Kategorie: Infrastruktur und Netze

  • Alleingelassen von der Politik: Barrierefreiheit im Internet

    Fast genau vor 15 Jahren, am 1. Mai 2002, trat das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) in Kraft. Darin werden Rechte behinderter Menschen in Deutschland entsprechend des Artikels 3 Abs. 3 unseres Grundgesetzes („Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“) auch für elektronische Informationsangebote wie das Web und andere grafische Programmoberflächen geregelt.
    Das Gesetz läutete eine notwendige Kehrtwende in der Behandlung von Menschen mit Behinderungen ein: War es vorher noch üblich und erlaubt, die Betroffenen auf „Hintereingänge“ zu verweisen und jegliches Entgegenkommen als Akt der Großherzigkeit darzustellen, verlangte dieses Gesetz eine Gleichstellung aller Menschen. Menschen mit Behinderungen dürfen nicht mehr schlechter gestellt werden als andere. Ein Zugang zu physikalischen oder auch virtuellen Räumen muss für alle gleichermaßen offen stehen. Und zwar jedem nach seinen Möglichkeiten.

    Das Gesetz galt nicht nur für die physikalische Welt, an die viele denken, wenn von Barrierefreiheit geredet wird. Es gilt auch für das Internet.

    Für Deutschland regelt die „Verordnung zur Schaffung barrierefreier Informationstechnik nach dem Behindertengleichstellungsgesetz“ (Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung, kurz BITV), die Umsetzung. Die BITV wurde vor mehreren Jahren nach und nach von allen Bundesländern in Form eigener Landesverordnungen umgesetzt. Oftmals wurden großzügige Übergangsregelungen eingeräumt, die es Behörden und Einrichtungen des öffentlichen Rechts erlaubten, den Umstieg langsamer vorzunehmen. Glücklicherweise sind inzwischen alle Fristen abgelaufen. Theoretisch müsste also heutzutage jede Website einer öffentlich-rechtlichen Einrichtung, sowohl des Bundes als auch der Länder, barrierefrei zugänglich sein.

    Die Praxis sieht leider ganz anders aus. Die Verpflichtung wurde nicht nur nicht eingelöst, viele Webangebote, die in den Jahren 2003 bis 2011 unter Berücksichtigung der Barrierefreiheit gestaltet wurden, haben diese Eigenschaft wieder verloren.

    Das Gesetz und die Verordnungen hatten von Anfang an einen grundlegenden Fehler: Die Umsetzung und Kontrolle wurde und wird nur nachlässig behandelt, da es weder effektive Sanktionsmöglichkeiten noch Klagerechte für Betroffene gibt. Zudem enthält die Verordnung verschiedene Ausnahmetatbestände, auf die sich ein Website-Betreiber berufen kann, u.a. die Behauptung vermeintlich zu hoher Kosten. Zwar gibt es theoretisch die Möglichkeit von Verbandsklagen, doch diese wird nicht wahrgenommen: Kein Behinderten-Verband, welcher von verschiedenen Ministerien finanziell abhängig ist, wird es sich mit einer Landes- und oder Bundesregierung verscherzen wollen.

    Die rechtlichen Instrumente zur Durchsetzung von Barrierefreiheit haben sich auch für Juristen als überaus unzureichend erwiesen. Der Versuch, mit Hilfe von Zielvereinbarungen entsprechende Verbindlichkeiten durchzusetzen, hat sich in der Praxis ebenfalls als wirkungslos erwiesen; die Medienberichterstattung über Zielvereinbarungen von großen Unternehmen stellten sich im Nachhinein oft als bloße Marketingmaßnahmen heraus.
    Ein weiterer großer Fehler lag darin, dass das Gesetz nur Einrichtungen des öffentlichen Dienstes betrifft, die Wirtschaft jedoch außen vor lässt.
    Die Hoffnung bestand, dass durch eine große Anzahl an barrierefreien Webangeboten die Wirtschaft von selbst und aus eigenem Interesse an Kundenzuwächsen nachziehen würde.

    Dieser Anfangsfehler wurde auch durch eine Novellierung im Jahr 2011 nicht behoben.
    Gleichzeitig sank (auch aufgrund von personellen und politischen Veränderungen im Umfeld der Behindertenbeauftragten von Bund und Ländern) das Engagement von bekannten Verbänden und Playern in Sachen Barrierefreiheit im Internet.
    So beendete die Aktion Mensch und die Stiftung Digitale Chancen den bis dahin einzigen anerkannten Wettbewerb, den BIENE-Award, der zwischen 2003 und 2010 als Leuchtturm und Trendsetter für moderne Webentwicklung im deutschsprachigen Raum wirkte.

    Andere Länder in Europa waren in Sachen Durchsetzung weniger nachlässig und damit erfolgreicher als Deutschland. So gilt beispielsweise in England der Equality Act 2010: Alle Unternehmen, Serviceanbieter und staatliche Stellen sind danach verpflichtet zu prüfen, welche angemessenen Veränderungen sie machen können, um ihr Angebot barrierefreier zu machen. Auf diese Änderungen hat man auch im Berufsleben Anspruch, sonst liegt eine schadenersatzpflichtige Diskriminierung vor.

    Rettung EU-Richtlinie?

    Vor einigen Jahren bestand noch Hoffnung auf Verbesserung durch eine neue EU-Richtlinie. Diese sollte vor allen Dingen auf die mangelhafte Umsetzung in einigen Ländern der EU – eben auch Deutschland – hinweisen und Abhilfe schaffen. Die EU arbeitete über vier Jahre an der Richtlinie „über den barrierefreien Zugang zu den Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen“. Sie wurde im Oktober 2016 veröffentlicht und im Dezember 2016 in Kraft gesetzt. Bis September 2018 haben die Mitgliedsstaaten nun Zeit, diese Richtlinie in nationales Recht umzusetzen.

    Leider erweist sich diese Richtlinie als Rückschritt. Offensichtlich haben sich dieselben Kräfte in Brüssel durchgesetzt, die auch in Deutschland dafür sorgten, dass die BITV in den Zuständigkeitsbereich der Wirtschaftsministerien fiel und zum zahmen Tiger wurde:

    So werden unter Artikel 1 „Gegenstand und Anwendungsbereich“ zahlreiche Ausnahmen zugelassen. Im Gegensatz zur BITV 2.0 ist Barrierefreiheit nicht verpflichtend für alle Auftritte und Inhalte. Öffentliche Stellen sollten „stets — soweit dies vernünftigerweise möglich ist — barrierefrei zugängliche Alternativen auf ihren Websites oder in ihren mobilen Anwendungen hinzufügen“. Inhalte archivierter Websites oder mobiler Anwendungen, die nicht mehr aktualisiert werden, müssen nicht barrierefrei sein. Auch öffentliche Stellen sollen „Barrierefreiheitsanforderungen in dem Maße anwenden, dass sie keine unverhältnismäßige Belastung für sie darstellen“.

    Weitere Ausnahmen betreffen Websites und mobile Anwendungen von öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, ebenso wie die von „NRO, die keine für die Öffentlichkeit wesentlichen Dienstleistungen oder speziell auf die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen ausgerichteten oder für diese konzipierten Dienstleistungen anbieten“.
    Zudem werden zahlreiche Inhalte von Websites und mobilen Anwendungen ausgeschlossen, zum Beispiel auch live übertragene zeitbasierte Medien. Mitgliedsstaaten können weiterhin „Websites und mobile Anwendungen von Schulen, Kindergärten oder Kinderkrippen vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausnehmen, mit Ausnahme der Inhalte, die sich auf wesentliche Online- Verwaltungsfunktionen beziehen“.

    Politisches Versagen und Torpedierung guter Ansätze

    15 Jahre nach Einführung des Behindertengleichstellungsgesetzes sind wir somit keinen Schritt weiter gekommen. Die Politik hat sich in Deutschland nicht voran bewegt. Die bekannten Probleme des Gesetzes und der Verordnungen wurden nicht behoben.
    Viele aktive Menschen aus der professionellen Webdesigner- und Barrierefreiheits-„Szene“, die sich jahrelang ehrenamtlich und beruflich engagierten, mussten zusehen, dass mit dem Einsatz für Barrierefreiheit im Internet kein Blumentopf mehr zu gewinnen ist.
    Erschwerend kommt hinzu, dass Barrierefreiheit von vielen kleinen wie auch großen Webagenturen zu einem Teil des üblichen Produktportfolios geworden ist, ohne dass es jedoch tatsächlich umgesetzt wurde.
    Viele Agenturen verkaufen ihre Webanwendungen unbedarften Kunden als barrierefrei, erfüllen jedoch in der konkreten Umsetzung nicht einmal die rudimentärsten Grundlagen der barrierefreien Webgestaltung.
    Eine Handhabe gegen solche unseriösen Geschäftspraktiken gibt es genauso wenig, wie es ein Klagerecht der hiervon Betroffenen gibt.

    Pressemeldungen aus dem Kreis der aktuellen Regierungskoalition, die sich zum Protesttag selbst loben und trotzdem gleichzeitig von einer notwendigen „Offensive für Barrierefreiheit“  reden, wirken wie blanker Hohn gegenüber all denjenigen, denen das Thema tatsächlich am Herzen liegt und die sich tatsächlich aktiv für Verbesserungen einsetzen.

    Menschen mit Behinderungen werden auf dem Papier und auf mit ausreichend Presse ausgestatteten Veranstaltungen unterstützt und vorgezeigt. Doch in der Sache stehen sie schlechter da als noch vor 15 Jahren. Und mehr noch: Erfolgreiche Umsetzungen anderer Länder, wie beispielsweise in England, werden nunmehr durch die neue EU-Richtlinie torpediert.

    Dies bietet wahrlich keinen Grund zu feiern.

    Lichtblick „Generation Internet“ und Digitalisierung

    Durch die stetige weitere Nutzung des Internets und die Durchdringung von internetfähigen Systemen (Liebhaber des digitalen Bullshit Bingo bemühen hier die Bezeichnung „Cyberphysische Systeme“) wird die Einhaltung von Standards ein immer wichtigerer Faktor für das Funktionieren von Software, digitalen Assistenten, Bots und autonom funktionierenden Systemen. Der Austausch von Daten über Verfahren wie die RESTful API oder das Vorhalten von strukturierten Daten gemäß Schema.org erweist sich zunehmend als fruchtbar für alle Nutzer des Internet – ob sie diese Verfahren bewusst bemerken oder nicht. Screenreader können Texte durch eine saubere Semantik besser interpretieren und so effektiver verständlich machen; digitale Assistenten können durch die Erkennung von Microformats in Webseiten Inhalte leichter finden und korrekter interpretieren.
    Die Standards sind zudem offen und allgemein nutzbar. Dies führt zu weiteren Möglichkeiten: Daten und Inhalte können nunmehr gemäß der Bedürfnisse und Anforderungen des Nutzers interpretiert, gespeichert, verarbeitet und zu etwas Neuem kombiniert werden.

    Nicht der Gesetzgeber, nicht Verbandslobbys und auch nicht Vertreter von Großkonzernen sind hier die Treiber von Innovationen und Verbesserungen. Es sind die einzelnen Menschen, die durch Nutzung dieser neuen Verfahren die Möglichkeiten (wieder-)erlangen, die sie in den Pionierjahren des Internets hatten: Alle Menschen, ganz unabhängig von Behinderung oder Einschränkungen, können nicht nur teilhaben, sondern sich auch beteiligen. Menschen verlassen (wieder) die Rolle der passiven Konsumenten und können erneut zum aktiven Sender werden.

    Diese Möglichkeiten, diesen Lichtblick sollten wir nutzen. Dafür gibt es einen Grund, aufzustehen, heute am Europäischen Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung!

     

    Über den Autor:

    Wolfgang Wiese (xwolf) ist seit 1994 als Netizen (bzw. „Digital Native“) im Internet beheimatet. Er berät seit mehreren Jahren Firmen und den öffentlichen Dienst in Sachen Barrierefreiheit im Internet und moderner Webentwicklung. Seit 2006 organisiert er den Webkongress Erlangen, der inzwischen als einer der wichtigsten, nicht kommerziell ausgerichteten Kongresse im deutschsprachigen Raum für Webentwicklung und Webdesign gilt. Hauptberuflich ist er an der Universität Erlangen-Nürnberg angestellt und koordiniert und managed dort den Betrieb von über 1100 Webauftritten der Universität sowie von Kooperationen und anderen Einrichtungen des öffentlichen Dienstes in Nordbayern.
    Seit Januar 2017 ist er als ehrenamtlicher Beauftragter für die Webseite der Piratenpartei Deutschland tätig.

     

  • Das Internet der Dinge und das Urheberrecht

    Das Internet hat sich seit der Jahrtausendwende in Richtung geschlossene Plattformen entwickelt. Das liegt auch daran, dass Geräte- und Betriebsystemhersteller von Mobilgeräten kontrollieren, welche Apps installiert werden können.

    Mit dem Internet der Dinge wird sich das noch weiter verstärken: Ein internetfähiger Kühlschrank wird nur mit der Software ausgestattet, die der Hersteller installiert hat. Wenn mit diesem Kühlschrank dann direkt bestellt werden kann, kann das einen Mehrwert für den Konsumenten bringen. Aber der Hersteller kann kontrollieren, bei welchem Lieferdienst der Konsument bestellen kann. Das sieht man heute schon: Kann man auf Android-Geräten auch Apps installieren, die nicht über den offiziellen Google-Store angeboten werden, ist das auf Geräten von Apple nicht möglich. Auf iPhones und iPads lassen sich nur Apps über den offiziellen Apple-Store installieren. Der Hersteller Apple kann auch jederzeit Apps herausnehmen, wenn sie seiner Meinung nach nicht den Nutzungsbedingungen entsprechen oder Funktionalitäten von eigenen Apple-Apps nachbilden.

    Noch heftiger geht der Traktorenhersteller John Deere vor. John Deere argumentiert in den USA, dass Besitzer von Traktoren nicht Eigentümer sind, weil die Software auf den Geräten nicht gekauft sondern lizensiert ist. Mit dem Digital Millenium Copyright Act (DMCA) von 1998 verhindern sie, dass neue Geräte wie Sähmaschinen an die Traktoren angeschlossen werden können. In Kanada gehen viele Landwirte dazu über, eine Software aus der Ukraine zu verwenden, die das Digital Rights Management (DRM) umgeht. In den USA gibt es in acht Bundesstaaten Bestrebungen, ein Recht auf Reparatur von Geräten in Gesetze zu fassen. Ein breite Lobby von John Deere und verschiedenen Autoherstellern versucht, diese Gesetze zu verhindern. Auch Apple ist dabei, sie möchten Ersatzteile nur an lizensierte Reparaturbetriebe verkaufen, aber nicht an unabhängige Reparaturfirmen.

    Doch wie sieht die Rechtslage in Deutschland aus?

    In §95a UrhG darf ein Schutz von geschützten Werken nicht umgangen werden und auch keine Soft- oder Hardware zu diesem Zweck verbreitet werden. Zu den geschützten Werken gehört auch die Software selbst (§§69a-g UrhG). Wer also ein Gerät besitzt, das zu einem Teil des Internets der Dinge gehört, darf bei entsprechendem Schutz der Gerätesoftware diese nicht kopieren. Auch eine „Entstellung“ eines Werk ist in §14 UrhG verboten. Je nach Auslegung kann das dazu führen, dass die Software nicht verändert werden darf. Im Beispiel des internetfähigen Kühlschranks kann das bedeuten, dass der Hersteller mit unterschiedlichen Lebensmittel-Lieferanten Verträge aushandelt, und je nach Konsumverhalten von verschiedenen Lieferanten Geld erhalten kann, wenn ihr Produktkatalog auf den Kühlschrank publiziert wird.

    Wenn Konsumenten die Software auf Geräten nicht verändern dürfen, können sie auch keine Sicherheitsupdates vornehmen, selbst wenn der Hersteller keine mehr zur Verfügung stellt. Dass Hersteller häufig nicht bereit sind, diese Updates vorzunehmen, sieht man an der breiten Masse an Android-Smartphones. Dem Kunden wird dann nur die Möglichkeit bleiben, die Internetfunktion des Kühlschranks nicht zu nutzen, wenn er andere als die für ihn ausgesuchten Lieferanten nutzen möchte. Legal wäre eine Umgehung der Software nicht. Selbst das reparieren von Sicherheitslücken ist nicht ohne weiteres legal möglich. Auch deshalb brauchen wir eine Reform des Urheberrechts im Sinne der Konsumenten.

  • Warten auf den nächsten GAU

    Heute jährt sich die Katastrophe von Tschernobyl. Gelegenheit und Mahnung zugleich, zu fragen was seither getan wurde, um ähnliche Vorfälle zu verhindern. Dr. Michael Berndt, Themenbeauftragter für Energiepolitik und niedersächsischer Spitzenkandidat zur Bundestagswahl 2017, zieht ein ernüchterndes Fazit:

    Warten wir also weiter auf den nächsten „Größten anzunehmenden atomaren Unfall“, den nächsten Atom-GAU.
    Weltweit sind allein 435 Atomkraftwerke (AKW) am Netz. Und Unfälle in kerntechnischen Anlagen ereignen sich in schöner, zeitlicher Regelmäßigkeit. Nur die Schwersten seien hier aufgezählt:

    • 1957: Kyschtym-Unfall in der kerntechnischen Anlage Majak (Sowjetunion),
    • 1957: Unfall in der Wiederaufbereitungsanlage in Windscale, – später umbenannt in Sellafield (Großbritannien)
    • 1959: Teil-Kernschmelze im AKW in Simi Valley im Santa Susana Field Laboratory (USA)
    • 1977: Teil-Kernschmelze im AKW Belojarsk (Sowjetunion)
    • 1979: Teil-Kernschmelze im AKW „Three Mile Island“ bei Harrisburg (USA)
    • 1982: Unfall in Block 1 des AKW in Tschernobyl (Ukraine)
    • 1986: Kernschmelze in Block 4 des AKW in Tschernobyl (Ukraine)
    • 1999: Unfall in der Brennelemente-Fabrik in Tokaimura (Japan)
    • 2011: Kernschmelze in mehreren Blöcken des AKW in Fukushima (Japan)

    Eines der aktivsten Erdbebengebiete der Welt liegt an der Westküste der USA. Dort treffen die nordamerikanische Kontinentalplatte und die pazifische Platte aufeinander. 1906 wurde fast ganz San Francisco von einem verheerenden Beben zerstört und im Jahr 1989 ereignete sich in der Bucht von San Francisco das Loma-Prieta-Erdbeben mit einer Stärke von 7,1 Magnitudenskala. Laut Betreiber soll das Atomkraftwerk Diablo Canyon, das in diesem Gebiet liegt, durch die Nachrüstung einem Erdbeben bis zu einer Stärke von 7,5 auf dieser Skala widerstehen.  Erst im Jahr 2025 soll es stillgelegt werden.

    Viele AKWs stehen weltweit in Erdbebengebieten; auch die türkische Regierung zeigt eine kaum zu übertreffende Sorglosigkeit: Im April 2015 wurde der Grundstein für das erste türkische Atomkraftwerk in Akkuyu gelegt, etwa 25 Kilometer entfernt vom seismischen Zentrum des sogenannten Ecemis-Grabens. Weltweit befinden sich 72 AKWs im Bau und 174 wurden beantragt.

    Nicht nur, dass erneuerbare Energieträger wie Sonne, Wind oder Erdwärme im Überfluss vorhanden sind. Nicht nur, dass schon lange Technologien existieren, um mit ihnen Strom oder Wärme zu produzieren, genauso wie die Technologien zur langfristigen Speicherung von Strom und Wärme. Die volkswirtschaftlichen Kosten für ihren Einsatz sind nur ein Bruchteil von denen der atomaren Stromerzeugung.

    Aber: Die Dummheit stirbt halt zuletzt.

  • PIRATEN: Datenschutz adé mit Merkels und Dobrindts CSU-höriger PKW-Maut

    „Mit mir wird es keine PKW-Maut geben“, verkündete Bundeskanzlerin Angela Merkel noch vor der Bundestagswahl 2013. Dieses Wahlversprechen, immerhin eine der bei ihr eher rar gesäten konkreten Aussagen, hat sie nun gebrochen. In der Fortsetzung einer altbewährten Regierungs-Tradition, dem, was so nicht durchgesetzt werden konnte, immer wieder einen neuen Namen zu geben, nennen wir die Maut heute lieber einen CSU-Tribut.

    „Merkel und ihre CDU sind vor der CSU eingeknickt. Noch beachtlicher ist, dass es ihr die SPD gleichtat“, stellt Kristos Thingilouthis, Politischer Geschäftsführer der Piratenpartei Deutschland, mit großer Verwunderung fest. Ihn ärgert, dass Länder wie Thüringen bei der Abstimmung im Bundesrat lieber aufs Geld geschaut haben, um neue prestigeträchtige Verkehrsprojekte aus dem Boden stampfen zu können, statt dem Überwachungswahn der Koalition aus CDU/CSU und SPD Grenzen zu setzen. Der Bundesrat winkte, das völlig fehlkalkulierte und zum Scheitern verurteilte Maut-Projekt ebenfalls durch. Die wenigen Gegenstimmen basierten dabei nicht auf Datenschutzbedenken.

    „Ich frage mich, wie lange außer den PIRATEN eigentlich niemand erkennen will, dass wir damit gezwungen werden, der Polizei und weiteren staatlichen Einrichtungen „freiwillig“ unser ganz persönliches Verhalten, unsere Vorlieben, unsere Reisen, für einen kleinen Rabatt auf unsere KFZ-Steuer preiszugeben?“, zeigt sich Thingilouthis entsetzt. Die PKW-Maut öffne dem lückenlos überwachten Leben in Deutschland Tür und Tor. Thingilouthis: „Welches Bedrohungszenario soll in Zukunft dafür herhalten, damit nicht nur an den Grenzen lückenlos Kennzeichen erfasst werden, sondern überall, wo die technischen Voraussetzungen gegeben sind? Wann wird dieser Ausnahmezustand zur Normalität wie in Frankreich?“

    Laut Medienberichten machen bislang geheime Gutachten, unter anderem von der Wirtschaftskanzlei Graf von Westfalen (GvW), klar: Deutsche Autofahrer müssen am Ende kräftig für Autobahnen zahlen.Den Informationen aus dem Bericht in der Berliner Zeitung zufolge soll eine privatrechtliche Infrastrukturgesellschaft, die künftig den Erhalt, den Betrieb, den Bau und die Finanzierung von rund 13.000 Kilometern Autobahnen steuern wird, den Steuerzahler zusätzliche Milliardenbeträge kosten.

    Patrick Schiffer, Vorsitzender der Piratenpartei Deutschland und Spitzenkandidat der NRW-Piraten für die Bundestagswahl betont hierzu:

    „Die Dokumente sind auf März 2017 datiert, den Gesetzesentwurf zu der geplanten Infrastrukturgesellschaft hat die Regierung jedoch bereits im vergangenen Dezember vorgelegt. Möglichst lange sollte wohl nicht bekannt werden, wie diese Gesellschaft funktioniert. Sie wurde am Reißbrett von privaten Beratern konzipiert, um die Autobahnen in Deutschland zu privatisieren und komplexe Finanzprodukte für Banken und Versicherungskonzerne zu schaffen. Letztendlich geht es darum, einen Schattenhaushalt zu etablieren, der jenseits aller parlamentarischen Kontrolle mit privatem Geld gefüttert wird.“

    Diese Infrastrukturgesellschaft sei das wichtigste verkehrspolitische Vorhaben der Regierung.

    „Doch die Details werden gehütet wie eine Geheimsache. Privatisierung von Infrastruktur hat uns noch nie weitergeholfen, wie man aktuell an der Deutschen Bahn sieht. Ich habe gar nicht soviel Zeit, um jeden Unfug, der gerade auf Bundesebene durchgesetzt wird oder werden soll, zu kommentieren“, so Schiffer.

  • Radikale Beschlüsse zur Energiepolitik

    Die Piratenpartei ist die einzige Partei, die energiepolitische Zusammenhänge und Fragestellungen eingehend analysiert und Lösungen erarbeitet. Sie fasste daher auf dem Bundesparteitag radikale Beschlüsse zur Energiepolitik. Eine schnelle, konsequente und transparente Umsetzung der Energiewende in einem fairen öffentlichen Dialog ist die zentrale Forderung der PIRATEN in ihrem Bundestagswahlprogramm.

    „Mit den heute bereits verfügbaren Technologien ist die Umstellung auf ausschließlich erneuerbare Energien in der Strom- und Wärmeversorgung sowie im Verkehr weit vor dem Jahr 2050 möglich.«, so der energiepolitische Sprecher und niedersächsische Spitzenkandidat Dr. Michael Berndt. Energieerzeugung aus erneuerbaren Quellen erfordert gleichzeitig einen Umbau der bestehenden Versorgungsstrukturen. »Für uns PIRATEN ist das Festhalten an einer zentral organisierten Energieversorgung die volkswirtschaftlich aufwändigste und für die Versorgungssicherheit schlechteste Lösung“

    ergänzt Reinhold Deuter, Bundestagskandidat aus Bayern.

    „Die bisherige Praxis, Daten zum Stromnetz der Allgemeinheit vorzuenthalten, hat zu Fehlentwicklungen geführt, die den Strompreis unnötig in die Höhe treiben. Eine konsequente, dezentrale Energiewende unter Einbeziehung der Bürger schafft enorme Möglichkeiten für wirtschafliches Wachstum in der Fläche und nicht nur Rendite für wenige Konzerne“

    so Guido Körber, Bundestagskandidat aus Brandenburg.

    Keine neuen Offshore-Windparks!

    Die Piratenpartei fordert die sofortige Beendigung des Ausbaus von Offshore-Windkraft und befürwortet den Ausbau der Onshore-Windenergie nur dann, wenn dieser dezentral, umweltschonend und unter Berücksichtigung berechtigter Interessen der Bürger erfolgt.

    »Die Rolle der Stromerzeugung mit Windkraftanlagen für die Energiewende wird seit Jahren völlig falsch eingeschätzt. Mit dem bis zum Jahr 2030 geplanten Bau von Offshore-Windparks würden nur ca. 11% des heute benötigten Stroms extrem teuer und umweltbelastend erzeugt. Auch der Bau von neuen Onshore-Windparks ist kaum mehr konfliktfrei möglich«, so Dr. Michael Berndt.

    Die für die Energiewende entscheidende Technologie ist in Deutschland die solare Stromerzeugung, deren Akzeptanz durch die Bürger deutlich höher ist. Für Photovoltaikmodule sind ausreichend Dach-, Fassaden- und andere versiegelte Flächen vorhanden, die weitgehend umweltneutral genutzt werden können.

    Die Sonne – das Arbeitspferd der Energiewende!

    Die PIRATENPARTEI fordert Gesetzesänderungen, die einen schnellen und umfangreichen Ausbau der Photovoltaikstromerzeugung durch Bürger und Unternehmen sanktionsfrei ermöglichen! Als eine bereits heute sehr effiziente und kostengünstige Technologie der Stromerzeugung muss sie das Arbeitspferd der Energiewende sein!

    »Es ist ein Skandal, dass selbsterzeugter und verbrauchter Solarstrom mit einer EEG-Umlage belastet wird, wenn man als Bürger nicht nur seinen Haushaltsstrom, sondern auch den Strom für sein Elektroauto mit einer eigenen Photovoltaikanlage erzeugen möchte! Es käme auch niemand auf die Idee, dass Bürger für im eigenen Garten angebautes und selbst verzehrtes Gemüse Mehrwertsteuer an den Staat zahlen müssten«, argumentiert Dr. Berndt weiter.

    Die für die Energiewende entscheidende Technologie ist in Deutschland die solare Stromerzeugung, deren Akzeptanz durch die Bürger deutlich höher ist als die für die Windkraft. Für Photovoltaikmodule sind ausreichend Dach-, Fassaden- und andere versiegelte Flächen vorhanden, die weitgehend umweltneutral genutzt werden können.

    Stromnetze erst untersuchen, dann ausbauen!

    Die Piratenpartei fordert ein Moratorium für den Ausbau des Übertragungsnetzes. Der weitere Ausbau muss auf unabhängigen, wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen und mit einer umfassenden Bürgerbeteiligung einhergehen.

    »Das heutige System der Energieversorgung ist ein Musterbeispiel für Intransparenz und mangelnde Bürgerbeteiligung. Wir sollten endlich Konsequenzen aus den bisherigen schlechten Erfahrungen mit alten Netzplanungen und Auftragsstudien ziehen, deren Aussagen sich nie bewahrheitet haben. Der überdimensionierte Netzausbau diente bisher nur den Bilanzen von Großkonzernen und deren Investoren zum Schaden der Allgemeinheit. Stromferntrassen werden vor allem für den zusätzlichen Export von schmutzigem Kohlestrom benötigt und nicht, wie gerne behauptet, für den Transport des Windstroms aus dem Norden in den stärker industrialisierten Süden Deutschlands«,so Reinhold Deuter. »Fragwürdig ist auch die garantierte Rendite von fast 7 % der Stromtrassenbauer über das staatlich festgelegte Netzentgelt zu Lasten der Bürger.«, ergänzt Deuter weiter.

  • Energiekonfusionslabel

    Das Energieeffizienzlabel muß seit 1992 auf bestimmten Produktarten angebracht werden, um die Kunden darüber zu informieren, mit wieviel Energiebedarf und somit Betriebskosten sie rechnen müssen. Die Einteilung ging von „G“ für den höchsten Energiebedarf bis „A“ für die effizientesten Geräte. Zunächst wurde es nur für Haushaltsgroßgeräte wie Kühlschränke und Waschmaschinen eingesetzt. Der Erfolg war so gut, daß nach einigen Jahren die Mehrzahl der Geräte in der besten Klasse „A“ eingestuft wurden.

    Das ging deshalb so schnell, weil die Hersteller sahen, daß eine bessere Effizienzklasse ein handfestes Verkaufsargument ist. Teilweise wird das sogar dazu genutzt, um den Kunden neue Geräte zu verkaufen, bevor dies ökonomisch und ökologisch sinnvoll ist.

    Da mit dem Erreichen der Klasse „A“ der Anreiz für weitere Verbesserung sank, mangels einfacher Darstellbarkeit der Vorteile, wurde die Skala erst um A+, dann A++ und zuletzt in 2010 um A+++ ergänzt. Mittlerweile ist A+++ bei vielen Produktarten schon wieder erreicht und reicht nicht mehr aus.

    Bereits 2010 wurde daher vorgeschlagen, die Skala aufsteigend zu numerieren. Diese würde regelmäßig an den technischen Stand angepaßt, so daß immer 7 Kategorien aktuell sind und die schlechteste nach unten heraus fällt. Die alten Buchstaben wären neben den entsprechenden Zahlen stehen geblieben und im Laufe der Zeit verschwunden.

    Quelle: Wikipedia

    Anscheinend war das zu logisch, denn die EU-Kommission entschied damals, daß ein solches Vorgehen den Kunden verwirren würde und hängte ein weiteres „+“ an das „A“ an. Ist viel verständlicher … und schon wieder hoffnungslos veraltet.

    Nun gibt es aber einen neuen Geniestreich: A+, A++ und A+++ sind weg. Statt dessen gibt es … (Trommelwirbel!) G bis A!

    Aber die sind jetzt neu definiert. Man muß also in Zukunft den Jahrgang des Energielabels beachten, damit man eine Idee hat, was „A“ oder „B“ denn nun bedeuten.

    Wahrscheinlich wird sich bald eine Community bilden, die Vintage-Energielabels sammelt. Was wohl so ein 2018er „A“ kosten wird? Oder ein rarer 2019 „A+“ weil die Skala schon wieder nicht mehr ausreichte?

    Liebe EU, das ist eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme und kein Verbraucherschutz. Diese aberwitzige Entscheidung wird haufenweise Übergangsregelungen, Ausnahmen, Verwechslungen, Fehlkäufe und damit letztlich verwirrte und wütende Kundschaft erzeugen, die völlig zu Recht gegen EU-Verbrauchskennzeichnungen stänkern wird.

  • Mautlos zur Überwachung

    Aktuellen Berichten zufolge sieht der Bundesrat die Integration in Europa durch die PKW-Maut gefährdet. Ach was? Das hat ja wirklich keiner kommen sehen.

    Es ist ja nicht gerade so, dass dieses populistische Thema von der CSU im Bundestagswahlkampf 2013 mit genau dieser Zielrichtung aufgebracht worden wäre. Damals ging es noch darum, den Österreichern eins auszuwischen, weil die von „uns“ Maut für ihre Autobahnen kassieren und dann im schönen Bayern gratis fahren.

    Aber die deutsche Weißwurstpolitik wäre ja nicht die deutsche Weißwurstpolitik, wenn man nicht sofort für die falsche Lösung eines nicht vorhandenen Problems eine noch falschere Verschlimmbesserung der durch die Maut generierten Probleme hätte: In Grenznähe soll die Maut dann halt nicht erhoben werden.

    An dieser Stelle kann beim Lesen dann natürlich eine kleine Pause entstehen … bis man die Hand wieder aus dem Gesicht hat …

    Also noch mal von vorne: Die CSU rührt im Wahlkampf 2013 Ressentiments gegen Österreich an und will, dass per Maut die Nutzung der Autobahnen durch Fahrer aus dem Nachbarland bezahlt wird. Daraufhin wird ein windiges Konstrukt gebaut, welches unter Zuhilfenahme eines umfassenden Überwachungssystems ganz tolle Einnahmen erzeugen soll. Leider ist die Berechnungsgrundlage für die sagenhaften Einnahmen wackelig bis herbei gelogen.

    Nicht nur der ADAC, auch viele andere Experten haben nachgerechnet, dass kein Nettoertrag bei der PKW-Maut zu erwarten ist. Durch diverse Nachbesserungen, etwa die Entlastung von Besitzern schadstoffarmer Autos, ist damit zu rechnen, dass die Maut ein Verlustgeschäft wird. Mit dem Vorschlag, die grenznahen Gebiete auszunehmen, dürfte dies nun zur absoluten Gewissheit werden.

    Was bleibt unterm Strich? Ein Überwachungssystem, mit dem ein Bewegungsmuster aller Autofahrer erfasst wird: bürokratischer Irrsinn, um den Unsinn zu verwalten. Und eine Lücke im Haushalt, die dann bestimmt bald zur Anhebung der Gebühren führt, damit es sich rechnet.

    Und wozu das alles? Damit eine nur schwerlich als rational zu bezeichnende Kleinpartei, die lediglich in einem einzigen Bundesland vertreten ist, ihre populistischen Wahlkampfversprechen von 2013 einhalten kann. Warum überhaupt? Die halten doch auch sonst nichts von dem ein, was sie versprechen? Ach ja, in diesem Fall ist es ja grundlegend schädlich für das Land, die Bürger und Europa, das muss man dann natürlich durchziehen, koste es was es wolle!

     

  • Videoüberwachungs(verbesserungs)gesetz

    Videoüberwachungs(verbesserungs)gesetz

    Mitten in der Nacht wurden im Bundestag die Gesetzesentwürfe zum „Videoüberwachungsverbesserungsgesetz“ angenommen, mit denen drei Maßnahmen beschlossen werden, die die Bürgerrechte unmittelbar betreffen. Im Hauruck-Verfahren wurde eine Änderung des Datenschutzgesetzes beschlossen, das den Einsatz von Videokameras beispielsweise in Einkaufzentren erleichtert, den Einsatz von Bodycams bei Polizisten und die Möglichkeit zur allgemeinen Erfassung von Kennzeichen.

    In den Augen der Regierungsparteien „stellt der Einsatz von optisch-elektronischer Sicherheitstechnologie auch eine Maßnahme im öffentlichen Interesse dar, um die Sicherheit der Bevölkerung präventiv zu erhöhen“. Bisher liegt jedoch kein Beweis vor, dass eine Überwachung dies leisten kann.

    Sebastian Alscher, Spitzenkandidat der Piratenpartei in Hessen:

    „Offensichtlich nutzt die Regierung das in der Bevölkerung zur Zeit verbreitete Gefühl einer abstrakten Unsicherheit, basierend auf der Illusion eines jederzeit anstehenden Terroranschlags, um diese Überwachungsmaßnahmen durchzusetzen. Unstrittig ist, dass diese Anschläge mit solchen Maßnahmen gar nicht verhindert werden können, wie selbst Experten in der Anhörung vorgetragen haben. Darüberhinaus nutzten salafistische Straftäter wie Anis Amri gerade die Öffentlichkeit, die durch die Verbreitung der Aufnahmen der Kameras hergestellt werden konnte.“

    Die Piratenpartei befürwortet Maßnahmen, welche die tägliche Arbeit der Sicherheitskräfte unterstützen, allerdings nur, wenn diese nicht zu einer Einschränkung der Bürgerrechte führen. Der Einsatz von Bodycams mag dazu grundsätzlich ein geeignetes Mittel sein, allerdings lässt der Gesetzesentwurf laut Anja Hirschel, PIRATEN-Spitzenkandidatin in Baden-Württemberg, aktuell zu viele brisante Fragen offen:

    „Sind die resultierenden Aufnahmen gerichtsfest und beweissicher? Wem stehen die Aufnahmen unter welchen Voraussetzungen zur Verfügung? Ist eine ständige Aufzeichnung geplant oder nur durch manuelle Aktivierung? Ist die aktive Aufnahmefunktion für die Menschen in der Umgebung erkennbar? Wie findet eine Abwägung über die Verhältnismäßigkeit der Videoüberwachung im Vorfeld statt, oder entscheidet dies jeder Beamte selbst je nach Situation?“

    Zusätzlich wurde auch die automatische Kfz-Kennzeichenerfassung angenommen. Diese Entscheidung hat weitreichende Folgen, handelt es sich hierbei doch um eine umfassende anlasslose Überwachung der Bewegungen von Bürgern im öffentlichen Raum. Dies nur als notwendiges technisches Hilfsmittel zur Ermittlung der Maut zu betiteln, ist laut Hirschel zu einfach gedacht:

    „Diese Art von Daten ist viel zu interessant, um nicht vielerlei Begehrlichkeiten entstehen zu lassen. Zunächst wird dies noch mit besonderen Fahndungserfordernissen im Rahmen von Terrorbekämpfung begründet werden, um dann zur allgemeinen Verkehskontrolle immer weiteren Stellen zugänglich gemacht zu werden. Technologie die für Überwachungszwecke geeignet ist, wird früher oder später dafür genutzt.“

    Es bleibt zu hoffen, dass diese Paragraphen vor dem Verfassungsgericht in Karlsruhe keinen Bestand haben werden. Mal wieder.

    Quellen:
    [1] Drucksache 18/11183, http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/111/1811183.pdf
    [2] Drucksache 18/10939, http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/109/1810939.pdf
    [3] Drucksache 18/10941, http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/109/1810941.pdf