Autor: Borys

  • Chatkontrolle: EU Parlament stimmt über vollautomatische Durchleuchtung privater Nachrichten ab

    Chatkontrolle: EU Parlament stimmt über vollautomatische Durchleuchtung privater Nachrichten ab

    Das Europäische Parlament stimmt am 6. Juli final über eine Übergangsverordnung zur ePrivacy-Verordnung ab [1]. Darin enthalten sind Regelungen, die es Anbietern von Messenger-Apps und anderen Chat-Formaten zukünftig erlauben, unter Nutzung von fehleranfälliger Künstlicher Intelligenz private Nachrichten voll-automatisiert und in Echtzeit nach potenziell illegalem und Kindeswohl-gefährdendem Material zu durchleuchten [2]. Potentielle Verdachtsfälle werden automatisch an die Ermittlungsbehörden weitergeleitet. Im Mai unterstützte bereits der Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) des Europäischen Parlamentes entsprechende Vorschläge [3].

    Der Schutz des Kindeswohls ist ein hehres Ziel, doch sind die Maßnahmen zur Chat-Durchleuchtung hierbei nutzlos: Aufgrund zahlreicher fehlerhafter Meldungen, mit der sich Polizeien auseinandersetzen müssen, ziehen sie geradezu Ressourcen von eigentlicher Ermittlungsarbeit ab [2]. Allerdings entsteht durch Chat-Durchleuchtung, auch Chatkontrolle genannt, ein deutlicher Kollateralschaden für die Online-Privatsphäre. Die EU Pläne zur Chatkontrolle wurden von einer ehemaligen Richterin des Europäischen Gerichtshofs als grundrechtswidrig eingestuft [4]. Laut einer repräsentativen Umfrage lehnen 72% der EU-Bürger:innen eine anlasslose Durchleuchtung ihrer privaten Kommunikation klar ab  [5], und diese Ablehnung formiert sich per Petition [6] und Protestaktion [7].

    Patrick Breyer, Abgeordneter des EU-Parlamentes, warnt eindringlich:

    “Dieses Abkommen bedeutet, dass alle unsere privaten E-Mails und Nachrichten einer privatisierten Echtzeit-Massenüberwachung mit fehleranfälligen Denunziationsmaschinen ausgesetzt werden – mit verheerenden Folgen für Nutzer:innen, Kinder und Opfer gleichermaßen. Unzählige unschuldige Bürger:innen werden unter falschen Verdacht geraten, eine Straftat begangen zu haben. Selbst aufgenommene Nacktbilder von Minderjährigen (Sexting) werden in die falschen Hände geraten. Missbrauchsopfer verlieren sichere Kanäle zur Beratung und Unterstützung. Dieser Deal versetzt dem digitalen Briefgeheimnis den Todesstoß, schafft einen verheerenden Präzedenzfall und ist nur durch Desinformations- und Erpressungskampagnen möglich gemacht worden. Solche Denunziationsmaschinen auf uns loszulassen ist ineffektiv, illegal und unverantwortlich. Hier werden totalitäre Methoden eingesetzt, die mit einer Demokratie unvereinbar sind.”

    Sebastian Alscher, Bundesvorsitzender der Piratenpartei Deutschland, sieht den allgemeinen Trend zu mehr Überwachung mit arger Sorge:

    „In Deutschland wurden gerade weitere Einsatzmöglichkeiten für Staatstrojaner geschaffen, um Bürger:innen überwachen zu können. Per Uploadfilter wird automatisiert kontrolliert werden können, was Internet-Nutzer:innen ins Internet laden wollen. Nun will die EU die Privatsphäre in Chats aushebeln. Wir müssen uns deutlich gegen diese massive Bedrohung unseres Grundrechts auf private Kommunikation stemmen. Wir werden zum gläsernen Bürger, Kriminelle hingegen werden auch weiterhin Wege finden, verschlüsselte Botschaften zu senden.“

     

    Quellen:

    [1] www.europarl.europa.eu/doceo/document/OJQ-9-2021-07-06_EN.html „Use of technologies for the processing of data for the purpose of combating online child sexual abuse (temporary derogation from Directive 2002/58/EC)“

    [2] Der EU Abgeordnete Patrick Breyer (Greens/EFA) beleuchtet auf seiner Homepage ausführlich die Hintergründe, siehe: www.patrick-breyer.de/beitraege/nachrichtendurchleuchtung/

    [3] www.patrick-breyer.de/chatkontrolle-innenausschuss-stimmt-gesetz-zur-flaechendeckenden-und-verdachtslosen-durchsuchung-der-privaten-kommunikation-zu/

    [4] Rechtsgutachten: www.patrick-breyer.de/wp-content/uploads/2021/03/Legal-Opinion-Screening-for-child-pornography-2021-03-04.pdf 

    [5] Umfrageergebnisse: www.patrick-breyer.de/umfrage-72-der-buergerinnen-gegen-eu-plaene-zur-automatisierten-nachrichten-und-chatkontrolle-mit-strafanzeigeautomatik/ 

    [6] www.openpetition.eu/petition/online/eprivacy-erhalten-kinderrechte-schuetzen-stoppt-die-chatkontrolle

    [7] hpd.de/artikel/chatkontrolle-aktion-gegen-aufhebung-digitalen-privatsphaere-19428

  • Nur noch knapp ein Monat ohne Uploadfilter!

    Nur noch knapp ein Monat ohne Uploadfilter!

    2018 und 2019 arbeitete das EU-Parlament an seiner Urheberrechtsreform. Seinerzeit: Hunderttausende auf den Straßen, selbst Proteste auf Seiten der Content Creator, ein Aufschrei der überwiegend jungen Generation. Der Grund: der in der Urheberrechtsreform enthaltene Artikel 13, später Artikel 17. Klar, das Urheberrecht muss verbessert werden, doch nicht so! Schon damals sahen wir die Gefahr von Uploadfiltern. Leider führten all die Proteste zu nichts. Im April 2019 beschloss das Parlament die Reform – wenn auch nur mit knapper Mehrheit.

    Jetzt, mehr als zwei Jahre später, bestätigt sich unsere Befürchtung:

    Automatisierte Uploadfilter werden kommen.

    Am 20. Mai 2021 beschloss der Bundestag das sogenannte „Gesetz zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse im digitalen Binnenmarkt“, um die Reform aus Brüssel auch in Deutschland letztendlich zu verankern. Darin enthalten ist das sogenannte „Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz“, kurz: UrhDaG. Dieses Teilgesetz enthält die Uploadfilter, wenn auch nicht wortwörtlich. Das Gesetz ist bereits am 07. Juni in Kraft getreten – lediglich das UrhDaG gilt erst ab dem ersten August. 

    Damit nicht vergessen geht, was auch mit Mehrheiten der deutschen Regierungsparteien CDU/CSU und SPD genau eingeführt wurde, klären hier wir PIRATEN nochmal über die Details auf.

    Was genau ändert sich?

    Sobald ein Urheberrechtsinhaber von einer Plattform, einem sogenannten Dienstanbieter, verlangt, dass seine Werke nicht mehr öffentlich zugänglich sein sollen, muss der Dienstanbieter handeln. Nach § 7 UrhDaG ist er zu einer „qualifizierten Blockierung“ verpflichtet. Das Ganze wurde so definiert:

    „Der Diensteanbieter ist nach Maßgabe von § 1 Absatz 2 verpflichtet, durch Sperrung oder Entfernung (Blockierung) bestmöglich sicherzustellen, dass ein Werk nicht öffentlich wiedergegeben wird und hierfür auch künftig nicht verfügbar ist, sobald der Rechtsinhaber dies verlangt und die hierfür erforderlichen Informationen zur Verfügung stellt.“

    Es wird also nicht sofort alles blockiert, was einem Urheberrecht unterliegen könnte. Der Urheberrechtsinhaber muss das zunächst anfordern. Abgesehen davon gibt es Ausnahmen zur Nutzung geschützter Inhalte.

    Nehmen wir als Beispiel Youtube und Disney. Disney verlangt von Youtube, dafür zu sorgen, dass dessen Inhalte nicht mehr auf der Plattform hochgeladen werden. Damit ist Youtube in der Verantwortung und muss dafür sorgen, dass in der Regel vor dem Upload von Videos sortiert wird, was erlaubt ist und was nicht. Anders ausgedrückt: Youtube muss jedes einzelne Video dahingehend überprüfen, ob es Disney-Content enthält, und wenn ja, ob der genutzte Content einer Ausnahmeregelung unterliegt oder nicht.

    Alleine in Deutschland werden massenhaft Werke auf Online-Plattformen hochgeladen. Diese Masse kann nicht einzeln von Personen überprüft werden – und damit sind wir wieder bei den automatisierten Uploadfiltern.

    Die können – und werden vermutlich – Fehler in der Erkennung von geschütztem Material machen. Außerdem, und hier wird es äußerst kritisch: Sind diese automatisierten Filter erst einmal installiert, können sie leicht dazu missbraucht werden, weitere, „unliebsame“ Inhalte zu blockieren. Zahlreiche und langwierige juristische Verfahren zeichnen sich am Horizont schon ab.

    Was ist noch erlaubt?

    Ausnahmeregelungen existieren zum Glück. Allem voran Zitate sowie Karikaturen, Parodien und Pastiches der geschützten Inhalte sind weiterhin zulässig – entsprechend dem Wortlaut von § 51 [1] und § 51a [2] des Urheberrechtsgesetzes. Eine gute Nachricht für Fanfictions und Fanart: Diese Form der Fankultur bleibt dadurch auf jeden Fall erlaubt.

    Uploadfilter werden außerdem nicht jegliche Verwendung sofort blocken. Im Gesetz sind einige Regelungen getroffen, die sogenanntes „Overblocking“ verhindern sollen – also eine massenhafte Blockierung von Inhalten, die eigentlich erlaubt sind.

    1. Geringfügige Nutzung wird nicht automatisch geblockt.

    Diese beinhaltet (§ 10 UrhDaG) Nutzungen bis zu:

    • 15 Sekunden je eines Filmwerkes oder Laufbildes
    • 15 Sekunden je einer Tonspur
    • 160 Zeichen je eines Textes
    • 125 Kilobyte je eines Lichtbildwerkes, Lichtbildes oder einer Grafik

    2. Uploads werden nicht geblockt, wenn weniger als die Hälfte eines Werkes (oder mehrerer Werke) enthalten ist (§ 9 UrhDaG).

    3. Und es wird nicht automatisch blockiert, wenn Werke mit anderem Inhalt kombiniert werden (§ 9 UrhDaG). Das sind zum Beispiel typische Reaction-Videos.

    Das heißt aber nicht, dass diese drei Verwendungen erlaubt sind. Sie werden nur nicht direkt und automatisch geblockt. Stattdessen überprüft der Dienstanbieter dann manuell, ob es sich bei den verwendeten Werkteilen um ein Zitat, Satire etc. handelt. Ist das nicht der Fall, wird manuell gesperrt. Bis dahin bleibt das Werk (also ein Youtube-Video, Musikstück, etc.) jedoch öffentlich zugänglich.

    Das ist zwar ein teilweiser Kompromiss, Gefahren gehen von den Uploadfiltern dennoch aus. Sei es, weil sie ein weiterer Schritt sind, das Internet zu überwachen, oder weil sie, sobald vorhanden, auch gegen „unliebsame“ Inhalte missbraucht werden können.

    Mehr zu den Gefahren erklären wir in unserem nächsten Beitrag.

    Quellen:

    Die relevanten Gesetzestexte finden sich hier: https://www.buzer.de/UrhDaG.htm

    [1] www.gesetze-im-internet.de/urhg/__51.html

    [2] www.gesetze-im-internet.de/urhg/__51a.html

  • Antiquierte Politiker versuchen das „Neuland“ Internet mit Website-Sperren zu regulieren – ein Kommentar

    Antiquierte Politiker versuchen das „Neuland“ Internet mit Website-Sperren zu regulieren – ein Kommentar

    Getarnt hinter Jugendschutzinitiativen versucht die deutsche Politik seit nunmehr elf Jahren [1] und bis zum heutigen Tag [2,3] regelmäßig, Regularien für das Internet zu erlassen, um Inhalte stärker zu kontrollieren. Digitalisierungs-Experten der Piratenpartei sehen die Vorstöße kritisch, wie der Bundesvorsitzende Sebastian Alscher und Themenbeauftragte Anja Hirschel (Digitaler Wandel) darlegen. Unter anderem werde zu oft die technische Umsetzbarkeit außer Acht gelassen, Inhalte zu regulieren ohne einen gläsernen Bürger zu schaffen.

    Aktuelles Beispiel gefällig? Gerne! Am 30.04.2021 vermeldete das Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) auf deren Webseite [2], dass die „Reform des Jugendschutzgesetzes“ in Kraft trete. Diese Reform, so das BMFSFJ weiter, beinhalte auch eine „Verpflichtung zu strukturellen Vorsorgemaßnahmen“. Konkret bedeutet dies nach den Vorstellungen der ehemaligen Familienministerin Franziska Giffey, dass „[f]ür Kinder und Jugendliche relevante Internetdienste“ dazu verpflichtet werden sollen, „angemessene und wirksame strukturelle Vorsorgemaßnahmen zum Schutz der persönlichen Integrität von Kindern und Jugendlichen zu treffen.“ Soweit, so gut. Auch wir PIRATEN sprechen uns in unserem Parteiprogramm [4] „ausdrücklich für sinnvolle und notwendige Gesetze oder Verordnungen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen“ aus. Allerdings sind wir der Meinung, dass ein „wirksamer Jugendschutz […] nachweislich nicht durch Reglementierung und Verbote erreicht werden“ kann. 

    Jugendschutz? Ja klar! Aber richtig!

    Die PIRATEN fordern daher einen offenen und sachlichen Umgang mit dem Thema „in Form umfangreicher Aufklärung in Schulen und Freizeiteinrichtungen. Ein bereits im Kindesalter gezielt vermitteltes, selbstbestimmtes Verhalten ist der beste Weg, diesen Herausforderungen und Reizen charakterstark zu begegnen.“

    Doch eben von genau so einer Verbots-Regulierung – Verzeihung, „Reform“ – ist nun aktuell in den Medien zu lesen. Heise.de berichtet am 24.06.2021 [3], dass die Bundesländer nun „Zwangsfilter in allen Betriebssystemen“ wollen. Übereinstimmenden Medienberichten zufolge [5-8] soll durch diesen Filter zunächst per „Grundeinstellung“ alles geblockt werden, was „pornografische“ oder „Gewaltinhalte“ enthalten könnte. Auch Seiten, die keine „technischen Alterskennzeichen im Sinne des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages“ [6] vorweisen, werden zunächst geblockt, bis der Nutzer „ein höheres Alter nachgewiesen“ [5] hat.

    Nicht nur Nutzerinnen und Nutzer laufen Sturm

    Wie nicht anders zu erwarten, hagelt es bereits kurz nach Bekanntwerden des Vorhabens von verschiedenen Seiten harsche Kritik. IT-Organisationen beklagen, dass das Konzept „weder inhaltlich umsetzbar“ noch „technisch praktikabel“ sei [7-8]. 

    Sebastian Alscher, Bundesvorsitzender der Piratenpartei Deutschland, sieht die Kritik berechtigt:

    „Im Prinzip kann man sich diesen Filter, wie ihn die Bundesregierung nennt, so vorstellen: Ich kaufe mir zum Beispiel einen neuen Laptop. Damit ich den aber vernünftig nutzen kann und nicht in weiten Teilen ausgesperrt bleibe, muss ich erst einmal nachweisen, dass ich über 18 Jahre alt bin. Doch wie diese Legitimation genau aussehen soll, darüber ist bisher noch sehr wenig bekannt. Ich sehe das Risiko, dass erneut versucht wird, mit antiquierten analogen Mitteln das ‚Neuland‘ Internet zu regulieren. Diese Herangehensweise konnten wir mittlerweile zu oft beobachten. Und ebenso oft, wie das nach hinten losging.“

    Anja Hirschel, Themenbeauftragte der Piratenpartei Deutschland für den Bereich Digitaler Wandel, stimmt ein:

    „Der Grundgedanke, dass die Jugend vor Cybermobbing und -grooming oder ähnlichem geschützt werden muss, begrüßen wir PIRATEN selbstverständlich. Allerdings ist es der falsche Ansatz, wenn überzogene Forderungen seitens der Politik mangels technisch praktikabler Möglichkeiten restriktiv umgesetzt werden müssen – und damit der gläserne Nutzer befördert wird.“

    Hirschel betont weiter, dass Interessenvertreter aus der Zivilgesellschaft in effektive Planungen eingebunden werden müssen:

    „Warum setzt sich die Politik nicht mit entsprechenden NGOs zusammen? Dann könnte an wirksamen Konzepten gearbeitet werden, welche der Jugend selbst das Wissen und die Werkzeuge zur Verfügung stellen, um sich vor den Gefahren im Netz zu schützen. Kombiniert mit leicht erreichbaren Hilfsangeboten könnte so ein funktionierendes Gesamtpaket erstellt werden, ganz ohne missbrauchsanfällige Filtermechanismen.“

    Fazit: Es muss nicht immer die Keule geschwungen werden, es gibt auch elegantere Alternativen, mit denen man Jugendschutz umsetzen kann.

     

    Quellen:

    [1] www.heise.de/ct/artikel/Zurueck-auf-Los-1156954.html

    [2] www.bmfsfj.de/bmfsfj/aktuelles/alle-meldungen/reform-des-jugendschutzgesetzes-tritt-in-kraft-161184

    [3] www.heise.de/news/Laender-wollen-Filter-in-allen-Betriebssystemen-Verbaende-laufen-Sturm-6116452.html

    [4] wiki.piratenpartei.de/Parteiprogramm#Jugendschutz

    [5] winfuture.de/news,123685.html

    [6] www.computerbild.de/artikel/cb-News-Internet-Jugendschutz-Verbaende-kritisieren-Zwangsfilter-30406405.html

    [7] www.t-online.de/digital/id_90309842/betriebssystem-kommt-der-zwangsfilter-fuer-erotikseiten-.html

    [8] www.giga.de/news/pornofilter-geplant-was-die-bundeslaender-vorhaben-veraendert-das-internet-fuer-immer/

  • Neue Russlandpolitik ja, aber ohne unsere Europäischen Partner zu verkaufen.

    Deutschland und Frankreich streben ein EU-Gipfeltreffen mit Russland an. Dies führt zu massivem Widerstand in vielen östlichen EU-Staaten [1]. Hintergrund ist, dass sich Deutschland und Frankreich nicht mit ihren östlichen Partnern abgestimmt haben. Auch die historische Erfahrung östlicher Nachbarstaaten, zwischen Deutschland und Russland aufgerieben zu werden, kommt hier zum Tragen. Die Partner Deutschlands in Osteuropa üben nun massive Kritik, fühlen sich übergangen und sehen hier strategische Fehler von Deutschland und Frankreich in ihrer Russlandpolitik.

    Hierzu meint Alexander Kohler, Themenbeauftragter für den Bereich Außen- und Sicherheitspolitik der Piratenpartei Deutschland: 

    „Es scheint im Auswärtigen Amt weder die diplomatische Toolbox, noch ein Wille vorhanden zu sein, gemeinsam mit den europäischen Partnern eine gemeinsame Linie gegenüber Russland zu erarbeiten.“

    Mikuláš Peksa, Mitglied des Europäischen Parlamentes der Piratenpartei Tschechien, hebt die Wichtigkeit der Einbindung von Staaten hervor:

    „Vorbedingung für Gespräche mit Moskau muss die enge Abstimmung aller europäischen Staaten, insbesondere unter Einbindung und Führung der mittel- und osteuropäischen Länder, sowie die Umsetzung des Minsker Abkommens durch Russland sein.“

    Auch Schoresch Davoodi, Themenbeauftragter für den Bereich Europapolitik der Piratenpartei Deutschland, weist auf Gefahren hin:

    „Eine Sonderstellung oder gar Alleinstellung von Berlin und Paris bei den Verhandlungen birgt die große Gefahr, dass Vereinbarungen auf Kosten einzelner Partnerländer getroffen werden – wie bereits in der Vergangenheit geschehen.“ 

    Quellen:

    [1] m.faz.net/aktuell/politik/ausland/balten-entsetzt-ueber-merkels-vorstoss-fuer-gipfel-mit-putin-17406020.html

  • Pläne für die Pflege – PIRATEN inklusiv, Regierungspartei hofft auf privat

    Pläne für die Pflege – PIRATEN inklusiv, Regierungspartei hofft auf privat

    Die CDU, seit 16 Jahren Regierungspartei im Bund, hat nun auch ihr Programm für die Bundestagswahl 2021 veröffentlicht [1-3]. Die AG Gesundheit & Pflege der Piratenpartei Deutschland hat sich dieses selbstverständlich mit großem Interesse vorgenommen – und sieht viele bedenkliche Aspekte in den CDU-Plänen zu Gesundheitsthemen.

    Gerade in der Coronavirus-Pandemie hat sich gezeigt, dass ein starkes Gesundheitssystem essenziell ist, um die Menschen in Deutschland zu schützen. Und während einige versucht haben, “die Wirtschaft” gegen “das Gesundheitssystem” auszuspielen, sind sich PIRATEN vollends bewusst, dass das Eine mit dem Anderen sehr eng verwoben ist.

    Wo sehen wir also Probleme in den CDU-Plänen? Was ist unser Gegenvorschlag für die Bundestagswahl? Lest weiter, um unsere Meinung kennenzulernen.

    CDU-Programm erlaubt destruktiven Wettbewerb

    Die CDU will die “Trägervielfalt” in der Pflege erhalten. Klingt zwar schön, heißt aber in der Praxis: Mit der CDU wird es auch weiter keine flächendeckenden Tarifverträge in der Pflege geben. Das begünstigt private und kirchliche Betreiber von zum Beispiel Langzeitpflegeeinrichtungen, die in der Vergangenheit nicht gerade dadurch aufgefallen sind, bessere Arbeitsbedingungen in der Pflege herzustellen. Während “Vielfalt” nach Diversität und dezentraler Organisation klingt, meint es eigentlich, es soll weiter einen Preiskampf in der Pflege geben von dem private Investoren per Dividende profitieren. Gleiches gilt für private Träger von Krankenhäusern.

    Die CDU erhofft sich also, durch Wettbewerb bessere Angebote zu erreichen. Stattdessen erzeugt sie Dumpinglöhne im Pflegeberuf, während für Pflegebedürftige die Pflege eine Frage des Geldbeutels wird.

    Vielleicht wäre es sinnvoller, dass Gesundheitsökonomen auch mit Pflegenden mit praktischer Erfahrung sprechen, wenn sie das System optimieren wollen?

    Piratenpartei steht für professionelle Pflege und solide Leistungen

    Der Pflegenotstand ist in Deutschland bereits real. Daher haben wir PIRATEN besonders in diesem Bereich umfangreiche Pläne, um das System sowohl für Angehörige des Pflegeberufstandes, als auch für Leistungsempfänger zu verbessern.

    Ein starkes Gesundheitswesen zu erhalten ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, und es profitieren auf Dauer alle, wenn wir eine starke, moderne Gesundheitsversorgung haben, die bei Krankheit und Pflegebedürftigkeit sofort zur Stelle ist. Wir setzen uns daher für eine allgemeine Sozialversicherung zur Finanzierung des Systems ein, die unterschiedliche Einkommensarten anerkennt und einbezieht. Wir sind uns bewusst, dass viele Bürgerinnen und Bürger Bedenken haben, dass dies eine Einschränkung der Wahlfreiheit im dualen (privat und öffentlichen) Krankenversicherungssystems darstellt. Wir sind aber gleichzeitig zuversichtlich, dass ein gesellschaftlicher Konsens zur Einbeziehung aller bei der Stärkung des Gesundheitswesens hergestellt werden kann.

    Während dies unmittelbar die Arbeitsbedingungen des professionellen Pflegeberufes verbessern kann, haben wir auch pflegende Angehörige im Blick. PIRATEN stehen generell für ein bedingungsloses Grundeinkommen, gerade für pflegende Angehörige möchten wir es zumindest für die Pflegezeit, um deren Existenz zu sichern, während sie sich um ihre Familie kümmern. Um ihre Rückkehr in den Arbeitsmarkt zu befördern, setzen wir uns für eine Rückkehrgarantie zum alten Arbeitgeber nach der Pflegezeit ein. Und um sie langfristig abzusichern fordern wir die Zahlung angemessener Beiträge zur Rentenversicherung, sowie die Anrechnung von Pflegezeiten in Rentenpunkten.

    Für die Ausbildung in den Pflegeberufen wollen wir die Akademisierung befördern, so wie es in unseren eropäischen Nachbarländern bereits der Falls ist. Wir stellen uns eine 4-jährige Ausbildung vor, die theoretische und praktische Aspekte umfasst – denn die momentane Ausbildung (zwei Jahre Theorie, ein Jahr Praxis) ist zu kurz um das wachsende Leistungsspektrum und neue Entwicklungen adäquat zu erlernen. Gleichwohl fordern wir finanzielle und arbeitsrechtliche Unterstützung für Weiterbildungsmaßnahmen für examinierte Pflegekräfte im Sinne des lebenslangen Lernens.

    Zu guter Letzt streben wir eine Verbesserung des Gesundheitswesens durch bessere Prävention und der Ausbildung und Einstellung von Hygienefachkräften an. Krankheiten heilt man am Besten, wenn man sie von vornherein verhindert. Sind sie aber erstmal da, brauchen wir effektive Medikamente. Gerade die zunehmenden Resistenzen gegen Antibiotika werden uns nicht erst langfristig vor eine enorme Aufgabe stellen, denn viele bakteriellen Infektionen, die wir noch unter Kontrolle haben, könnten bald wieder gefährlich und gar tödlich werden. Hygienemaßnahmen, gerade in Krankenhäusern, sind daher essenziell, und werden am besten von gut ausgebildeten Hygienefachkräften koordiniert.

    Gute Pflege bei steigendem Bedarf

    Mit dem fortschreitenden demographischen Wandel in Deutschland werden wir in Zukunft zunehmenden Pflegebedarf sehen. Dass Menschen älter werden ist eine Erfolgsgeschichte unseres entwickelten Gesundheitssystems, denn es dämmt Krankheiten, die in früheren Zeiten lethal gewesen wären, erfolgreich ein. Während die Bevölkerungspyramide sich aber umdreht, und weniger “junge” Menschen eine alternde Gesellschaft versorgen, stößt die Finanzierungsart unseres momentanen Gesundheitssystems aber an ihre Grenzen.

    Als reiche Gesellschaft können wir dennoch eine adäquate Versorgung der gesamten Bevölkerung sicherstellen. Wenn wir nur wollen. Und wir PIRATEN wollen, unbedingt. 

    Quellen:

    [1] assets.ctfassets.net/nwwnl7ifahow/3Ow8uwibOXBuyDKdzMvkZl/4ba6b97c17801fd4c17085a64d58b328/Flugblatt_Soziale_Sicherheit_f__r_den_gesellschaftlichen_Zusammenhalt.pdf

    [2] www.cdu.de/thema/gesundheit-und-pflege

    [3] archiv.cdu.de/system/tdf/media/dokumente/170623_pflege.pdf?file=1

  • 52. Jahrestag der Stonewall Riots – die Herkunft des Christopher Street Day

    52. Jahrestag der Stonewall Riots – die Herkunft des Christopher Street Day

    In der Nacht vom 27. zum 28. Juni 1969 fanden im Stonewall Inn die Stonewall Riots statt. Wir gedenken der Menschen, die dort für ihre Rechte und Gleichberechtigung gekämpft haben. In einer Routinekontrolle der Polizei von Geschlechtsteilen von Personen in Frauenkleidern in einem Nachtclub in der Christopher Street wehrten sich einige der Verhafteten gegen den Abtransport, woraus der Aufstand entstand.

    52 Jahre später müssen wir noch immer um die Einhaltung der Menschenrechte und gegen das Patriarchat kämpfen. So wird Schwulen die Männlichkeit abgesprochen und sie werden als verweichlicht dargestellt. Lesbische Frauen werden nur als Fetischobjekte für heterosexuelle Männer akzeptiert.  Sie werden angefeindet, da erwartet wird, dass alle Frauen Kinder bekommen wollen und sollen. Diese grundsätzliche Vorstellung zeigte sich auch in dem kürzlich veröffentlichten Bericht der WHO, der Frauen im gebärfähigen Alter anriet, generell keinen Alkohol zu konsumieren [1].

    Trans Frauen werden angegriffen, da sie keine Kinder gebären werden und sich dadurch das Patriarchat betrogen fühlte, seit sich mit dem Aufkommen von geschlechtsangleichenden Operationen herausstellte, dass sie nicht schwanger werden können. Die Rhetorik gegenüber trans Männern konzentriert sich häufig darauf, dass diese teilweise den Uterus entfernt bekommen und dadurch keine Kinder mehr gebären können.

    Das Infragestellen des Geschlechterkonstruktes wird in Deutschland als sexuell angesehen. So wurde vorletztes Jahr nach einer trans Frau gefahndet, weil sie auf einem Spielplatz war und das Kind einer befreundeten Familie fotografierte. Somit hat sich in den letzten 52 Jahren noch nicht genug hin zu mehr Toleranz entwickelt.

     

    Quellen:

    [1] metro.co.uk/2021/06/17/who-says-all-women-of-childbearing-age-shouldnt-drink-alcohol-14790293/

  • Weltdrogentag 26. Juni – Internationaler Tag gegen Drogenmissbrauch und unerlaubten Suchtstoffverkehr

    Weltdrogentag 26. Juni – Internationaler Tag gegen Drogenmissbrauch und unerlaubten Suchtstoffverkehr

    Die Piratenpartei fordert, die Diskussion zu Drogen und Suchtgefahren wissenschaftsbasiert zu führen und ideologischen Dogmatismus zu unterlassen. Wir reihen uns nicht in den Reigen derjenigen ein, die, wie jedes Jahr, vor dem Konsum illegaler Drogen warnen.

    Eine Welt ohne Drogen ist undenkbar. Zu den sogenannten legalen Drogen gehören auch Kaffee, Tee, Medikamente, Tabak und Alkohol. Missbrauch oder problematisches Konsumverhalten können Menschen bei jeglichem Substanzgebrauch entwickeln. 

    Swen Schmidt, Koordinator der AG Drogen- und Suchtpolitik:

    „Alle Spielarten von Sex, Drugs & Rock ’n‘ Roll gehören einfach zur Menschheit dazu, solange sie keine exorbitante Gefahr für das Individuum und seine Mitmenschen darstellen.“

    Der Konsum ist selten Ursache von Sucht. Typische Suchtursachen sind u.a. Vereinsamung, Stigmatisierung, Obdachlosigkeit, Armut oder Krankheit. Die Bekämpfung dieser Ursachen sollte ein wichtiges Ziel unserer Gesellschaft sein. Suchtberatungsstellen werden in Deutschland am Häufigsten aufgrund von Problemen mit Alkohol, Spielsucht oder Medikamentenmissbrauch aufgesucht.

    Häufigste Todesursachen bei Substanzgebrauch sind übrigens Alkohol und Tabak. [1-4] Illegale Drogen hingegen führen eher selten zum Tode. Leider aber steigen die Zahlen [5] seit 2010 stetig an, da abhängigkeitsgefährdete Konsumenten aus Angst vor Verfolgung oft keine Hilfe suchen, ihnen Substitution verwehrt wird oder sie keine Möglichkeiten zum Drugchecking haben. [6]

    Angelika Saidi, Themenbeauftragte für Drogen- und Suchtpolitik:

    „Für diese Menschen muss Hilfe statt Strafe das Ziel einer neuen Drogenpolitik sein, um Menschen frühzeitig aufzuklären und damit Leben zu retten.“

    Deshalb stehen wir Piraten nicht nur heute, sondern ganzjährig für eine Drogen- und Suchtpolitik, die auf Hilfe statt Kriminalisierung setzt.

     

    Quellen:

    [1] DHS – Alkohol www.dhs.de/suechte/alkohol/zahlen-daten-fakten

    [2] DHS – Tabak www.dhs.de/suechte/tabak/zahlen-daten-fakten

    [3] DHS – Medikamente www.dhs.de/suechte/medikamente/zahlen-daten-fakten

    [4] DHS – illegale Drogen www.dhs.de/suechte/illegale-drogen/zahlen-daten-fakten

    [5] Alternativer Drogenbericht von Akzept e.V., Siehe Seite 86ff alternativer-drogenbericht.de/wp-content/uploads/2020/10/akzeptADSB2020web.pdf

    [6] Drugscouts drugscouts.de/de/page/wo 

  • Internationaler ‚World Refugee Day‘ (Weltgeflüchtetentag) [1]

    Internationaler ‚World Refugee Day‘ (Weltgeflüchtetentag) [1]

    80 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht, so viele wie seit Ende des Zweiten Weltkrieges nicht mehr. Sie fliehen vor Krieg, Hunger, Durst, politischer Verfolgung, und teilweise schon vor den Folgen des Klimawandels. Das UNHCR erinnert daher eindringlich alle Staaten am World Refugee Day, dass wir es nur gemeinsam schaffen und wir weltweit Geflüchtete und Asylbewerber am gesellschaftlichen Leben – von der Bildung zur Gesundheitsversorgung bis zum Sport – teilhaben lassen sollen.[1]

    Politische Realität sieht leider anders aus. Zum Beispiel ist das 2019 im Bundestag von der Großen Koalition im Schnellverfahren beschlossene „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“ nur eines der vielen in der letzten Legislaturperiode erlassenen Gesetze, welche die Rechte zur Teilhabe der Geflüchteten und Asylbewerber in Deutschland aufweicht und gleichzeitig die Abschiebung abgelehnter Asylbewerber beschleunigt.

    Wir sitzen alle in einem Boot, welches Planet Erde heißt.

    Jeder Mensch, der in seiner Region lebensbedrohliche Zustände vorfindet, sei es durch Krieg, religiöse Verfolgung, Rassismus, Homophobie, Hunger oder Klimawandel, hat einen Anspruch auf Asyl und eine Chance auf ein menschenwürdiges Leben.

    PIRATEN fordern deshalb stärkeres Engagement der Regierungen für Klimaschutz, sowie eine Eindämmung der Waffenexporte in Krisenländer um Fluchtursachen zu beseitigen.

    Asylanträge sollten auch schon von außerhalb der EU, zum Beispiel in Botschaften oder dafür geschaffenen Zentren, gestellt werden können. Wurde ein Geflüchteter auf diesem Wege oder in einem EU-Land als schutzbedürftig anerkannt, so fordern wir Niederlassungsfreiheit gemäß den Anforderungen der Mitgliedsstaaten sowie das Recht auf Familienzusammenführungen.

    „Für viele Menschen sind Freiheit und Schutz in ihren Heimatländern leider nur ein Traum. Eigennützige, egoistische Kräfte regieren die Welt und zwingen Menschen zur Flucht. Hilfesuchende, oft traumatisierte Menschen dürfen wir nicht wie Verbrecher behandeln. Wir PIRATEN stehen für eine humanitäre Flüchtlingspolitik, die die Menschenwürde und die Menschenrechte der Geflüchteten in den Mittelpunkt stellt. Es kann jeden treffen, zu jeder Zeit, an jedem Ort. Daher: Refugees welcome!“

    Michael John Sinclair, Bundesthemenbeauftragter für Flucht und Migration der Piratenpartei Deutschland.

     

    Quellen:

    [1] www.unhcr.org/world-refugee-day.html