Die Preise für Erdgas an den internationalen Märkten haben sich in den vergangenen Monaten vervielfacht [1]. Experten erwarten im Herbst in der Folge anziehende Verbraucherpreise [2]. In Großbritannien geraten bereits Gasversorger unter Druck, da sie geschlossene Lieferverträge nicht ohne Verlust erfüllen können [3], und auch in Deutschland gab der erste Versorger bereits das Geschäft mit Erdgas aufgrund der gestiegenen Preise auf [4].
In Bezug auf Deutschland und die EU werden die Preissteigerungen im Wesentlichen auf zwei kurzfristige Entwicklungen zurückgeführt [3]. Zum einen ist die Nachfrage nach Erdgas in Asien gestiegen; zum anderen ist Russland, von wo Europa große Mengen Erdgas bezieht, nicht bereit, die Versorgungsmenge kurzfristig zu erhöhen. Gleichzeitig hat Deutschland selbst verschuldet geringen Verhandlungsspielraum, da die deutschen Erdgasspeicher ungewöhnlich niedrige Füllstände aufweisen: Während normalerweise die Reserven im September / Oktober auf über 90 % gefüllt werden, sind die Füllstände momentan nur bei ca. 65 % [5] – keine gute Ausgangslage.
Der Themenbeauftragte für Außen- und Sicherheitspolitik der Piratenpartei Deutschland, Alexander Kohler, betont die Implikationen für die außenpolitische Lage in Bezug auf Mitteleuropa. Seit Längerem verfolgt er intensiv die Entwicklungen um die Erdgaspipeline NordStream2 über die Deutschland, unter Umgehung der Pipelines in Polen und der Ukraine, Erdgaslieferungen erleichtern möchte [6]. Während die Bauarbeiten von Nord Stream 2 mittlerweile abgeschlossen sind [7], politisch das Projekt derweil noch umstritten ist, spielt die Entwicklung der Gaspreise durchaus Russland in die Hände. Kohler erklärt:
„Deutschland hat mit seiner Unterstützung des Nord Stream 2 Projektes bereits viel Vertrauen seiner mitteleuropäischen Partnerländer verspielt; die Sorgen, Russland könne dies als geopolitische Waffe einsetzen, erweisen sich mehr und mehr als zutreffend. Möglichen russischen Bestrebungen der Einflusserweiterung, der sich unsere Partner schutzlos ausgeliefert sehen, wenn Deutschland über die Nord Stream 2 Pipeline nach dem Prinzip teile und herrsche einfach höhere Gasmengen aus Russland importieren kann, sind zu erwarten. Wir müssen in dieser Situation EU-weit zusammenarbeiten, und Verbraucher entlasten, dass sie nicht mit rasant steigenden Energiepreisen konfrontiert werden. Gleichzeitig muss die EU mit einer Stimme sprechen, um diese Herausforderung zu meistern und Versorgungssicherheit sicherzustellen.“
Die Piratenpartei ist sich bewusst, dass Erdgas weiterhin ein relevanter Baustein des Umstieges zu erneuerbaren Energien darstellt, da Gaskraftwerke im Vergleich zu Kohle umweltfreundlicher und im Vergleich zu Atomstrom sicherer sind, und als dynamisch zuschaltbare Alternative Versorgungslücken ausgleichen können. Daher setzte sie in ihrem Programm zur Bundestagswahl 2021 auch auf die Nutzung von Gaskraftwerken [8] bis zur vollständigen Versorgung mit erneuerbaren Energieträgern. Die momentanen Entwicklungen zeigen nochmals eindringlich, dass ein Umstieg von importierten fossilen und nuklearen Energieträgern auf lokal-produzierte erneuerbare Energien sowohl im Sinne des Klimaschutzes ist, als auch in Hinsicht auf die geopolitische Unabhängigkeit Deutschlands und Europas unmittelbar notwendig ist.
Quellen:
[1] www.nasdaq.com/market-activity/commodities/ng%3anmx
[3] www.theguardian.com/business/2021/sep/21/what-caused-the-uks-energy-crisis
[4] www.n-tv.de/wirtschaft/Erster-Gas-Versorger-geht-in-die-Knie-article22825891.html
[8] redesign.piratenpartei.de/bundestagswahl-2021/wahlprogramm-2021/energiepolitik/
https://blog.fefe.de/?ts=9fb268bf
„Während die Bauarbeiten von Nord Stream 2 mittlerweile abgeschlossen sind [7], politisch das Projekt derweil noch umstritten ist, spielt die Entwicklung der Gaspreise durchaus Russland in die Hände.“ Tut sie das? Inwiefern? Liefert Russland etwa nicht seit Jahren vertragsgemäß zu vereinbarten Preisen?
Polen will nach 2022 ohne russisches Erdgas auskommen.Die polnische Baltic Pipe spaltet Europa ebenso.
https://www.rnd.de/politik/polen-baltic-pipe-die-nachste-ostsee-pipeline-kommt-bestimmt-2P3NQNK37NAUJONPBVTHC7U2CE.html