Kategorie: Kommentar

  • Maskengate Fortsetzung: Lieferanten klagen gegen Bundesgesundheitsministerium

    Maskengate Fortsetzung: Lieferanten klagen gegen Bundesgesundheitsministerium

    Anfang April im Zuge der Sars-Cov2-Pandemie hat das Bundesgesundheitsministerium über 4 Milliarden Euro für Schutzmaterial bereitgestellt.
    Schutzmasken wurden über ein Open-House Verfahren (über die Generalzolldirektion) bestellt. Dass diese Schutzmasken zu der Zeit Mangelware waren, ist hinlänglich bekannt. Dafür waren 1,2 Milliarden Euro vorhanden.

    Nun hagelt es Klagen der Firmen, die die Schutzmasken geliefert haben.
    Der Grund: das Bundesgesundheitsministerium zahlt nicht. Mehr als 20 Klagen sind schon bei Gericht eingegangen. Zu lesen im Wirtschaftsmagazin „ Capital“ [2]

    Laut einer Sprecherin des Landgerichts verlangt bereits eine Firma allein stolze 37 Millionen von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn.

    Zu wenig Geld vom Finanzminister?
    Finanzminister Olaf Scholz hatte dem Bundesgesundheitsministerium 8 Milliarden Euro für die Beschaffung von Schutzmaterial, wie Schutzkitteln/-anzügen, Hygienehandschuhen, Überziehern für die Schuhe und anderem bereitgestellt. Davon wurden aber nur 1,2 Milliarden Euro für Masken vorgehalten.

    Über die Generalzolldirektion wurden 738 verschiedene Lieferanten beauftragt, darunter auch Apotheken, die noch über Masken verfügten. Die meisten Masken wurden allerdings über Händler in Fernost bestellt und importiert.

    Es wurden im Laufe des Verfahrens Abnahmepreise für FFP2-Masken von 4.50 Euro fixiert. Die Lieferanten sollten fixe Termine einhalten und Lieferung garantieren können. Es wurden 200 Millionen FFP2 Masken sowie 60 Millionen OP Masken bestellt.
    Schon nach kurzer Zeit wurden Qualitätsmängel bei den Masken erkannt und bereits im Juni wurde jede 5. Maske als defekt eingestuft. Der beauftragte TÜV stellte fest, dass diese den Normenanforderungen nicht entsprachen.
    Außerdem soll eine Beraterfirma eingesetzt worden sein.

    Der nächste Finanz-Fauxpas lässt nicht lange auf sich warten, denn es wurden Kliniken gebeten, Intensivbetten zu erhalten, aufzustocken oder auch freizuhalten. Hier wurden vom Bundesgesundheitsministerium pro Intensivbett 50.000 Euro Förderung genehmigt. Krankenhäuser müssen Intensivbetten, die frei sind, an das sogenannte DIVI-Intensivregister melden.
    Im Moment existieren demnach 32.500 Intensivbetten, es wurde aber Geld für 39.700 Betten vom Bundesgesundheitsministerium bereit gestellt.

    Wo also sind die verbliebenen Intensivbetten?
    Wo ist das Geld hingeflossen?

    Ein Resumee von Sandra Leurs, Themenbeauftragte der Piratenpartei Deutschland für Gesundheit und Pflege:

    „Geld ist scheinbar im Gesundheitssystem in großen Mengen vorhanden. Statt es aber wirklich ins Gesundheitssystem zu investieren, werden Beraterfirmen und Krankenhausketten damit zugeschüttet. Die Gewinnmaximierung im Gesundheitssystem muss ein Ende haben. Es kann nicht sein, dass auf Kosten von Patienten, Pflegepersonal, Ärzten und anderem medizinischen Personal Steuergelder verschwendet werden.“

  • Putin Forever

    Putin Forever

    Bei der Volksabstimmung in Russland am 01.07.2020 hat sich Präsident Wladimir Putin mit 78,5 Prozent die Regierungsoption bis zum Jahr 2036 (Zar Putin der I) gesichert. Die Möglichkeit, über die „reguläre“ Amtszeit hinaus regieren zu können, wurde geschaffen, indem ein Reset der bisherigen Amtszeiten durch diese Volksabstimmung bestätigt wurde.

    Bis auf eine kurze Unterbrechung nach dem Fall der Sowjetunion hatte Russland keine Erfahrung mit demokratischer Tradition, die Jahre mit Jelzin werden wegen der Wirren dieser Zeit auch nicht gerade geschätzt. Putin ist ein Kind dieser Gesellschaft, der Verlust der Weltmachtstellung wurde nie überwunden. Gorbatschow, den man für den Untergang der UdSSR und somit den Verlust des Supermachtstatus verantwortlich macht, wird ebenfalls nicht geschätzt in Russland.

    Gefragt, was er tun würde, wenn er in der Zeit zurückreisen könnte, antwortete Putin, den Untergang der UdSSR verhindern. Sowohl die Ambitionen in der Ukraine, als auch die Annexion der Krim basieren auf diesem Verlust. Ein russischer Präsident kann es sich faktisch nicht leisten, schwach zu sein oder zu wirken, dies wird nicht akzeptiert.

    Gleichzeitig hat die russische Bevölkerung, auch wenn sie Wechseloptionen hätte, Angst vor Veränderungen. Den aktuellen Herrscher kennt man ja, der ist schon satt, und der nächste muss sich erst einmal die Taschen voll machen.

    Neben der Verlängerung der Amtszeit gab es  weitere Veränderungen, die die Macht des Präsidenten stärken, aber auch russisches  über internationales Recht setzen. So finden sich auch veränderte Regelungen,  die die Integrität des russischen Staatsgebiets festschreiben und beispielsweise die Annektion der Krim nach russischem Recht legitimieren.

    Die Volksabstimmung lief wie in Russland üblich mit größeren Festivitäten, Gewinnspielen usw. umrahmt ab, zuvor noch die verschobene Siegesparade zum 75. Jahrestag des Ende des 2. Weltkrieg. Die Abstimmung an sich wäre auch nicht notwendig gewesen, da Präsident Putin das gesamte Änderungswerk im Parlament bereits bestätigen ließ und auch schon unterschrieben hatte. Durch eine „Volksabstimmung“ bekommt die Verfassungsänderung allerdings noch eine andere Legitimation. Mit einem offiziellen Ergebnis von 78,5%  Prozent ist diese sowjetisch anmutende „Abstimmung“ zu Ende gegangen.

    Faktisch hat sich Putin die Ermächtigung für zukünftige Abenteuer und die entsprechende Zeit geholt, um im Sinne von „Make Russia Great Again“ zu agieren. Putin fühlt sich durch das nationale Trauma ( Zusammenbruch der UdSSR) geradezu gezwungen, Russland wieder zu einer Großmacht zu formen.  Zudem ist in Russland das Bewusstsein, sich als Nachfolgenation des Oströmischen Reiches zu betrachten, tief verwurzelt.

    Was bedeutet das für Europa im Umgang mit Russland und Putin? Zunächst ist es nötig, für europäische Werte zu stehen, weiterhin respektvoll und freundlich miteinander umzugehen, aber auch klare Kante bezüglich der Destabilisierungsversuche, vor allem in Osteuropa und dem Baltikum zu zeigen. Man darf sich hier nicht spalten lassen und muss in Europa fest zusammenstehen, mit einer Stimme sprechen, sowie ein gemeinsames europäisches Geschichtsbewusstsein entwickeln.

  • Über die Erfolge der GroKo – eine kleine persönliche Zusammenfassung

    Über die Erfolge der GroKo – eine kleine persönliche Zusammenfassung

    Die GroKo sei so erfolgreich, hört man von Seiten der Politiker der Regierungsparteien, weil sie 60% des Koalitionsvertrags abgearbeitet haben. Dem möchte ich mal klar widersprechen. Die Merkel Regierungen haben sowohl die Klimaproblematik als auch die Digitalisierung verschlafen.

    Die Wohnungssituation in einigen Städten ist katastrophal und auf dem Land veröden Orte, weil es an Ärzten, Banken, Schulen und Läden fehlt. Falsche Anreize für Wirtschaftsstandorte locken die Menschen vom Land in die Städte.

    Wer morgens im Stau steht, dessen Bahn oder Bus nicht fährt, sieht das Scheitern in der Verkehrspolitik.

    Die Wähler haben längst begriffen, dass die Grundrente ein Versuch ist, zu vertuschen, dass die Politik das Problem mit den demographischen Wandel über 20 Jahre verschleppt hat. Ein Problem, das 1970 leicht hätte gelöst werden können, durfte aber unbehandelt zu einem Riesenproblem wachsen. Grundrente brauchen viele auch nur, weil seit Hartz IV die Gewerkschaften entmachtet sind und ein Niedriglohnsektor entstanden ist, in dem die Menschen nicht mehr genug verdienen können, um sich aus eigener Kraft eine Rente zu sichern.

    Der kommende Bedarf an Pflegekräften hat sich weit über 45 Jahre lang abgezeichnet, aber die etablierte Politik hat keine Lösung dafür gefunden.

    Die Wirtschaft klagt, die jungen Menschen kommen nicht mehr mit genug Kenntnissen und Fähigkeiten aus der Schule. Auch die Universitäten konnten die Qualität der Ausbildung vielfach nicht halten. Bildung wurde kaputt gespart.

    Polizei und Justiz sind unterbesetzt und selbst die angekündigten Neueinstellungen reichen nicht, um die aus dem Dienst ausscheidenden Alten zu ersetzen. Auch das war jahrelang abzusehen.

    Investitionsmittel können nicht abgerufen werden, weil Länder, Kreise und Gemeinden sich keine Planer in den Ämtern leisten können. Der Investitionsstau ist immens.

    Die Funklöcher sind inzwischen sogar Minister Altmaier peinlich. Der mangelnde Breitbandausbau hat die Entwicklung einer deutschen digitalen Wirtschaft so sehr verzögert, dass andere den Markt monopolartig beherrschen.

    Man muss kein Freund von Auslandseinsätzen der Bundeswehr sein, aber Flugzeuge, die nicht fliegen, Schiffe, die den Hafen nicht verlassen können und Panzer, die im Manöver Besenstiele statt Kanonen im Turm haben, dass sieht nicht nach einer einsatzfähigen Truppe aus.

    Die Menschen sehen in ihrem Alltag, dass sie nicht gut regiert werden. Und ich frage mich dann immer, warum gebt Ihr nicht einer pragmatischen und lösungsorientierten Partei ein Chance, die auf Wissenschaft und Fakten setzt und Politik für die Zukunft gestalten will.

  • Anschlag auf unsere digitale Selbstbestimmung

    Anschlag auf unsere digitale Selbstbestimmung

    Die Verhandlungen der EU-Mitgliedsstaaten über ihre Vorstellungen zu der geplanten ePrivacy-Datenschutzverordnung befinden sich auf der Zielgeraden.

    Der Europaabgeordnete der Piratenpartei Dr. Patrick Breyer, Schattenberichterstatter der Fraktion Grüne/Europäische Freie Allianz, warnt:

    „Die Regierungen versuchen, diese Verordnung zu kapern, um verpflichtende und freiwillige Vorratsdatenspeicherung, Tracking und Uploadfilter zu legalisieren. Ehrlicherweise sollten sie die ePrivacy-Verordnung gleich umbenennen in ‚dePrivacy‘. Mit uns ist dieser Anschlag auf unsere digitale Selbstbestimmung nicht zu machen!“

    Breyers Kritikpunkte an der Ratsposition im Einzelnen sind hier nachzulesen.

  • Warum Europa gegenüber dem Silicon Valley und China den Anschluss verliert

    Warum Europa gegenüber dem Silicon Valley und China den Anschluss verliert

    „China habe den Source-Code des Silicon Valley geknackt“, führte der Gründer von Palantir und Paypal, Peter Thiel aus und greift Google für ein neues Forschungszentrum in China an, das Fortschritte in der KI-Entwicklung machen soll. China hat, wie das Silicon Valley, hervorragende Bedingungen für Startups geschaffen; diese können in einem Ökosystem von Venture-Capital, akademischer Forschung und unternehmerischem Nachwuchs gedeihen. Warum schaffen wir das in keinem europäischen Land?

    Einen Baustein des Erfolges meint man inzwischen identifiziert zu haben: massive Investitionen und Unterstützung aus dem militärischen Bereich.
    Im Silicon Valley wird durch die DARPA ( Defense Advanced Research Projects Agency), in China durch ähnliche Einrichtungen, massiv Geld in Forschung und Entwicklung gesteckt; allein in die so genannten KI Forschung fließen hier Milliarden. In Deutschland, welches ich hier stellvertretend für andere europäischen Länder anführen will, ist die Kenntnis um diesen Baustein inzwischen schon angekommen. Schwerfällige Behördenapparate haben es in Rekordzeit geschafft, eine Institution aufzubauen, die Mittel aus dem Verteidigungshaushalt in schicke Startups pumpen soll – an den langsamen, regulären Beschaffungsabläufen in diesem Bereich vorbei – dem Cyber Innovation Hub der Bundeswehr.

    Einen Baustein, das viele Geld, hätten wir nun. Aber erklärt das auch, warum China und das Silicon Valley die behäbige europäische Konkurrenz so hinter sich lassen?
    Hier hilft ein Blick auf die USA: wir haben in den USA zwei Regionen, die beste Voraussetzungen hatten, die Innovationsführerschaft zu bekommen bzw. haben und mit führenden Forschungseinrichtung ausgestattet sind, um Unterstützung durch die DARPA usw. zu erhalten. Das Silicon Valley an der Westküste und die Region um das MIT an der Ostküste. Warum haben sich die meisten großen High-Tech-Konzerne an der Westküste angesiedelt? Am besseren Klima wird es wohl nicht maßgeblich gelegen haben.

    Das mag jetzt für viele Entscheidungsträger in Politik und Wirtschaft schwer zu verdauen zu sein, da man sich ja durch immer neue Restriktionen in dieser Hinsicht ins eigene Bein schießt und bald wie auch bei der Netzabdeckung hinter manch afrikanischen Staat zurückfallen wird.

    Was ist die geheime Zutat, die das Silicon Valley so attraktiv gemacht hat, dass sich hier quasi eine „kritische Innovationsmasse“ bilden konnte?
    Die rechtlichen Rahmenbedingungen waren es, und dann sogar – plakativ gesprochen – Piraterie. Der Unterschied zwischen Ost- und Westküste war (und ist), dass an der Westküste Innovationen durch Mitarbeiter zwischen Unternehmen ausgetauscht werden können. Nach dem Piratencredo „Wissen vermehrt sich, wenn man es teilt“, klaute man sich gegenseitig die Mitarbeiter, die Ihr Wissen im neuen Unternehmen einbringen können – möglich macht das ein kalifornisches Urteil, das die Mitnahme von Wissen in andere Unternehmen nicht restriktiv behandelt.

    Kleines Urteil, große Wirkung; hier wurden quasi Rahmenbedingungen geschaffen, die den Wissensaustausch zwischen Unternehmen fördern. Die fehlende Sicherheit für die eigenen Investitionen durch den Weggang von Know How zur Konkurrenz versucht man an der US Westküste durch Patentanmeldungen auf Software auszugleichen. Dies birgt wiederum auch Nachteile, die die inflationäre Vergabe von Patenten mit sich bringt. In China ist die Maßnahme eine andere, die Innovationskraft aber ähnlich. Will man in China Marktzugang haben, muss man quasi die Hosen runterlassen und seine technologischen Erkenntnisse teilen. Diese Erkenntnisse werden allen chinesischen Unternehmen zur Verfügung gestellt, die in diesem Bereich unterwegs sind und auf dieser technologischen Grundlage Innovation betreiben.

    Fazit
    Ich fasse zusammen: sowohl das Silicon Valley, als auch chinesische Innovationscluster werden mit Geld überhäuft, welches oft auch aus dem militärischen Bereich kommt. Dies reicht, wie wir am Beispiel der amerikanischen Ostküste gesehen haben, nicht unbedingt, um eine wirtschaftlich herausragende innovative Wissensexplosion auszulösen. Hier fehlt das Piraten-Element: die Vernetzung und der Austausch von Wissen, die von vielen aus Angst, mehr zu verlieren, in Europa bekämpft wird.
    Sowohl das chinesische als auch das amerikanische Westküstenmodell haben ihre Nachteile und sind so in Europa nicht direkt umsetzbar, dies hat rechtliche als auch kulturelle Ursachen. Aber die Erkenntnis, dass Austausch untereinander wichtig ist und die Entwicklung entsprechender Konzepte können helfen, dass Europa einen eigenen Weg geht und gegenüber China und den USA aufholt.
    Grundlage eines europäischen Modells muss dabei immer sein, die Rahmenbedingungen zu schaffen, die einen breiten Wissensaustausch untereinander fördern und dadurch die Grundlage für die Intiierung eines anhaltenden wirtschaftlichen Erfolgs bilden. Piraten haben dies immer propagiert, aber nicht immer deutlich verständlich ausgedrückt, was oft zur Bekämpfung der Ideen geführt hat. Als europäische technikfreundliche Partei ist es uns wichtig, dass Europa wieder den Anschluss an die aktuelle Entwicklung findet und wirtschaftlich prosperiert.

  • Patrick Breyer zum Facebook-Urteil: Freie Meinungsäußerung schützen!

    Patrick Breyer zum Facebook-Urteil: Freie Meinungsäußerung schützen!

    Zu dem gestrigen EuGH-Urteil zur Verhinderung unzulässiger Nachrichten in sozialen Netzwerken erklärt Dr. Patrick Breyer, Europaabgeordneter der Piratenpartei:

    „Nach dem gestrigen Urteil sollen unzulässige Inhalte dauerhaft aus dem Netz ferngehalten werden – aber es gibt keinen Schutz vor dem Einsatz von Uploadfiltern, die kontextblind sind und so fehleranfällig, dass sie immer wieder auch legale Inhalte unterdrücken. Nach dem Urteil sollen Internetdienste die Veröffentlichungen bestimmter Nutzer dauerhaft auf Botschaften prüfen müssen, die den unzulässigen ähnlich sind – aber es gibt keinerlei Schutz davor, dass Diensteanbieter diese Nutzer einfach ausschließen. Das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung im Netz ist viel zu wertvoll, um es fehlerhaften Algorithmen oder dem Profitstreben von Internetkonzernen zu opfern. Jetzt ist der Gesetzgeber gefragt, das freie Internet zu schützen.“