Schlagwort: Bundesregierung

  • Stellungnahme Strompreisbremse – irreführend und fehlerhaft

    Stellungnahme Strompreisbremse – irreführend und fehlerhaft

     

    Am 15.12.2022 hat der Bundestag die Strom- und Gaspreisbremse beschlossen. Was genau da beschlossen wurde, ist nicht so einfach zu sagen, denn in den letzten Stunden vor der Abstimmung kamen noch mehrere 100 Seiten Änderungsanträge –  ein konsolidierter Text steht noch nicht zur Verfügung.

    Aber im Kern ist hier ein Bürokratiemonster geschaffen worden, das nicht zu sinkenden Energiepreisen führt, sondern die tatsächlichen Kosten versteckt. Statt die Marktmechanismen zu modifizieren, um die Preise wirklich zu reduzieren, wird für einen gewissen Anteil der Energie Steuergeld verwendet, um die hohen Preise zu bezahlen.

    Es werden nun also viele Milliarden zu den Energieversorgern überwiesen, in der Hoffnung den größten Teil davon anschließend mittels einer Übergewinnsteuer wieder einsammeln zu können. Zu erwarten ist, dass dies in erster Linie bei den kleineren Unternehmen, also primär bei den Erneuerbaren, klappen wird. Die großen Konzerne werden sich wahrscheinlich weigern und vermutlich erfolgreich klagen.

    Das Regelwerk für die Zuschüsse ist so komplex, dass es wohl Monate dauern wird, bevor man die Wirkung tatsächlich überblicken kann. Die Bürger und Unternehmen dürfen sich also überraschen lassen, ob sie sich in Zukunft noch Energie leisten können. Auf jeden Fall ist schon zu sehen, dass insbesondere einkommensschwache Haushalte und die mittelständische Wirtschaft wieder das Nachsehen haben werden. Gerade für kleinere Unternehmen und energieintensive Unternehmen ist diese „Preisbremse“ reiner Zynismus: Der Zuschuss, der bei einer vernünftigen Regelung gar nicht notwendig wäre, soll versteuert werden.

    Auch die Vorschläge der Opposition waren nicht hilfreich, aus der rechten Ecke kam der übliche Unsinn man solle die Atom- und Kohlekraftwerke wieder ans Netz bringen und von links nur allgemeine Kritik, ohne konstruktive Vorschläge.

    Wir bleiben dabei, dass der richtige Ansatz wäre, die Preisfindung in den Energiemärkten zu ändern. Mit dem Preis von Erdgas wird spekuliert. Der hohe Strompreis kommt dadurch zustande, dass die wenigen Prozent Strom aus Erdgas den Preis für den gesamten Strom bestimmen. Diesen relativ kleinen Anteil des Stroms preislich zu deckeln und die tatsächlichen Kosten mittels einer Umlage, ähnlich der EEG-Umlage, zu finanzieren, würde den Strompreis sofort und wirkungsvoll reduzieren.

    Aber die Bundesregierung hat sich für ein umständliches, fehlerhaftes Regelwerk entschieden, das nicht hilft, aber eine Menge Steuergelder in die Kassen der großen Energiekonzerne umlenkt. Die Deckelung der Strom- und Gaspreise wird dazu führen, dass die geförderten Preise das Minimum der zukünftigen Preise darstellen werden.

    Zusammenfassend ist zu sagen, dass diese Strom- und Gaspreisbremse nicht mal eine Mogelpackung ist. Es ist ganz offensichtlich, dass es sich dabei um eine massive Fehlleistung handelt. Kein Problem wird gelöst, aber massiv Geld verschwendet und der Missstand betoniert.

  • PIRATEN kritisieren Meldepflicht für alle COVID-19 Getesteten

    PIRATEN kritisieren Meldepflicht für alle COVID-19 Getesteten

    Der Bundestag hat am Donnerstag, den 14. Mai 2020, über den Entwurf von CDU/CSU und SPD für ein zweites Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite beraten, und die Beschlussempfehlung des Gesundheitsausschusses angenommen.

    Für das Infektionsschutzgesetz sieht der Entwurf vor, eine gesetzliche Meldepflicht in Bezug auf COVID-19 und Sars-CoV-2 dauerhaft zu verankern. Das betrifft auch die neuen Meldepflichten zur Genesung und bei negativem Labortest. Es sollen also persönliche Daten aller Getesteten erfasst werden.

    Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz Ulrich Kelber beklagte, dass im Dunklen bleibt, welche Vorteile sich aus der Erfassung der Daten von allen Getesteten gegenüber einer rein statistischen Erfassung ergebe. Damit sei die verfassungsrechtlich erforderliche Abwägung mit dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung nicht möglich. Er bezweifelt die Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit dieser Regelung.

    „Die Bundesregierung möchte – so macht die Beschlussempfehlung deutlich – das zweite Pandemieschutzgesetz nutzen, um umfangreich Daten zu sammeln. Es sollen nun von allen Getesteten persönliche Daten gesammelt werden, ungeachtet des Ergebnisses. Sie verletzt dabei auf unverhältnismäßige Weise das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Das Motto der Regierung scheint also zu sein: Nimm dir was du kriegen kannst,“

    erklärt Sebastian Alscher, Bundesvorsitzender der Piratenpartei Deutschland.

    „Was neben den datenschutzrechtlichen Aspekten bisher komplett übersehen wird, ist der soziale Effekt, den eine solche Meldepflicht auslösen kann. Wenn eine Diagnose, etwa im Zusammenhang mit der Abklärung von Atemwegsbeschwerden, immer direkt zu einer offiziellen Meldung führt, könnte ein Vermeidungsverhalten auftreten. Dies gefährdet dann nicht nur die Person und ihr Umfeld, sondern führt das gesamte System der Tests und Nachverfolgung ad absurdum. Das darf unter keinen Umständen passieren,“

    betont Anja Hirschel, Themenbeauftragte für Digitalisierung der Piratenpartei.

    Weiterführende Informationen hier

  • Die Piratenpartei nimmt Stellung zur neuen Datenstrategie der Bundesregierung

    Die Piratenpartei nimmt Stellung zur neuen Datenstrategie der Bundesregierung

    Die Bundesregierung hat am Montag bei einer Sitzung des „Digitalkabinetts“ auf Schloss Meseberg die Eckpunkte einer Datenstrategie beschlossen. Diese sollen als Basis für die Entwicklung einer umfassenden „Datenstrategie“ der Bundesregierung dienen.

    Die Datenstrategie soll dazu dienen, die Datenbereitstellung und den Datenzugang zu verbessern, eine verantwortungsvolle Datennutzung zu befördern, Datenkompetenz in der Gesellschaft zu erhöhen und den Staat zum Vorreiter einer Datenkultur zu machen.

    Big Data, intelligente Anwendungen, soziale Medien, künstliche Intelligenz, Kybernetik und Verhaltensökonomie werden unsere Gesellschaft prägen – positiv und auch negativ. Und in diesem Kontext werden durch den digitalen Wandel immer neue Daten erzeugt. Dass diese Daten, sinnvoll eingesetzt, auch dazu beitragen können, Krankheiten früher zu erkennen oder ein „ökologisches, ökonomisches und sicheres Mobilitätsumfeld zu schaffen“ steht dabei außer Frage.

    Bevor wir uns die einzelnen Punkte etwas näher anschauen, ist festzustellen, dass nun wohl auch in der Koalition so etwas wie Vernunft und Rationalität eingekehrt zu sein scheint. Denn die bislang, insbesondere durch die Kanzlerin, propagierte „Datensouveränität“ taucht in dem Eckpunktepapier nicht mehr auf. Oder die im Vorfeld ziemlich deutlich formulierten Kritiken von Parteien, u.a. auch den PIRATEN, Datenschützern, Verbänden und NGO haben ihre Wirkung hinterlassen, denn diese „Datensouveränität“ wäre ein unverhohlener Angriff auf traditionelle Schutzprinzipien gewesen.

    Im Eckpunktepapier wird ziemlich klar formuliert, dass „die bestehenden Regelungen zum Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts wie der informationellen Selbstbestimmung, des Schutzes von Geschäfts-, Betriebs – und Steuergeheimnissen, zum Schutz vor Diskriminierung sowie des Datenschutzrechtes und der Datensicherheit“ einen sehr großen Stellenwert in der zu erarbeitenden Strategie haben werden.

    Wir PIRATEN begrüßen das ausdrücklich; es ist eine unserer Kernforderungen ist. Wir werden allerdings weiter beobachten, wie genau dieser Punkt dann in der Strategie ausformuliert wird.
    Dass dabei gerade im Bereich des Schutzes der persönlichen Daten noch sehr viel mehr als bisher getan werden muss, darf an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben. Es wäre zu begrüßen, wenn sich dies dann auch in der Strategie wiederfinden bzw. vorher entsprechende Anpassungen in den einschlägigen Rechtsnormen vorgenommen werden würden.

    Weiterhin hat sich die Regierung ins Stammbuch geschrieben, dass die „digitale Souveränität von Bürgern und Staat“ zu stärken sei. Begrüßenswert wäre, wenn dies dazu führt, dass die jetzt schon bestehenden Regelungen wie das Netzwerkdurchsetzungsgesetz oder die Forderung nach einer Klarnamenspflicht in sozialen Netzwerken endlich der Vergangenheit angehören, denn diese stärken keineswegs die digitale Souveränität der Bürger, sondern schränken sie in einem aus unserer Sicht unzulässigen Maße ein.

    Ebenso will die Regierung „den Aufbau wettbewerbsfähiger und nachhaltiger Dateninfrastrukturen und -ökosysteme unterstützen“ und dafür einen rechtlichen Rahmen abstecken, damit auch „hochwertige“ Informationen oder Messwerte bereitgestellt werden können. Ganz abgesehen davon, dass die Definition des Begriffes „hochwertig“ auf Grund der Schwammigkeit und unklaren Ausgestaltung noch keine Bewertung zulässt, kann der wohl geplante Aufbau „wettbewerbsfähiger“ Dateninfrastrukturen ein Fingerzeig auf die Schaffung einer neuen sozialen Datenmarktwirtschaft sein, wie sie von Frau Merkel in Davos gefordert wurde. Hier bleibt es unsere Aufgabe, wachsam zu sein, damit genau diese Richtung nicht eingeschlagen wird. Wir PIRATEN sind nicht grundsätzlich gegen die Nutzung der Gesundheitsdaten von Bürgern, beispielsweise für Forschungszwecke. Aber diese müssen anonymisiert und auf freiwilliger Basis erhalten worden sein.

    Als weiteres Themenfeld sollen „auch neue und sichere Methoden zur Anonymisierung und Pseudonymisierung sowie zur praxistauglichen Datenportabilität“ mit entsprechenden Forschungsgeldern entwickelt werden. Während man beim Thema Datenportablität gern auch noch den Begriff „Interoperabilität“ vermisst, muss man sich bei den sicheren Methoden zur Anonymisierung und Pseudonymisierung etwas verwundert die Augen reiben. Gerade die Bundesregierung ist bisher Treiber einer Politik des gläsernen Bürgers, wie zum Beispiel der Staatstrojaner oder die Vorratsdatenspeicherung eindrucksvoll beweisen. Hier wird es auch unsere Aufgabe sein, die Erarbeitung der Strategie kritisch zu begleiten.

    Uneingeschränkt begrüßenswert ist der Ansatz, Daten aus öffentlichen Verwaltungen als Open Data bereitzustellen. Ebenso, dass darüber hinaus auch in den Verwaltungen für eine entsprechende Sensibilität gesorgt werden soll.

    Was hingegen Anlass zur Sorge bereiten sollte, ist, dass die Regierung den bestehenden rechtlichen Rahmen für „datengetriebene Angebote und Geschäftsmodelle“ – etwa der Plattform-Ökonomie – überprüfen und dabei auch die Ergebnisse der Datenethik-Kommission berücksichtigen will. Gerade diese Ergebnisse der „Datenethikkommission“ haben kurz nach ihrer Veröffentlichung auch von unserer Seite zu massiver Kritik geführt, denn in diesen wird ziemlich unverhohlen die Blaupause für eine staatliche Totalüberwachung gezeichnet. Wie das mit dem oben beschrieben Ansatz des Schutzes der persönlichen Daten und der Privatsphäre einhergehen soll ist ein Rätsel.

    Fazit: Die Eckpunkte zur Erarbeitung der Datenstrategie sind grundsätzlich erst einmal ein Schritt in die richtige Richtung. Allerdings wird es darauf ankommen, dass gerade auch die kritischen Punkte (z. Bsp. „Datenethikkommission“) im Rahmen der konkreten Erarbeitung der Strategie verändert werden.

    In diesem Zusammenhang begrüßen wir das Angebot der Bundesregierung: „Zur Entwicklung einer Datenstrategie der Bundesregierung soll auch ein breiter Beteiligungsprozess gestartet werden.

    Wir PIRATEN bringen uns mit unseren Experten, unserem Wissen und unserer Expertise gern in diesen Beteiligungsprozess ein.

  • Negativpreis #GoldenShit der PIRATEN geht an Dr. Thomas de Maiziere

    Die Piratenpartei Deutschlands verleiht in diesem Jahr erstmalig den Negativpreis ‚#GoldenShit’ an Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière – für die überwachungsstaatliche Ausspähung von Millionen Bürgerinnen und Bürgern und seine Äußerungen zur „deutschen Leitkultur“.

    Verliehen wurde der Preis von Patrick Schiffer, Bundesvorsitzender der Piratenpartei Deutschland, und Anja Hirschel, Spitzenkandidatin der PIRATEN für die Bundestagswahl, im Rahmen der Internetleitmesse ‚re:publica’ in Berlin. „Der Preis, eine goldene Skulptur in Form eines Scheißhaufen-Emojis, soll Dr. Thomas de Maizière stets daran erinnern, dass jede Bestrebung, unsere Freiheit einzuschränken, von uns PIRATEN kritisch beobachtet, analysiert und kommentiert wird. Wir lassen uns nichts vormachen und sprechen die Wahrheit laut aus, denn es geht um das Wohl aller Menschen in unserem Land. Was ’shit‘ ist, benennen wir daher auch genauso“, so Spitzenkandidatin Hirschel.

    PIRATEN-Bundesvorsitzender Patrick Schiffer ergänzt: „Die Wahl ist uns tatsächlich nicht allzu schwer gefallen. De Maizière spielt durch seine 10 Thesen zur deutschen Leitkultur ähnlich wie die AfD, Marine Le Pen und Donald Trump mit der Angst und dem Misstrauen der Menschen. Wir dürfen nicht isoliert über Deutschland reden, wenn wir uns in einem offenen Kulturkreis Europa bewegen. Wir leben in einer globalisierten Welt. Das ist Realität. Die Menge an ’shit‘-trächtigen Gesetzesentwürfen und Äußerungen ließ nur den einen Schluss zu: Herr de Maizière, Sie haben sich diesen Preis redlich verdient!“

    Die Piratenpartei Deutschland verleiht den Negativpreis ‚#GoldenShit’ ab sofort jährlich an Persönlichkeiten, die sich im besonderen Maße um den Überwachungsstaat und die Spaltung der Gesellschaft verdient gemacht haben.

  • Stoppt das Sicherheitstheater! Es bringt nichts.

    Das Bundeskabinett hat heute beschlossen, insgesamt vier Gesetzesentwürfe auf den Weg zu bringen, um eine „Erhöhung der Sicherheit in Deutschland“ zu gewährleisten. Dazu gehört auch eine Gesetzesnovelle, die der Bundespolizei neue Befugnisse geben soll, um „intelligente Überwachung“ einzusetzen, etwa automatische Systeme zum Lesen von Autokennzeichen sowie Bodycams. Außerdem soll den Einsatzleitstellen erlaubt werden, Telefongespräche aufzuzeichnen. (mehr …)

  • Patrick Schiffer: Bundesregierung muss Genehmigung zur Snowden-Befragung erteilen

    Patrick Schiffer: Bundesregierung muss Genehmigung zur Snowden-Befragung erteilen

    Nachdem der Bundesgerichtshof entschieden hat, dass die Bundesregierung eine mögliche Amtshilfe leisten könne und Edward Snowden nicht völlig „unerreichbar“ sei, fordern wir eine Vernehmung durch den NSA-Untersuchungsausschuss auf deutschem Boden. Dann kann er endlich auch einen sicheren Aufenthalt beantragen.

    Seit 2014 fordert der Ausschuss die Vernehmung des Whistleblowers. Bisher hat sich die Bundesregierung diesem Ersuchen mit vielen fadenscheinigen Gründen entzogen. Frau Merkel, machen Sie den Weg frei für eine Befragung! Helfen Sie, die NSA-Affäre und die Straftaten innerhalb unserer Grenzen gegen die Bürger unseres Landes aufzuklären. Snowden muss jetzt vor den Ausschuss!

  • PIRATEN-Klage: EU-Generalanwalt gegen deutsches Verbot der Protokollierung des Surfverhaltens im Internet

    Der Bundestag darf Anbietern von Internetportalen nicht verbieten, flächendeckend auf Vorrat zu speichern, wer was im Internet liest, schreibt oder sucht. Die Entscheidung darüber obliege nach EU-Recht vielmehr den Gerichten, die eine Abwägung vorzunehmen hätten. Diese Meinung verkündete der Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof (EuGH) heute bezüglich der Klage des Piratenpolitikers und Datenschützers Patrick Breyer gegen die Bundesregierung (Az. C-582/14).

    Patrick Breyer, Themenbeauftragter der Piratenpartei Deutschland für Datenschutz: „Das ist ein Angriff auf das deutsche Datenschutzrecht und die digitalen Grundrechte. Die EU droht das klare deutsche Verbot einer Protokollierung unseres Surfverhaltens im Telemediengesetz auszuhebeln und die Verantwortung auf Einzelfallentscheidungen der Gerichte abzuschieben. Ich fordere die EU-Kommission auf, unverzüglich ein eindeutiges Verbot der anlasslosen Protokollierung unseres Surfverhaltens vorzulegen! Europa muss der NSA-Methode einer Totalerfassung des digitalen Lebens eine klare Absage erteilen und den Grundrechten auf Informations- und Meinungsfreiheit im Internet zur Geltung verhelfen.

    Ich hoffe, der Gerichtshof wird anders entscheiden als der Generalanwalt und die unterschiedslose Erfassung des Inhalts unserer Internetnutzung als von vornherein völlig unverhältnismäßiges Mittel verwerfen. Sollte sich der Gerichtshof aber dem Generalanwalt anschließen und die Abwägung den deutschen Gerichten überlassen, werde ich gegen die Surfprotokollierung notfalls bis zum Bundesverfassungsgericht ziehen. Karlsruhe hat schon in seinem Urteil zur Vorratsdatenspeicherung betont, dass die Internetnutzung nicht inhaltlich festgehalten und damit rekonstruierbar bleiben darf. Ein Gerichtsgutachten belegt, dass ein sicherer Betrieb von Internetportalen (Webservern) bei entsprechender Systemgestaltung auch ohne Vorratsspeicherung von IP-Adressen möglich ist.

    Nur wenn Regierung und Internetkonzernen die Aufzeichnung unseres Surfverhaltens verboten wird, sind wir vor Ausspähung unseres Privatlebens, fälschlichen Abmahnungen und falschem Verdacht der Strafverfolger sicher. IP-Adressen haben sich als extrem fehleranfälliges und unzuverlässiges Mittel zur Personenidentifizierung erwiesen. Und solange wir uns schon wegen des Lesens von Internetseiten verdächtig machen können, gibt es keine echte Informations- und Meinungsfreiheit im Internet. Niemand hat das Recht, alles, was wir im Netz sagen, und alles, was wir tun, aufzuzeichnen. Als Generation Internet haben wir das Recht, uns im Netz ebenso unbeobachtet und unbefangen informieren zu können, wie es unsere Eltern aus Zeitung, Radio oder Büchern konnten.“

    Laut Generalanwalt unterliegen die beim Surfen übermittelten Kennungen der Internetnutzer (IP-Adressen) dem Datenschutz, solange der Internetprovider sie zuordnen kann. Nach dem umstrittenen Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung soll dies künftig zehn Wochen lang der Fall sein. Die Bundesregierung hatte den Personenbezug von IP-Adressen bestritten.

    Mit dem Urteil kann im Sommer gerechnet werden.

     

    Weiterlesen:
                           
    Ausführliche Informationen und die Gerichtsdokumente im Wortlaut
    Untersuchung: Ministerien erfassen illegal unser Surfverhalten
    Aufsatz über den „Personenbezug von IP-Adressen“
    http://www.daten-speicherung.de/wp-content/uploads/Breyer-Personenbezug-IP-Adressen.pdf         
    Web Tracking Report 2014 des Fraunhofer-Instituts für Sichere Informationstechnologie
  • Piraten kritisieren Verspätungszuschlag für unpünktliche Steuererklärungen

    Nach dem von der Bundesregierung geplanten Steuermodernisierungsgesetz soll ab 2017 jeder, der seine Steuererklärung nicht rechtzeitig (in der Regel bis Ende Mai des Folgejahres) abgibt, für jeden Monat, der diese Frist überschreitet, einen Verspätungszuschlag von 25 Euro zahlen.

    Stefan Körner, Bundesvorsitzender der Piratenpartei Deutschland, hält die Einführung einer solchen Strafgebühr für keine sinnvolle Lösung, um das vorhandene Steuersystem zu verbessern:
    »Statt solcher Sanktionsmöglichkeiten sollte das gesamte Steuersystem vereinfacht werden. Komplizierte Verfahren, unverständliche Formulare und Unmengen an Pflichtangaben führen nicht dazu, dass sich beim Bürger die Bereitschaft zu einer schnellen Abgabe der Steuererklärung erhöht. Stattdessen werden dann diejenigen bevorteilt, die es sich leisten können oder wollen, einen Steuerberater einzuschalten. Denn wenn ein Steuerberater oder ein Lohnsteuerhilfeverein die Steuererklärung für den Steuerpflichtigen erstellt, verlängert sich die Frist bis zum 31. Dezember, sodass erst nach Ablauf dieses Datums Verspätungszuschläge erhoben werden könnten. Außerdem ist davon auszugehen, dass mehr Personen als bisher von der Möglichkeit Gebrauch machen würden, eine Fristverlängerung zu beantragen, versuchen, Härtefallregelungen in Anspruch zu nehmen oder Widerspruch gegen Steuerbescheide einzulegen, um diesen Zusatzgebühren zu entgehen. Auch das führt zu mehr Verwaltungsaufwand bei den Steuerbehörden und trägt nicht zur angestrebten Verfahrensverkürzung bei.

    Nach dem geplanten Gesetz sollen Bürger für verspätete Einreichungen zahlen, die langen Bearbeitungszeiten bei den Finanzämtern bleiben jedoch unsanktioniert.

    Abgesehen davon können die Steuerbehörden auch heute schon säumigen Steuerpflichtigen Zwangsgelder oder Verspätungsaufschläge auferlegen. Dies ist allerdings kein Automatismus, wie ihn die Bundesregierung nun plant, sondern liegt im Ermessen der Behörden und soll nur bei Extremfällen zum Tragen kommen. Der Bundesfinanzhof hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass Zuschläge, die den Charakter steuerlicher Sanktionen haben, nicht außer Verhältnis zur Schwere des Verstoßes des Steuerpflichtigen gegen seine Pflichten stehen dürfen. Ein Verspätungszuschlag darf nur bei besonderer Schwere der Umstände des Einzelfalls festgesetzt werden. Beides wäre bei der geplanten Pauschalgebühr nicht mehr der Fall«, so Stefan Körner abschließend.