Autor: Borys

  • Reda führt fraktionsübergreifenden Widerstand gegen EU-Leistungsschutzrecht an

    In einem neuen Kampagnenvideo sprechen sich zwölf Mitglieder des Europäischen Parlaments unisono gegen den Gesetzesentwurf für ein EU-Leistungschutzrecht für Presseverleger aus, den der scheidende Digitalkommissar Günther Oettinger im Herbst vorgelegt hatte.

    Mitglieder sämtlicher EU-Fraktionen (mit Ausnahme der Rechtsextremen) schließen sich damit der Kampagne von Felix Reda an. Reda ist Europaabgeordneter der PIRATEN und eine stellvertretende Vorsitzende der Grüne/EFA-Fraktion. Aus Deutschland sind weiter Dietmar Köster (SPD), Martina Michels (LINKE) und Alexander Graf Lambsdorff (FDP) vertreten. Mit dem polnischen MdEP Michał Boni (EVP) ist auch ein Fraktionskollege von Oettinger Teil der Kampagne.

    „Der Plan der Kommission würde die Art und Weise, wie wir heute Nachrichten teilen, illegal machen“, warnt Philippe Lamberts, der belgische Ko-Vorsitzende der grünen Fraktion, im Video. „Dieser Plan würde die Meinungsfreiheit im Internet einschränken“, urteilt Laura Ferrara von der italienischen Fünf-Sterne-Bewegung. „Das Vorhaben schadet kleinen Verlagen und innovativen Startups“, so Brando Benifei von den italienischen Sozialdemokraten. „Journalisten werden davon keinen Vorteil haben“, ergänzt Dietmar Köster.

    Reda kommentiert:

    „Das EU-Leistungsschutzrecht stößt nicht nur in der Bevölkerung auf breiten Widerstand. Dass sich nun Abgeordnete aus allen Fraktionen dem Protest anschließen, macht mich zuversichtlich, dass das Parlament die Linkfreiheit verteidigen und das Leistungschutzrecht ablehnen wird. Das EU-Leistungsschutzrecht soll im Gegensatz zum ähnlichen Gesetz, das in Deutschland seit 2013 in Kraft ist, nicht nur Suchmaschinen und Nachrichtenaggregatoren, sondern auch soziale Netzwerke und sogar Blogger zur Kasse bitten, wenn sie kurze Anreißer von Nachrichteninhalten verbreiten. Die vorgesehene Schutzfrist ist zwanzigmal so lange wie in Deutschland. Im Gesetzesentwurf ist keinerlei Ausnahme für kürzeste Textpassagen oder für Privatpersonen vorgesehen.“

    Am morgigen Donnerstag wird der Rechtsausschuss des Europaparlaments erstmals über den Urheberrechtsreformvorschlag beraten. Die zuständige Berichterstatterin Therese Comodini Cachia (EVP) wird im März ihren Entwurf für einen Standpunkt des Parlaments vorlegen.

    Kampagnenvideo zu „Save the link“:

  • „Kein Urheberrecht auf Daten“: Julia Reda kritisiert EU-Kommissionspläne

    „Kein Urheberrecht auf Daten“: Julia Reda kritisiert EU-Kommissionspläne

    Die heutige Mitteilung der EU-Kommission zur europäischen Datenwirtschaft kommentiert Julia Reda, EU-Abgeordnete der PIRATEN und Vizevorsitzende der Grüne/EFA-Fraktion, wie folgt:

    „Die EU-Kommission liebäugelt mit einem neuen urheberrechts-ähnlichen Schutz für Daten. Das ist Günther Oettingers letzte schlechte Idee als scheidender Digitalkommissar – sie hätte fatale Auswirkungen und ist strikt abzulehnen.

    Eine Reihe von Nullen und Einsen würde dadurch ähnlich geschützt wie schöpferische Werke. Das würde hohe Nebenkosten und enorme Rechtsunsicherheit für alle erzeugen, die Daten erstellen und nutzen – etwa für Forscherinnen und Forscher oder innovative Startups. Die Nutzung von Daten wie Zugriffsstatistiken, Sensordaten oder Messwerte würde rechtlich so komplex wie der Umgang mit dem Urheberrecht heute.

    Im ‚Internet of Things‘ wird es immer wichtiger, Nutzerinnen und Nutzern von Geräten und Diensten den Zugriff auf jene Daten zu garantieren, die sie durch ihre Benutzung generieren. Auch ein Recht auf Mitnahme solcher Daten zu anderen Diensten ist dringend nötig – die von der Kommission angedachten Maßnahmen zur Verbesserung der Portabilität müssten noch viel weiter gehen. Ein neues Schutzrecht wäre hingegen das völlig falsche Werkzeug. Statt die Autonomie von Nutzerinnen und Nutzern zu sichern, würden Firmen in ihren Geschäftsbedingungen einfach die Abtretung dieses Rechts verlangen und diese Daten damit umso mehr zur handelbaren Ware machen.

    Die Kommission würde mit dieser Idee die Fehler des Datenbankschutzrechts wiederholen, das nicht nur seinen Zweck verfehlt hat, die europäische Datenwirtschaft zu fördern, sondern im Gegenteil der innovativen Nutzung von Datensammlungen häufig im Weg steht.

    Die heute gestartete EU-Konsultation zum Thema gibt der Öffentlichkeit die Gelegenheit, die Idee eines neuen Schutzrechts für Daten klar abzulehnen.“

  • Die elektronische Fußfessel: Symbol staatlicher Untätigkeit

    Justizminister Heiko Maas setzt sich in der Debatte um den Terroranschlag durch Anis Amri neuerdings dafür ein, auch Gefährder, also Menschen, denen zwar ein Terrorakt zugetraut wird, die aber noch nicht straffällig geworden sind, mit Fußfesseln zu überwachen.

    Der 26-Jährige Amri war im November 2015 bereits in Berlin festgenommen worden und hatte laut Informationen des „Kölner Stadt-Anzeigers“ schon im Vorfeld mehrfach Anschläge angekündigt. So habe das Landeskriminalamt Düsseldorf im Frühjahr 2016 Berichte darüber erhalten, dass der damals 24-Jährige andere Personen aufforderte, mit ihm gemeinsam Attentate in Deutschland zu begehen. Im Internet soll Amri nach Anleitungen zum Bombenbau gesucht haben, außerdem habe er sich großkalibrige Schnellfeuergewehre beschaffen wollen. Im Juli 2016 habe ein Undercover-Agent dem Landeskriminalamt in Düsseldorf berichtet, Amri hätte damit geprahlt, ein Blutbad anzurichten.

    Patrick Schiffer, Vorsitzender der Piratenpartei Deutschland:

    „Die Forderungen von Heiko Maas und Thomas de Maizière werden immer abstruser. Die wiederholten Rufe nach neuen Überwachungsinstrumenten zeigen die völlige Planlosigkeit der Innen- und Justizminister. Auch die Forderung nach einer Überwachung durch Fußfesseln ist wieder mal nur reine Symbolpolitik!

    Ein potentieller Terrorist oder Selbstmordattentäter wird auch von einer Fußfessel nicht daran gehindert werden, sein tödliches Ziel zu erreichen. Bei dem Terroranschlag in Frankreich im Juli 2016 stand einer der Terroristen bereits in einem laufenden Ermittlungsverfahren wegen Terrorverdachts unter Aufsicht der Justiz und trug eine elektronische Fußfessel. Das hat nichts gebracht!

    Beim konkreten Verdacht auf eine bevorstehende, schwere Straftat muss diese Person in Gewahrsam genommen oder observiert werden. Das kann bereits heute nach den Polizeigesetzen der Länder geschehen. Wenn die bestehenden Möglichkeiten nicht ausgeschöpft werden, sollten die zuständigen Behörden schnellstens herausfinden, warum das so ist und handeln. Stärkt lieber den Personaleinsatz der Polizei um ein Vielfaches und schaut, woran es den Behörden wirklich fehlt. Das sorgt für objektive Sicherheit.“

  • TTIP – Game Over?

    Nachdem Donald Trump zum neuen Präsidenten der USA gewählt worden war, wurde TTIP für so gut wie tot erklärt. Bereits im Wahlkampf hatte sich Trump lautstark gegen Freihandelsabkommen positioniert und angekündigt, auch das seit 1994 bestehende nordamerikanische Freihandelsabkommen NAFTA verändern oder aufkündigen zu wollen. Die Frage ist nun, was nach Trumps Amtseinführung von diesen Ankündigungen übrig bleiben wird. Immerhin sind die Gewinner solcher Abkommen Personenkreise, die man getrost als Trumps Peergroup bezeichnen kann: Milliardäre, die skrupellos ihren Vorteil suchen.

    Campact hat dazu bemerkt, dass Trump mit dem Ende von TTIP nicht viel zu tun habe: Dies sei primär ein Erfolg der internationalen Öffentlichkeit gewesen, die dagegen aufgestanden sei. Das ist mit Sicherheit zu einem erheblichen Teil richtig. Es ist für Politiker schon ziemlich unangenehm, wenn gegen eines ihrer Lieblingsprojekte mehr als 3,6 Millionen Unterschriften gesammelt werden und mehrfach Hunderttausende auf die Straße gehen. Dazu kommt, dass „die Wirtschaft™“ keineswegs so geschlossen hinter derartigen Projekten steht, wie die beteiligten Politiker der Öffentlichkeit gerne vorgaukeln würden: Bereits 2014 sprach sich der mittelständische Verband AMA gegen die intransparenten Verhandlungen zu TTIP und CETA aus. In 2015 begannen sich kleine und mittelständische Firmen in mehreren europäischen Ländern gegen TTIP zu positionieren, in Deutschland wurde KMU-gegen-TTIP gegründet.

    Nachdem immer mehr Details zu den unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelten Abkommen ans Licht gelangten, führte das Schwergewicht unter den deutschen Wirtschaftsverbänden, der Bundesverband mittelständische Wirtschaft BVMW, eine Befragung unter seinen Mitgliedern durch. Das Ergebnis kam einer roten Karte für die Freihandelspolitik gleich: Über 80 Prozent der Unternehmen versprechen sich keine Vorteile, und immerhin noch 60 Prozent befürchten Nachteile durch die Abkommen. Das Kalkül der neoliberal orientierten Wirtschaftsabteilung in der EU-Kommission scheint nun in die Richtung zu gehen, dass man hofft, CETA durchgeboxt zu haben und dann erst mal unter der Wahrnehmungsgrenze mit kleineren Abkommen weiter zu machen. TTIP offiziell (vorerst) zu Grabe zu tragen passt da gut als Ablenkungsmanöver. Ob und wie TTIP später wieder auftaucht, werden wir dann sehen.

    Ähnliches war schon zu beobachten, als ACTA 2012 im Europaparlament scheiterte. Massiver Widerstand der Öffentlichkeit hatte den Parlamentariern klar gemacht, dass sie mit ACTA gegen die Interessen der Bevölkerung handeln würden. Statt dessen tauchten erste Teile des Vorhabens in CETA wieder auf.  Die restlichen Bausteine von ACTA werden wir dann vermutlich im TISA-Abkommen und in anderen Handelsabkommen finden, also, wenn wir die Vertragstexte dann irgendwann mal lesen dürfen. Bis zu zwanzig weitere Freihandelsabkommen bereitet die EU-Kommission derzeit vor, wie die Welt kürzlich berichtete, davon am weitesten fortgeschritten ist das Abkommen mit Japan. Einsicht in Vertragstexte? Fehlanzeige. Vielleicht gibt es bald wieder Leseräume. Doch aus der Übersicht zum derzeitigen Stand der Verhandlungen ist zumindest zu entnehmen, dass erneut alle Zutaten enthalten sind, die Freihandelsabkommen so unbekömmlich machen: Investorenschutz, geistiges Eigentum, Standards für Lebensmittel und so weiter.

    Gerne verweist die EU-Kommission auf das Freihandelsabkommen mit Südkorea, das in der Verhandlungsphase wenig öffentliche Aufmerksamkeit erhielt, erfolgreich abgeschlossen werden konnte und von dem alle Seiten profitieren. Vergessen wird dabei dann gerne, zu erwähnen, dass dieses Abkommen viele der strittigen Zutaten nicht, oder in sehr viel verträglicherer Form enthält. Es ist die übliche Salamitaktik: Wenn sich die Bürger nicht wehren, zieht man die Daumenschrauben langsam aber sicher weiter an. TTIP ist also wahrscheinlich weg, CETA wird möglicherweise demnächst noch durchgeboxt und die nächsten Abkommen sind schon in Vorbereitung.

    Das grundlegende Problem all dieser Freihandelsabkommen ist, dass die Bürger der beteiligten Wirtschaftsräume erst gar nicht an ihrem Zustandekommen beteiligt werden sollen. Dabei sollte der massive Widerstand eigentlich ein klares Zeichen gewesen sein, dass Abkommen dieser Art nicht gewünscht sind. Freihandel nach neoliberalem Rezept erzeugt immer eine Menge Verlierer, beginnend mit all denjenigen, die nicht daran beteiligt sind. Gerade Entwicklungs- und Schwellenländer haben häufig das Nachsehen, wenn wohlhabendere Länder die Handelsbedingungen untereinander regeln. Die Folgen bekommt die Welt anschließend in Form von Verteilungskämpfen, Unruhen, regionalen Konflikten, Kriegen und demzufolge auch Flüchtlingen zu spüren. Zudem finden sich in Abkommen neuerer Art zunehmend Mechanismen, die rechtsstaatliche Mechanismen auszuhebeln sowie soziale und Umweltstandards zu senken drohen.

    Echter Freihandel kann nur weltweit, also über die WTO organisiert werden, doch das ist natürlich aufwändiger, weil mehr Beteiligte mit am Verhandlungstisch sitzen. So wurden in 2015 die Zölle auf über 200 Produktgruppen im Bereich Hightech gestrichen. Davon profitieren alle Staaten gleichermaßen und es ist ein Produktbereich, in dem keine Region einen besonderen Schutzbedarf hat, wie das zum Beispiel bei der Landwirtschaft der Fall ist.

    Was bleibt also zu tun? TTIP ist zwar vorläufig vom Tisch, es besteht aber die Gefahr, dass es unter anderem Namen wieder aufersteht. CETA ist im Prozess der Inkraftsetzung, hat aber noch etliche Hürden zu nehmen. Wenn auch nur einer der EU Staaten nicht zustimmt, hat sich das ganze Abkommen erledigt.  Die Initiativen gegen TTIP und CETA haben Wirkung gezeigt, daraus sollten wir das Selbstvertrauen ziehen, dass wir etwas ändern können. Es gilt also vor allem, den öffentlichen Druck aufrecht zu erhalten, sobald wieder einmal bekannt wird, dass die EU-Kommission beabsichtigt, ein neues oder altbekanntes Freihandelsabkommen nach neoliberalem Rezept aufzukochen.

    Eine Lösung des grundsätzlichen Problems ist aber nur möglich, wenn die konservativen und wirtschaftsfreundlichen Politiker der EU-Kommission abgewählt werden. Dazu wird es noch ein langer Weg sein, aber das Ziel sollten wir nicht aus den Augen verlieren. Auch weil das ein wichtiger Faktor dafür ist, bei den Bürgern wieder Vertrauen in die EU zu schaffen.

    Ein Gastbeitrag von Guido Körber

  • Patrick Schiffer: Rede zum Dreikönigstreffen in Erlangen

    Sehr geehrte Zuschauerinnen und Zuschauer im Stream, liebe Piraten!

    Der Landesverband Bayern hat in der Piratenpartei eine ganz besondere Geschichte und Bedeutung. Neben seiner Größe und der zweitgrößten Menge an Mitgliedern hat der Landesverband bereits eine turbulente Geschichte hinter sich. Nachdem er am 6. Januar 2007 in München gegründet wurde, sorgte er erstmalig für Aufruhr bei der Aufdeckung des sogenannten Bayern-Trojaners: Im Januar 2008 veröffentlichte der Landesverband ein Dokument, das nach unbestätigten Angaben aus dem bayerischen Justizministerium stammen soll. Das Schreiben gab die Preise für eine Spionagesoftware, deren Einsatz ein privater Dienstleister anbot, bekannt und wies auf Unklarheiten bei der Kostenübernahme hin.

    Das Ministerium nahm zu der Affäre um den sogenannten Bayerntrojaner keine Stellung, doch kam es im September 2008 beim Pressesprecher der Piratenpartei zu einer Hausdurchsuchung. Er wurde verdächtigt, nach der Zuspielung geheimer Dokumente durch einen Informanten „mit der Veröffentlichung des vertraulichen Schreibens das Dienstgeheimnis verletzt und die Arbeit der Ermittlungsbehörden behindert“ zu haben. Der Landesvorsitzende Stefan Körner forderte den bayerischen Innenminister Joachim Herrmann schließlich im Oktober 2011 aufgrund des Einsatzes des Trojaners in einem offenen Brief zum Rücktritt und den Landtag zur vollständigen Aufklärung des Vorfalls auf. Im August 2011 startete der Landesverband Bayern eine Initiative für ein landesweites Volksbegehren zur Abschaffung der Studiengebühren. Nachdem im November 2012 das Volksbegehren „Nein zu Studiengebühren in Bayern“ der Freien Wähler Bayern zugelassen wurde, schlossen sich die PIRATEN 2012 dem Bündnis an. Die Webseite http://www.volksbegehren-studiengebuehren.de, die zuvor für die Initiative der PIRATEN geworben hatte, wurde zur Bündniswebseite umgestaltet. Diese Wehrhaftigkeit brauchen wir! Bitte, liebe bayerischen Piraten, erhaltet euch diese Zivilcourage, diesen Mut und diese Angriffslust. Ihr seid ein Vorbild für viele Freiheitskämpfer und gemeinsam stehen wir an eurer Seite.

    Brexit und Trump waren nur der Anfang!

    Die Wahl des rassistischen Demagogen und Wirtschaftsfreundes Trump ist die Folge eines kapitalistischen Systems, das maßlos geworden ist. Es hat zuviel Gier wuchern lassen und zu tiefe Gräben zwischen oben und unten aufgerissen. Es hat zuviele Verlierer und zuviel Unsicherheit produziert. Das rächt sich jetzt. Selbst den Abgehängten geht es im Westen ganz ausgezeichnet, im Vergleich zum Rest der Welt. Aber das sehen sie nicht, weil sie von dem Versprechen geblendet wurden, dass es immer noch weiter aufwärts geht – aber das tut es nur noch für die Superreichen, deren Olymp immer weiter entfernt ist. Diese Menschen fühlen sich betrogen. Sie brauchen Ventile für ihre Wut, sie brauchen etwas, an dem sie sich aufrichten können. Sie brauchen Feindbilder und Nationalstolz. Beides liefern ihnen Demagogen wie der Arbeiterfeind und Steuerabzocker Trump oder die europäischen Rechten. Und nein, Versprechungen einer FDP, die heute wieder einmal verspricht, dass DU es schaffen kannst, sind keine Antwort auf die offenen Fragen der fehlenden Chancengleichheit und einem Hartz4-System, das die Menschen in ihrer Aussichtslosigkeit gefangen hält. Stück für Stück werden freie, tolerante und offene Gesellschaften deformiert zu hässlichen Gebilden, in denen geneidet und gegeifert statt debattiert und diskutiert wird, in denen irrationale Ängste, Misstrauen, Missgunst und Neid herrschen und Tag für Tag neue Tabus gebrochen werden. Und am Ende fragen wir uns wieder alle gegenseitig, wie es wohl soweit kommen konnte.

    Trumps Erfolg ist ein bizarrer Triumph auf dem Schutthaufen eines sozialen, moralischen und geistigen Verfalls breiter Bevölkerungsschichten. Die Schuld dafür tragen die politischen Eliten. Und zur bitteren Wahrheit gehört nun einmal auch, dass Barack Obama viele seiner Chancen nicht genutzt hat. Um nur einige Stichwörter zu nennen: Nahost-Konflikt, Guantanamo, Snowden, der Klimaschutz und viele weitere. Und um ehrlich zu sein: einige gute Initiativen von Obama wurden wohl auch von Repräsentantenhaus und Senat verstümmelt. Das wird Trump zukünftig nicht passieren, er hat die Mehrheit in Haus und Senat und ist damit ein weitaus mächtigerer Präsident als Obama es je war. Das kann für Europa ganz schön was auf die Ohren geben, wenn Putin, Trump und Erdogan unter sich ausmachen, wer was wo und wie bekommt in der neuen Welt der Kotstullen und Rieseneinläufe. Im Ernst, wenn sich Europa nicht ganz schnell neu sortiert, dann werden wir ganz bitter erfahren müssen, was geostrategische und geopolitische Überlegenheit tatsächlich bedeutet und wie unwichtig Moral und Edelmut sind. Wir werden uns noch wundern! Brexit und Trump waren nur der Anfang! Jetzt rächt es sich, dass sich Europa im nationalen Kompetenzgerangel selbst geschwächt hat und keine Einigkeit hat zeigen können. Wir brauchen ein vereinigtes, demokratisch erneuertes und vielfältiges Europa, um diese Herausforderungen bestehen zu können! Und nein, es geht um keinen Kulturkampf! Dies ist vielmehr die Erzählung der Rechten und seit heute auch der SPD. Begibt man sich auf deren Feld, wird man diese Auseinandersetzung verlieren. Die Post-68er und postmaterialistischen Linken verlieren gegenwärtig diese Auseinandersetzungen überall und reihenweise. Wie viele Hinweise, ja Warnschüsse, braucht es noch?

    Auch in der Politik ist es niemals zu spät

    Es geht um eine schwerwiegende Krise unserer Demokratie und ihrer grundsätzlichen Funktion, dass die Regierenden die Interessen der Regierten zu vertreten haben. Diese Interessen sind zunächst sozio-ökonomischer und nicht kultureller Art. Das Kulturelle bildet und bildete vielmehr immer nur Identifikationsmuster für die sozialen und ökonomischen Verhältnisse ab. Und diese Verhältnisse sind nun mal zu einem guten Teil von den Verteilungsverhältnissen abhängig und Verteilungsfragen sind fast immer Machtfragen. Die Ideologie- und Kulturkämpfe hingegen sind von den Rechten gewollt! Wir haben dazu Antworten mit einem Angebot an die Menschen, dass wir die sozialen und ökonomischen Verhältnisse so gestalten wollen, dass wir wieder als Gemeinwesen funktionieren. Politik findet hier vor unserer Haustür statt. Die Zeiten einer distanzierten Meinung über eine in der Ferne stattfindende Eskalation sind vorbei.

    Steinmeier gilt als Architekt der Agenda 2010-Gesetze des ehemaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder. Kurz zur Erinnerung, das war der hochgradig asoziale Plan der SPD in Kooperation mit den Grünen, der die Reichen im Land noch reicher und die Armen noch ärmer gemacht hat. Steinmeier, „der Datenhändler“, hat als verantwortlicher Geheimdienstkoordinator nicht verhindert, dass der BND zwischen 2004 und 2007 einen Datenknoten in Frankfurt anzapfte und Rohdaten an die Amerikaner weiterleitete. Dabei war es dem BND weder technisch möglich noch seitens der NSA erwünscht, Daten von Bürgern der Bundesrepublik Deutschland zuverlässig von der Weitergabe auszuschließen. An seinen unrühmlichen Umgang mit Murat Kurnaz sei hier nur am Rande erinnert. Wenn Murat Kurnaz alt genug und Deutscher wäre, hätte ich ihn als Präsidentschaftskandidat für die Piratenpartei vorgeschlagen. Denn nur, weil Steinmeier vom Habitus her einen ganz passablen Staatsmann abgibt, kann man den nicht gleich zum Präsidenten machen! Dazu gehört mehr! Aber auch wenn er in diesem Amt keinen echten Schaden mehr anrichten kann, ist das erneut ein Zeichen dafür, dass die beiden regierenden Parteien in Deutschland nichts verstanden haben und weiterhin Politik in einer stetig kleiner werdenden Realitätsverzerrungs-Blase machen.

    Und wir dürfen es dann auslöffeln, wenn uns Frauke Fucking Petry 2017 mit 20 Prozent aus der Elefantenrunde entgegengrinst? Nein danke! Apropos Petry. Ich wollte noch was zu Seehofer sagen. Mittlerweile frage ich mich, inwiefern sich CSU, AfD und NPD übehaupt noch voneinander unterscheiden. Heute las ich, dass Seehofer damit droht, nicht mehr antreten zu wollen, da ein zukünftiger CSU-Chef … ach, lassen wir das, ist eh nur Selbstbeschäftigung! Mit manchen Zeitgenossen sollte man nicht zuviel Zeit verschwenden, da man sie damit größer macht, als sie sind. Ich kann den Menschen in Bayern nur empfehlen, sich nicht weiter von Horst “Obergrenze” Seehofer blenden zu lassen. Auch die Zukunft Bayerns hängt von den Menschen ab, die hierher kommen und bleiben wollen. Wenn es dafür nicht schon zu spät ist.

    “Man darf niemals ‚zu spät‘ sagen. Auch in der Politik ist es niemals zu spät. Es ist immer Zeit für einen neuen Anfang.”

    Dieses Zitat stammt von Konrad Adenauer, und es sagt im Grunde genommen aus, was viele von uns denken: Eine Mitgliedschaft und die damit verbundene Mitarbeit in der Piratenpartei heißt Engagement auf der richtigen Seite der Macht, um für die Werte von Vielfalt, Freiheit, Selbstbestimmung, Teilhabe, Grundrechten, Gerechtigkeit und Solidarität zu streiten.

    Das Neueste vom Neuen heisst Datensouveränität!

    Ein weiterer Punkt, den Herausforderungen der heutigen Zeit zu begegnen, ist die Formulierung von Zielen im Umgang mit der Digitalisierung.

    „Den meisten Amerikanern ist klar, dass es zwei Gruppen gibt, die bei ihren Bewegungen im Land regelmäßig überwacht werden. Die erste Gruppe wird gegen ihren Willen auf der Grundlage eines Gerichtsbeschlusses überwacht, der sie zum Tragen einer elektronischen Fußfessel verpflichtet. Die zweite Gruppe umfasst alle anderen.“

    Dies ist kein Zitat aus einem dystopischen Roman, auch keine Bemerkung eines Managers im Silicon Valley und nicht einmal eines Vertreters der NSA. Es handelt sich um die Aussage eines Beraters der Kfz-Versicherungsbranche über die Vorteile der „Kraftfahrzeugtelematik“ und die erstaunlich weit reichenden Überwachungsmöglichkeiten dieser angeblich vorteilhaften Systeme, die heute schon eingesetzt werden oder sich in Entwicklung befinden. Nach der Branchenliteratur lassen sich diese Daten für eine dynamische Echtzeitbeeinflussung des Fahrverhaltens durch Strafen oder Belohnungen nutzen: in Echtzeit vorgenommene Erhöhung oder Senkung der Versicherungsprämie, finanzielle Strafen oder Gutscheine, Sperrstunden und Motorsperren oder goldene Sterne für zukünftige Vorteile.

    In diesem Spiel geht es um den Verkauf eines Zugangs zum Echtzeitfluss unseres alltäglichen Lebens mit dem Ziel, unser Verhalten direkt zu beeinflussen, zu verändern und daraus ein Geschäft zu machen. Es ist das Tor zu einer neuen Welt geschäftlicher Möglichkeiten: Restaurants, die unser Fahrziel sein möchten; Werkstätten, die unsere Bremsbeläge austauschen wollen; Geschäfte, die uns wie die legendären Sirenen anlocken. Da kann es kaum verwundern, dass Google kürzlich ankündigte, Google Maps werde in Zukunft nicht nur die gesuchte Fahrtroute anzeigen, sondern gleich auch Ziele vorschlagen. Unternehmen werden immer mehr alles vernetzen wollen: den Bäcker, das Auto, das Haus und diese Dinge sammeln Daten über uns. Dabei wächst ein Ökosystem von künstlichen Intelligenzen, das diese Daten auswertet und zukünftig berechnet, was wir zu tun gedenken. Der Missbrauch kann sehr groß sein, so dass unsere Grundrechte bedroht werden. Unsere intimsten Bereiche sind berührt, weil dabei unser Privatleben ausgewertet wird. Wir öffnen unsere intimsten Räume für Wirtschaftsgiganten. Und schauen dabei zu! Das Neueste vom Neuen heisst Datensouveränität! Der neue Trend! Dobrindt möchte, dass Unternehmen mehr auf unsere Daten Zugriff bekommen, und der Grund dafür ist klar: Wirtschaftswachstum.

    Die digitale Revolution ist eine stille Revolution

    Leute, bei TTIP sind wir auf die Straße gegangen, aber bei der Digitalisierung macht uns das plötzlich nichts mehr aus? Ja, Entschuldigung, die digitale Revolution ist eine stille Revolution. Mir persönlich ist sie etwas zu still. Denn es handelt sich hier um die jüngste Metamorphose des Kapitalismus. Wir brauchen eine Reform des Kapitalismus, ja eine regelrechte Rückbesinnung auf eine verantwortungsvolle und SOZIALE Marktwirtschaft. Liebe Freunde, wir brauchen eine Anpassung der marktwirtschaftlichen Regeln auf die neue Wirklichkeit der digitalen Revolution. Auf die digitale Revolution folgt eine marktwirtschaftliche Revolution. Eine digitale Transformation muss also auch durch eine wirtschaftliche Transformation begleitet werden!

    Desweiteren benötigen wir eine Reform und Wiederbelebung des Sozialliberalismus, denn der aktuelle Liberalismus klüngelt mit Facebook, Google und Co. bereits im Hinterstübchen. Und damit meine ich nicht alleine die FDP, sondern auch Merkel und Gabriel zeigen sich in Sachen Digitalisierung wirtschaftsfreundlich wie eh und je. Was wir im Bereich automatisierter Märkte an der Wall Street schmerzlich erleben mussten, gilt auch hier: Märkten darf im Bereich der Informationsökonomie nicht das Monopol überlassen werden, das Gleichgewicht herzustellen. Eine Welt, die im Begriff ist, sich zu einer Planwirtschaft weniger Spieler zu verwandeln, kostet sie buchstäblich die Autonomie des Einzelnen.

    Selbstbestimmung, freiheitliche Werte und Prinzipien gingen in den vergangenen Jahren zunehmend verloren zugunsten demagogischer Aussagen und im Gegenzug aktionistischer Symptombekämpfung. Es braucht uns PIRATEN für eine Wiederbelebung und Neuinterpretation der Freiburger Thesen, sozialliberaler Ideen und für eine Renaissance des Humanismus! Wir brauchen eine dringende Wiederbelebung zukunftgerichteter Werte wie Freiheit und Selbstbestimmung. Dazu gehört, dass evidenzbasierte Politik weiterhin möglich und machbar ist. Lasst uns gemeinsam Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Studentinnen und Studenten dazu einladen, sich mit uns am politischen Diskurs zu beteiligen und sich mehr einzumischen. Diese Zeiten erfordern mehr Forschung, Sachlichkeit und profundes Wissen!

    Die Fragen rund um Privatsphäre und Datenschutz als auch die Folgen und Chancen der Digitalisierung werden zwar voraussichtlich bei der kommenden Bundestagswahl eine untergeordnete Rolle spielen. Die Kunst besteht aber darin, diese existentiell wichtigen Fragen mit den vermeintlich wichtigeren politischen Themenfeldern zu verknüpfen. Wir PIRATEN haben trotz vergleichsweise geringer Ressourcen in allen Politikfeldern kreative, konstruktive und weitblickende Initiativen gestartet, wir haben uns weiterentwickelt, wir haben gestritten und gekämpft. Wir waren und sind weiterhin in vielen Feldern die politische Avantgarde. Lasst uns diese Position ausbauen und weiterentwickeln, dann geht es auch wieder bergauf! Ich schließe meine Rede mit einem Zitat von einem berühmten Philosophen Karl Popper:

    “Der Vorzug der Demokratie ist, dass ihre Fehler korrigierbar sind, dass Fortschritt über Fehlschritte möglich ist.”

    Ich wünsche allen Anwesenden noch eine schöne Geburtstagsfeier und freue mich auf die nächsten Redner.

    Ich bin Pirat, weil unsere Art der Politik es mir wert ist.

  • Piraten feiern: Dreikönigstreffen 2017 und 10. Geburtstag des LV Bayern

    Soeben erreichte uns folgende Einladung der bayrischen Piraten, die wir gleich mal weiterreichen wollen:

    Am 06.01.2017 dürfen wir euch wie jedes Jahr ganz herzlich zum Dreikönigstreffen und der Geburtstagsfeier der Piratenpartei Bayern einladen. Dieses Jahr feiern wir einen runden Geburtstag: Wir werden zehn Jahre alt! Aus diesem Grund haben wir auch gleich den Bundesvorstand eingeladen, der uns hoffentlich schöne Geschenke bringt. ? (mehr …)

  • Stoppt das Sicherheitstheater! Es bringt nichts.

    Das Bundeskabinett hat heute beschlossen, insgesamt vier Gesetzesentwürfe auf den Weg zu bringen, um eine „Erhöhung der Sicherheit in Deutschland“ zu gewährleisten. Dazu gehört auch eine Gesetzesnovelle, die der Bundespolizei neue Befugnisse geben soll, um „intelligente Überwachung“ einzusetzen, etwa automatische Systeme zum Lesen von Autokennzeichen sowie Bodycams. Außerdem soll den Einsatzleitstellen erlaubt werden, Telefongespräche aufzuzeichnen. (mehr …)

  • Patrick Breyer vs. EU-Kommission: EuGH-Gutachter unterstützt Klage auf größere Transparenz der europäischen Justiz

    Der Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof unterstützt die Klage des schleswig-holsteinischen Piratenabgeordneten Patrick Breyer auf größere Transparenz und öffentlichen Zugang zu den Akten abgeschlossener Gerichtsverfahren. Eingeschränkt soll auch in anhängigen Prozessen mehr Transparenz geschaffen werden. Darüber hinaus regt der Generalanwalt an, Parteischriftsätze künftig auf der Website des Gerichtshofs zu veröffentlichen. Dies ergibt sich aus den heute verkündeten Schlussanträgen in einem Grundsatzstreit über die Transparenz der europäischen Justiz, an dem die EU-Kommission und die Regierungen mehrerer EU-Staaten beteiligt sind (Az. C-213/15) [1] [2].

    Mit seiner Klage will Breyer erfahren, mit welchen Argumenten vor einigen Jahren vor dem Europäischen Gerichtshof um Österreichs Pflicht zur Umsetzung der später gekippten EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung gerungen wurde. Gleichzeitig wehrt sich Breyer gegen ein in erster Instanz angenommenes Verbot der Veröffentlichung von Schriftsätzen aus laufenden Verfahren, dessentwegen ihm die Hälfte der Kosten des Verfahrens auferlegt worden sind.

    Kläger Breyer, der bis zu seiner Wahl in den Landtag selbst als Richter tätig war, erklärt:
    »Der Generalanwalt unterbreitet dem Gerichtshof großartige Vorschläge für eine transparentere europäische Justiz. Diese Schlussanträge sind ein Durchbruch für meine jahrelangen Bemühungen.

    Wir brauchen Transparenz gerade in Fällen, in denen EU-Gerichte über Massenüberwachungsmaßnahmen wie die Vorratsdatenspeicherung entscheiden. Die Gültigkeit solcher Eingriffe in unsere Grundrechte geht uns alle an. Die Argumentation und Anträge der Regierungen in Grundsatzprozessen müssen der öffentlichen Kontrolle unterworfen werden. In einer Demokratie ist die Staatsgewalt der Öffentlichkeit gegenüber rechenschaftspflichtig, auch für ihr Verhalten vor Gericht.

    Es geht in diesem Grundsatzprozess nicht nur um die nachträgliche Transparenz der EU-Justiz als europäisches Verfassungsgericht, sondern auch um Pressefreiheit und die demokratische Kontrolle von Regierungen in laufenden Verfahren. Presse und Öffentlichkeit dürfen in Grundsatzprozessen mit weitreichenden Folgen für jeden Bürger nicht vor vollendete Tatsachen gestellt werden. Keine Berichterstattung zuzulassen, bis die mündliche Verhandlung den Prozess abschließt, wäre ein großer Fehler in Zeiten einer Legitimationskrise der EU. Meine Überzeugung ist, dass Prozesse vor dem obersten EU-Gericht nicht zu Geheimverfahren werden dürfen! Gerechtigkeit braucht Öffentlichkeit.«

    [1] Kommission / Breyer – Rechtssache C-213/15 P: http://curia.europa.eu/juris/liste.jsf?language=de&td=ALL&num=C-213/15%20P
    [2] Weitere Informationen und Verfahrensdokumentation: http://www.patrick-breyer.de/?p=561245