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„Kohle“ für die Bauern? – JA, PFLANZENKOHLE

Annette Berndt, seit 2017 Bundesthemenbeauftragte der Piratenpartei und Koordinatorin der AG Landwirtschaft über die Vorteile von Pflanzenkohle und das „Demokratie-Experiment“ Bürgerversammlung.

Für den Wandel in der Landwirtschaft stellt die Bundesregierung 1 Mrd. € über 4 Jahre zur Verfügung. Für welchen Wandel eigentlich? Wie will sie diese Mittel sinnvoll einsetzen? Wir schlagen vor, dieses Geld in Pflanzenkohle zu investieren. Denn mit Pflanzenkohle lässt sich ungemein viel Positives bewirken

  • für den Humusaufbau
  • für die Bodenfruchtbarkeit
  • für die Kohlenstoffspeicherung
  • für die Speicherfähigkeit von Wasser und Nährstoffen im Boden

Diese Liste ließe sich lang, lang fortsetzen, denn für den Einsatz von Pflanzenkohle gibt es in der Tierhaltung, in Kleinkläranlagen, in der Klärschlamm-Carbonisierung (statt Klärschlamm-Verbrennung!), in der Kompostwirtschaft, im eigenen Garten unzählige positiv wirkende Einsatzmöglichkeiten. Sie ist deshalb das Mittel der Vereinbarkeit, nicht nur der missing link zum Erreichen des 1,5°C-Ziels, sondern auch der missing link für die widersprüchlichen Forderungen aus Gruppen der Gesellschaft, nämlich gut

  • für die Landwirte
  • für die Forstwirte
  • für das Klima
  • für eine Kreislaufwirtschaft
  • für die dezentrale Energieversorgung

Fahrplan für die Bundesregierung:

Die erste „Kohle“ in eine Bürgerversammlung investieren. Nach dem irischen Vorbild wird sie aus den Einwohnern unseres Landes zusammengestellt. Die Bürgerversammlung hat die Aufgabe, zuerst sich und dann uns zu informieren. Sie kann Experten für Pflanzenkohle, für Land-, Forst-, „Abfall“-Wirtschaft einladen und anhören, die Scientists for Future, Vertreter von NGOs, von großen Düngemittelherstellern, von Industrieverbänden, egal, ob sie bisher besonders laut oder leise waren. Es geht um den ruhigen, faktenbasierten Austausch. Wenn die Fragen und Bedenken, vor allem die schon vorhandenen Antworten zusammen getragen sind, gibt es ein fundiertes „Pflanzenkohle-Programm“, das von allen getragen werden kann, da bin ich sicher. Also einfach mal den Bürgern vertrauen.

Was sagen Politiker so gerne: „Wir müssen verlorenes Vertrauen aufbauen“. Genau!

Pflanzenkohle?

  • Ausgangsmaterial für Pflanzenkohle sind alle Stoffe mit verholztem Anteil, z.B. Strauchschnitt, Stroh und besonders Holz, natürlich. Das dürregeschädigte Holz aus den Forsten drängt sich geradezu auf, derart verwertet, gar aufgewertet zu werden
  • Pflanzenkohle, im Pyrolyse-Verfahren unter hohem Druck und hohen Temperaturen gewonnen, hat einen Kohlenstoffgehalt von 50% und weit darüber
  • Für 1 kg Kohlenstoff verbrauchen Pflanzen in der Photosynthese 3,6 kg CO2 aus der Atmosphäre
  • Pflanzenkohle bleibt im Boden stabil, sie wird nicht abgebaut
  • Durch ihre Poren und große Oberfläche mit unzähligen chemischen Andockstellen hat sie die Eigenschaft, Wasser, Nährstoffe, z.B. Nitrat im Boden zu halten und diese bei Bedarf für das Pflanzenwachstum zur Verfügung zu stellen

3 Kommentare zu “„Kohle“ für die Bauern? – JA, PFLANZENKOHLE

  1. Ich fand Pflanzenkohle eine gute Idee, dann habe ich die verlinkte Quelle zu „Pflanzenkohle bleibt im Boden stabil“ gelesen. Habt ihr das auch? Ihr werbt für die Pyro-Kohle aber die Studie endet auf:

    „Sehr stabile Kohlen wie Pyrokohle wiederum können zwar möglicherweise zur C Sequestrierung in extensiv genutzten landwirtschaftlichen Böden herangezogen werden, bergen in konventionell und/oder intensiv genutzen landwirtschaftlichen Böden ein Risiko für unvorhersehbare negative Effekte wie beispielsweise Pestizidakkumulation“.

    Das klingt für mich jetzt nicht so toll.

    Inwiefern mich „unvorhersehbare negative Effekte“ von der Notwendigkeit der Verwendung von Pflanzenkohle überzeugen sollen, erschließt sich mir nicht.

    • Annette Berndt

      Was hier nicht so toll klingt, sind nun mal die Ergebnisse aus den Studien. Den negativen Inhalt dieser Aussage verursachen aber die Pestizide, nicht die Pflanzenkohle an sich. Für die Praxis ist es wichtig, die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen. Sicherlich ist es nicht sinnvoll, Pflanzenkohle schlicht zu vergraben als reine Kohlenstoffspeicher-Maßnahme und dann weiterhin intensiv zu wirtschaften einschließlich eines hohen Pestizideinsatzes. Pflanzenkohle ist nun mal ein Stoff mit viel Bindungskapazität, daher werden in der landwirtschaftlichen Praxis vor dem Einsatz die Andockstellen „besetzt“, indem die Kohle mit Gülle oder Urin versetzt oder mit verkompostiert und dadurch „aufgeladen“ wird. So kann sie ihr Potential für den Nährstoffhaushalt im Boden, Aufbau von Bodenleben und Humus entfalten, die Widerstandsfähigkeit der Pflanzen erhöhen und ggf. auch Pestizideinsätze überflüssig machen. Das wären unvorhersebare positive Effekte von Pflanzenkohle, aber diese Frage war nicht Gegenstand in den zitierten Untersuchungen des von Thünen-Intituts.
      Mit freundlichen Grüßen
      Annette

  2. Der Abtransport von Mist würde entfallen, so der Böseler. Mehr Rückhalt erwünscht er sich von Behörden.

    Bösel Geflügelmist fällt in dieser Region reichlich an. Soviel, dass die hiesigen Felder dafür längst nicht mehr ausreichen. Stattdessen fahren aus dem Oldenburger Münsterland jährlich mehr als 100 000 Lastwagen in andere Regionen. Statt Geld damit zu verdienen, müssten die Landwirte derzeit dafür sogar bezahlen. Dabei haben die Laster wertvolle Rohstoffe geladen, weiß Harmanus Tapken aus Bösel. „Ein Unding, was da passiert“, meint er.

    Seit rund 20 Jahren arbeitet der Tüftler und Erfinder an einer Lösung. Seine Idee: den Geflügelmist verbrennen. Auch Gärreste aus Biogasanlagen könnten verarbeitet werden. Es entstehen Wärme (thermische Energie) und wertvolle Pflanzenkohle (Pyrolyse-Asche). Tapken hat für seine Anlage, die er sich hat patentieren lassen, Industrie oder landwirtschaftliche Betriebe im Blick, für die sich die Anschaffung des derzeit rund 80 000 Euro teuren Ofenanlage samt Wärmetauscher, die als Prototyp in Rotenburg an der Wümme steht, rentiert. Die Anlage in Rotenburg hat er gemeinsam mit einer Unternehmen unter dem Titel EC Bio Heat errichtet.

    Der Mist müsse zunächst getrocknet und zu Pellets verarbeitet werden. Die Technik dafür sei längst am Markt. Bei rund 50 Kilogramm Pellets, die in der Stunde verbrannt werden, entsteht eine Feuerungswärmeleistung von rund 160 kW-Stunden.

    Der Vorteil: Gas oder Heizöl könnten in hohem Maße eingespart werden. Eine Tonne Mist, rechnet Tapken vor, ergebe soviel Energie wie 400 Liter Heizöl. In einem weiteren Schritt könne auch Strom daraus erzeugt werden. Eine Anlage dazu sei in Dänemark geplant.

    Die Biokohle, die zurückbleibt, könne theoretisch auf die Felder ausgebracht werden. Dafür fehlt indes derzeit noch die Genehmigung, sagte Tapken. Biokohle verwandele in Verbindung mit Mikroorganismen Gülle auf den Feldern in einen hochwertigen und lang anhaltenden Dünger – und das ohne Gestank, berichtet er. „Pflanzenkohle speichert CO2 über tausende Jahre“. Durch Aufbereitung können die Kohle, die aus über 90 Prozent Kohlenstoff besteht, auch als Aktivkohle klassifiziert werden.

    Die Anlage müsse deutlich geringere Auflagen (nach 4. Bundesimmissionsschutzverordnung) erfüllen als von Behörden gefordert. Die sähen eine andere, wesentlich strengere Kategorie der Verordnung. Tapken bezieht sich in seiner Beurteilung auch auf Verordnungen und Entscheidungen der Europäischen Union sowie des Bundesverwaltungsgerichts. Selbstverständlich müssten in seiner Anlage die Abgaswerte eingehalten werden. Das könnte über eine Abgasrückführung gewährleistet werden.

    Interessierte für seine Anlage gebe es schon viele – auch im Landkreis Cloppenburg. Nur von den Genehmigungsbehörden erhofft sich Tapken mehr Unterstützung. Die Entsorgung der Gülle werden auch in Zukunft nicht leichter, ist sich Harmanus Tapken sicher. Deshalb setzt er auf seine Zukunftstechnologie und sieht sich ganz auf Linie der Energiewende.

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