Allgemein Infrastruktur und Netze

PIRATEN zum Ampel-Koalitionsvertrag – Jede Menge schöne Worte beim Thema Energie

Also zuerst mal ein Lob an die Ampel: Der Koalitionsvertrag hätte zum Thema Energie auch schlimmer aussehen können. Anscheinend konnte die FDP damit ruhig gestellt werden, dass ihnen das Thema Höchstgeschwindigkeit 130 geopfert wurde. Die verbliebenen Fehlleistungen sind hauptsächlich die aus dem Programm der Grünen bereits bekannten.

Das Thema Energie und Kimaschutz verteilt sich im Koalitionsvertrag über ca. 30 Seiten zusammen mit vielen anderen Aspekten, wie z.B. auf Wirtschaft und Umwelt. Dabei sind leider viele Punkte rechte vage formuliert und wenn konkrete Zahlen genannt werden, dann fehlt meistens der reale Ansatz, wie diese zu erreichen sind.

Atomkraft ist Geschichte
Keine Kompromisse werden zumindest beim Festhalten am Atomausstieg gemacht, hier ist klar, dass daran nicht gerüttelt wird. Aus Piratensicht fehlt uns bei den Absichten zur Endlagerung aber der Ansatz endlich mal zu klären, ob eine sichere Endlagerung tatsächlich möglich ist, statt dessen sollen hier schnell Tatsachen geschaffen werden.

Kohleausstieg!?
Überrascht waren viele von der Mitteilung, dass der Kohleausstieg bis 2030 erfolgen soll. Aus unserer Sicht immer noch zu langsam und dann auch noch relativiert mit dem Wort „idealerweise“. Es könnte also auch viel später werden und gar nicht angesprochen wird, mit welchen Mechanismen das passieren soll. Unsere Idee dazu ist es der Kohle einfach die Privilegien zu entziehen, so dass der Markt das ganz schnell regelt, denn gegen PV und Wind ist sie nicht mehr konkurrenzfähig. Mit der Ampel bleibt zu befürchten, dass es zu weiteren Entschädigungsvereinbarungen kommt.

Erneuerbare fördern

Immerhin klar erkannt wurde, dass die Bürokratie ein Hauptproblem für einen schnelleren Ausbau der Erneuerbaren ist. Leider werden nicht alle wirklich wichtigen Probleme benannt, wie z.B. die Belastung des Eigenverbrauchs und die Personenidentität bei Verbrauch innerhalb eines Gebäudes oder Grundstücks.
Völlig falsch ist der Ansatz Ausschreibepflicht und Deckel nur zu prüfen und nicht direkt abzuschaffen.
PV soll bei Gewerbegebäuden zur Pflicht werden, aber bei privaten Gebäuden nur zur Regel.
Das Ziel bis 2030 die PV auf 200 GW auszubauen ist nicht besonders ambitioniert. Besser wäre ein Ziel von 200 GW zusätzlicher Kapazität, besser noch mehr, denn wir müssen nicht nur im Stromsektor die Kohle ersetzen, sondern auch bei der Wärme.

Mobilität
Ein Verbot von Verbrennungsmotoren hätten sich viele Leute gewünscht, sinnvoll ist das aber nicht mehr, denn der Markt ist bereits dabei dies noch schneller zu regeln. Hier sind die Zahlen im Koalitionsvertrag durchaus realistisch, mindestens 15 Mio. elektrische Autos bis 2030 sind zu erwarten bei der aktuellen Entwicklung, nach der etwa 2025 Neuwagen mit Verbrennungsmotor unverkäuflich werden dürften.
Ansonsten würde man sich in diesem Thema durchaus mehr Ambition wünschen, insbesondere in den Bereichen ÖPNV und Luftfahrt.

Netze
Leider wird wieder das Märchen der Stromtrassen bedient, die so wichtig für die Energiewende seien. Natürlich fehlt wieder die schlüssige Erklärung, warum eine dezentrale Energiewende ein europaweites Netz benötigen soll. Oben drauf kommt dann noch, dass die Herkunftsnachweise für erneuerbaren Strom europaweit handelbar sein sollen. Da hat sich die FDP dann wohl wieder mit ihrem „Markt“ durchgesetzt. Das wird nur dazu führen, dass weiter Greenwashing betrieben wird und Kohlestrom mittels eingekauftem Zertifikat grün wird.

Wasserstoff
Das Hypethema Wasserstoff darf natürlich nicht fehlen. Immerhin steht recht weit vorne der Satz, dass Wasserstoff primär für industrielle Prozesse genutzt werden soll, die sich nicht mit Strom betreiben lassen. Der Begriff „Brennstoffzelle“ taucht im ganzen Dokument nicht ein mal auf, es scheint langsam angekommen zu sein, dass dies nur eine Lösung für Nischenanwendungen ist.
Negativ fällt dann wieder auf, dass eine Import-Infrastruktur für Wasserstoff geschaffen werden soll. Energetisch ist der Transport von Wasserstoff über größere Strecken sinnlos, so eine Infrastruktur schafft nur unnötige Abhängigkeiten.

Fazit der AG Energiepolitik:

Eine Menge nette Worte, nicht ganz so viele Inhalte, ein paar Fehltritte und viele Unsicherheiten, so lässt sich der Kolationsvertrag aus Sicht der Energiepolitik zusammen fassen. Es bleibt abzuwarten womit einige Worthülsen gefüllt werden und was an der Lobby aus verschiedenen Ecken scheitert. Immerhin ein deutlicher Fortschritt zur Verhinderungspolitik der vorhergehenden Regierung, aber ein großer Wurf sieht anders aus.
Und noch ganz wesentlich: Die Ziele von Paris werden sich so nicht erreichen lassen, dafür braucht es dann doch mehr politischen Mut und Willen zur Umsetzung.

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