Autor: Borys

  • Die Ehe für Alle ist noch lange nicht alles

    Die Ehe für Alle ist noch lange nicht alles

    Als Anlehnung an den erst 1994 gestrichenen §175 wird auch dieses Jahr am 17. Mai wieder der IDAHOT (International Day against Homo- and Transphobia) begangen. Ein schöner Tag zum Feiern – eigentlich.

    Viele Menschen würden auch sagen: „Mit der Ehe für Alle habt ihr doch jetzt alles. Was wollt ihr denn noch?“
    Die PIRATEN sehen weiterhin großen Handlungsbedarf, was die Rechte von LGBTIQ angeht.

    „Bei Asylverfahren gelten weiterhin Länder als sichere Herkunftsländer, in denen Homosexuelle verfolgt werden. Auch schenkt die Bundesregierung Meldungen z.B. aus Tschetschenien kaum Beachtung. In diesem Land werden hauptsächlich Schwule gefoltert und teilweise sogar in Internierungslagern weggesperrt. Dies darf nicht hingenommen und muss konsequent geahndet und abgestellt werden!“

    so Roman Schmitt, Koordinator der Bundesarbeitsgemeinschaft Queeraten der Piratenpartei Deutschland.

    Verbesserungspotential für Menschen der LGBTIQ Community muss man allerdings nicht zwangsweise im Ausland suchen. In Deutschland zeigt der neue Gesetzesentwurf zum „Transsexuellengesetz“, wie schwierig die Lage ist.

    „Während unsere Nachbarn in Luxemburg eine der progressivsten Regelungen der Welt beschließen, müssen wir darum kämpfen, dass die Bundesregierung unser fast 40 Jahre altes TSG nicht noch verschlimmert. Zwar wurde der Gesetzesentwurf im Kabinett nicht beschlossen, aber der Umgang mit dem Entwurf zeigt, wie wenig Interesse die Große Koalition an einer fairen Lösung hat“

    erklärt Zoey Matthies, Queer-Themenbeauftragte der Piratenpartei Deutschland.

    Auch die Ausnahmen im kirchlichen Arbeitsrecht sind den PIRATEN ein Dorn im Auge.
    Schmitt kommentiert:

    „Es kann nicht sein, dass man um seinen Arbeitsplatz fürchten und in einem ständigen Klima der Angst leben muss, nur weil man ist, wie man ist. Hier besteht dringender Handlungsbedarf.
    Dabei könnte es so einfach sein, indem man die von Vielen geforderte Erweiterung des Artikel 3 des Grundgesetzes endlich umsetzt.“

    „Dieses Jahr ist der fünfzigste Jahrestag der Stonewall Riots. Seit damals ist einiges passiert. In vielen Ländern dieser Welt feiern die Leute den Christopher Street Day und die queere Community erobert für ein paar Tage die Straßen. Doch noch immer gibt es etliches zu tun. Zu viele Menschen müssen verstecken, wer sie wirklich sind. Ich wünsche mir eine Gesellschaft, in der alle Menschen sie selbst sein können, ohne Angst vor Konsequenzen zu haben“

    resümiert Matthies.

  • Whatsapp Hack, wir nennen sichere Alternativen

    Whatsapp Hack, wir nennen sichere Alternativen

    WhatsApp ist in die Schlagzeilen geraten. Eine Sicherheitslücke machte es Angreifern möglich, Spionagesoftware nachzuladen. Die Entrüstung war groß, gehört doch WhatsApp in Deutschland zu den beliebtesten Messenger-Diensten.
    Es liegt nahe, einen Dienst zu verwenden, den auch alle Freunde und Bekannten nutzen. Mit diesem Komfort muss man zugleich eine Kröte schlucken. Es beginnt damit, dass die Software unbedingt Zugriff auf die Adressen benötigt. Nicht einmal das Senden von Nachrichten ist ansonsten möglich. Die Server, die den Dienst ermöglichen, gehören seit 2014 Facebook. Eine tatsächliche Kontrolle darüber, was mit den erfassten Adressen geschieht, gibt es daher nicht.
    Die Weitergabe eigener Adresslisten ist zwar ein wesentliches, jedoch bei weitem nicht das einzige Sicherheitsproblem. Es stellen sich weitere Fragen: Gibt es eine Ende-zu-Ende Verschlüsselung und eine Verschlüsselung des Datentransports, die das Abfischen von Nachrichten deutlich erschwert? Wer hostet die Server, auf denen die Dienste laufen? WhatsApp verschlüsselt zwar schon sehr lange, aber wer traut heute noch US-Servern mit eingebautem NSA-Anschluss?
    Wir jedenfalls nicht.

    Als PIRATEN kämpfen wir für ein freies und sicheres Internet. Es gibt durchaus Alternativen zu WhatsApp, die sich sinnvoll, dem eigenen Sicherheitsbedarf entsprechend, einsetzen lassen. Dabei geht es wie immer um den Spagat zwischen Sicherheit und Bequemlichkeit. Es ist sehr einfach, die Apps des Mainstreams zu nutzen. Dies ist aber zugleich die Achillesferse dieser Angebote. Für Geheimdienste, Strafverfolgungsbehörden und Hacker ist es besonders lohnenswert, sich genau dort einzuklinken, um Daten abzufischen.

    Als alternativen Messenger können wir Signal empfehlen. Signal wird allein durch Spenden finanziert und basiert komplett auf Open Source (frei zugängliche Software). Experten können damit prüfen, ob Hintertüren eingebaut wurden. Zudem werden standardmäßig nahezu alle Informationen verschlüsselt. Nicht einmal die Serverbetreiber sehen, wer mit wem kommuniziert oder gar, wer im Telefonbuch des anderen steht.

    Durch einen Softwaretrick mit sogenannten Hashfunktionen kann Signal dennoch ganz bequem die Kontakte im Telefonbuch importieren. Sprachnachrichten und Anrufe werden unterstützt und haben hervorragende Qualität. Da Signal so viel Wert auf Datenschutz legt, muss man allerdings auch kleine Einschränken hinnehmen. So können Gruppen zum Beispiel nicht administriert werden. Signal funktioniert trotz Zensur sogar in China und auch Ägypten scheiterte daran, den Messenger zu zensieren. Mit unserer Empfehlung von Signal schließen wir uns Edward Snowden an.

    Für wen Signal aufgrund der Einschränkungen oder aus anderen Gründen keine Option ist, dem können wir die Übersicht von Mark Williams ans Herz legen, der die verschiedenen Apps in allen Details vergleicht. Dort sieht man beispielsweise, dass die oft auch für Datenschutz empfohlene App Telegram doch einige Mängel im Vergleich zu Signal aufweist, Threema hingegen eine weitere gute Alternative zu Whatsapp darstellt.

    Auch für die moderierte Kommunikation in Unternehmen gibt es zahlreiche Open-Source Alternativen. Mattermost bietet organisierten Chat ähnlich zu Slack, Mumble ersetzt Telefonkonferenzen und überrascht dank moderner Codecs mit herausragender Sprachqualität. Beide werden von den PIRATEN verwendet und garantieren die Kontrolle über die eigenen Daten. Für die Installation finden sich zahlreiche Anleitungen im Netz und manches Verwaltungstool vereinfacht sie gar zu einem Klick.

    Es zeigt sich also: Es gibt viele gute Apps und Anwendungen, die die Privatsphäre achten. Je mehr Menschen diese Programme benutzen, desto einfacher wird es, andere zu überzeugen.

  • Kriminalpolizei speichert EU-Spitzenkandidaten wegen Demonstrationsanmeldung gegen Rassismus und Sexismus in der Polizei

    Kriminalpolizei speichert EU-Spitzenkandidaten wegen Demonstrationsanmeldung gegen Rassismus und Sexismus in der Polizei

    Die Kieler Kriminalpolizei hat den damaligen Landtagsabgeordneten und heutigen Spitzenkandidaten der Piratenpartei zur Europawahl Patrick Breyer wegen einer Demonstrationsanmeldung kriminalpolizeilich erfasst und jahrelang gespeichert. Nach Mitteilung des Landeskriminalamts wurde Breyers Anmeldung einer Demonstration gegen Rassismus und Sexismus in der Landespolizei von dem für politisch motivierte Kriminalität zuständigen Staatsschutz-Kommissariat eingetragen.

    Breyer hatte 2016 aufgedeckt, dass das Kieler Innenministerium frauenfeindliches und rassistisches Verhalten von Polizeianwärtern vertuscht hatte. Weibliche Polizeianwärterinnen sollen u.a. mit Worten und Gesten sexuell beleidigt, Polizeianwärter mit Migrationshintergrund als “Kanacke” und “Kümmeltürke” bezeichnet worden sein. Per Whatsapp hatte ein Polizeianwärter geäußert, er hätte Lust, „mit der MP auch mal in eine Moschee reinzustürmen“. Weil die verantwortlichen Polizeianwärter 2016 trotz dieser Verfehlungen in den Polizeidienst übernommen werden sollten, meldete Breyer vor dem Ort der geplanten Ernennungsfeier eine „Demo gegen Rassismus und Sexismus in der Landespolizei“ an. Dies führte zu seiner kriminalpolizeilichen Erfassung durch das für politisch motivierte Kriminalität zuständige Kieler Staatsschutz-Kommissariat mitsamt Angaben zu der angemeldeten Demonstration.

    Nachdem der wachsende öffentliche Druck zur Verschiebung der Ernennung führte, wurde die Demonstration wenige Tage später abgesagt. Gelöscht wurde Breyers Eintrag aber erst, als dieser Ende 2018 Auskunft über zu seiner Person gespeicherte Daten verlangte. Nur dadurch erfuhr der Bürgerrechtler von dem Vorgang. Er hat nun eine Beschwerde darüber beim Landesdatenschutzzentrum eingereicht.

    „Ich erwarte eine Erklärung dafür, warum das für politisch motivierte Kriminalität zuständige Staatsschutz-Kommissariat 5 mich erfasst hat. Es hat mit der Begleitung von Versammlungen nichts zu tun“

    kritisiert Breyer.

    „Wegen der Versammlungsfreiheit halte ich die jahrelange kriminalpolizeiliche Speicherung der Anmelder einer Demonstration für hochproblematisch. Das kann Personen davon abschrecken, Demos anzumelden. Spätestens nach Absage der Demo hätte die weitere Speicherung in dieser LKA-Datei nicht erfolgen dürfen. Da ich als Bürgerrechtler im Landtag damals die polizeiliche Überwachung in vielerlei Hinsicht kritisch begleitet habe, ist diese Registrierung besonders fragwürdig. Das Landeskriminalamt hat in jener Zeit beispielsweise schon zum Anlass für Ermittlungen genommen, dass ich einen polizeikritischen Artikel des BILD-Blattes verlinkt hatte.“

    Breyer empfiehlt, Datenauskünfte bei Polizei und Verfassungsschutz einzuholen, beispielsweise mithilfe eines im Internet verfügbaren „Auskunftsgenerators“.

    Datenauskunft des Landeskriminalamts vom Dezember 2018

  • „Christchurch-Aufruf“: Internetzensur schützt nicht vor Terrorismus!

    „Christchurch-Aufruf“: Internetzensur schützt nicht vor Terrorismus!

    Die Piratenpartei Deutschland warnt Regierungen und Internetplattformen vor der Unterzeichnung des sogenannten „Christchurch-Aufrufs zur Eliminierung terroristischer und gewalttätiger Online-Inhalte“, der morgen in Paris vorgestellt werden soll.

    „Diese Internet-Zensurinitiative verkennt: Entscheidend ist die Verhinderung von Gewalttaten, nicht die Verhinderung ihrer Dokumentation“

    erklärt Dr. Patrick Breyer, Spitzenkandidat der Piratenpartei zur Europawahl.

    „Die Freiheit der digitalen Berichterstattung und des digitalen Informationsaustausches durch privatpolizeiliche Zensuralgorithmen und Uploadfilter einzuschränken, verhindert keine Gewalt, sondern verhilft letztlich extremistischem Terror gegen unsere offene und vielfältige Gesellschaft zum Erfolg.“

    Der „Christchurch-Aufruf“ sieht vor, dass Internetanbieter die Veröffentlichung und Verteilung terroristischer und gewalttätiger Inhalte „verhindern“ sollen, während den traditionellen Medien eine verantwortungsbewusste Berichterstattung erlaubt bleiben soll. Das Europäische Parlament hat sich demgegenüber vor wenigen Wochen gegen den Einsatz sogenannter Uploadfilter zur Verhinderung „terroristischer Propaganda“ ausgesprochen und auf eine zügige Löschung nach staatlicher Anordnung gesetzt.

    Im Einzelnen kritisiert die Piratenpartei:

    1. Die Veröffentlichung unerwünschter Inhalte im Internet verhindern zu wollen, setzt den Einsatz automatisierter Zensuralgorithmen privater Internetkonzerne voraus, die sich als extrem fehleranfällig erwiesen haben und auch legale Inhalte unterdrücken. Die Unterstützer des Zensuraufrufs stellen sich gegen die Entscheidung des Europäischen Parlaments, das Terrorfilter abgelehnt hat.
    2. Die Entscheidung darüber, ob Inhalte verboten sind oder nicht, muss in der Hand einer unabhängigen öffentlichen Stelle liegen. Der Staat darf seine Verantwortung nicht auf Privatkonzerne und deren überforderte Klickarbeiter abwälzen, die demokratisch nicht legitimiert sind und im Zweifel löschen werden.
    3. Digitalen Plattformen die Veröffentlichung „terroristischer und gewalttätiger Inhalte“ pauschal zu verbieten, während traditionelle Medien dazu berechtigt bleiben, ist eine ungerechtfertigte Diskriminierung und wird der digitalen Realität nicht gerecht.
    4. Nur wenige Staaten unterstützen den Zensuraufruf. Auch eine international anerkannte und verbindliche Definition „terroristischer und gewalttätiger Inhalte“ fehlt. Schon alleine dadurch kann die Zensurinitiative im globalen Internet nicht funktionieren. Sie begünstigt aber teils willkürliche Selbst- und Privatzensur durch private, profitorientierte Internetkonzerne und gefährdet dadurch den freien Informations- und Meinungsaustausch.

    Am Mittwoch werden auch die Digitalminister der G7-Staaten über den „Kampf gegen Online-Hass“ beraten.

    Quellen:
    The Guardian vom 13.05.19
    stuff New Zealand vom 14.05.19

  • Piratenpartei unterstützt Fusion Festival Aufruf

    Piratenpartei unterstützt Fusion Festival Aufruf

    Das Fusion Festival hat eine lange Tradition. Seit nunmehr 20 Jahren treffen sich Menschen mit alternativem Lebensentwurf in der kleinen Gemeinde Lärz (Mecklenburg-Vorpommern), um gemeinsam zu feiern.
    Was bislang in Selbstverwaltung der Betreiber sehr gut funktioniert hat – die Gewährleistung der Sicherheit für die Besucher – steht 2019 auf dem Prüfstand der Behörden.

    Die Polizei möchte mit eintausend Beamten direkt auf dem Festivalgelände präsent sein, um für Sicherheit zu sorgen. Die Veranstalter weisen zu Recht darauf hin, dass genau diese Präsenz die Eskalationen hervorrufen könnte, von denen man vorgibt, sie verhindern zu wollen.

    Sebastian Alscher, Vorsitzender der Piratenpartei Deutschland kritisiert:

    „Wir lehnen eine Einmischung des Staates in Bereiche der Gesellschaft ab, in denen kein Regelungsbedarf besteht. Dies gilt vor allem für die Polizei im Bereich der Kultur. Es ist
    ungemein wichtig, dass Kunst und Kultur den Raum haben, den sie zur Entfaltung brauchen und den ihnen unsere Verfassung zuspricht.“

    Dennis Deutschkämer, stellvertretender Vorsitzender, ergänzt:

    „Die Piratenpartei unterstützt das Fusion Festival als eines der größten Kunst und Kultur Festivals Europas. Mit Blick auf die 20-jährige Festivalgeschichte zeigt sich, dass das Fusion eine Bereicherung für eine weltoffene Gesellschaft ist und nicht durch unnötige, willkürliche und letztendlich auch teure Sicherheitsmaßnahmen eingeengt werden sollte!“

    Der Aufruf des Veranstalters Kulturkosmos e.V. wurde bereits über 124.000 unterzeichnet. Die Verhandlung mit den Beörden dauern an.

  • Dr. Patrick Breyer, Spitzenkandidat der Piratenpartei eröffnet No-Spy-Konferenz in Stuttgart

    Dr. Patrick Breyer, Spitzenkandidat der Piratenpartei eröffnet No-Spy-Konferenz in Stuttgart

    Am kommenden Wochenende findet in Stuttgart die 8. No-Spy Konferenz statt.
    Dr. Patrick Breyer, Jurist, Bürgerrechtler und Spitzenkandidat der Piratenpartei zur Europawahl, eröffnet die Konferenz am Freitag mit einer Keynote zum Thema „Video-Lügendetektorforschung der EU“. Breyer stellt in seinem Vortrag unter anderem seine Klage gegen die Geheimhaltung dieses EU-Projektes (iBorderCtrl) vor.

    Wann: Freitag, 17. Mai 18:00 – 19:00 Uhr
    Wo: Literaturhaus Stuttgart, Breitscheidstr. 4, 70174 Stuttgart

    Breyer warnt:

    „Die geheime Entwicklung solcher Hokuspokus-Technologien schafft Begehrlichkeiten. Der einmal für die Einreise entwickelte ‚Video-Lügendetektor‘ könnte schnell auch im sonstigen behördlichen und kommerziellen Bereich zum Einsatz kommen, um Menschen auszuforschen und ihre Angaben zu kontrollieren.
    Ständiges Misstrauen und Generalverdacht zerstören unsere freie und offene Gesellschaft. Europa sollte lieber etwas gegen die gefährliche Unsicherheit unserer Informationstechnik tun, statt der rechten Bedrohungs- und Migrationshysterie nachzugeben.“

    Die No-Spy Konferenz vom 17.-19. Mai bildet den Auftakt der erstmals in Stuttgart stattfindenden Privacy Week; eine Woche mit dezentralen Veranstaltungen, Workshops, Vorträgen aller interessierten Organisationen, Verbände, Hochschulen etc. überall in Stuttgart. Eine Woche, die ganz im Zeichen von Privatsphäre, Datenschutz und persönlicher Cybersicherheit steht.

    Patrick Breyer erklärt „iBorderCtrl“

  • Terminhinweis: “Sicherheit auf Vorrat oder Gefahr für den Rechtsstaat?”

    Terminhinweis: “Sicherheit auf Vorrat oder Gefahr für den Rechtsstaat?”

    „Sicherheit auf Vorrat oder Gefahr für den Rechtsstaat?“ ist das Thema der Podiumsdiskussion der Jurastudentenvereinigung ELSA-Mainz e.V. am Montag, den 13. Mai in Mainz. Eingeladen sind der Bürgerrechtler Dr. Patrick Breyer, Spitzenkandidat der Piratenpartei zur Europawahl, und Kriminaldirektor Frank Thiede vom Bundeskriminalamt (BKA). Diskutiert wird über Erfahrungen aus der Praxis, Interessen und rechtliche Bedenken bei der Vorratsdatenspeicherung.

    Wann: Montag, 13. Mai, 18:30 – 20:00 Uhr
    Wo: Johannes Gutenberg-Universität (Hörsaal N3), Johann-Joachim-Becher-Weg, Mainz

    „Die Vorratsdatenspeicherung ist das erste Überwachungsgesetz, das sich gegen die ganze Bevölkerung richtet. Das ist der Dammbruch“

    kommentiert Breyer und fügt hinzu:

    „Die Unterscheidung zwischen Inhalts- und Kommunikationsdaten stimmt nicht mehr. Wir wissen heute, nach dem aktuellen Stand der Forschung, dass Metadaten Rückschlüsse zulassen, die mindestens so tiefgreifend wie die Inhalte sind.“

    Moderiert wird das Podium von Prof. Dr. Bäcker, Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht und Informationsrecht, insbesondere Datenschutzrecht an der Universität Mainz.

    • Folgende Frage stehen auf der Agenda:
    • Werden wir alle verdächtigt?
    • Was rechtfertigt es, dass unsere Daten gespeichert werden?
    • Geht die Speicherung weit genug, um Kriminalität und Terrorismus effektiv bekämpfen zu können?

    Der Eintritt ist frei. Interessierte Zuhörer können und sollten sich aktiv in die Diskussion einbringen.

  • Reform des Transsexuellengesetzes – Lasst mich endlich selbst bestimmen!

    Reform des Transsexuellengesetzes – Lasst mich endlich selbst bestimmen!

    Seit so vielen Jahren fordern wir eine Reform des „Transsexuellengesetzes“ (TSG) und endlich soll es soweit sein: Justiz- und Innenministerium legen einen Gesetzesentwurf vor und verschlimmbessern damit die Lage für Betroffene.

    Das TSG ist mit fast 40 Jahren massiv veraltet. Mehrere Teile wurden bereits vom Verfassungsgericht gekippt und so ist es wenig verwunderlich, dass jetzt eine Reform kommen soll … eher, dass es so lange gedauert hat. Grund für den Vorstoß von Justiz- und Innenministerium dürfte aber das Gesetz zum „dritten Geschlechtseintrag“ sein, welches Anfang des Jahres in Kraft trat.

    Das Gesetz war eigentlich dafür gedacht, lediglich Inter*Menschen, also solchen, die von Geburt an körperlich nicht eindeutig männlich oder weiblich sind, die Möglichkeit zu geben, den Geschlechtseintrag „divers“ zu erhalten. Dabei war es handwerklich aber so unsauber verfasst, dass theoretisch JEDER den eigenen Geschlechtseintrag ändern lassen könnte. Eine Chance, die speziell Trans*Menschen genutzt haben, die das bisher nur unter massiver Schikane über das TSG tun konnten.

    Für einen kurzen Zeitraum hatten wir also tatsächlich Selbstbestimmung … verrückt, ich weiß. Entsprechend liegt nun der neue Entwurf vor, der die Situation lösen soll, und statt der üblichen Wochen haben die Verbände genau 48 Stunden Zeit, zu reagieren und ihre Meinung kundzutun. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

    Die guten Seiten

    Aber kommen wir doch zum Gesetz selbst, denn tatsächlich ist nicht alles schlecht. Ein paar positive Änderungen gibt es, auch wenn diese leider sehr schnell abgehakt sind.

    Zuallererst fällt die „Unwirksamkeitsklausel“ weg. Diese besagt, dass Trans*Personen, die mehr als 300 Tage nach dem Beschluss ein Kind bekommen, ihren geänderten Namen wieder verlieren. Das Offenbarungsverbot wurde erweitert, so dass es in Zukunft einfacher wird, Zeugnisse und ähnliche Dokumente auf den neuen Namen ändern zu lassen. Zudem ist erfreulich, dass Trans*Personen ganz offiziell den Eintrag „divers“ nutzen können.

    Auch die Pflicht zu zwei psychotherapeutischen Gutachten soll wegfallen, diese mussten bisher selbst gezahlt werden und das konnte gerne mal 1000€ kosten. Das ist besonders unangenehm, wenn man bedenkt, dass der Gutachter natürlich auch ein negatives Gutachten ausstellen kann. Stattdessen wird es nun eine „Beratung“ geben, deren Kosten der Staat trägt. Genau hier wird es aber wieder schwierig:

    Bei der „Beratung“ geht es nicht, wie zu erwarten, darum, die Betroffenen über mögliche Behandlungswege und Risiken, sowie rechtliche Dinge aufzuklären, sondern darum, am Ende zu bescheinigen „ob sich die betroffene Person ernsthaft und dauerhaft einem anderen oder keinem Geschlecht als zugehörig empfindet“ … Erneute Fremdbestimmung also. Wieder einmal muss man darauf hoffen, dass die beratende Person einem gut gesinnt ist und sich nicht als transphob herausstellt.

    Das Verfahren

    Hat man nun also die Bescheinigung in der Tasche, wird es Zeit für den nächsten Schritt: Das Gericht. Ja, Ihr lest richtig! Anstatt mit der Bescheinigung einfach zum Standesamt zu gehen und den Geschlechtseintrag ändern zu lassen, muss man weiterhin durch ein Gerichtsverfahren, welches wiederum oft mehrere hundert Euro Kosten und mehrere Monate Wartezeit mit sich bringt. Nicht zu vergessen die psychische Belastung, die es mit sich bringt, vor Gericht dafür kämpfen zu müssen, endlich man selbst sein zu dürfen.

    Und damit kommen wir auch schon zu einer der schlimmsten Neuerungen: Bist du verheiratet, wird auch dein Partner angehört. Das klingt zwar erst einmal logisch, ist aber eine sehr schlechte Idee. Der Umgang mit der Transidentität des Partners ist nicht immer einfach und leider gibt es auch so manch extreme Reaktionen, um die Transition zu verhindern. Zum Beispiel der Versuch, das gemeinsame Sorgerecht zu entziehen. Dieser Extremfall wird jetzt noch massiv verschärft. So kann eine Aussage, die jener der betroffenen Person entgegensteht, im Zweifel dazu führen, dass das Gerichtsverfahren verloren wird.

    Besonders unangenehm: Das neue Gesetz sieht drei Jahre Wartezeit nach einem abgelehnten Antrag vor. Wenn man also das Pech hat, einen Gutachter oder Richter zu erwischen, der ein Problem mit Trans*Menschen hat, bedeutet das im schlimmsten Fall weitere drei Jahre verschenkte Lebenszeit.

    Offiziell will man damit verhindern, dass man Namen und Personenstand zu häufig ändert. Es wirkt aber eher wie der Versuch, Menschen davon abzuhalten, es überhaupt zu versuchen. Viele Betroffene werden sich zweimal überlegen, ob sie denn schon „bereit“ für das Verfahren sind oder nicht doch noch warten, bis sich das Passing weiter verbessert. Wertvolle Zeit, die verloren geht.

    Es gibt noch zahlreiche weitere Probleme, (so ist die Definition des Innenministeriums von „trans“ völlig realitätsfern und Verwandtschaft wird vom Offenbarungsverbot ausgenommen), aber dann würde der Artikel vermutlich zehn Seiten lang werden. Stattdessen möchte ich ein paar Verbesserungsvorschläge einbringen:

    Was braucht ein neues Trans*Gesetz

    Wie gehts weiter mit dem Geschlechtseintrag? Hier sehe ich zwei sinnvolle Optionen. Entweder jeder Mensch bekommt die freie Wahl und kann den Eintrag auf Wunsch ändern lassen, oder wir schaffen ihn einfach gleich ab. Schließlich leben wir in einer Zeit, in der die Gesellschaft immer weniger nach Geschlechtern trennt und die Grenzen ohnehin verschwimmen.

    Eine Beratung halte ich für sinnvoll, aber bitte eine echte Beratung, kein verstecktes Gutachten. Hier sollte über die medizinischen Vorgänge, die rechtlichen Änderungen und alle Aspekte rund um die Transition aufgeklärt werden. Meinetwegen auch über mehrere Sitzungen. Das Entscheidende: Die beratende Person bescheinigt nur die Teilnahme an der Beratung, nicht ob sie die betroffene Person als trans sieht. Dadurch ist sichergestellt, dass umfassend informiert wurde, ohne jedoch in die Selbstbestimmung einzugreifen.

    Als dritten Punkt sollte das Gerichtsverfahren wegfallen. Gerichtsverfahren kosten Unmengen an Geld, Zeit und Nerven, nur damit man am Ende für knappe 10 Minuten vor dem Richter steht. Stattdessen sollte ein einfacher Gang zur zuständigen Behörde genügen. Zu dieser bringt man dann die oben genannte Beratungsbescheinigung mit und die Sache ist erledigt.

    Depressionen und psychische Belastung

    Ich bin selbst betroffen und spreche teilweise aus persönlicher Erfahrung, teilweise aus Berichten anderer. Viele Menschen in meinem Freundeskreis sind ebenfalls trans* und nicht zuletzt durch meine Mitgliedschaft im Diversity-Jugendzentrum in München erlebe ich häufig aus nächster Nähe, wie belastend die aktuelle Situation für manche Menschen ist. Viele Betroffene leiden unter Depressionen, da sie oft weder von der Gesellschaft, noch der eigenen Familie akzeptiert werden.

    Eine Umfrage aus den USA gibt an, dass 41% der teilnehmenden Trans*Personen schon einmal versucht haben, sich umzubringen, der Durchschnitt in den USA liegt bei 4,6%. Es ist nicht einfach, belastbare Zahlen für Deutschland zu finden, aber man kann mit Sicherheit sagen, dass Trans*Menschen überproportional vertreten sind. Der neue Gesetzesentwurf wird die Lage für Betroffene sicher nicht verbessern. Im Gegenteil, er wird Leben kosten.

    Anmerkung: Depressionen
    Depressionen sind eine ernstzunehmende Krankheit, aber man muss da nicht alleine durch. Wenn Du Hilfe brauchst, wendest Du Dich am besten direkt an Deinen Hausarzt oder die Deutsche Depressionshilfe. Immer erreichbar ist die TelefonSeelsorge unter 0800/111 0 111.

    Anmerkung: Trans*Hilfe
    Bist du selbst trans* oder glaubst es sein zu können? Dann gibt es einige Vereine, die Dir helfen können. So bietet der TransInterQueer e.V. eine umfassende Liste mit lokalen Angeboten an und auch TransMann e.V. ist bundesweit aktiv.