Kategorie: Gesundheit

  • Terminankündigung: Bundesthemenbeauftragter für Sucht- und Drogenpolitik auf der Hanfmesse in Dortmund

    Terminankündigung: Bundesthemenbeauftragter für Sucht- und Drogenpolitik auf der Hanfmesse in Dortmund

    Am kommenden Wochenende findet in Dortmund die Cannabis Expo (CNBS) statt.
    Auf der dreitägigen Messe rund um das Thema Hanf und Cannabis hält Andreas Vivarelli, Bundesthemenbeauftragter für Sucht- und Drogenpolitik der Piratenpartei, einen Vortrag zum Thema „Cannabisrezept nur für Privatversicherte?“

    Wo: Messe Dortmund (Westfalenhallen), Rheinlanddamm 200, 44139 Dortmund
    Wann: Samstag, 04. Mai um 16:00 Uhr

    „Bis heute gibt es keine flächendeckende Versorgung mit der Hanfblütentherapie. Die Finanzierung über die Kassen, wenn überhaupt möglich, muss regelmäßig von den Patienten erstritten werden. Hinzu kommt, dass Kassenärzte mit langjährigen vermeintlichen Regressansprüchen abgeschreckt werden.
    Es ist unerträglich, dass dieser medizinischer Versorgungsnotstand auf dem Rücken der Patienten ausgetragen wird.
    Mit unserem neuen Flyer „Weniger Kriminalität – mehr Gerechtigkeit“ werden wir auf unserem Messestand über unsere drogenpolitischen Forderungen zum Thema Hanf und Relegalisierung informieren.“
    Andreas Vivarelli, Beauftragter für Sucht- und Drogenpolitik

    Im März 2017 trat das Gesetz in Kraft, welches Cannabis als Therapeutikum zulässt und eine Verschreibung durch den Hausarzt ermöglicht. Leider kommt dieses Gesetz bei weitem nicht allen Patienten zu Gute. Das zeigt die aktuelle Praxis bei der Kostenübernahme durch die Krankenkassen.
    Die Hanfmesse ist mit nationalen und internationalen Ausstellern vertreten. Geboten werden viele spannende Vorträge und visionäre Top-Speaker. Die Messe geht von Freitag, 03. Mai, 10:00 Uhr bis Sonntag, 05. Mai, 18:00 Uhr.

  • Bundesgesundheitsminister verhindert Sterbehilfe

    Bundesgesundheitsminister verhindert Sterbehilfe

    Im März 2017 hat das Bundesverwaltungsgericht in letzter Instanz entschieden, dass Menschen mit unheilbaren, schweren Krankheiten, die unter immens großen Schmerzen leiden, ohne Hoffnung auf eine deutliche Verlängerung der Lebensphase, freiwillig aus dem Leben scheiden können. Dazu sollten Betroffene nur einen Antrag an das BfArm (Bundesinstitut für Arzneimittel) stellen, um ein Medikament zu erhalten, das ihnen ein Sterben in Würde ermöglicht.
    Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat sich jedoch geweigert, das Urteil umzusetzen.

    Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat das BfArm persönlich angewiesen, die Auslieferung der Medikamente zu unterbinden. Dies geht aus internen Unterlagen hervor, wie der Tagespiegel berichtet.
    Von den 123 vorliegenden Anträgen wurden 93 abgelehnt; einen positiven Bescheid gab es in keinem der Fälle.

    Sandra Leurs, Bundesbeauftragte der Piratenpartei für Gesundheit und Pflege:

    „Ein würdevolles Sterben muss den Betroffenen ermöglicht werden. Dem Willen eines Menschen, seinem eigenen Leiden ein Ende zu setzen, ist nach dem Gerichtsurteil Folge zu leisten. Dass sich ein Bundesminister durch interne Anweisungen darüber hinwegsetzt, ist ein Skandal. Da wird todkranken Menschen zunächst Hoffnung gemacht und dann werden die Anträge ohne die versprochene gründliche Prüfung abgelehnt.“

    Die Piratenpartei fordert ein qualifiziertes verbreitetes Angebot an pflegerischer und medizinischer Palliativbetreuung, um Patienten den Weg am Lebensende zu erleichtern und Angehörigen bei deren Begleitung und Betreuung Hilfestellungen zu geben.

  • WHO ruft Neustart für medizinischen Hanf aus

    WHO ruft Neustart für medizinischen Hanf aus

    In einem Schreiben des WHO-Generalsekretärs vom Februar 2019 werden sämtliche Mitgliedstaaten offiziell aufgefordert, die nationale Gesetzgebung auf die Änderungsvorschläge der WHO zum „Einheitsabkommen über die Betäubungsmittel“ von 1961 bis 2020 zu überprüfen. Das Einheitsabkommen bindet als völkerrechtlicher Vertrag über 180 Staaten aufgrund internationalen Rechts und bestimmt teilweise direkt nationale Betäubungsmittelgesetze. Nach rund sechzig Jahren Stigmatisierung einer bedeutenden Heilpflanze besinnt man sich nun auf Fakten.

    Im Wesentlichen soll nun der Zugang zu einer medizinischen Versorgung mit Hanf erleichtert werden. Reines CBD und Produkte daraus mit weniger als 0,2 % THC-Gehalt sollen dann nicht länger als verbotene Substanzen gelten.

    „Das Tor für eine versachlichte Argumentation steht nun offen. Die Umsetzung einer Neubewertung sämtlicher psychoaktiver Substanzen in einer internationalen Vereinbarung scheint greifbar, ja notwendig und ist schon dem mangelnden Erfolg der repressiven Jahrzehnte geschuldet. Leider gibt es auch in Deutschland bis heute keine niederschwellige, flächen- und kostendeckende Versorgung mit Cannabis.
    Drogenpolitik braucht einen Neustart. Sie muss Gegenstand der Gesundheitspolitik und Wissenschaft sein und darf nicht im Strafgesetzbuch geregelt werden.“

    erklärt der drogenpolitische Sprecher der Piratenpartei, Andreas Vivarelli.

    Das Zeitalter der jahrzehntelangen Ächtung einer wertvollen Heilpflanze ist beendet, wenn die WHO im Jahre 2020 die Modernisierung im Einheitsabkommen manifestiert hat.
    Nun ist es an den Mitgliedsstaaten, eine sachliche und studienorientierte Gesetzgebung folgen zu lassen.

    Die 2017 nach der Rezeptfreigabe gegründete Cannabisagentur ist überfordert. Dies geht erneut zu Lasten der Patienten.
    Viele verzweifeln bereits an der erfolglosen Suche nach einem verschreibungswilligen Kassenarzt. Die Einmischung des MDK (Medizinischer Dienst der Krankenkassen), das niedrige Honorar für die umfangreiche verpflichtende Evaluierung, die bei Kostenübernahme durch die Krankenkassen entsteht, schreckt viele Mediziner ab. Auch die schlechte Studienlage, die drohenden und langjährigen Regressansprüche, die das Gesetz vom März 2017 vorsieht, lassen die Ärzte nicht gerade freudig das Rezeptheft zücken.
    Unser Gesundheitssystem braucht auch an dieser Stelle ein Update, um die Versorgung mit dringend benötigten Medikamenten zu gewährleisten.

  • Volksinitiative will Fracking-Verbot vor Gericht durchsetzen

    Volksinitiative will Fracking-Verbot vor Gericht durchsetzen

    Schleswig-Holstein, das Tourismusland zwischen den Meeren, soll Deutschlands erste Fracking-Verbotszone werden. Um dieses Ziel zu erreichen, zieht die mit über 42.000 Bürgerunterschriften unterstützte Volksinitiative zum Schutz des Wassers vor Gericht: Das Schleswig-Holsteinische Landesverfassungsgericht soll feststellen, dass die Volksinitiative zur Aufnahme eines Fracking-Verbots in das Landeswassergesetz verfassungsgemäß ist. Dies fordert ein diese Woche bei Gericht eingereichter Antrag der Volksinitiative, die unter anderem von der Bürgerinitiative gegen CO2-Endlager e.V., der Piratenpartei Schleswig-Holstein, dem BUND Schleswig-Holstein und der Schutzstation Wattenmeer e.V. unterstützt wird.

    „Wir klagen in Verantwortung für Mensch und Umwelt in ganz Deutschland“

    erklärt die Vertrauensperson der Volksinitiative und Spitzenkandidat der Piratenpartei zur Europawahl Patrick Breyer.

    „Wenn unsere Volksinitiative im Norden die erste Fracking-Verbotszone Deutschlands durchsetzt, können andere Bundesländer das auch. Mit unserer Klage wollen wir auch die direkte Demokratie und die Mitbestimmungsrechte der Bürger stärken.“

    Der Schleswig-Holsteinische Landtag hatte das von der Volksinitiative geforderte Fracking-Verbot im November mehrheitlich noch für verfassungswidrig erklärt, weil Fracking Angelegenheit des Bundes sei. Doch die von der Volksinitiative beauftragte Rechtsanwältin und Umweltrechtsexpertin Dr. Roda Verheyen schreibt dem Landesverfassungsgericht nun, die Zuständigkeitsfrage sei dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten und nicht vom Landtag zu prüfen. Wörtlich heißt es in dem Schriftsatz:

    „Aus Sicht vieler Bürgerinnen und Bürger Schleswig-Holsteins ist Fracking ein unüberschaubares, erhebliches Umweltproblem und Risiko“.

  • Psychisch krank in Bayern – dreht der Gesetzgeber durch?

    Psychisch krank in Bayern – dreht der Gesetzgeber durch?

    Gestern wurde im bayrischen Landtag mit 90 zu 68 Stimmen in dritter Lesung die Neufassung des Polizeiaufgabengesetzes (PAG) verabschiedet. Es gilt als Blaupause für die Verschärfung vieler weiterer Polizeigesetze in den einzelnen Bundesländern (u.a. Nordrhein-Westfalen und Sachsen).
    Unsere Gastautorin Andrea Martina hat sich eingehend mit dem PAG, aber auch mit dessen „Schwestergesetz“ beschäftigt:

    Nach der Kreuzigung folgt doch eigentlich die Auferstehung? Dem scheint nicht so im „christlichen“ Bayern…

    Als ersten Streich überraschte der neue Ministerpräsident Markus Söder seine Landesbürger mit einer Wiederbelebung der doch eigentlich längst abgehakten Kreuzesdebatte in öffentlichen Räumen. Nun tritt er in der Gesetzgebung das Erbe seines Vorgängers Horst Seehofer an: geplant sind die Installierung eines rigorosen Polizeiaufgabengesetzes (PAG) sowie die Neuauflage des Bayerischen Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetzes (BayPsychKHG).

    Nach Bekanntwerden der geplanten Änderungen der Staatsregierung im BayPsychKHG im April schlugen die Wellen hoch. Man soll immer mit dem Positiven beginnen, also sei hier der einzige ausgesprochen positive Bestandteil des Gesetzentwurfes zuerst genannt: ein rund um die Uhr erreichbarer Krisendienst für Betroffene von psychischen Erkrankungen soll flächendeckend ausgebaut werden.

    Erste Pläne, die zwischenzeitlich etwas abgemildert wurden, sahen die Einführung einer Unterbringungsdatei vor, in der wesentliche medizinische Daten aller Patienten in psychiatrischen Kliniken Bayerns fünf Jahre lang gespeichert werden. Diese Datei sollte der bayerischen Polizei zugänglich gemacht werden. Nach den ersten großen Protesten sollen Patientendaten nun „nicht mehr für Jahre gespeichert werden“, unklar bleibt aktuell jedoch, für welchen konkreten Zeitraum. Klar ist im Gegensatz dazu, dass der Polizei nur noch Informationen zugeteilt werden über Menschen, die zwangsweise in einer Psychiatrie untergebracht wurden oder nachweislich als gefährlich gelten [3]. Fraglich ist im Moment jedoch auch, nach welchen Kriterien eine Person als „nachweislich gefährlich“ gilt.

    Zudem wurde im ersten Entwurf der Umgang mit psychisch Erkrankten ähnlich gestaltet wie im Maßregelvollzug. Diese drohende Stigmatisierung kann wohl abgewendet werden; denn mehrfach wurde im gesellschaftlichen Diskurs darauf hingewiesen, dass eine psychische Erkrankung nie und nimmer dem Charakter eines kriminellen Straftäters gleichgesetzt werden darf. Das ist kontraproduktiv und führt nicht zu einem gewünschten offeneren Umgang mit Depressionen & Co., welcher in unserem gemeinschaftlichen Zusammenleben so dringend notwendig ist! Eine Online-Petition, die von mehr als 106.000 Personen unterzeichnet wurde, bringt diesen Sachverhalt auf den Punkt: „Psychisch kranke Menschen brauchen Hilfe, jemanden, dem sie vertrauen können, nicht die Angst im Nacken (- nur weil jemand meint, man wäre auffällig -) weggesperrt zu werden„.

    Knappe zwei Wochen nach Bekanntmachung des BayPsychKHG-Entwurfs erfolgte eine Anhörung von mehreren Experten im Bayerischen Landtag. Diese öffentliche Veranstaltung sorgte für reges Interesse und zahlreiche Besucher lauschten den Ausführungen diverser Sachverständiger u.a. aus der Bereichen: Psychiatrie-Erfahrene und Angehörige von Betroffenen, Ärzteschaft, Polizei, Justiz, Datenschutz und Politik.

    Im Ohr geblieben ist die Formulierung eines Experten – ein Polizeidirektor, der leider immer wieder von „psychisch Gestörten“ sprach. „Gestört“ ist eine Abwertung und wird einem respektvollen Umgang mit psychisch beeinträchtigten bzw. erkrankten Menschen nicht gerecht. Anhand der Wortwahl des Polizeidirektors zeigt sich die große Gefahr: wenn es wirklich so weit kommt und die bayerische Polizei gesetzlich wesentlich mehr uneingeschränkte Befugnisse erhält, Betroffene zu stigmatisieren und systematisch abzuwerten.
    Sei es nun im BayPsychKGH oder auch in Bezug auf das Polizeiaufgabengesetz – die Polizei ist immer nur der ausführende Arm der Gewaltenteilung innerhalb eines demokratischen Rechtssystems. Damit dürfen ihr nicht zu viele Kompetenzen übertragen werden. Am Beispiel von psychischen Erkrankungen wird hier klar, dass auch schon sprachlich ein äußerst sensibler Umgang mit heiklen Problematiken erforderlich ist. Im Allgemeinen dürfte das auch jeden noch so verantwortungsbewussten Polizisten wohl überfordern.

    Die bayerische Polizei darf und soll für Sicherheit im Freistaat sorgen. Doch auf gar keinen Fall ist es angebracht, Polizisten zuzumuten, bei der Warnung „drohende Gefahr“ aus irgendeiner Quelle im absoluten Alleingang legal tätig zu werden. Die Polizei ist für konkrete Gefahren zuständig. Für alle anderen Möglichkeiten und Eventualitäten soll sich die bayerische Staatsregierung doch bitte die Mühe machen, detailliert und differenziert abzuwägen, welche anderen Stimmen und Interessensvertreter wichtige Informationen zur Klärung eines bestimmten Sachverhaltes beitragen können.
    Eine Hau-Drauf-Politik mit Polizeigewalt in Eigenregie kann nicht sein, was den Bedingungen und Erfordernissen eines christlich aufgeklärten sowie postmodernen Freistaat Bayern gerecht wird.

    Vielleicht hilft es, mal einen Blick in die Gesetzeslage des benachbarten Baden-Württemberg zu werfen. In der Regel geht Qualität zwar über Quantität, aber im Vergleich der PsychKHG’e beider Bundesländer bzw. des bayerischen Entwurfes mögen zuletzt schon die Zahlen für sich sprechen: im 15 Seiten langen baden-württembergischen Gesetzesbeschluss wurden fast die Hälfte der Seiten auf die Ausführungen zu Hilfen im psychiatrischen Bereich verwendet. Der bayerische Gesetzesentwurf hingegen zählt ca. 60 Seiten, wobei die wichtigen Schwerpunkte Krisendienst, Zusammenarbeit und Prävention, Beteiligung der Selbsthilfeorganisationen sowie Psychiatrieberichterstattung genau eine magere Seite wert sind, die Unterbringung psychisch Erkrankter aber auf 55 Seiten detailliert ausgewalzt wird – ein Armutszeugnis!

    Offensichtlich ist es der bayerischen Regierung bis dato weitaus wichtiger, sich mit kontrollierter Unterbringung zu beschäftigen – anstelle das Augenmerk auf Hilfe und größere Akzeptanz gegenüber dem psychiatrischen Bereich zu legen. Es bleibt zu hoffen, dass der nächste Entwurf des BayPsychKHG – das dann wohl so verabschiedet wird? – die Stärkung der psychiatrischen Versorgung tatsächlich stärker in den Blick nimmt. Bis dahin: auf die Straße gehen, wann immer sich die Gelegenheit zur Demonstration bietet, und so viele Mitbürger wie möglich zum Überlegen bringen, wo sie denn ihr Kreuz im Oktober setzen wollen.

  • „Das merkt man dir ja gar nicht an….“

    „Das merkt man dir ja gar nicht an….“

    Am heutigen 05. Mai ist der Europäische Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung. Dieser wird seit 1992 von Verbänden und Organisationen der Behindertenhilfe und -selbsthilfe veranstaltet. Oft denkt man beim Schlagwort „Behinderte“ an blinde Menschen, Menschen im Rollstuhl oder an die Teilnehmer der Paralympics, die vielfältige körperliche Behinderungen haben.

    Mentale, psychische und seelische Behinderungen geraten leicht aus dem Blick der Öffentlichkeit, weil man sie den Menschen nicht ansieht. Wir möchten das ändern und machen heute darauf aufmerksam, dass auch die „unsichtbaren“ Behinderungen ein Recht auf Gleichstellung mit sich bringen. Hierzu haben wir mit einem Betroffenen gesprochen (*).

    Kannst Du sagen, welche Art Behinderung Du hast und wie lange Du schon als behindert giltst?
    „Meine Behinderung ist psychischer Natur und seit Mai 2017 anerkannt.“

    Wie geht es Dir damit?
    „Ich finde es gut, dass ich einen anerkannten Grad der Behinderung habe. Es gibt mir die Möglichkeit, mein Erleben wohlwollender zu betrachten und mich nicht unter Druck zu setzen, wenn ich mal wieder in der „normalen Welt“ nicht mithalten kann. Meine Erkrankung selbst steht nochmal auf einem ganz anderen Blatt…“

    Welche Herausforderungen bringt Dein Alltag mit sich?
    „Ich bin oft schnell erschöpft, kann mich nicht lange am Stück konzentrieren und muss zusätzlich stark auf einen regelmäßigen Schlaf achten. Auch darf ich mich theoretisch nicht allzu sehr positivem Stress aussetzen (z.B. sowas wie Erfolg im Studium oder Verliebtheit), was ich aber praktisch als unmöglich umsetzbar und auch als starke Einschränkung empfinde. Zudem habe ich starke Schwierigkeiten, mich selbst zu motivieren und bin immer dankbar, wenn es ein von außen vorgegebenes Gerüst gibt.“

    Wie gehen Menschen mit Dir um, die von Deiner Behinderung erfahren bzw. denen Du sagst, dass es sich dabei um eine anerkannte Behinderung handelt?
    „Meist fällt der Satz: „Das merkt man Ihnen/dir ja gar nicht an.“.“

    Welche konkreten politischen Maßnahmen würden Deinen Alltag verbessern?
    „Ein Grundeinkommen zu haben, von dem ich leben kann. Aber das wäre wohl bei der Mehrheit der Menschen der Fall, egal, ob eine anerkannte Behinderung vorliegt oder nicht. Aber auch das geplante Landesgesetz über psychiatrische Unterbringung in Bayern macht mir Angst. Solche Gesetze stempeln ab, statt dass sie helfen, Verständnis zu wecken. Ich hoffe, dass das Gesetz überarbeitet oder ganz zurückgezogen wird.“

    (*) Die Identität des Betroffenen ist den Interviewern bekannt. Zu seinem Schutz ist das Interview anonymisiert.

  • Deutscher Pflegetag 2018 – Netzwerken für eine menschenwürdige Pflege

    Deutscher Pflegetag 2018 – Netzwerken für eine menschenwürdige Pflege

    Die Pflege von kranken oder älteren Menschen ist bereits aktuell eines der bedeutendsten Themen der Sozial- und Gesundheitspolitik. Zukünftig wird sich diese Thematik weiter verschärfen.
    Sandra Leurs, Krefelder Kommunalpolitikerin der Piratenpartei und Expertin für Pflege, besuchte vom 15. bis 17.03.2018 den Deutschen Pflegetag in Berlin. Dort nutzte sie die Gelegenheit, mit wichtigen politischen Akteuren und engagierten Profis im Bereich Pflege in Kontakt zu kommen und auf programmatische Inhalte der Piratenpartei aufmerksam zu machen.

    Spahn erntet verhaltenen Applaus

    Während der Rede des neuen Bundesgesundheitsministers Jens Spahn (CDU) herrschte überwiegend Stille im Saal. Spahn hatte bereits kurz nach Bekanntwerden seiner Berufung durch kontroverse Äußerungen, beispielsweise zu Hartz-IV-Empfängern und dem §219a StGB, für Aufsehen gesorgt. Auch sein Redebeitrag während des Pflegetages wurde nur mit verhaltenem Applaus der Anwesenden quittiert. Insbesondere über die sozialen Medien äußerten sich viele Mitglieder der Pflegecommunity sehr negativ über das von Jens Spahn Gesagte.

    Immerhin ein sachkundiger Bundesbeauftragter für die Pflege ist in Sicht: Die beste Nachricht des ersten Tages aus Sicht der Piratenpartei war die Nominierung von Andreas Westerfellhaus zum Bundesbeauftragten für die Pflege. Auf Grund seiner jahrelangen Erfahrung als Vorsitzender des Deutschen Pflegerates weiß Westerfellhaus, wovon er redet, und setzt sich für die Belange der Pflegenden und Gepflegten ein.
    Sandra Leurs wurde im Vorfeld von Andreas Westerfellhaus um ein Treffen in Berlin gebeten. Diese Einladung zeigt, dass die Meinung der Piratenpartei in Sachen Pflege sehr gefragt ist. Beide trafen sich am Freitag zu einem Gespräch in der Messehalle.

    Während eines gemeinsamen Besuches der dortigen Ausstellung von Initiativen für Pflege, Digitalisierung, Robotik und E-Health mit Angeboten von verschiedenen Unternehmen, zeigte Westerfellhaus sich erfreut über die neue Aufgabe. Zugleich mahnte er jedoch auch zu Geduld, da nicht alle Probleme von heute auf morgen gelöst werden könnten. Aber er versprach, Notwendiges anzupacken; vor allem die heißen Eisen wie Personalschlüssel, Entlohnung und Arbeitsbedingungen. Sandra Leurs erzählte ihm von den pflegepolitischen Inhalten der Piratenpartei im Bundestagswahlprogramm, welches bei ihm auf großes Interesse stieß. Beide werden für weiteren Austausch in Kontakt bleiben.

    Interessante Gespräche und wichtige Kontakte

    Vertiefende Gespräche führte Sandra Leurs unter anderem mit Elisabeth Scharfenberg, ehemalige Ministerin des Bundes der Grünen und Pflegepolitikerin. Scharfenberg freute sich sehr über das persönliche Treffen mit Sandra Leurs. Im Gespräch zu den Problematiken der Pflege in Deutschland konnten beide schließlich jedoch nur konstatieren, dass der Kampf um Verbesserungen weiterhin ein mühsamer sein wird. Parteiübergreifende Zusammenarbeit ist daher dringend erforderlich, um zuallererst die zum Teil gravierenden Missstände abzubauen, die derzeit in der Pflege herrschen.

    Den Donnerstag verbrachte Sandra Leurs überwiegend mit Mitgliedern des „Pflege in Bewegung e.V.“. Der Gedankenaustausch mit diesen Engagierten war für sie sowohl interessant als auch aufschlussreich.
    Persönlich lernte sie zudem die Initiatorin vom „CareSlam!“, Yvonne Falkner, kennen, welche regelmäßig Slam-Abende rund um das Thema Pflege veranstaltet und es mit einer Sequenz aus ihrem Programm sogar bis in die Kabarettsendung „Die Anstalt“ (ZDF) schaffte.
    Zudem sprach Sandra Leurs mit Marcus Jogerst-Ratzka. Er betreibt eine kleine Senioreneinrichtung in der Nähe von Offenburg und hat am Buch „Jeder pflegt allein“ von correctiv.org mitgearbeitet, welches 2016 erschien und sensationelle Kritiken erntete. Auch Sandra Leurs hat es gelesen und kommentierte als Pflege-Expertin: „Ich habe nichts gefunden, das als geschönt oder übertrieben negativ dargestellt wurde.“

    Neben vielen anderen traf Leurs zudem Jörg Benter. Er betreibt eine Beratungsfirma für Dienstplanung, Zeitmanagement und kollegiale Beratung. Darüber hinaus hält er Seminare, bietet Fachberatung zu Themen wie systemische Beratung und systemisches Coaching an.
    Beide tauschten sich zu Arbeitszeitmodellen aus. Sandra Leurs‘ Idee, sechs Stunden als Vollzeit in der Pflege zu etablieren, in einer Fünf-Tage-Woche im Rollsystem bei vollem Lohnausgleich, hielt Benter für schwer umsetzbar. Dies würde mehr Personal erfordern und höhere Gehälter bedeuten. Auch wenn er damit wohl recht hat, ist eine Überarbeitung des Arbeitszeitmodells im Pflegesektor und eine Entlastung der Pflegenden bei besserer Bezahlung dringend notwendig und steht daher weit oben im Programm der Piratenpartei Deutschland.

    Benter stellte Leurs auch seine eigene Idee vor, wie Pflegekräfte aus dem sogenannten „Pflexit“ zurückgeholt werden könnten. Sie sollen so arbeiten dürfen, wie sie wollen: zwei Stunden am Tag oder 24 Stunden, anschließend einen Tag frei. Kurz und knapp gesagt plädiert er für einen selbstbestimmten Dienstplan. Diesen Ansatz findet zwar auch Sandra Leurs interessant, jedoch sei diese Idee zumindest im aktuellen Pflegesystem schwer bis unmöglich umsetzbar – schon allein, weil es am nötigen Personal mangele.

    Sehr erfreut war Sandra Leurs auch, dass sie Corinna Seegert persönlich kennenlernen konnte. Die beiden Frauen kannten sich bislang nur über soziale Netzwerke. Als Krankenschwester absolvierte Seegert eine erfolgreiche Zusatzausbildung zur Diplombetriebswirtin (VWA) und ist Dozentin für Pflegeberufe, Qualitätsmanagerin, Case-Managerin und Pflegeberaterin nach § 7a, SGB XI. Ebenfalls spannend waren Gespräche mit der Pflegehistorikerin und Bloggerin Monja Schünemann sowie Diana Leisering von „Pflege am Boden Köln“. Leisering engagiert sich ebenfalls bei der Initiative „Pflege in Bewegung e. V.“ Leurs und Leisering kennen sich schon länger aus Köln.

    Pflege, Piraten und Robotik

    Am Stand des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (Referat 524, Technik, Interaktionen mit demografischem Wandel) konnte unter anderem der Roboter „Pepper“ besichtigt werden. Da Sandra Leurs sich unter anderem mit dem Thema Robotik in der Pflege beschäftigt, welches in Zukunft stark an Bedeutung gewinnen wird, führte dies sofort zu sehr anregenden Gesprächen und Freude auf beiden Seiten. Als Leurs den Ausstellenden zudem von Matthias Melcher berichtete, der mit einem etwas kleineren, selbst gebauten Roboter in einer Krefelder Senioreneinrichtung für Furore gesorgt hatte, war die Freude umso größer.

    Im Bereich der digitalen Dokumentationssysteme für die Pflege hat sich in den vergangenen Jahren ebenfalls eine rasante Entwicklung vollzogen. An einem Infostand zu Dokumentationssystemen konnte Leurs feststellen, dass das neue SIS-System inzwischen auch bei Senso Verwendung findet. Mit Senso hatte sie bereits zwischen 2002 und 2010 gearbeitet. Ein Mitarbeiter des Infostandes würdigte die Arbeit der Piratenpartei als sehr wichtig und freute sich, mit Sandra Leurs eine überaus engagierte, piratige Pflegeexpertin getroffen zu haben.

    Fazit

    In der Pflege stehen wir in Deutschland aktuell vor großen Herausforderungen, aber viele engagierte Menschen gehen die bestehenden Schwierigkeiten an, benennen die herrschenden Probleme, vernetzen sich und erarbeiten Lösungsansätze, um gemeinsam einen Weg aus der Pflegemisere zu finden. Eine Veranstaltung wie der Deutsche Pflegetag ist aus diesem Grund nicht nur eine hervorragende Informationsquelle über die neuesten Entwicklungen im Bereich der Pflege sondern für alle engagierten Besucher auch eine hervorragende und dringend nötige Möglichkeit sich zu vernetzen und für die Behebung der bestehenden Herausforderungen neue Kraft und Mut zu schöpfen.
    Die politisch Verantwortlichen dürfen nicht länger davor zurückschrecken, unsere Gesellschaft aufzuwerten, indem sie mehr Geld für die Bedürfnisse und Versorgung der Schwächsten der Gesellschaft in die Hand nehmen.

    Den ausführlichen Bericht zum Deutschen Pflegetag 2018 finden Sie im Blog von Sandra Leurs.

  • Mein Bauch gehört mir!

    Mein Bauch gehört mir!

    Wir schreiben das Jahr 2017. Als junge Frau bin ich wie selbstverständlich mit dem Gedanken aufgewachsen, dass mein Körper mir gehört und ich frei bin. Mein durchaus offenes, liberales und progressives Elternhaus hat mir schon früh mit auf den Weg gegeben, dass ich mein Leben und mich selbst so gestalten kann, wie ich möchte, insbesondere als Mensch weiblichen Geschlechts.
    Und jetzt? Jetzt haben wir dank der Verurteilung nach §219a einer Ärztin zu einer Geldstrafe, die auf ihrer Webseite darüber informierte, dass sie Schwangerschaftsabbrüche durchführt, eine neue Diskussion über Abtreibungen und das Werbeverbot dazu. Eigentlich dachte ich, wir sind mittlerweile zu der gesellschaftlichen Erkenntnis gelangt, dass eine Frau selbst über ihren Körper entscheiden kann und zu einer Entscheidung auch eine fundierte Grundlage an Informationen gehört.

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    Natürlich, die Entwicklung der Paragraphen zum Schwangerschaftsabbruch ist definitiv eine lange und eine, die mit vielen Streitigkeiten zusammenhängt. Sie war ein Kompromiss und in einer Gesellschaft, die sich seitdem immer mehr öffnet und progressiver wird, ist es nur eine notwendige Konsequenz, eine neue Regelung zu finden.

    Der Abbruch einer Schwangerschaft ist in Deutschland noch immer nicht legal, er ist in den meisten Fällen nur straffrei. Doch ist das heutzutage überhaupt noch angebracht? Wir haben mittlerweile die Ehe unabhängig vom Geschlecht der beiden Partner, Vergewaltigung innerhalb der Ehe ist inzwischen illegal und die allermeisten Menschen denken nicht im Traum daran, dass Frauen zur Ausübung eines Berufes vorher mal lieber die Erlaubnis ihres Ehemannes einholen sollten. All dies war nur schwer vorstellbar in einer Zeit, in der der Slogan „Mein Bauch gehört mir“ bekannt wurde.

    Und inzwischen? Jetzt debattieren wir darüber, ob es Medizinern nicht doch lieber verboten bleiben sollte, neutrale Informationen zum Schwangerschaftsabbruch anzubieten. Einerseits bin ich froh, dass es einen gewissen gesellschaftlichen Aufschrei nach diesem Urteil gibt. Andererseits finde ich es schockierend, dass wir überhaupt aufschreien und uns darüber Gedanken machen müssen. Eigentlich sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, dass Ärzte neutral, auch auf ihrer Internetpräsenz, Informationen darüber geben können, ob sie diesen Eingriff anbieten oder nicht. Informationen dazu und wissenschaftliche Fakten sind in meinen Augen eine der wichtigsten Grundlagen, um als schwangere Person eine fundierte Entscheidung treffen zu können. Insofern ist es eine unverhältnismäßig große Einschränkung, diese Informationen in irgendeiner Art und Weise zu verwehren, denn es ist ein massiver Eingriff in die dem Schwangerschaftsabbruch zugrunde liegende Selbstbestimmung. Indem wir schwangeren Menschen diese Informationen vorenthalten, führen wir das ad absurdum, was die Frauenbewegung gefordert hat: das Recht, dass der Bauch und insbesondere der Körper einer Frau ihr selbst gehören und sonst niemandem.

    Der ursprüngliche Sinn hinter diesem Paragraphen sollte eigentlich sein, dass Schwangerschaftsabbrüche nicht glorifiziert werden. Aber kann diese eine Prozedur wirklich glorifiziert werden? Vom durchaus erniedrigenden Ablauf eines Beratungsgesprächs über den noch immer verpönten Abbruch bis hin zu den potentiellen psychischen Folgen, die gerne einmal mit einem „Tja, wenn man auch abtreiben muss…“ kommentiert statt ernst genommen zu werden – an dieser Prozedur, die abtreibungswillige Schwangere durchlaufen müssen, ist nichts, was auch nur ansatzweise glorifiziert werden könnte. Abbrüche gelten noch immer als Tabuthema, welches – sobald es überhaupt einmal angesprochen wird – gerne mit einem gewissen negativen Unterton behandelt wird. Da werden wohl die wenigsten Menschen die Person, die dies durchgestanden hat, mit bewunderndem Neid anblicken.

    Das können wir nur ändern, indem auch Ärzte Informationen über Schwangerschaftsbrüche bereitstellen dürfen. Wissenschaftlich fundierte Fakten, Grundlagen über die Abläufe, mögliche Folgen und Konsequenzen für sämtliche Fälle – all dies möchte jemand, der schwanger ist, vielleicht schon ohne ein Beratungsgespräch, das oftmals wie eine Pflichtveranstaltung wirkt, in Erfahrung bringen – und zwar nicht nur auf sich allein gestellt vor der Suchmaschine seines Vertrauens. Vorbereitet und informiert in ein solches Gespräch zu gehen und auf dieser Grundlage wirklich über die eigene Zukunft zu entscheiden, kann eine fördernde Maßnahme für die Selbstbestimmung sein – sei es nun mit oder ohne Abbruch.

    Wenn wir gerade dabei sind: warum diskutieren wir eigentlich nicht über Sinnhaftigkeit eines solchen Beratungsgesprächs? Beibehaltung, Abschaffung, eine Zwischenlösung, eine größere Auswahl an Stellen, die solch ein Gespräch anbieten? Eine stärkere Konzentration auf die ärztliche Aufklärung? Denken wir mehr in Richtung Selbstbestimmung. Selbstbestimmung kann nur dann wirklich existieren, wenn ein Schwangerschaftsabbruch nicht nur straffrei, sondern auch wirklich legal und damit entkriminalisiert ist.
    Es ist dringend Zeit für Änderungen und das Recht auf Information auch durch Ärzte und Selbstbestimmung.