Autor: Borys

  • 75 Jahre Entnazifizierung

    75 Jahre Entnazifizierung

    Zum 75. Jahrestag des “Gesetzes Nr. 104 zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus” vom 5. März 1946

    Die ideologische Gleichschaltung im nationalsozialistischen Deutschland hatte nachhaltigen Einfluss auf die deutsche Nachkriegsgesellschaft und deren Ver- und Aufarbeitung der Verbrechen des sogenannten “Dritten Reich”. Um die nationalsozialistische Ideologie aus Deutschland und seinen Behörden zu verbannen, erließen die alliierten Besatzungsmächte Gesetze zur “Entnazifizierung”. Ein zweifellos historisches Ereignis: Vor 75 Jahren, am 5. März 1946, wurde das “Gesetz Nr. 104 zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus” veröffentlicht.

    Um der “Entnazifizierung” Deutschlands eine rechtliche Grundlage zu verschaffen, wurde das Gesetz 104 zunächst in der amerikanischen Besatzungszone erlassen, und im Laufe des Jahres 1946 in den anderen westlichen Besatzungszonen übernommen. Dieses Gesetz beinhaltete, Aktive des nationalsozialistischen Regimes in Verantwortlichkeitskategorien von “Mitläufer” bis “Hauptschuldiger” einzuordnen; dazu wurden sogenannte “Spruchkammern” eingerichtet. Nur kurze Zeit später, am 13. März 1946, erließ in Bayern der damalige Ministerpräsident Wilhelm Högner das “Gesetz Nr. 14 gegen Rassenwahn und Völkerhaß”, um wiederaufkeimender antisemitischer und nationalsozialistischer Propaganda Einhalt zu gebieten. Nachdem im Oktober 1945 bereits das “Staatskommissariat für die Betreuung der Juden in Bayern“ eingerichtet worden war, folgte am 26 März 1946 das “Staatskommissariat für politisch Verfolgte”, um Entschädigungsansprüche von Verfolgten der Nazi-Diktatur zu regeln. Wenig später wurden diese beiden Kommissariate vereinigt unter einem zusammenfassenden “Staatskommissariat für rassisch, religiös und politisch Verfolgte”.

    Die “Entnazifizierung” wurde vielerorts begleitet von “antifaschistischen Aktionsbündnissen”, die sich für Antimilitarismus und Entnazifizierung einsetzten. Um auf die Interessen ehemals Verfolgter aufmerksam zu machen, und deren Interessen gegen Behörden durchzusetzen, fanden sich diese Bündnisse oft zu organisierten Vereinigungen zusammen. Im Laufe der folgenden Jahre zersplitterten viele dieser Organisationen jedoch wieder und traten in Konkurrenz untereinander. Der Hintergrund dafür war vor allem der zunehmende „Kalte Krieg“ zwischen westlich-demokratischer und östlich-sowjetischer Regierungsform, der die deutsche Politik in hohem Maße beeinflusste.

    Die tiefe Verankerung der nationalsozialistischen Ideologie in der Gesellschaft des “Dritten Reiches”, die dessen Regime so lange an der Macht hielt und in Reaktion derer die Entnazifizierungs-Maßnahmen ergriffen wurden, überrascht noch heute. Die Erinnerung an den Terror der Nazis und den schwierigen Umgang damit in der Nachkriegszeit am Leben zu erhalten ist unser aller Aufgabe, sodass wir uns als Gesellschaft nicht mehr von unseligen Ideologien verleiten lassen. Die nationalsozialistische Agenda wurde nach Kriegsende für alle sichtbar als verbrecherisches Regime offenbar, doch nicht immer zeigen sich die negativen Auswirkungen einer Ideologie so deutlich. Daher müssen wir lernen, wie Gesellschaften einer so eindeutig falschen Ideologie folgen konnten – um uns selbst und unsere Ansichten in der Zukunft immer wieder zu hinterfragen.

    „Trotz Entnazifizierung gelang vielen Tätern des NS-Regimes mit dem sogenannten ‚Persilschein‘ oder auch unter falschen Namen der Weg zurück in wichtige Positionen und Ämter in der Politik, der Justiz, der Verwaltung und an die Universitäten. Auch noch Jahre nach dem ‚Entnazifizierungsschlussgesetz‘ wurden solche Fälle bekannt. Und es bleibt wichtig, genau hinzusehen, daher engagieren wir PIRATEN uns im Aktionsbündnis Aufstehen Gegen Rassismus.“
    Mickey Sinclair, Bundesthemenbeauftragter Migration & Asyl.


    Zur Information verweisen wir hier auch auf die Pressemeldung der VVN-BdA München (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten e.V.). Die VVN-BdA wurde aus einer antifaschistischen Initiative zum Jahreswechsel 1946/47 gegründet, um Verfolgten des Nationalsozialismus zu ihrem Recht zu verhelfen. Heute ist der Verband in der Arbeit zur Erinnerungskultur aktiv. Die VVN-BdA und die Piratenpartei Deutschland sind Netzwerkpartner im Aktionsbündnis “Aufstehen Gegen Rassismus” (Redmine Beschluss #47276 vom 24. Januar 2019).

  • Der Weltfrauentag in Zeiten der Pandemie

    Der Weltfrauentag in Zeiten der Pandemie

    Der Weltfrauentag entstand in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg im Kampf um die Gleichberechtigung und das Wahlrecht für Frauen und fand erstmals am 19. März 1911 statt. Im nationalsozialistischen Deutschland war der Frauentag offiziell verboten. Seit 1975, dem „Internationalen Jahr der Frau“, wird der Tag am 08. März begangen und ist mittlerweile in vielen Ländern ein Feiertag.

    Das diesjährige Motto der Vereinten Nationen (UN) lautet „Frauen in Führungspositionen: Für eine ebenbürtige Zukunft in einer COVID-19-Welt“. UN Women, eine Einheit der Vereinten Nationen für Gleichstellung und Ermächtigung der Frauen, beschreibt, von welchen gesundheitlichen und ökonomischen Folgen Frauen und Mädchen weltweit betroffen sind.

    Auch in Deutschland zeigt sich in der Krise erschreckend deutlich, dass Frauen nach wie vor den Großteil unbezahlter Sorgearbeit übernehmen. Neben Haushalt, Erziehung und Pflege älterer Familienangehöriger ist nun auch Homeschooling überwiegend Frauensache.

    Auch sind es vor allem Frauen, die in unterbezahlten, aber, wie nun deutlich wurde, zugleich systemrelevanten Berufen arbeiten, in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen, KiTas und im Lebensmitteleinzelhandel.
    Unterbezahlte Arbeit, Minijobs und Teilzeitarbeit, weil es ganztags wegen der Kinder nicht geht, aber auch schlechtere Bezahlung bei gleicher Arbeit – der Gender Pay Gap bleibt ein brisantes Thema.

    Die Einschränkungen der Bewegungsfreiheit in Pandemiezeiten führen auch zu einem deutlichen Anstieg von häuslicher Gewalt, betroffen sind in erster Linie Frauen und Kinder. Schon vor Corona waren die Frauenhäuser in Deutschland überlastet. Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) verspricht seit Jahren in regelmäßigen Abständen den Ausbau von Hilfseinrichtungen für Frauen. Die Pandemie hat die Lage für Schutzsuchende noch verschlimmert.

    Die Corona-Krise macht deutlich, in welchen Bereichen wir gesellschaftlich nacharbeiten müssen. Es bleibt noch viel zu tun, bis der so hart erkämpfte Satz „Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“ (GG, Art 3.2) umgesetzt ist.

  • Corona-Gipfel –  PIRATEN fordern Konzentration auf Impfungen

    Corona-Gipfel – PIRATEN fordern Konzentration auf Impfungen

    Die gestrigen Beschlüsse der MPK kommentiert Sandra Leurs, Themenbeauftragte der Piratenpartei für Gesundheitspolitik:

    „Die Ergebnisse der aktuellen Runde aus Ministerpräsidenten und Kanzlerin sind nichts anderes als erschreckend. Die Beliebigkeit, mit welcher in der MPK mit Inzidenzwerten umgegangen wird, ist nicht mehr nur fahrlässig, sondern fatal. Während einer globalen Pandemie bedeuten die geplanten Lockerungen, dass Menschen sterben werden, insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass mutierte Virenstämme für einen immer größeren Anteil der neuen Infektionen verantwortlich sind, auch in Deutschland. Ohne hinreichenden Impfschutz für einen Großteil der Bevölkerung ist jede Form der Lockerung ein Experiment mit der Gesundheit von Millionen von Menschen.

    Die geänderte Teststrategie, Selbsttests über den Einzelhandel und Apotheken zu verteilen, ist zwar richtig, dabei soll aber lediglich ein Test 1 x wöchentlich kostenlos sein, unabhängig davon ob man ins Testzentrum geht oder sich selbst testet. Einmal wöchentlich ist nicht ausreichend, um wirkliche Sicherheit zu garantieren. Infektionen können sich zwischen den Tests verbreiten oder gar nicht erst gemeldet werden. Infektionsrisikos auf dem Arbeitsplatz, in der Schule oder dem Weg dahin, sind mit dieser Strategie nicht zu verhindern.“

    Daniel Mönch, politischer Geschäftsführer der Piratenpartei ergänzt:

    „Die Liste der Projekte, die Jens Spahn und Andreas Scheuer bereits in den Sand gesetzt haben, ist lang. Gerade diesen beiden jetzt ein so wichtiges Thema wie die Corona Schnelltests zu übertragen, ist kein gutes Signal. Was machen die beiden eigentlich beruflich?

    Gesundheitsminister Spahn ist mitverantwortlich für den kopf- und ziellosen Umgang mit der Corona Pandemie in Deutschland. Eigentlich sollte er sich zunächst darum kümmern, sein Versprechen der Impfung für jeden im zweiten Quartal zu erfüllen. Wenn Lockerungen das Ziel sind, dann muss er sich dieser Aufgabe verpflichten. Scheuer ist als Minister für Verkehr und digitale Infrastruktur zuständig. Während er im Bereich Verkehr zahllose Millionen versenkt hat, läßt die digitale Infrastruktur auch im Jahr 2021 zu wünschen übrig; ein Glasfaseranschluss in Deutschland bleibt eher die Ausnahme als die Regel. Dieses Versagen fällt uns jetzt in der Pandemie auf die Füße, da wir angewiesen sind auf funktionierende und schnelle Internetanbindungen, um digitalen Unterricht oder Homeoffice überhaupt möglich zu machen.“

  • PIRATEN gegen SPD Pläne zur Identifizierungspflicht

    PIRATEN gegen SPD Pläne zur Identifizierungspflicht

    Am Montag stellte die SPD ihren Wahlprogrammentwurf zur Bundestagswahl vor. In dem sogenannten „Zukunftsprogramm“ wollen die Sozialdemokraten noch mehr Daten sammeln und Klarnamenspflicht durch die Hintertür.

    Auch die SPD kommt nun im Jahr 2021 während einer wütenden Pandemie auf die Idee, sich verstärkt mit digitalen Themen zu beschäftigen. Das ist zunächst erfreulich. So wurden die Versorgung mit schnellen Internetanbindungen sogar als Grundrecht, die Interoperabilität von Social-Media-Plattformen oder die Förderung von freien öffentlichen Lehrinhalten in das Papier übernommen. Dies sind alles seit langem Forderungen der Piratenpartei. Leider liegt, wie so oft, das Problem im Detail. Daniel Mönch, Politischer Geschäftsführer der Piratenpartei kommentiert:

    „Anstatt endlich rechtssichere Möglichkeiten für Interaktionen mit staatlichen Stellen online zu schaffen, um viele Prozesse zu vereinfachen und effizienter zu gestalten, will die SPD Nutzer zwangsidentifizieren.
    Die in dem Papier geforderte Identifizierungspflicht gegenüber Plattformen ist eine „Klarnamenspflicht light“. Nutzer sollen auf Plattformen weiter anonym auftreten können, aber sich gegenüber Plattformen mit ihrem vollen Namen identifizieren müssen.
    Diese Pläne sind aus Sicht der Piratenpartei gleich mehrfach problematisch. Durch die Identifizierung auch gegenüber zum Beispiel Spieleplattformen fallen gewaltige Mengen an zusätzlichen Daten an. Im analogen Leben wäre das gleichbedeutend damit, sich gegenüber jedem Kaugummiautomaten oder Spielplatz, den man nutzt, mit dem Personalausweis identifizieren zu müssen. Dass solche Informationen dann nur von Ermittlungsbehörden abgefragt und genutzt werden sollen, zeigt die erschreckende Naivität, mit der die SPD das Thema Internet angeht.
    Selbstverständlich werden diese neu anfallenden Daten online mit weiteren bereits bestehenden Informationen über Nutzer verbunden. Das bedeutet, dass Profile, die bereits heute bestehen, sehr viel vollständiger und immer auch mit dem bürgerlichen Namen verbunden werden. Zahlreiche Datenleaks, auch bei großen Plattformen, haben in der Vergangenheit gezeigt, dass Plattformen die von ihnen gesammelten Daten nicht hinreichend schützen können. Vielleicht ist es noch möglich, große Plattformen wie Facebook oder Twitter unter Strafe dazu zu verpflichten, ansatzweise sorgsam mit den Daten um zu gehen. Dieser Ansatz scheitert aber bereits bei allen Diensten, die nicht aus der EU oder aus den USA kommen. Das Internet besteht nicht aus zwei bis drei Unternehmen, für die diese Regelung dann gelten würde, sondern es sind hunderte Anbieter und Plattformen, mit denen ein Internetnutzer in Kontakt kommt.
    Neben den semi-legalen Geschäften mit den Informationen der Nutzer würde der Vorschlag der SPD auch das Risiko für klar kriminelle Machenschaften erheblich erhöhen. Nutzer aus Deutschland, die dann per Gesetz verpflichtet wären, sich unter ihrem Passnamen zu registrieren, würden damit ein profitables Ziel für Identitätsdiebstahl.
    Auch ist es sehr fraglich, ob der von der SPD erhoffte Beruhigungseffekt der Debatte online tatsächlich wirksam ist. Über zahllose Berichte ist bekannt, dass ein Großteil von Hass im Netz unter Klarnamen stattfindet. Viele schicken Hass-Postings mit dienstlichen E-Mail-Adressen oder unterschreiben diese sogar.
    Ein weiteres Problem ist die Signalwirkung, die eine solche Regelung im „liberalen-westlichen“ Deutschland auf andere Regierungen weltweit hätte. Diktatoren, die schon lange Internetnutzer in ihren Ländern überwachen wollen, haben mit dieser Idee der SPD jetzt den geeigneten Vorwand.
    Liebe SPD, liebe Saskia Esken, wenn es etwas Digitales sein soll, vielleicht mal Menschen fragen, die etwas davon verstehen!“

     

  • Unverantwortliche Identifizierungszwang-Pläne stoppen!

    Unverantwortliche Identifizierungszwang-Pläne stoppen!

    Sowohl Bundesinnenminister Horst Seehofer als auch der am Montag vorgestellte SPD-Wahlprogrammentwurf fordern eine Pflicht zur Angabe von Namen und Anschrift zur Benutzung von Messenger- und E-Mail-Diensten bzw. sozialen Medien. Der Europaabgeordnete und Bürgerrechtler der Piratenpartei Dr. Patrick Breyer erklärt dazu:

    „Diese Angriffe auf unsere Sicherheit im Netz sind absolut unverantwortlich: Wie ständige Datenskandale zeigen, sind unsere Identität und Privatanschrift nicht sicher in den Händen von Facebook, Google und Co. Nur Anonymität im Netz schützt wirksam vor Datenklau und Datenverlust, Stalking und Identitätsdiebstahl, Doxxing und „Todeslisten“. Besonders unverzichtbar ist das Recht auf Anonymität im Netz zum Beispiel für Frauen, Kinder, Minderheiten und gefährdete Personen, Missbrauchs- und Stalkingopfer. Whistleblower und Presseinformanten, politische Aktivisten und beratungssuchende Menschen in Not verstummen ohne den Schutz der Anonymität. Nur Anonymität verhindert die Verfolgung und Benachteiligung mutiger und hilfsbedürftiger Menschen und gewährleistet den freien Austausch mitunter lebenswichtiger Informationen. Deswegen hat sich auch das Europäische Parlament 2020 mit breiter Mehrheit zum Recht auf Anonymität bekannt. Dieses Recht muss im geplanten Digitale-Dienste-Gesetz ausdrücklich verankert werden.“

    Hintergrund:
    Breyer hat vergeblich vor Bundesverfassungsgericht und Europäischem Menschenrechtsgerichtshof gegen den deutschen Identifizierungszwang für Nutzer von Prepaid-Handykarten geklagt. Der Menschenrechtsgerichtshof ließ die Vereinbarkeit mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung allerdings offen.

  • PIRATEN fordern Gleichstellung von Cannabis und Alkohol im Straßenverkehr

    PIRATEN fordern Gleichstellung von Cannabis und Alkohol im Straßenverkehr

    Die Piratenpartei Deutschland lehnt die Ungleichbehandlung von Alkohol und Cannabis ab. Daher fordern die PIRATEN die Anpassung des THC-Grenzwertes für Bußgelder im Straßenverkehr auf 5 ng/ml, wie es bereits in den USA, den Niederlanden und in Kanada gängige Praxis ist.

    Die PIRATEN kritisieren zudem die Datensammlung und Weitergabe von ungeprüften Informationen der Polizei, insbesondere solche ohne Zusammenhang mit dem Straßenverkehr. Kontrollen müssen endlich diskriminierungsfrei stattfinden. Der Richtervorbehalt muss wieder eingeführt werden, um der Gewaltenteilung Rechnung zu tragen. Die ärztliche Hoheit bei der Verschreibung von Medikamenten und deren Gebrauch ist wieder herzustellen, um polizeiliche Maßnahmen gegen Patienten einzuschränken und ihnen ein Mindestmaß an Lebensqualität und Leistungsfähigkeit zu gewährleisten.

    „Die Ungleichbehandlung von Alkohol und Cannabis ist völlig unverhältnismäßig und muss dringend an die Erkenntnisse der Wissenschaft angepasst werden,“

    so Angelika Saidi, Themenbeauftragte für Drogen- und Suchtpolitik der Piratenpartei Deutschland. Des Weiteren führt Saidi im Hinblick auf einen Kommentar aus der öffentlichen Anhörung im Verkehrsausschuss aus:

    „Der Willkür und Diskriminierung durch viele Polizisten werden kaum Grenzen gesetzt. Betroffene fühlen sich durch die gängige Praxis, bei Kontrollen in der Öffentlichkeit, ohne jegliche Diskretion von der Polizei dazu gedrängt zu werden, eine Urinprobe abgeben zu müssen, diskriminiert.“

    Infolge einer Untersuchung des Bundesamtes für Straßenwesen (DRUID-Projekt) wurde festgestellt, dass es bei einem Wert von 3,8 ng/ml THC im Blutserum keine messbare Unfallerhöhung gibt. So sagte die Leiterin der DRUID Studie, Dr. Knoche, im Verkehrsausschuss aus, dass eher von einem mit 0,5 ‰ Blutalkohlkonzentration vergleichbaren Wert von 5 ng/ml auszugehen sei.

    Bereits im September 2015 empfahl die Grenzwertkommission den Grenzwert für die Trennung von Konsum und Fahren anzuheben.

    „Wir wollen alle, dass Menschen, die am Straßenverkehr teilnehmen, einen klaren Kopf haben. Deshalb sollte auch der Verkehrsausschuss einen klaren Kopf behalten und vernünftige Regeln beschließen. Denn derzeit werden Verkehrsteilnehmer auch für schon lange zurückliegenden Konsum bestraft,“

    merkt Swen Schmidt, Koordinator der AG Drogenpolitik der Piratenpartei, an.

    Die „Führerscheinkampagne“ des Deutschen Hanfverbandes (DHV) stellte Ungerechtigkeiten des Verkehrsrechts im wissenschaftlichen und menschlichen Kontext dar. Trotz der Trennung von Konsum und Fahren, führen diese bei den Betroffenen zu hohen Kosten und Führerscheinentzug. Dass in Deutschland derzeit noch der niedrigste Grenzwert der Welt gilt, wurde durch den Beitrag von Georg Wurth vom DHV als Sachverständiger in der Anhörung nachvollziehbar kritisiert. Anders als die Stellungnahmen der MPU-Dienstleister von DEKRA und TÜV, die am Leid der Betroffenen viel Geld verdienen.

    Wir lehnen die verfassungswidrige Cannabis-Prohibition ab. Wir fordern die Beendigung der ideologischen Repressionspolitik und das Ende des „Krieges gegen Drogen“. Der Schaden, der sowohl an den Menschen, als auch an der Wirtschaft, sowie an der Bundesrepublik Deutschland angerichtet wird, steht in keinem Verhältnis dazu.

     

  • PIRATEN warnen vor voreiligen Öffnungen

    PIRATEN warnen vor voreiligen Öffnungen

    Sandra Leurs gesundheitspolitische Beauftragte der Piratenpartei zu Öffnungsplänen in der Coronapandemie:

    „Der in Deutschland entwickelte Impfstoff ist überall in der Welt verfügbar, aber in Deutschland aufgrund der Fehlplanung auf nationaler und europäischer Ebene anscheinend nicht ausreichend erhältlich. Die Strukturen zum Verteilen des Impfstoffs sind offenbar auch gar nicht in der Lage, einen Impfstoff zu verteilen, selbst wenn er denn verfügbar wäre. Die Einzigen, die ohne Probleme an Impfdosen kommen sind so manche Politiker, was dem Vertrauen in die Politik einen gewaltigen Schlag versetzt.

    Wie die Verteilung funktionieren kann, führen Großbritannien und Israel eindrucksvoll vor. Anstatt dass die Bundesregierung die Situation ernst und sich ein Beispiel an deren Herangehensweise nimmt, wird hierzulande über schrittweise Öffnungen diskutiert. Insbesondere die neuen Mutationen haben deutlich gezeigt, dass sie sich noch aggressiver verbreiten als die ursprüngliche Variante. Dass die Mutationen auch in Deutschland immer öfter bei Tests auftreten, zeigt deutlich, dass auch diese Virusstämme angekommen sind. Wer unter diesen Bedingungen die Öffnung – insbesondere der Schulen – ohne vorhandenen Impfschutz vornimmt, riskiert diese gefährlicheren Viren in der gesamten Gesellschaft zu verbreiten.“

    Daniel Mönch, politischer Geschäftsführer der Piratenpartei Deutschland, ergänzt:

    „Die Corona-Pandemie hat zahlreiche Schwachstellen auf ganz unterschiedlichen Politikfeldern offenbart. Zu Beginn der Pandemie fiel uns sofort auf die Füße, dass es anscheinend keinen koordinierten Plan für den Umgang mit einem solchen Virus gab. Ausrüstung, Betten und Pflege- sowie medizinisches Personal waren knapp, was schnell zu Überlastungen führte. Heute, bald ein Jahr nach dem Auftauchen des Virus in Deutschland, sind wir in vielen Gebieten keinen Schritt weitergekommen. Viele derjenigen, die in erster Reihe gegen die Verbreitung des Virus kämpfen, fühlen sich von der Politik allein gelassen. Pflegefachkräfte, die bereits lange vor der Pandemie auf Missstände in der Pflege hingewiesen haben, sitzen immer noch alleine da. Lehrende müssen oft immer noch selbst Inhalte für digitales Lernen anpassen, ohne einen digitalen Lehrplan. Weiterbildungen im Umgang mit modernen Medien sind eher die Ausnahme als die Regel. Von einem ausreichenden Schutz in Schulen aber auch in Kitas ist man meilenweit entfernt. Zahlreiche Unternehmen haben aufgrund von fehlendem Know-how oder nicht vorhandener Bereitschaft, etwas zu ändern auch heute noch nicht auf Homeoffice umgestellt.

    So muss man feststellen, dass es in Deutschland auch nach einem Jahr mit Corona noch keinen Lockdown gab, der diesen Namen verdient. Dies führt zu bundesweit dauerhaft hohen Inzidenzen. Die Politik gestattet es dem Virus, sich langsam, aber sicher durch die Gesellschaft zu fressen.

    In dieser Situation über Öffnungen jeglicher Art zu diskutieren ist nicht nur fahrlässig, sondern zeigt, dass es keine Bereitschaft gibt, die Probleme tatsächlich anzupacken und zu lösen. Pläne mancher Ministerpräsidenten über weniger Einschränkungen für Geimpfte sind wenig hilfreich, solange nicht jedem Menschen ein Impfangebot gemacht wurde.“

  • Chronisches Fatigue Syndrom (CFS): Bessere PatientInnenversorgung dringend erforderlich

    Chronisches Fatigue Syndrom (CFS): Bessere PatientInnenversorgung dringend erforderlich

    Das Chronische Fatigue-Syndrom (CFS, auch Myalgische Enzephalomyelitis, MECFS [1-4]) ist eine Erkrankung, die oft von Virusinfektionen ausgelöst werden kann, und insbesondere bei Menschen zwischen 15 und 40 Jahren auftritt – Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Während die Krankheit nur unzureichend erforscht ist, sind ihre Konsequenzen massiv: Viele PatientInnen können kaum das Haus verlassen, und Arbeitsunfähigkeit geht oft mit der Erkrankung einher [4]. Die Charité Berlin veranstaltete deshalb am 10. Februar eine Weiterbildung für medizinisches Personal mit über 500 TeilnehmerInnen, um die Diagnose von (ME-)CFS und die Pflege der Betroffenen zu verbessern.

    Viraler Auslöser der (ME-)CFS ist oftmals z.B. das Eppstein-Barr Virus (Pfeiffersches Drüsenfieber oder Kissing Desease) [5]. Aber auch im Anschluss an Infektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 wurden Krankheitsbilder beobachtet, die dem CFS entsprechen [6-9]. Weitere diskutierte Ursachen sind Stress, Tumorbehandlungen, Interferon-Behandlungen bei Leberschäden oder Änderungen im Immunsystem.

    (ME-)CFS wird häufig per Differenzialdiagnose festgestellt. PatientenInnen weisen zum Beispiel Erschöpfungszustände auf, haben ein hohes Ruhebedürfnis in Folge von Anstrengung, leiden unter Schlafstörungen und Depressionen, zeigen (chronische) Organerkrankungen, und oftmals wird im Blutbild ein Eisenmangel festgestellt. Diagnosen folgen in der Regel den Kanadischen Konsens Kriterien [10]. Diese charakterisieren eine Symptomatik, die länger als sechs Monate andauert, als “chronisch”, in Abgrenzung einer “post-infektiösen Fatigue” die nur temporär auftritt.

    Die Versorgungssituation bei (ME-)CFS PatientInnen ist insgesamt deutlich verbesserungsbedürftig, da die Krankheit noch sehr schlecht verstanden ist. So hapert es an akkurater Diagnose, Medikamente zur kausalen Therapie sind schlicht nicht vorhanden, und mangels Diagnose erfahren Betroffene Schwierigkeiten beim Erhalt von Therapie und Pflege, Unterstützung des Gesundheitssystemes, potentieller Einstufung des Behinderungsgrades, sowie Rentenanträgen. Es verbleibt den PatientInnen daher, ihren Lebensstil nach Möglichkeit anzupassen [11]: Belastungsspitzen zu vermeiden, Entspannungstechniken zu verwenden, bei (Über-)Empfindlichkeit laute Geräusche und grelles Licht zu meiden. Auch Selbsthilfegruppen [4, 12-14] können hilfreich sein.

    (ME-)CFS auch bei Kindern nicht übersehen

    Leicht abweichende Kriterien für die Diagnose von (ME-)CFS wurden für Kinder und Jugendliche entwickelt. Insbesondere wird eine chronische Fatigue schon nach drei Monaten Symptomen angenommen (bei Erwachsenen erst nach sechs Monaten). Der Schweregrad des CFS bei Kindern und Jugendlichen variiert von leichten Formen, die mit einem regulären Schulbesuch vereinbar sind, bis hin zu schweren Formen mit Bettlägerigkeit oder gar Rollstuhl-Abhängigkeit. (ME-)CFS ist als häufigster Grund für lange Schulfehlzeiten benannt, insbesondere in den Morgenstunden ist Unterricht für Betroffene problematisch, da die Erkrankung oft mit geringer Belastbarkeit oder schwer vorhersehbaren Schwankungen einhergeht.

    Auch außerschulische Aktivitäten sind meist gestört, was einen Einfluss auf das soziale Netzwerk mit sich bringt. In Konsequenz schätzen Kinder und Jugendliche mit (ME-)CFS ihre Lebensqualität als deutlich verringert ein.

    Abzugrenzen ist (ME-)CFS bei Kindern und Jugendlichen insbesondere von Depression, sowie Schulverweigerung durch das (seltene) Münchhausen-by-proxy-Syndrom [15]. Das Münchhausen-by-proxy-Syndrom ist eine Sonderform der artifiziellen Störung, bei der physisch gesunde Personen bei einem anderen Menschen (häufig dem eigenem Kind) Krankheiten vortäuschen/sehen oder bewusst herbeiführen, um anschließend eine medizinische Behandlung zu erlangen. Im Gegensatz dazu sehnen sich Jugendliche mit (ME-)CFS nach mehr Aktivität und sind hochmotiviert, ihr gesundes Leben zurückzugewinnen. Eine Befragung von Kindern und Jugendlichen unabhängig von ihren Eltern kann hierbei diagnostisch hilfreich sein.

    Soziale Aspekte der (ME-)CFS Erkrankung

    (ME-)CFS kann sich zu einer Behinderung mit Arbeitsunfähigkeit auswachsen. Zwar können Erwerbsminderungsrenten eine Linderung der Situation verschaffen, doch findet sich oft kein geeigneter Gutachter mit Erfahrung zur Krankheit [16]. Dann wird es für Betroffene schwierig, der Rentenversicherung einen Anspruch auf Erwerbsminderungsrente zu beweisen, und es kann zu langwierigen Verhandlungen führen, die (ME-)CFS PatientInnen kaum durchhalten. Betroffene und deren Angehörige kämpfen in unzähligen Fällen für die Anerkennung der Leiden und müssen dabei häufig viel Kraft und Geld für aufreibende Auseinandersetzungen aufbringen, unter anderem mit privaten Berufsunfähigkeitsversicherern, speziellen berufsständischen Versorgungswerken, und eben der gesetzlichen Rentenversicherung. Sind Betroffene dabei erfolgreich, wird der Grad der Behinderung anhand der jeweiligen Symptome und Schwere der Erkrankung festgestellt [17,18].

    Bei Therapie und Pflege sind individuelle Pläne erforderlich, die auf die spezifischen Krankheitsbilder der Betroffenen eingehen. (ME-)CFS PatientInnen dürfen dabei nicht überfordert werden, um einen Zusammenbruch durch Überlastung zu vermeiden.

    Die Erforschung von (ME-)CFS, und die Entwicklung geeigneter (auch medikamentöser) Behandlungsmöglichkeiten, muss weiter gefördert werden. Ein Bewusstsein in Parlament und Bundesregierung, dass Maßnahmen zur besseren Versorgung für (ME-)CFS PatientInnen notwendig sind, ist vorhanden [19,20], aber eine ausreichende Unterstützung der Forschung lässt weiter auf sich warten. Die sozialen und wirtschaftlichen Einschränkungen, mit denen (ME-)CFS PatientInnen konfrontiert sind, erfordern aber unbedingt eine Ausweitung der Forschungsinvestitionen. Wir benötigen mehr spezialisierte Behandlungszentren, eine Basis für Identifikation der Erkrankung und diagnostische Marker, sowie effektive Therapieansätze und präventive Strategien.

    Quellen:

    [1] https://doi.org/10.7861/clinmed.2020-1009
    [2] https://cfc.charite.de/fileadmin/user_upload/microsites/kompetenzzentren/cfc/Landing_Page/CME__CFS.pdf
    [3] https://redesign.piratenpartei.de/2020/12/03/15-jahre-bis-zur-diagnose-mecfs/?fbclid=IwAR1vspeNJEsXawCaA-B8cbu8Wryy_Fecl4G7J79ZiRUFhIpcIiCQm-G7mgA
    [4] https://www.mecfs.de/
    [5] https://www.cdc.gov/me-cfs/about/possible-causes.html
    [6] https://doi.org/10.1007/s00408-021-00423-z
    [7] https://doi.org/10.1101/2021.02.06.21249256
    [8] https://doi.org/10.1017/S0950268821000145
    [9] https://www.aerzteblatt.de/archiv/217270/COVID-19-Spaetsymptome-Auch-Fokus-auf-ME-CFS-legen
    [10] https://cfc.charite.de/fileadmin/user_upload/microsites/kompetenzzentren/cfc/Landing_Page/Kanadische_Kriterien_Bell.pdf
    [11] https://cfc.charite.de/fileadmin/user_upload/microsites/kompetenzzentren/cfc/Landing_Page/CFS_Heft_9.pdf
    [12] https://www.lost-voices-stiftung.org/was-ist-me/faq-s/
    [13] https://www.facebook.com/mmissinggermany/
    [14] https://twitter.com/dg_mecfs
    [15] https://flexikon.doccheck.com/de/M%C3%BCnchhausen-by-proxy-Syndrom
    [16] https://www.rechtsanwalt-sandkuehler.de/blogreader/erwerbsminderungsrente-bei-einem-chronic-fatigue-syndrom-cfs-myalgischer-enzephalomyelitis.html
    [17] https://www.eggbi.eu/fileadmin/EGGBI/PDF/Antrag_auf_Behindertenausweis_fuer_Umwelterkrankte.pdf
    [18] https://versorgungsmedizinische-grundsaetze.de/Urteile/Urteile%20Chronic-Fatigue-Syndrom%20-%20CFS.html
    [19] http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/122/1912204.pdf?fbclid=IwAR0wrCUhCpAX8Ilf6k9RfCtPt8CeP2IfkAF67HYDezcb7cMPkjmpzRq6fko
    [20] https://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/19/126/1912632.pdf