 😀
  • Ich: sind jetzt fancy essen
  • Er: und wie wars so?
  • Ich: hat spaß gemacht
  • Ich: fühle mich jetzt politisch engagiert
  • Ich: zum ersten mal in meinem leben
  • Er: yay
  • Er: ich liebe dich

Ich glaube das war der Schalter, der umgelegt werden musste.

Und was bringt dir das jetzt?

Naja, lasst mich noch fertig erzählen.
Am nächsten Mittwoch druckte ich den Mitgliedsantrag aus.
Am Donnerstag lief ich quer durch die Walachei meines geliebten Kaffs, um den Brief einzuwerfen.
Am Freitag stieß ich auf der Piratenwebsite auf eine Ausschreibung zum Team der Öffentlichkeitsarbeit und schrieb sofort eine Mail zur Bewerbung.
Am Samstag bekam ich die Einladung in die Teamsitzung auf Mumble für den Montag.
Mein Mitgliedsantrag erreichte Berlin an eben diesem Montag, an dem ich bereits vom Presseteam warm und herzlich begrüßt wurde.
Wenig später folgte mein Beitritt zur AG Drogen- und Suchtpolitik.
Am 14.04.2019 um 20:05 Uhr erfolgte dann mein offizieller Beitritt, 23 Tage nach der Demo.
Meine hauptsächliche Nachmittagsbeschäftigung ist nun das Informieren über aktuelle Themen und das zeitnahe Lektorieren von Pressemitteilungen. Manchmal schreibe ich auch Texte und manchmal spreche ich mit anderen PIRATEN über ihre Erfahrungen. Manchmal öffne ich mein Fenster europaweit und nutze die Chance, Einblicke in beispielsweise Patrick Breyers Parlamentsarbeit zu erlangen.
Und Sozialkunde macht Spaß, wenn man weiß, worum es geht.
Ich jedenfalls habe meinen Platz im Team gefunden, habe das Gefühl, etwas bewegen zu können und Teil von etwas Großem zu sein.

Nun wünsche ich dir, lieber Leser, dass du auch deinen Platz in der Welt findest, sei es bei den Grünen, Christdemokraten oder den PIRATEN. Natürlich würde ich mich freuen, dich bald in unserer Gemeinschaft anzutreffen, immerhin sind PIRATEN nicht nur Datenschutz und Internet, Umwelt, Gerechtigkeit, Freiheit und Dialog, sondern auch eine Familie, ein Ratgeber und eine Gruppe von Kämpfern, die für eine bessere Zukunft zusammenstehen.
Ich hoffe, du konntest durch meine Perspektive deine eigene etwas erweitern und dass du darüber nachdenkst, ob du nicht auch dein Leben einmal ganz auf den Kopf stellen möchtest.

6 Kommentare zu “„Mein Weg zu den PIRATEN“ oder „Politik ist eine ganz blöde Sache“

  1. Sehr gut, dass du dich interessierst und einsetzt.
    Willkommen an Bord. Vielleicht sehen wir uns mal auf einem BPT
    @Ollital

  2. Wenn es nicht so traurig wäre, dass es immer die schlimmen Dinge benötigt… 2007 war es „Schäublone“, 2009 war es „Zensursula“, 2019 sind es Artikel 13, Axel Voss, die Demos, die Du ja auch besucht hast und das Problem besteht weiterhin – also kämpfen.

    Gut zu sehen, dass die „jetzige“ junge Generation am Start ist! Willkommen und super, dass Du dabei bist.

  3. Hei, finde ich super, dass Artikel13 dich politisiert hat, und du gleich so aktiv wirst – Respekt! Und willkommen 🙂

  4. Cool, willkommen im Team.
    Hast du deinen Text denn auch woanders veröffentlicht?
    Hier lesen ihn ja nur die, die sowieso schon deiner Meinung sind…
    Viele Grüße, flexi

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