Kategorie: Gesundheit

  • Die Pflegereform und ihre Tücken

    Die Pflegereform und ihre Tücken

    Das Bundesgesundheitsministerium hat den Referentenentwurf zum neuen Pflegeunterstützungs- und Entlastungsgesetz“ (PUEG) vorgelegt. Danach sollen die Beitragsätze zur Pflegeversicherung ab 2023 um 0,35 % Punkte angehoben und im Gegenzug die Leistungen ab 2025 erhöht werden.

    Sandra Leurs, Themenbeauftragte für Gesundheit und Pflege der Piratenpartei Deutschland mahnt an:

    „Mit diesem Referentenentwurf verpasst das von dem Sozialdemokraten Lauterbach geführte Gesundheitsministerium die Chance, eine dringend notwendige Strukturreform in der gesetzlichen Pflegeversicherung zu ermöglichen.“

    Der Koalitionsvertrag der Ampel sah ursprünglich eine steuerfinanzierte Entlastung der Pflegekassen für die gesamtgesellschaftlichen Aufgaben in der Pflege vor.

    „Der von Lauterbach vorgelegte Vorschlag bleibt weit hinter diesen Zielen zurück und überträgt diese Last weitgehend auf die Beitragszahler:innen und die Pflegebedürftigen. Wir brauchen endlich eine konstruktive Debatte, wie die steigenden Kosten für eine menschenwürdige Pflege zukünftig zu finanzieren sind. So geht es jedenfalls nicht,“

    kritisiert Leurs.

    Als quasi „Teilkaskoversicherung“ führt die Pflegeversicherung auch nach der Beitragserhöhung im Pflegefall in vielen Fällen in die Armutsfalle. Pflegerisiken betreffen alle Menschen von jung bis alt und die Kosten der individuellen Pflege sind durch die gesetzliche Pflegeversicherung nicht vollständig abgedeckt.

    Auch bei den für 2025 angekündigten Leistungserhöhungen bleibt der Entwurf weit hinter den im Koalitionsvertrag formulierten Zielen zurück.
    Es fehlen Strukturelemente zur Begrenzung steigender Eigenanteile in Pflegeeinrichtungen. So werden z.B. die Ausbildungskosten trotz gegenteiliger Versprechungen noch immer in die Eigenanteile eingerechnet.
    Ebenso fehlen die versprochenen Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte, wie die Abschaffung der Teildienste und die Einführung von Springerpools aus eigener Trägerschaft.
    Auch ist nicht erkennbar, dass eine nachhaltige Stärkung der häuslichen Pflege bei den Reformplänen berücksichtigt wurde. Zwar ist geplant, die Digitalisierung zur Entlastung der Pflegenden zukünftig umfangreicher zu nutzen, aber auch dort, verbleibt der Entwurf in pauschalen Förderungszielen hinter den Zielen im Koalitionsvertrag der Ampel zurück.

    Leurs ergänzt:

    „Der Referentenentwurf zum neuen Pflegeunterstützungs- und Entlastungsgesetz wirkt alles in allem wenig mutig und wird die bestehenden Probleme in der Pflege nicht lösen können. Unserer Arbeitsgemeinschaft Gesundheit und Pflege entwickelt stetig neue und progressive Ideen für eine nachhaltige und menschenwürdige Pflege der Zukunft. Wir sind gerne bereit, dem Ministerium von Herrn Lauterbach neue Wege in Hinblick auf Finanzierung, Digitalisierung und Ausgestaltung einer menschenwürdigen Pflege der Zukunft zu unterbreiten.“

  • Medizinisches Personal am Limit

    Medizinisches Personal am Limit

    In Großbritannien brennt das Gesundheitssystem. Für bessere Arbeitsbedingungen und besseren Lohn wurde nun bereits mehrere Tage in Folge gestreikt. Dabei steht zu befürchten, dass dieser Streik Menschenleben kosten wird. Auch die britische Tory-Regierung bereitet sich bereits auf harte Wochen vor, dafür möchte diese ein Anti-Streik-Gesetz nach Vorbild der Thatcher-Regierung 1989/1990 etablieren.

    Sandra Leurs, Themenbeauftrage für Gesundheit und Pflege, fragt sich, was in Deutschland passieren würde, wenn Mitarbeitende im Gesundheitssystem so massiv streiken würden. Würde auch unsere Regierung dafür sorgen, dass solche Streiks unterbunden werden?

    „In Deutschland wären so große Streiks im Gesundheitswesen nicht machbar. Die Personaldecke in jeglichen Einrichtungen ist Spitz auf Knopf genäht. Hier müsste der Bürger mit auf die Straße gehen und streiken. Denn jeder Bürger in unserem Land wird einmal medizinische oder pflegerische Hilfe benötigen. Dafür muss sich eine Sensibilität im Gesundheitswesen entwickeln. Der aktuelle Status ist nicht tragbar. Sollte sich in den nächsten Jahren an diesem Status Quo nichts ändern und niemand mehr im Gesundheitswesen arbeiten, dann läuft es wohl darauf hinaus, dass sich jeder selber pflegen darf und muss.“

    Leurs führt weiterhin aus:

    „Die Akteure sind sich einig. Seit der Corona-Pandemie zeigt sich unser Gesundheistssystem fragil. Fachpersonalmangel und schlechte Arbeitsbedingungen sind offensichtlich. Es wird höchste Zeit, dass gerechte Löhne, über Gewerkschaften, etabliert werden. Eine ungefähre Höhe definiert der Bochumer Bund, nämlich 4000 Euro Brutto Einstiegsgehalt nach beruflicher Ausbildung in der Pflege[3].“

  • Von Davos lernen: PIRATEN fordern Schutzmaßnahmen

    Von Davos lernen: PIRATEN fordern Schutzmaßnahmen

    Während sich beim Weltwirtschaftsforum in Davos die Reichen und Mächtigen dieser Welt durch umfassende Infektionsschutzmaßnahmen wie PCR-Tests vor Teilnahme, flächendeckende Schnelltests sowie UVC- und HEPA-14-Luftreiniger vor Ansteckungen schützten [1], fallen in den Bundesländern die letzten Regeln. Zuletzt kündigte die Landesregierung Nordrhein-Westfalens (NRW) an, die Isolationspflicht abzuschaffen. Auf Bundesebene wird es eine Verlängerung des § 28b Infektionsschutzgesetz (IfSG) mit seinem vor allem auf dem Papier stehenden Minimalschutz exklusiv für vulnerable Gruppen über den 07.04.2023 hinaus offenbar nicht geben. Der Bundesgesundheitsminister twittert derweil alarmistisch, kann (oder will) aber im Kabinett keine Schutzmaßnahmen durchsetzen. Die nächste Welle – die mittlerweile Neunte! – kündigt sich bereits an.

    „Niederschwellige Infektionsschutzmaßnahmen müssen unbedingt weitergeführt werden. Denn das Virus ist nicht plötzlich kaum mehr ansteckend geworden, und die Ansteckungszahlen steigen trotz der immer weniger üblich werdenden Tests wieder an. [2] Die Zahl der Todesfälle ist auf anhaltend hohem Niveau, was auch viel besser zu den Daten aus dem Abwassermonitoring passt als zu den Behauptungen, die Pandemie sei vorbei. [3] Die Abschaffung der Isolation ausgerechnet mitten in der heftigsten Erkältungswelle der letzten Jahrzehnte kommt zur Unzeit. Laut Professor Drosten könnten wir bezogen auf Covid-19 im Frühjahr den Übergang in die endemische Phase erreicht haben, aber die Übergangsphase wird quälend lange dauern. [4] Und was bedeutet überhaupt Endemie? Malaria ist in Afrika endemisch. Die Folge ist keineswegs, dass man dort jetzt alle Moskitonetze abhängt; man hängt stattdessen überall welche auf. Der Schutz muss bleiben,“

    erklärt Sandra Leurs, Themenbeauftragte Gesundheit und Pflege der Piratenpartei Deutschland.

    „Als erstes erhöht der Wegfall aller Schutzmaßnahmen natürlich für alle das Risiko, sich anzustecken. Für uns Menschen mit Behinderung und damit auch oft verbundenen schweren Grunderkrankungen bedeutet eine Infektion mit Corona zudem immer auch ein hohes Risiko für schwere Verläufe. Der zweite Aspekt ist ganz klar, dass sich Menschen mit Behinderung (und eben Vorerkrankungen) jetzt noch mehr überlegen müssen, ob sie an Aktivitäten in der Gesellschaft teilhaben wollen – oder eben nicht. Da aufgrund des erhöhten Risikos oft „Safety first“ gelten muss, schließt diese Politik viele Menschen von der grundrechtlich garantierten Teilhabe aus. Und schließlich bedeutet der Wegfall der Schutzmaßnahmen auch wieder vermehrte Ausfälle bei Pflegepersonal und Assistenzkräften, auf die viele Menschen mit Behinderung alltäglich angewiesen sind. Womit wir wieder beim #PflegtEuchdochselbst wären,”

    konstatiert Antonia-M. Hörster, Bundesthemenbeauftragte Inklusion.

    “Somit ist es nicht nur kurzsichtig, sondern auch unverantwortlich, dass schon zum 02.02. die Maskenpflicht im Fernverkehr fallen soll. [5] Einmal mehr beweist die Bundesregierung – Bundesminister Lauterbach sogar wider besseren Wissens [6] -, dass sie keinerlei Interesse an der Gesundheit der Menschen hat, für die sie verantwortlich ist. Obwohl §1 IfSG mit Eigenverantwortung gerade die Übernahme von Verantwortung für den Infektionsschutz verlangt, fordert die derzeitige Begriffsverwendung geradezu dazu auf, die eigene Verantwortung wegzuschieben. Dies ist wieder einmal typisch für eine Politik, die mehr auf Stimmung als auf Wissenschaft hört. Wohin das schon jetzt führt, sieht man daran, dass im ÖPNV trotz existenter Pflicht immer weniger Menschen einen Mund-Nasen-Schutz tragen und überall gehustet und geniest wird,”

    kritisiert Thomas Ganskow, Vorsitzender der PIRATEN SV Hannover.

    „Dass Länder wie NRW infizierten Kindern ausdrücklich nahelegen, in die Schule zu gehen, und nicht einmal für diese nachweislich ansteckende Personengruppe eine Maskenpflicht verhängen, wird für weitere Ansteckungen sorgen. Aussagen wie ‚Kranke Kinder gehören nicht in die Schule‘ [7] sind bloße Schutzbehauptungen, denn man zwingt sie ja durch Präsenzpflicht und gefallene Isolation gerade dazu, ihre Keime in die Klassenräume zu schleppen. Und dies bei den nachgewiesenen langfristigen Schädigungen durch überstandene Covid-19-Infektionen an den Körpern der Kinder, auch bei den vermeintlich gesundeten. [8] Ohne Pflicht hält sich kaum jemand an die wachsweichen Empfehlungen, wohl auch aus Angst vor den vielerorts üblich gewordenen Anfeindungen.

    All dies geschieht bei anhaltend hoher Übersterblichkeit, bei der allein in der Woche vor Weihnachten 2022 7.000 zusätzliche Todesfälle zu beklagen waren. [9] Dies wird aktuell jedoch nicht mehr durch schwere Akutverläufe verursacht, es sind tödliche Folgen oft Monate nach der Infektion. [10] Folgen, die man von SARS und MERS kennt, den beiden ‚Cousins‘ von SARS-CoV-2. Auch ein hoher Anteil an durch diese Infektionen ausgelösten ME/CFS-Erkrankungen stellt eine traurige Parallele dar. [11]

    Um dies nicht zu einem langfristigen Dauerproblem mit massiven Auswirkungen auf die Bevölkerungsgesundheit und die Volkswirtschaft werden zu lassen, gäbe es einen effektiven Hebel: Als Folge von Cholera- und Polio-Epidemien und Umweltkatastrophen sind Kläranlagen, Wasseranalysen und Schwimmbadchlorierungen längst Pflicht. Noch behandeln wir Luft so, wie vor 150 Jahren auch das Trinkwasser behandelt wurde: alles rein, wird schon gut gehen. Belgien ist europäischer Vorreiter darin, auch für die Innenraumluft effektive Hygienevorschriften zu etablieren. [12] Auch in Deutschland brauchen wir ein Recht auf saubere Luft in Innenräumen. Das, was in Davos Standard war, muss auch bei uns überall üblich werden,“

    ergänzt Oliver Ding von der AG Gesundheit + Pflege.

    Quellen:
    [1] https://www3.weforum.org/docs/AM23_Health_and_Safety_Measures.pdf
    [2] Roland Jäger dokumentiert täglich die erwartete Fallzahl des RKI und die tatsächliche Abweichung davon, u.a. am 27.1.2023: https://twitter.com/RolandJger4/status/1618885517529190401
    [3] https://www.ndr.de/nachrichten/info/Corona-Last-weiter-hoch-Abwassermonitoring-in-Berlin,audio1292874.html, Aktuelle Werte zum Abwassermonitoring sind im tagesaktuellen Dashboard des RKI zu finden: https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/COVID-19-Trends/COVID-19-Trends.html
    [4] https://www.tagesspiegel.de/wissen/christian-drosten-im-interview-die-notsituation-in-den-kliniken-wird-qualend-lange-dauern-weil-so-viele-erreger-zirkulieren-9071788.html (leider Paywall)
    [5] https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/corona-lauterbach-maskenpflicht-bahn-fernverkehr-101.html
    [6] https://www.morgenpost.de/politik/article237336971/maskenpflicht-lauterbach-corona-regeln-buschmann.html
    [7] https://www.schulministerium.nrw/25012023-schulbetrieb-nach-auslaufen-der-corona-verordnungen
    [8] https://www.infranken.de/lk/erlangenhoechstadt/uni-klinikum-erlangen-corona-infektion-bei-jungen-patienten-studie-zeigt-erschreckende-spaetfolgen-art-5558200
    [9] https://taz.de/Uebersterblichkeit-in-Deutschland/!5909707/
    [10] https://taz.de/Weniger-Corona–und-Grippefaelle/!5911613/
    [11] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7850177/
    [12] In https://twitter.com/leseerlaubnis/status/1608529505991147521 ff. wird die Entwicklung seit dem Beschluss vom 12.7.2022 zur Verbesserung der Raumluftqualität an geschlossenen Orten, die öffentlich zugänglich sind, dargestellt, Originaltext des Gesetzesentwurfs: https://www.dekamer.be/FLWB/PDF/55/2820/55K2820001.pdf

  • Krankenhäuser vor einer Revolution

    Krankenhäuser vor einer Revolution

    Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat seine Pläne zur Krankenhausreform bekannt gegeben. Im Fokus steht die Krankenhausfinanzierung. Das Fallpauschalensystem (DRG) und die dadurch bedingte Durchökonomisierung des Gesundheitswesens soll endlich ein Ende finden. Das DRG wird voraussichtlich von einer Bedarfsplanung der Kliniken mit Vorhaltepauschalen ersetzt. Ob dabei alle Krankenhäuser in den einzelnen Bundesländern erhalten bleiben können, blieb dabei dennoch unbeantwortet.

    Die Piratenpartei Deutschland weist seit geraumer Zeit auf Fehlentwicklungen in der Krankenhausfinanzierung hin.
    Wichtig für PIRATEN ist eine zukünftige bedarfsgerechte Finanzierung der Krankenhäuser.
    Bereits heute stehen viele Krankenhäuser vor dem finanziellen Super-GAU. Seit der Pandemie schreiben ca. 59 Prozent der Kliniken rote Zahlen und einige brauchen sogar einen Rettungsschirm. Aufgrund der erhöhten Energiekosten spitzt sich die Lage abermals zu. Jede drohende Krankenhausschließung ist aufgrund der schleichenden, schlechteren flächendeckenden medizinischen Versorgung und des gleichzeitigen demografischen Wandels fatal.

    Die Piratenpartei Deutschland begrüßt die Abschaffung der Fallpauschalen und die Planung einer Reform der Krankenhausfinanzierung, dies darf aber auf keinen Fall auf dem Rücken von Patient:innen und Pflegepersonal erfolgen. Die Reform muss dabei auch einen evidenzbasierten und aus der Wissenschaft erarbeiteten Pflegepersonalschlüssel einbeziehen. Ansonsten kann eine Verbesserung der medizinischen Versorgung nicht sichergestellt werden. Dazu gehört auch die angemessene Bezahlung der Pflegekräfte und Pflegefachkräfte.

    Sandra Leurs, gesundheitspolitische Sprecherin der Piratenpartei, führt dazu aus:

    „Die Anforderung an Gesellschaft und Staat ist, die Krankenhausfinanzierung auf eine sinnvolle integrierte Planung der Versorgungsstrukturen zu bauen und dabei regionale Besonderheiten zu berücksichtigen. Patientenorganisationen sowie die Bürger sollten dabei neben den Klinikbetreibern, Medizinern und Pflegepersonal einbezogen werden. Ausbau, Umbau oder Abbau von Kapazitäten und Strukturen müssen ständig neu evaluiert werden. Privates Kapital sollte daher von der öffentlichen Hand zurückgewiesen werden, denn dort müssen Gewinne generiert werden. Eine bessere Vorgehensweise wäre, die Krankenhausstrukturen dauerhaft in ausreichender Höhe staatlich zu finanzieren, z.B. aus Steuereinnahmen.“

  • Trugschluss. Piraten kritisieren Umgang mit der Kitastudie

    Trugschluss. Piraten kritisieren Umgang mit der Kitastudie

    Die Bildungspiraten der Piratenpartei Deutschland kritisieren den aktuellen Umgang mit einer Kitastudie scharf. So sehen wir die Haltung der GEW Deutschland und des Gesundheitsministers Karl Lauterbach, Kita-Schließungen im Nachgang als verzichtbar zu erklären, als fehlgedeutet an.

    In der Studie wird zum Beispiel nicht individuell differenziert, ob ein Kind bereits laufen kann oder durchaus noch den sogenannten „Krabbel“-Gruppen zugehörig ist.
    Ebenso ist die Teilabschaffung des Monitorings durch die Lollitests ein absolutes Datenloch der Studie (s.S. 81), dennoch kommt diese zu dem Ergebnis, dass der Rückgang des Infektionsgeschehens zwar nicht eindeutig auf die Pooltests zurückzuführen ist, aber es dazu führe, dass Eltern sensibler mit Covid umgegangen sind (z.B. durch Hygienemaßnahmen). Des Weiteren wurden durch das regelmäßige Testen des Personals die Infektionsketten durch eine frühzeitige Isolierung nachhaltig unterbrochen. In der Studie wird jedoch nicht weiter auf das Umfeld eingegangen, stattdessen werden nur die direkt Beteiligten, also nur Kinder und Erziehendenpersonal berücksichtigt. Wir vermissen die Einbeziehung von Daten zum Infektionsgeschehen von Eltern, Großeltern und Familie. Auch zeigt die Studie deutlich auf, welchen Vorteil eine Maskenpflicht bringt (s.S. 83). Anhand der Daten raten wir weiterhin zu einer Maskenpflicht für Eltern und Personal, sowie für Kinder ab der ersten Klasse.

    „Die Studie basiert in vielerlei Punkten auf Annahmen und spiegelt dabei aber dennoch auch in Teilpunkten unsere Erkenntnisse aus vorherigen Studien wie die der Kultusministerkonferenz aus der ersten Welle wieder. Sozioökonomisch benachteiligte Haushalte haben es in der Pandemie besonders schwer und ich weise weiterhin darauf hin, dass eine Maskenpflicht nachweislich das Infektionsgeschehen reduziert.
    Wir PIRATEN stehen weiterhin für Niedrig-Inzidenz-Strategien und das Erschaffen sogenannter „Save Spaces“. Dies ist grade bei Kindern essentiell,“

    erklärt Nicole A. Hoffmann, Mitglied der AG Bildung.

     

  • Unzureichend. PIRATEN kritisieren Lauterbachs Krankenhausreform

    Unzureichend. PIRATEN kritisieren Lauterbachs Krankenhausreform

    Die neuen Reformpläne des Gesundheitsministeriums sind da. Das Angebot in Krankenhäusern soll neben der stationären und ambulanten Behandlung um Tagesbehandlungen erweitert werden. Krankenhausaufenthalte, mit überwiegend ärztlicher und pflegerischer Leistung von mehr als sechs Stunden, sollen zukünftig als Tagesbehandlung abrechenbar sein. Dadurch sollen im Einvernehmen mit den Patienten stationäre Aufenthalte verkürzt und die Möglichkeit eröffnet werden, nach Operationen oder Eingriffen schneller wieder nach Hause zurückzukehren. Die entlassenen Patienten dürften allerdings in den meisten Fällen nach solchen Eingriffen nicht allein zu Hause sein.

    „Die Einführung einer Tagesbehandlung kann nur mit gleichzeitigem Ausbau der ambulanten Strukturen erfolgen. Die bereits überlasteten ambulanten Pflegedienste und Hausärzte können diese Mehrleistungen im Zweifel nicht auffangen,“

    so Sandra Leurs, Themenbeauftragte für Gesundheit und Pflege der Piratenpartei.

    Außerdem ist geplant, zusätzliche finanzielle Mittel zu den Fallpauschalen in der Kinderheilkunde einzusetzen. Zum flächendeckenden Erhalt von Geburtshilfestationen sollen, soweit sie weniger als 500 Geburten im Jahr haben oder das Krankenhaus eine Pädiatriestation vorweist, zusätzliche, leistungsunabhängige Mittel bereitgestellt werden. Leurs kritisiert:

    „Nicht von besserer finanzieller Unterstützung können Kinderstationen oder Kinderkliniken profitieren, welche 2019 nur Auslastungen von unter 80 % vorweisen konnten, denn diese sollen massive Abschläge hinnehmen,“

    Dabei wurde im Koalitionsvertrag der Ampel vorgesehen, dass eine Entlastung der Pädiatrie gewährleistet wird. Weiter führt Leurs aus:

    „Die zusätzlichen Finanzmittel für die Pädiatrie und Geburtshilfe sind enorm wichtig, aber gerade diese Abschläge könnten dafür sorgen, dass weitere Kinderkliniken und auch Kinderstationen geschlossen werden.“

    Ausreichend erscheint die Reform nicht, so bleiben überwiegend die Fallpauschalen bestehen und nur stellenweise werden zusätzliche Mittel bereitgestellt.

    „Aufgrund gestiegener Kosten sind viele Kliniken bereits in einer Schieflage, zudem fehlt an allen Ecken und Kanten Fachpersonal in Pflege und Medizin. Patienten können vielerorts nicht aufgenommen und behandelt werden, nicht weil Betten fehlen, sondern Personal. Ein Bett kann nicht pflegen, dazu braucht es Menschen. Das ist fatal für die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung. Für eine angemessene Personalpolitik in den Kliniken reichen die nun zugesagten finanziellen Mittel nicht. Sie sichern höchstens die Liquidität der Klinken. Wenn wir den Pflegenotstand nicht bald eindämmen, werden zukünftig wahrscheinlich noch mehr Menschen wegen unzureichender medizinischer Versorgung sterben,“

    mahnt Leurs abschließend.

  • Europäischer Gesundheitsdatenraum – Herausforderungen und Risiken

    Europäischer Gesundheitsdatenraum – Herausforderungen und Risiken

    Eine Initiative der EU-Kommission will einen Europäischen Gesundheitsdatenraum etablieren. Die Mitgliedsstaaten wollen die Möglichkeit schaffen, bis 2025 einen EU-weiten Austausch von Gesundheitsdaten zu ermöglichen. So sollen z.B. Krankengeschichte, Testergebnisse oder Verschreibungen der Patient:innen mit Krankenhäusern und Ärzten in der gesamten EU geteilt werden können. Diesen Zugriff auf sensible Gesundheitsdaten sollen aber auch Industrie, Forschung und Behörden erhalten.

    Der Plan der EU-Kommission

    Die EU-Kommission plant eine standardisierte Form der Patientenakte, ähnlich der #elektronischen Patientenakte (ePA), zu nutzen. Diese digitalisierten Daten aller Patient:innen sollen dafür sorgen, dass alle ärztlichen Befunde und Behandlungen von sämtlichen Mitgliedsstaaten der EU genutzt werden können.
    Das Ziel der EU-Kommission ist dabei, eine Steigerung der Versorgungs- und Behandlungsqualität, über Staatsgrenzen hinweg zu erreichen, die Forschung und Wissenschaft anhand dieser Daten zu fördern und eine erweiterte Datengrundlage für die europäische Gesundheitspolitik zu erstellen.

    Von diesen Plänen rund um die europäische Digitalisierung solcher Patientenakten sollen vor allem die Betroffenen Patient:innen unmittelbar profitieren. So sollen diese jederzeit aus Transparenzzwecken ihre Akten einsehen dürfen.
    Nach der Einführung des EHDS (European Health Data Space) können sämtliche behandelnden Ärzt:innen und Kliniken in allen Mitgliedsländern der EU auf diese Daten zugreifen und verarbeiten. Davon verspricht sich die EU-Kommission bessere Möglichkeiten für medizinische Angestellte, Diagnostiken zu erstellen und entsprechende Symptombilder behandeln zu können. Dieser Gesundheitsdatenraum soll EU-Bürger:innen außerdem ermöglichen, europaweit Rezepte einzulösen und somit die medizinische Versorgung zu garantieren.

    Die dabei ermittelten Gesundheitsdaten sollen fortan in anonymisierter oder pseudonymisierter Form für öffentliche und private Gesundheitsforschung und für die Wissenschaft zugänglich gemacht werden. Davon erhofft sich die EU-Kommission eine schnellere Entwicklung von Medikamenten durch Einrichtungen und Unternehmen im europäischen Raum.

    Gesundheitsbehörden und Gesundheitspolitiker sollen in die Lage versetzt werden, mit Problemen wie z.B. einer Pandemie unmittelbar und angemessen zu reagieren. Gerade während der Coronapandemie wurden die fehlenden Gesundheitsdaten als problematisch gesehen und begründen nun die Digitaloffensive im europäischen Gesundheitsbereich.

    Dabei stellt das Pilotprojekt „#MyHealth@EU“ das erste Beispiel einer solchen Möglichkeit dar, auf der Gesundheitsdaten eingespeist und so den Mitgliedsstaaten zur Verfügung gestellt werden können.
    Der Plan ist, dieses Pilotprojekt bis 2025 in allen EU-Ländern zu etablieren und so die Möglichkeit zu schaffen, dass alle nationalen Behörden den Zugriff auf diese Daten regulieren und kontrollieren können.

    Einen Haken gibt es natürlich. So müssen alle europäischen Mitgliedsstaaten die elektronische Patientenakte, so wie es sie bereits seit 2021 in Deutschland gibt, einführen. Auch die strengen Datenschutzregeln der EU gelten bei der Anwendung der EDHS, da sichergestellt werden muss, dass ausschließlich Befugte Zugriff auf die Gesundheitsdaten der Patient:innen haben. Diese Sicherheit muss von der Europäischen Kommission und den Mitgliedsstaaten garantiert werden.

    Herausforderungen und Risiken

    Der EU-Abgeordnete Dr. Patrick Breyer (Piratenpartei) kommentiert:

    „Die Informationen über meinen körperlichen und psychischen Gesundheitszustand sind extrem sensibel. Wenn ich mich nicht darauf verlassen kann, dass diese Informationen von meinen behandelnden Ärzt:innen vertraulich behandelt werden, dann lasse ich mich möglicherweise nicht mehr behandeln. Das gefährdet kranke Menschen und ihr Umfeld. Deswegen muss die Digitalisierung des Gesundheitswesens strenge Anforderungen erfüllen.“

    Erstens darf Breyer zufolge ohne freie Zustimmung der Patient:innen nur der behandelnde Arzt Zugang zu Behandlungsinformationen erhalten.

    „Dazu gehört auch schon, dass ich überhaupt bei einem bestimmten Arzt in Behandlung bin. Es gibt gute Gründe, z.B. eine zweite Meinung einzuholen, ohne dass die beteiligten Ärzt:innen untereinander davon wissen.“

    Zweitens fordert Breyer: Ohne freie Zustimmung der Patient:innen darf nur eine dezentrale Speicherung der Behandlungsinformationen bei der gewählten Ärztin oder dem gewählten Arzt erfolgen und keine automatische Speicherung in zentralen Systemen, wo man keine Kontrolle mehr darüber hat. Dort besteht das Risiko, dass bei einem Datenverlust plötzlich die Daten der kompletten Bevölkerung abhandenkommen.

    Wenn es jemals einen Zugriff durch Industrie, durch Forschung oder gar Politik geben soll, dann will Breyer ihn nur anonymisiert und aggregiert zusammengefasst zulassen. „Es reicht nicht aus, einfach nur die Namen der Patient:innen wegzulassen. Denn Behandlungsverläufe sind so einmalig, dass es leicht ist, sie der betreffenden Person wieder zuzuordnen.“

    Auch Sandra Leurs, Themenbeauftragte für Gesundheit und Pflege der Piratenpartei Deutschland, befürchtet:

    „Die Anforderungen werden in der Praxis zu vielfältigen Schwierigkeiten führen, z.B. im Bereich der IT-Sicherheit. Der Missbrauch von Gesundheitsdaten ist zu befürchten. Hier soll die Gesundheitswirtschaft genannt werden, die möglicherweise gezielte Werbung für Medikamente oder andere Produkte aus diesem Bereich an den Mann bringen könnte. Wir laufen hier Gefahr die Gesundheitsdaten der europäischen Bürger:innen freizugeben.
    Außerdem könnte die Industrie Zugriff auf die Gesundheitsdaten der Patient:innen erlangen und diese Informationen bei der Auswahl von Bewerbungen ausnutzen, um Gesünderen den Vorzug vor Menschen mit einer Krankengeschichte zu geben. Es sollten auch die Spezialist:innen vom Chaos Computer Club mit einbezogen werden.“

    Was die in Deutschland etablierte Gematik betrifft, wurden durch den Chaos Computer Club einige Möglichkeiten entdeckt, so haben die Sicherheitsforscher:innen im Club es geschafft, auf gültige Heilberufsausweise, Praxisausweise, Konnektorkarten und Gesundheitskarten dritter Identitäten zu gelangen. Diese dritten Identitäten können sich anschließend auf die Telematik-Infrastruktur und die Gesundheitsdaten der Versicherten zugreifen. Durch einen Beispielangriff waren die Mitglieder des Clubs in der Lage, grobe Mängel in den Zugangsprozessen aufzudecken, durch die kriminelle Individuen sich in die Systeme einschleichen könnten.

    „Wir sollten also sehr wachsam sein, was da etabliert werden soll. Und vor allem, die Bürger:innen offen und ehrlich darüber informieren. Der Anfang wurde gemacht, in dem die AG Gesundheit und Pflege der Piratenpartei Deutschland den Diskussionsabend am 06.10.2022 in einer Videokonferenz mit Dr. Patrick Breyer und Gästen veranstaltet hat. Wichtig ist allerdings, dass die Daten anonymisiert für Forschung und Wissenschaft zur Verfügung stehen, ohne das es zu Missbrauch kommt,“

    so Sandra Leurs abschließend.

  • PIRATEN fordern die Beibehaltung einer bundesweiten Isolationspflicht

    PIRATEN fordern die Beibehaltung einer bundesweiten Isolationspflicht

    In einem Brief an den Gesundheitsminister fordern die vier Bundesländer Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Schleswig-Holstein die Aufhebung der Isolationspflicht. PIRATEN stehen dem mit einer No-Covid-Haltung entgegen und fordern weiterhin, dass sichere Räume geschaffen werden, um allen die maximal mögliche Freiheit zu gewährleisten. Dazu müssen aber Abstände gerade im Infektionsfall eingehalten werden. Isolation ist zum Schutz aller unvermeidbar und muss daher unbedingt aufrechterhalten werden. Von Risikofamilien, mit denen wir in digitalem Kontakt stehen, wissen wir, dass diese durch das Aufheben der Isolationspflicht förmlich unter Hausarrest stünden.

    Sandra Leurs, Themenbeauftragte für Gesundheit und Pflege der Piratenpartei Deutschland, kommentiert:
    „Wir haben mit der neuen Variante BQ1.1 eine weitere Variante ‚Made in Germany‘. Aufgrund zunehmender Immunflucht müssen auch Impfstoffe immer wieder angepasst werden, um Personen vor den aktuellen Varianten zu schützen. Parallel müssen wir den Arbeitsschutz wieder stärken, vor allem um volkswirtschaftliche Schäden zu begrenzen, die durch Krankheitsausfälle bei akuter Infektion und Spätfolgen der Infektionen entstehen. Gesundheit ist eine Investition für die Zukunft. Das Bruttosozialprodukt kann dabei zwar temporär gedämpft werden, dennoch können wir dann später wieder wesentlich erfolgreicher zum „Normalzustand“ zurückfinden.

    Die dringend benötigten Möglichkeiten für digitalen Bildung, auch für Menschen in Isolation, fehlen weiterhin. Zunehmend nehmen Menschen die Isolation nicht wahr, weil sie das Narrativ glauben, das Virus sei harmlos. Dabei sterben weiterhin täglich Hunderte. Tendenz steigend. Statt die Fälle einzudämmen, werden Pflegeeinrichtungen sinnlose Aufgaben auferlegt: Antivirale Medikamente vor Ort zu lagern, die ohne ärztliche Anordnung aber gar nicht verabreicht werden dürfen, ist sinnlos. Welchen Sinn haben Impfbeauftragte, die Impfaktionen koordinieren sollen? Ein Großteil der Einrichtungen ist entweder schon vollständig durchgeimpft und obendrauf durchinfiziert, weil die Politik den Schutz vulnerabler Gruppen nur behauptet. Und im anderen Teil sitzen Leute, die der Desinformation der Coronaverharmlosenden und Impfgegner auf den Leim gegangen sind. Staatliche Unterstützung für schwer am Post-Covid-Syndrom mit Post Exertional Malaise (PEM) erkrankte Personen fehlt weiterhin völlig.

    Statt die Situation der Kranken zu verbessern und Krankheitsfälle zu reduzieren, wollen jetzt die Gesundheitsminister:innen der vier genannten Bundesländer ansteckende Menschen zurück zur Arbeit nötigen. Und dann wird auf Druck der Länder mit der Rücknahme der Aufnahme von Covid-19 in §37 Abs. 1 IfSG die einzige nicht unzureichende Änderung durch das Covid-19-Schutzgesetz kaputt gemacht. Anstatt die Testpflicht vor Rückkehr nach Infektion bei Kindern und Jugendlichen wieder zu streichen, sollte man sie für Erwachsene wieder einführen. Nähme man den Auftrag des Infektionsschutzgesetzes ernst, wäre das längst der Fall. Es ist eine absolute Schande, wie die Regierenden in Deutschland dieses Gesetz entkernt haben. Der Brief ist eine weitere Breitseite gegen Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG, dem Schutz der körperlichen Unversehrtheit der Bevölkerung.“