Autor: Borys

  • IT-Sicherheitsforschung: Mehr Bug Bounty, und weg mit dem Hackerparagraphen

    IT-Sicherheitsforschung: Mehr Bug Bounty, und weg mit dem Hackerparagraphen

    Digitale Kommunikationsnetzwerke verbinden Menschen in der ganzen Welt. Das bringt unserer Gesellschaft viele Vorteile, allerdings müssen diese Netzwerke gegen sogenannte Cyberattacken geschützt werden. Denn je mehr insbesondere persönliche Daten in einem Netzwerk zugänglich sind, desto interessanter ist es für Kriminelle, diese zu stehlen.

    Um Sicherheitslücken aufzudecken, arbeiten sowohl kommerzielle Netzwerkbetreiber als auch private Aktivisten Hand in Hand. Von Letzteren ist in Deutschland insbesondere der Chaos Computer Club [1] bekannt, dessen unabhängige Analysen zur IT-Sicherheit allseits Aufmerksamkeit erregen. Das  “Responsible Disclosure” ist ein essenzielles Tool derartiger Aktivisten, wenn sie Sicherheitslücken in Online-Netzwerken entdecken. Dabei werden die Sicherheitslücken zunächst an betroffene Netzwerkanbieter bzw. -kunden gemeldet und nach einer Frist zur Behebung der Öffentlichkeit mitgeteilt, sodass auch andere Netzwerke geprüft und gegebenenfalls gesichert werden können. Per “Bug Bounty” Programmen wird jenen ethischen Hackern Anerkennung gezollt.

    Zuletzt aber bekamen ethische Hacker statt Anerkennung mehrfach eine Strafanzeige. So bei der IT-Expertin Lilith Wittmann [2], und jüngst bei einem nicht namentlich genannten Experten aus Nordrhein-Westfalen [3]. Ihr Vergehen: Eine Sicherheitslücke aufgedeckt zu haben. Denn der Paragraph § 202c des Strafgesetzbuches ([4], “Hackerparagraph”) ist so uneindeutig formuliert, dass er auch Personen kriminalisiert, die eine Sicherheitslücke analysieren – ganz gleich ob Sicherheitsforschende oder Kriminelle.

    Stefano Tuchscherer, stv. Politischer Geschäftsführer der Piratenpartei, erklärt:

    “Die Piratenpartei stellt sich klar gegen den Hackerparagraphen, und das haben wir auch in unserem Wahlprogramm eindeutig formuliert [5]. Wenn Menschen schon private Zeit opfern, um Sicherheitslücken aufzudecken und zu melden, dann sollten wir ihnen dankbar sein, und sie nicht kriminalisieren. Wir brauchen mehr Bug Bounty, und weg mit dem Hackerparagraphen!”

    Sebastian Alscher, Bundesvorsitzender der Piratenpartei:

    “Als PIRATEN wollen wir die Digitalisierung fördern, aber wir wollen sie auch begleiten und sicher machen. Wenn wir heute IT-Experten nach ‘Responsible Disclosure’ Berichten anzeigen, werden morgen wirkliche Kriminelle die Sicherheitslücken entdecken. Und statt diese Lücken zu schließen, finden wir unsere privaten Daten dann zum Verkauf im Darknet. Oder staatliche Geheimdienste finden und nutzen Sicherheitslücken aus, um die Bürgerinnen und Bürger zu überwachen – seit der Anpassung des Verfassungsschutzrechts im Juni durch den Bundestag ist es ihnen auch ganz offiziell erlaubt, Sicherheitslücken mit Trojanern, oder besser Staatstrojanern, auszunutzen [6,7].”

    In Hessen wurden Staatstrojaner bereits 2018 per Landespolizeigesetz ermöglicht. Die Piratenpartei hat dort Verfassungsbeschwerde eingelegt [8-11], um per Präzedenzfall das staatliche Verheimlichen und Ausbeuten von Sicherheitslücken untersagen zu können. Das Verfahren läuft nach wie vor, und wurde kürzlich – zufällig ebenfalls im Juni – mit einer ausführlichen fachtechnischen Stellungnahme [12] untermauert.

    Quellen:

    [1] www.ccc.de/de/ 

    [2] www.br.de/nachrichten/netzwelt/hackerparagraf-werden-sicherheitsforscher-kriminalisiert,SfDWqXm

    [3] www.heise.de/news/Datenleck-bei-Modern-Solution-Hausdurchsuchung-statt-Bug-Bounty-6222165.html

    [4] www.gesetze-im-internet.de/stgb/__202c.html

    [5] www.piratenpartei.de/bundestagswahl-2021/wahlprogramm-2021/digitalisierung-und-netzpolitik/

    [6] www.piratenpartei.de/2021/06/10/staatstrojaner-sind-eine-gefahr-fuer-unsere-sicherheit/

    [7] www.bundestag.de/parlament/plenum/abstimmung/abstimmung?id=742

    [8] www.piratenpartei-hessen.de/blog/2018/10/19/piraten-erheben-verfassungsbeschwerde-gegen-hessentrojaner/

    [9] www.piratenpartei-hessen.de/wp-content/uploads/2019/07/Beschwerdeschrift-Hessentrojaner.pdf

    [10] www.zdf.de/nachrichten/heute/piratenpartei-in-hessen-beschwerde-gegen–staatstrojaner-100.html

    [11] www.fr.de/rhein-main/verfassungsbeschwerde-gegen-staatstrojaner-10950969.html

    [12] wiki.piratenpartei.de/wiki/images/2/21/Hessentrojaner_Stellungnahme-Piraten.pdf

  • RENAPER-Leak in Argentinien: “Digitale Behörden” brauchen IT-Sicherheitsstrategie, auch in Deutschland

    RENAPER-Leak in Argentinien: “Digitale Behörden” brauchen IT-Sicherheitsstrategie, auch in Deutschland

    In Argentinien haben Kriminelle gesammelte digitalisierte Bürgerdaten aus der staatlichen “RENAPER” Datenbank erbeutet [1]. Durch Unachtsamkeit eines Mitarbeiters gelang den Angreifern unter anderem Zugriff auf die Gesamtheit der Ausweisdaten des Landes.

    Auch in Deutschland werden Ausweisdaten in Zentralregistern gespeichert, inklusive biometrischer Photos, die per automatisierter Gesichtserkennung das Tor zur Überwachung öffnen können. Vor diesem Hintergrund positionierte sich die Piratenpartei gegen die Speicherung der Fingerabdrücke in Verbindung mit Personalausweisen [2], da es den “Grundsätze[n] der Datenminimierung, Zweckbindung, Transparenz und andere[r] Vorkehrungen zum Absichern der Grundrechte” widerspreche.

    Die Piratenpartei Deutschland betont regelmäßig, dass der Digitale Wandel in Behörden von einer angemessenen IT-Sicherheitsstrategie begleitet werden muss.

    Sebastian Alscher, Bundesvorsitzender der Piratenpartei Deutschland, führt aus:

    “Im Rahmen der digitalen Verwaltung haben wir noch einen langen Weg vor uns. Dieser muss mit einer sinnvollen IT-Sicherheitsstrategie begleitet werden, die sowohl Sicherheitslücken schließt, wo sie bekannt sind, als auch Mängel bei der Organisation der Daten vermeidet. Wieder ist deutlich geworden, welche Risiken darin liegen, Daten zentral zusammenzutragen. Dies erhöht die Attraktivität als Ziel eines Hackerangriffs, weil so im Erfolgsfall die Daten vieler oder gar aller Bürgerinnen und Bürger erlangt werden können.”

    Quellen:

     

    [1] www.heise.de/news/Argentinien-Angeblich-komplette-Ausweis-Datenbank-bei-Hack-abgegriffen-6221931.html

    [2] www.piratenpartei.de/2021/03/22/piraten-zum-neuen-personalausweis-sind-wir-denn-alle-verbrecher/ 

  • Stellungnahme der AG Bildung zum Tag der Kinderseiten

    Stellungnahme der AG Bildung zum Tag der Kinderseiten

    Wir Piraten sehen, gemäß unseres Grundsatzprogramms, „im Zuge der Digitalen Revolution aller Lebensbereiche […] die Würde und die Freiheit des Menschen in bisher ungeahnter Art und Weise gefährdet“ [1]. 

    Medienkompetenz, wie sie am Tag der Kinderseite auf spielerische Art und Weise vermittelt werden soll, wirkt dieser Gefährdung zwar konstruktiv entgegen, sollte aber eben nicht nur als ein Tropfen auf dem heißen Stein verdunsten: Wichtig ist, dass wir grundsätzlich eine ansprechende, differenzierte Oberfläche für Kinder bereitstellen. Noch essenzieller ist es aber, die Kinder zum eigenen Denken sowie zu einer selbstständigen Reflexion der Thematik anzuregen, sodass sie in der Lage sind, für sie relevante Angebote innerhalb des Internets sowie der digitalen Lehre selbst herausfiltern zu können. Genau aus diesem Grund benötigen wir dringend ein Pflichtfach Fachinformatik kombiniert mit Verbraucherbildung, damit Lernende bereits vom Grundschulalter an differenzieren können, welche Angebote für sie von Nutzen sind und welche nicht. 

    Ebenso handelt es sich hierbei, wie so oft, lediglich um ein rein auf Kinder zugeschnittenes Angebot, doch schließlich handelt es sich in unseren Augen bei Medienkompetenz um eine äußerst bedeutsame Fertigkeit, die ebenfalls älteren Generationen schmackhaft gemacht werden sollte, [2] indem man das Angebot namentlich sowie visuell auf diese Zielgruppe erweitert, entweder durch ein familienfreundlicheres Erscheinungsbild oder gar einer separaten Webseite. Wir lernen ein Leben lang und insbesondere im Bereich des digitalen Lernens, einem Bildungsbereich, welcher sich stetig schneller und komplexer, gekoppelt an das Fortschreiten moderner Technologien, weiterentwickelt, muss es ebenso Raum für die Weiterbildung von älteren Generationen geben.

    Das Vermitteln von Medienkompetenz ermöglicht gleichzeitig Flexibilität in Situationen wie der Coronavirus-Pandemie, die Distanzlehre notwendig macht. Während momentan Präsenzlehre wieder umgesetzt wird, sind Folgeerscheinungen wie „Long Covid“ gerade bei (ungeimpften) Kindern nach wie vor eine Sorge, die von Regierung und Medien gleichermaßen stark unterschätzt worden sind [3]. 

    Daher sollte der Tag der Kinderseite auch als Chance gesehen werden, bei der Kindern, Lernenden, Heranwachsenden und auch älteren Generationen etwas über die Möglichkeiten und Grenzen digitaler Lehre vermittelt werden kann, um ein digitales Lehrangebot in Zukunft sowohl von der Seite der Lehrenden, als auch der zu Unterrichtenden kompetenter umzusetzen und somit die erfolgreiche Teilhabe daran zu erleichtern.

    Die Piraten der AG Bildung haben schon lange eine verbesserte Kommunikation sowie Informationen bezüglich digitalen Hilfsmitteln [4] für Lehrende und Lernende sowie Erziehende gefordert und wollen somit digitale Lernangebote in Zukunft nicht nur vermehrt umsetzen, sondern insbesondere auch nachdrücklich und nachhaltig fördern, heute mehr denn je. 

    Quellen:

    [1] wiki.piratenpartei.de/Parteiprogramm#Pr.C3.A4ambel

    [2] www.spiegel.de/kultur/digitale-medienkompetenz-in-deutschland-studie-liefert-beunruhigende-ergebnisse-a-13624abd-cd41-4541-9cf1-7f4ff822d0e0

    [3] www.mdr.de/tv/programm/sendung-700606.html

    [4] www.piratenpartei.de/digitales-lernen/

  • PIRATEN unterstützen Initiative „Weg mit § 218“

    PIRATEN unterstützen Initiative „Weg mit § 218“

    Im Jahr 1871 wurden die Bestimmungen zum Schwangerschaftsabbruch im ersten Reichsstrafgesetzbuch verabschiedet. Auch heute, 150 Jahre später, sind Schwangerschaftsabbrüche nach § 218 StGB noch immer eine Straftat. Die Kriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs entmündigt Betroffene und verhindert allein schon wegen der damit verbundenen Stigmatisierung eine würdevolle, selbstbestimmte Entscheidungsfreiheit.

    Die Piratenpartei unterstützt die Initiative „Weg mit § 218“ [1] und ruft zur Streichung von § 218, § 219 und § 219a aus dem Strafgesetzbuch, sowie zu einer Neuregelung des Rechts auf einen selbstbestimmten Schwangerschaftsabbruch auf.

    Martina Scharmann, Vorsitzende der hessischen PIRATEN und Mitglied des bundesweiten Piratinnen+FLINT-Netzwerkes, fordert:

    „Das Recht auf Selbstbestimmung darf nicht aufhören, nur weil eine Person schwanger ist. In die heutige Zeit passt dies in keinster Weise. Ein Schwangerschaftsabbruch, aus welchen Gründen auch immer, ist die alleinige Entscheidung der Schwangeren und darf keine Straftat sein. Auch ist es dringend notwendig, das Thema Schwangerschaftsabbruch zu enttabuisieren.“

    Die medizinische Versorgungssituation wird immer kritischer, da immer weniger Institutionen, Einrichtungen und Praxen Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Außerdem wird aufgrund der Rechtslage der Schwangerschaftsabbruch während der gynäkologischen Fachausbildung weniger vermittelt. Damit verschärft sich die Lage der medizinischen Versorgung für die Zukunft weiter.
    Laut § 219a ist es Institutionen, Einrichtungen und Praxen zudem untersagt, zum Beispiel auf ihren eigenen Webseiten über Schwangerschaftsabbrüche zu informieren. Dies kann aktuell mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren für die Werbenden führen. Laut WHO ist Information eine notwendige Komponente jeder medizinischen Behandlung und sollte immer allen zur Verfügung stehen, die einen Schwangerschaftsabbruch in Erwägung ziehen.

    Andrea Deckelmann, Mitglied des bundesweiten Piratinnen+FLINT-Netzwerkes und stellvertretende Vorsitzende der PIRATEN NRW, erklärt:

    „Der § 219a hat schon lange nichts mehr im Strafgesetzbuch zu suchen. Ärzt:innen müssen in der Lage sein, fachlich über Abbruchmethoden zu informieren. Ungewollt Schwangere stehen auch unter einem zeitlichen Druck. Neben Beratungsgesprächen ist eine umfassende Information und Aufklärung im Internet enorm wichtig. Keine Schwangere würde dies als Werbung oder Aufforderung verstehen. Das ist absolut lächerlich.“

    Die 150-jährige Kriminalisierung des Schwangerschaftsabbruches muss medial größere Präsenz erfahren. Um dies zu erreichen, haben die Initiatoren eine Petition ins Leben gerufen, die hier unterzeichnet werden kann [2].

    Unser Piratinnen+FLINT-Netzwerk [3] wird das Thema weiter bearbeiten und sich an Aktionstagen beteiligen, um das Thema in die breitere Öffentlichkeit zu bringen.

    Quellen:

    [1] wegmit218.de/aufruf/
    [2] www.change.org/p/wegmit218-abtreibung-nicht-l%C3%A4nger-im-strafgesetzbuch-regeln-wir-fordern-die-ersatzlose-streichung-des-paragrafen-218-als-straftat-und-rechtliche-regelungen-au%C3%9Ferhalb-des-strafgesetzbuches
    [3] twitter.com/PiratinnenNetz

  • PANDORA PAPERS: Der Geldwäscher Andrej Babiš

    PANDORA PAPERS: Der Geldwäscher Andrej Babiš

    Was haben Andrej Babiš, Tony Blair und Vladimír Putin gemeinsam? Sie alle sind bzw. waren Regierungschefs – und sie alle sind neuerdings auch zentrale Figuren in dem gewaltigen Geldwäsche- und Steuerhinterziehungsskandal mit der trefflichen Bezeichnung Pandora Papers.

    Mit 2,94 Terabyte an Daten sind die Pandora Papers das volumenmäßig größte Datenleck der bisherigen Geschichte. Diese Causa übertrifft sogar die berüchtigten Panama Papers, die 2016 ähnlich verdächtige Transaktionen u. a. von Ivo Rittig, Radovan Krejcir und Petr Kellner aufdeckten.

    Die Gretchenfrage lautet nun: Was verraten die Pandora Papers über den tschechischen Premier Andrej Babiš? Laut der Unterlagen der panamaischen Anwaltskanzlei Alcogal transferierte Babiš heimlich rund 16 Millionen Euro (!) und kaufte mit diesem Geld sechzehn Luxusimmobilien in Frankreich, darunter das Château Bigaud im Süden des Landes. Das, ohne Steuern zu zahlen, und ohne dass klar ist, woher Andrej Babiš eine solche Summe hat. Laut der von der Plattform @Investigace.cz angesprochenen Fachleute sind bei dieser Transaktion „Anzeichen von Geldwäsche zu erkennen. (…) Ein normaler Geschäftsvorgang würde niemals so aussehen.“ 

    Allein der Betrag, den Andrej Babiš „gewaschen“ haben soll (400 Mio. CZK bzw. 16 Mio. EUR), lässt den Fall Čapí hnízdo – Storchennest (10 Mio. CZK bzw. 400.000 EUR) im Vergleich mit den Pandora Papers fast lächerlich erscheinen. Für eine Regierung, die nach eigener Aussage Steuerparadiese und Steuerhinterziehung bekämpft, sind derartige Erkenntnisse umso skandalöser. Darüber hinaus drohen Babiš in dieser Sache nicht nur in Tschechien Ermittlungen, sondern auch in Frankreich und in den Vereinigten Staaten, wo seine geheimen Unternehmen geführt werden. Man kann sich wohl ausmalen, wie der tschechische Premier bei Staatsbesuchen in diesen Ländern dastehen würde, von seiner Glaubwürdigkeit gegenüber anderen Staatsoberhäuptern ganz zu schweigen.

    Es ist so gut wie sicher, dass Andrej Babiš alles tun wird, um dies als rein politischen Kampf vor den Wahlen darzustellen. Dies wird sich allerdings als schwierig erweisen, da die Enthüllungen das Ergebnis einer internationalen Zusammenarbeit von Journalisten angesehener Medien wie der BBC, dem Guardian, Le Monde, der Washington Post und Investigace.cz sind. Hier geht es weder um „Zweckdienlichkeit“ noch um eine „Kampagne“ – darum kann es gar nicht gehen. Vielmehr geht es darum, den wahren Andrej Babiš zu entlarven. Ja, er wird bis zum bitteren Ende kämpfen, das ganz bestimmt. Was er dabei allerdings vergisst, ist die Tatsache, dass er nur für sich selbst spricht. 

    Weiterführende Informationen dazu finden Sie bspw. hier (in englischer Sprache): https://www.theguardian.com/news/2021/oct/03/pandora-papers-biggest-ever-leak-of-offshore-data-exposes-financial-secrets-of-rich-and-powerful 

    oder hier (in tschechischer Sprache): https://www.investigace.cz/pandora-papers-v-hlavni-roli-andrej-babis/

    Der Beitrag stammt von dem EU-Abgeordneten der tschechischen Piratenpartei Mikuláš Peksa.

  • Antibiotika: Für Humanmedizin priorisieren – EU-Ausschuss lehnt Entschließungsantrag ab, der Einsatz in der Tiermast reduzieren sollte

    Antibiotika: Für Humanmedizin priorisieren – EU-Ausschuss lehnt Entschließungsantrag ab, der Einsatz in der Tiermast reduzieren sollte

    Am Mittwoch, dem 15.09.2021, wurde im Ausschuss für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit des Europäischen Parlamentes ein Entschließungsantrag abgelehnt [1]. Er sollte sicherstellen, dass das Verbot bestimmter Verwendungen antimikrobieller Wirkstoffe (Antibiotika) ausreichend präzise formuliert ist. 

    Weltweit breiten sich multiresistente Krankheitserreger aus, gegen die unsere gängigen Antibiotika nicht mehr wirken. Damit droht in naher Zukunft, dass die Therapie tödlicher Infektionskrankheiten nicht mehr erfolgen kann – schon heute treten derartige Fälle auf [2]. Gleichzeitig werden Antibiotika in großer Menge in der Tiermast eingesetzt. Dadurch werden Resistenzen häufiger. Um Therapiemöglichkeiten zu erhalten, werden daher sogenannte „Reserveantibiotika“ für medizinische Notfälle zurückgehalten. Sie werden mit Bedacht eingesetzt, damit nicht auch noch gegen sie Resistenzen entstehen.

    Der abgelehnte Entschließungsantrag kritisierte nun, dass die Kriterien, was ein Reserveantibiotikum ist, verschärft werden – sodass mehr Wirkstoffe für Notfälle reserviert werden und weniger in der Tiermast eingesetzt werden dürfen. Dies wäre im Einklang mit der Position der europäischen Gesundheitsbehörde EMA, die von einem Einsatz von Reserveantibiotika in der Tierzucht abrät, um sie der Humanmedizin vorzubehalten.

    Der EU-Abgeordnete der Piratenpartei Deutschland, Patrick Breyer, unterstützte mit seiner Stimme den Entschließungsantrag und schreibt auf Twitter [4]:

    „Die EU-Kommission missachtet die Empfehlung der @WHO (World Health Organisation/Weltgesundheitsorganisation) und will erlauben, dass für Menschen zurückgehaltene lebensrettende Reserveantibiotika an Tiere verabreicht werden. In der Massentierhaltung entwickelte Resistenzen machen sie wirkungslos. Wir Piraten stimmten vergeblich für ein Veto.“

    Ein Beispiel für einen bakteriellen Krankheitserreger, dessen Antibiotika-Resistenzen zunehmend Probleme in der Behandlung machen, ist MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus). MRSA besiedelt zum Beispiel die Haut oder Schleimhäute, oft ohne eine Erkrankung hervorzurufen. Häufig sind MRSA-Bakterien in der Nase, im Rachen oder in der Leistengegend nachweisbar. Eine Infektion entsteht aber, wenn die MRSA-Bakterien über Wunden in den Körper gelangen. Dies ist insbesondere ein Problem nach Operationen mit offenen Wunden, weshalb nach Operationen Antibiotika gegeben werden. Ist aber MRSA in die Wunde eingedrungen, muss der Erreger identifiziert sein, um aus bestimmten Antibiotika auszuwählen, gegen die MRSA noch keine Resistenz aufweist.

    Reserveantibiotika haben zumeist ein breiteres Wirkspektrum als Standardantibiotika. Sie sollten nur dann eingesetzt werden, wenn Standardantibiotika nicht wirksam sind oder lebensbedrohliche Infektionen vorliegen. Je häufiger Bakterien mit einem Antibiotikum in Berührung kommen, umso größer ist die Gefahr, dass Resistenzen entstehen. Reserveantibiotika sollten deshalb nicht bei einfachen Infektionen verordnet, sondern mit Bedacht eingesetzt werden. Die Antibiotika, die in der Tiermedizin jetzt schon eingesetzt werden, sind in der industriellen Tierzucht vonnöten: Die meisten Tiere stehen zu eng nebeneinander, sodass sich Keime sehr schnell ausbreiten können. 

    Der zu umfangreiche Einsatz von Antibiotika spiegelt sich auch darin wider, dass seit 2001 Antibiotika selbst im – eigentlich reinen – Trinkwasser nachzuweisen sind. [5] Eine ZDF-Dokumentation von 2019 unterstreicht das [6]. Antibiotika gelangen auf verschiedenen Wegen in das Abwasser und damit in die Umwelt. Selbst geringe Rückstände steigern die Ausbildung und Verbreitung multiresistenter Bakterien. Kommunale Kläranlagen sind jedoch nicht dafür ausgerichtet, Mikroverunreinigungen wie Antibiotika herauszufiltern. Das gilt auch für Bakterien. Denn obwohl das Abwasser in Kläranlagen meist eine dreistufige Behandlung durchläuft, sinkt die Bakterienkonzentration nur um zwei bis drei Zehnerpotenzen. Bakterien liegen im Klärschlamm also gleichzeitig mit Antibiotika-Rückständen vor. Neben dem Risiko von Resistenzbildungen besteht die Gefahr, dass Antibiotika ganze Bakterienstämme vernichten können. Bakterien, die wichtig sind zum Abbau von Giften und Stoffwechselprodukten, aber auch um ein Gleichgewicht von Bakterienkulturen aufrechtzuerhalten. Es droht ein Artensterben auf mikrobieller Ebene, das sich wiederum auf andere Bereiche von Flora & Fauna auswirkt.

    Das Robert Koch Institut (RKI) schreibt [7]: 

    „Die Entstehung von Antibiotikaresistenzen kann nicht verhindert, sondern höchstens verlangsamt werden. Antibiotikaresistenzen nehmen weltweit zu. Sie sind eine der größten Herausforderungen für die globale Gesundheit dieser Zeit.“

    Sandra Leurs Themenbeauftragte für Gesundheit und Pflege, kommentiert nach Beratungen im Team der Arbeitsgemeinschaft Gesundheit und Pflege:

    „Schon während meiner Ausbildung zur Altenpflegefachkraft lernte ich viel über MRSA und den Umgang damit, deshalb wäre mein Votum ebenfalls für diesen Entschließungsantrag zur Eindämmung von Antibiotika Resistenzen ausgefallen.“ 

    Die Forschung zu Antibiotika oder Ersatzstoffen erfolgt nicht ausreichend. Die Notwendigkeit, Reserveantibiotika zurückzuhalten, um Menschenleben zu retten, schafft ein eklatantes Problem: Pharma-Firmen müssten viel Geld in die Entwicklung investieren, könnten aber nur geringe Mengen von neuentdeckten Antibiotika absetzen, da der Einsatz neuer Wirkstoffe begrenzt sein muss. Ein neues Finanzierungsmodell ist daher nötig, und ein Investitionsprogramm der Pharmaindustrie bringt neue Hoffnung [8], dass die Antibiotikaentwicklung doch noch zu unser aller Vorteil vorangebracht werden kann.

    Alexander Fleming, der 1928 durch Schludrigkeit das Penicillin fand, wusste schon von sich entwickelnden Resistenzen [9]. Er beendete  seine Nobel-Preis-Vorlesung mit der Warnung, dass Penicillin mit Bedacht eingesetzt werden sollte, um Resistenzen zu vermeiden. 

    Dies gilt bis heute auch für die in der Humanmedizin eingesetzten Antibiotika. 

    Quellen:

    [1] www.europarl.europa.eu/doceo/document/B-9-2021-0424_DE.html

    [2] www.stiftung-gesundheitswissen.de/wissen/antibiotika-resistenzen/resistenz

    [3] europa.eu/european-union/about-eu/agencies/ema_de

    [4] twitter.com/echo_pbreyer/status/1438479615773876228

    [5] www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2001/daz-31-2001/uid-1183

    [6] www.zdf.de/politik/frontal/antibiotika-im-wasser-100.html

    [7] www.rki.de/DE/Content/Infekt/Antibiotikaresistenz/Grundwissen/Grundwissen_inhalt.html

    [8] www.aerzteblatt.de/nachrichten/105955/Entwicklung-von-Antibiotika-fuer-Pharmaunternehmen-wenig-lukrativ

    [9] antibiotika-alternativen.de/faktencheck/schon-alexander-fleming-warnte-vor-antibiotika-resistenzen/

  • Themenabend Nutzhanf mit Dr. Schäkel

    Themenabend Nutzhanf mit Dr. Schäkel

    Die Piratenpartei Deutschland veranstaltet am 06. Oktober 2021 um 19:00 Uhr einen weiteren Themenabend im NRW-Mumble (AG Drogen- und Suchtpolitik). [1] Gemeinsam mit Dr. Schäkel von der Bio-Ranch Zempow [2] werden wir uns dem Thema „Nutzhanf“ widmen.

    Angelika Saidi, Themenbeauftragte für Drogen- und Suchtpolitik der Piratenpartei Deutschland:

    „Wir freuen uns sehr, Dr. Schäkel für diesen Themenabend gewonnen zu haben. Auch wenn Nutzhanf nicht berauschend wirkt, wollen wir u. a. beleuchten, welche Auswirkungen eine Legalisierung von Cannabis auf den Bereich Nutzhanf haben kann.“

    Hanf ist ein bedeutender Rohstofflieferant, anspruchslos, verbessert die Bodenqualität und benötigt keine Pestizide. Es wächst schnell und kann Holz, Kunststoffe und sogar Zement ersetzen. Hanf ist in vielen Bereichen eine echte Alternative, die gesund, ökologisch und nachhaltig ist. [3]

    Quellen:
    [1] Anleitung zu Mumble https://wiki.piratenpartei.de/Mumble https://www.youtube.com/watch?v=us64Vq-wFD
    Direktlink zum NRW-Mumble Ag Drogen-Suchtpolitik: https://tinyurl.com/yzbsy72v
    [2] Dr. Schäkel´s Webseite https://www.bio-ranch-zempow.de/
    [3] Einmaleins des Nutzhanfs https://www.planet-wissen.de/natur/pflanzen/hanf/pwieeinmaleinsdesnutzhanfs100.html

  • Historischer Moment: Europäisches Parlament spricht sich erstmals für ein Verbot der biometrischen Massenüberwachung in der EU aus

    Historischer Moment: Europäisches Parlament spricht sich erstmals für ein Verbot der biometrischen Massenüberwachung in der EU aus

    Das Europäische Parlament hat heute mit 259:403:30 Stimmen den Antrag [1] zurückgewiesen, die Forderung nach einem Verbot der biometrischen Massenüberwachung, etwa mittels Gesichtserkennung im öffentlichen Raum, aus dem Vitanov-Bericht über Künstliche Intelligenz im Strafrecht und ihre Nutzung durch Polizei und Justizbehörden in Strafsachen (A9-0232/2021, Abs. 31) [2] zu streichen. Es bleibt damit bei dem Text: „fordert die Kommission daher auf, mit legislativen und nichtlegislativen Mitteln und erforderlichenfalls durch Vertragsverletzungsverfahren ein Verbot jeglicher Verarbeitung biometrischer Daten, einschließlich Gesichtsbildern, zu Strafverfolgungszwecken zu erwirken, wenn diese Verarbeitung zu einer Massenüberwachung in öffentlich zugänglichen Räumen führt; fordert die Kommission ferner auf, die Finanzierung von Forschungsarbeiten, Einsätzen oder Programmen im Zusammenhang mit biometrischen Identifikatoren einzustellen, bei denen die Möglichkeit besteht, dass sie zu einer wahllosen Massenüberwachung in öffentlichen Räumen führen“.

    Dr. Patrick Breyer, Europaabgeordneter der Piratenpartei und Schattenberichterstatter der Grünen/EFA-Fraktion, kommentiert:

    „Diese Abstimmung ist ein historischer Erfolg für die Bewegung, die eine dystopische Zukunft der biometrischen Massenüberwachung nach chinesischem Vorbild in Europa verhindern will. In keinem einzigen Fall konnte biometrische Echtzeit-Überwachung einen Terroranschlag verhindern, wie uns Befürworter glauben machen wollen. Wir müssen uns gegen die biometrische Massenüberwachung in unseren öffentlichen Räumen wehren, denn diese Technologien erfassen zu Unrecht eine große Zahl unschuldiger Bürgerinnen und Bürger, diskriminieren systematisch unterrepräsentierte Gruppen und haben eine abschreckende Wirkung auf eine freie und vielfältige Gesellschaft.

    Das Europäische Parlament muss nun dafür kämpfen, dass dieses Verbot verbindlich in das KI-Gesetz aufgenommen wird! Ich rufe alle Bürgerinnen und Bürger auf, durch Unterzeichnung der Europäischen Bürgerinitiative #ReclaimYourFace [3] den Druck auf die überwachungswütigen EU-Regierungen zu erhöhen.“

    Im Vorfeld der Abstimmung hatten 25 Abgeordnete verschiedener Fraktionen in einem offenen Brief ihre Parlamentskolleginnen und -kollegen aufgefordert, die Änderungen abzulehnen [4]. Der Bericht wird voraussichtlich am Abend endgültig verabschiedet.

    Laut einer repräsentativen Umfrage, die YouGov in 10 EU-Ländern durchgeführt hat, lehnt eine Mehrheit der Europäerinnen und Europäer biometrische Massenüberwachung im öffentlichen Raum ab [5]. Im anhängigen Gesetzgebungsverfahren zur Regulierung der „künstlichen Intelligenz“ hat die EU-Kommission jedoch kein Verbot vorgeschlagen, was auf breite Kritik stößt.

    Unterstützung durch Datenaufsichtsbehörden, UN und Zivilgesellschaft

    Anfang dieses Jahres forderten der Europäische Datenschutzausschuss und der Europäische Datenschutzbeauftragte ein „generelles Verbot des Einsatzes von KI zur automatischen Erkennung menschlicher Merkmale in öffentlich zugänglichen Räumen“, da dies „direkte negative Auswirkungen auf die Ausübung der Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit sowie der Freizügigkeit hat“ [6].

    Mehr als 200 zivilgesellschaftliche Organisationen, Aktivistinnen und Aktivisten, Technikspezialistinnen und -spezialisten, sowie andere Expertinnen und Experten auf der ganzen Welt setzen sich für ein weltweites Verbot biometrischer Erkennungstechnologien ein, die eine massenhafte und diskriminierende Überwachung ermöglichen, und argumentieren, dass „diese Instrumente die Fähigkeit haben, Menschen zu identifizieren, zu verfolgen, auszusondern und zu verfolgen, wo immer sie sich aufhalten, was unsere Menschenrechte und bürgerlichen Freiheiten untergräbt“ [7].

    Auch die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte spricht sich gegen den Einsatz biometrischer Fernerkennungssysteme im öffentlichen Raum aus und verweist auf die „mangelnde Einhaltung von Datenschutzstandards“, „erhebliche Probleme mit der Genauigkeit“ und „diskriminierende Auswirkungen“ [8].

    Quellen:
    [1] https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/A-9-2021-0232-AM-001-003_EN.pdf
    [2] https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/A-9-2021-0232_DE.html , par. 31
    [3] https://reclaimyourface.eu/de/
    [4] https://www.patrick-breyer.de/20211004_ai_criminal_law_open_letter/
    [5] https://www.patrick-breyer.de/umfrage-mehrheit-gegen-biometrische-massenueberwachung-im-oeffentlichen-raum/
    [6] https://edpb.europa.eu/system/files/2021-06/edpb-edps_joint_opinion_ai_regulation_en.pdf
    [7] https://www.accessnow.org/ban-biometric-surveillance/
    [8] https://www.ohchr.org/EN/HRBodies/HRC/RegularSessions/Session48/Documents/A_HRC_48_31_AdvanceEditedVersion.docx