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  • Digitalradio versus UKW

    Digitalradio versus UKW

    Kommentar zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes von Benjamin Georg Lorrig und  Guido Körber.

    Entgegen früherer Aussagen der Bundesregierung, dass sie eine Digitalradio-Pflicht nun doch nicht wolle, wurde am 02. Juni 2017 vom Bundestag eine Änderung des Telekommunikationsgesetzes durchgewunken, welche künftig den Verkauf von UKW-Empfängern ohne Empfangsteil für digital kodierte Inhalte untersagt.

    Diese Änderung bewirkt zum einen, dass selbst ein einfaches Küchenradio durch Technik, die der Verbraucher nicht haben will, teurer wird. Zum anderen lässt sie eine langfristige Abschaltung des analogen UKW-Rundfunks befürchten, von der aus diversen Gründen abzuraten ist: Die vorhandene UKW-Technik genügt den Anforderungen und stellt eine gut funktionierende Infrastruktur dar. Ein kompletter Austausch hat in erster Linie einen großen Haufen Elektroschrott und zwangsweise Neuanschaffungen zur Folge.

    Prinzipiell ist die Reichweite von Digitalsendern besser als die von analogen Sendern. Leider wird das, wie schon bei DVB-T, nicht eine bessere Versorgung zur Folge haben. Stattdessen werden die digitalen Sender mit weniger Leistung betrieben. Da bei digitaler Übertragung mit schwachen Signalen aber keine Verschlechterung, sondern ein abrupter Abbruch des Datenstroms erfolgt, ist zu befürchten, dass die Reichweite eher leidet als profitiert.

    Was für Digitalfunk gilt, ist für Internetradio nicht besser und in abgelegenen Gebieten keineswegs ein verlässlicher Weg für den Bürger, auf dem Laufenden zu bleiben. Das Mobilfunkloch wird dann gleich zum kompletten Informationsloch. Besonders dramatisch werden die Auswirkungen für den Katastrophenschutz sein: Wo UKW-Sender und -Empfänger sich mit minimalen Mitteln weiterbetreiben lassen, erfordert das Onlineradio das Funktionieren umfassender Internet-Infrastrukturen. Auch die Digitalradio-Technik ist keineswegs so leicht weiterzubetreiben oder zu reparieren wie ein UKW-Sender.

    Die Piratenpartei ist daher gegen diese Bevormundung des Verbrauchers und fordert, dass nicht nur der Digitalradio-Zwang aus dem Gesetz gestrichen wird, sondern der Gesetzgeber darüber hinaus Maßnahmen erlässt, welche Digitalradios verpflichten, mit einer UKW-Empfangsfunktion ausgestattet zu sein, um so eine verlässliche Sender-Infrastruktur für Katastrophenfälle zu garantieren.

  • PIRATEN wollen Vielfalt – Radio analog und digital

    Jörg Arweiler, politischer Geschäftsführer der Piratenpartei Saarland, hat kürzlich die Forderung aufgestellt, die UKW-Radio-Sender abzuschalten. Das ist innerhalb und außerhalb der Piratenpartei nicht unwidersprochen geblieben.

    DAB+ hat unbestrittene technische Vorteile. Weniger nötige Frequenzbandbreite, mehr Dateninhalt, weniger Sendeleistung, neue Dienste. Aber die rein technische Frage ist nicht immer die Entscheidende.

    Im Gegensatz zum Abschalten von UKW-Sendern, das nicht in unserem Programm steht, haben wir einen anderen wichtigen Punkt im Programm: Nachhaltigkeit. Wenn die UKW-Sender abgeschaltet werden, dann verstummen viele Millionen Radios, in Wohnzimmern, Küchen, Büros, Autos. Radios sind oft sehr langlebig (hier tut u. a. ein 45 Jahre alter Beomaster 3000 seinen Dienst…), der vermeidbare Haufen Elektroschrott wäre riesig.

    Wer versucht, Radio über die Audioqualität und die Zusatzdienste zu definieren, hat Radio als Medium nicht verstanden. Es geht um einen Mix aus Unterhaltung und Information, um Teilhabe am sozialen und kulturellen Geschehen (auch ein wesentlicher Punkt in unserem Programm…). Wer höchste Audioqualität haben möchte, nimmt dafür weder Radio noch normale Streamingdienste.

    DAB bietet dem Hörer also wenig Vorteile und macht seine vorhandenen Geräte nutzlos. Darum ist DAB seit vielen Jahren ein Ladenhüter. Die Verbraucher haben entschieden, sie wollen es nicht, oder nur wenig. Warum sollte der Gesetzgeber hier eingreifen?

    Zwangsweise eine vorhandene, weit verbreitete und gut funktionierende Infrastruktur umzustellen zwingt nur die Verbraucher zu Neuanschaffungen und führt so automatisch zu Benachteiligungen und Verlust von Teilhabe.

    Also bitte für Vielfalt und nicht für verordnete Monokultur, lasst die UKW-Sender senden so lange sie genug Hörer finden.

    PS:
    Wie wenig wichtig der Aspekt der Tonqualität gegenüber dem der Teilhabe durch Radio ist, wurde mir kürzlich wieder ganz deutlich, als ich an der Verleihung eines IEEE-Meilensteins an den Funkerberg in Königs Wusterhausen teilnehmen durfte.
    In Königs Wusterhausen wurde 1920 die erste Radiosendung in Deutschland ausgestrahlt. Damals war der private Funkempfang streng verboten, trotzdem verfolgte Hans Bredow mit seinem Team auf dem Funkerberg das Ziel, ein Medium zur Unterhaltung und Information der Bürger zu schaffen.

    PPS:
    Einen Aspekt aus dem Blickwinkel eines Technikfans sollte man auch nicht vergessen: Analogradio kann man mit ganz einfachen elektronischen Mitteln empfangen, die nötigen Teile haben viele Bastler in der Kleinteilsammlung. Das geht mit einem digitalen System nicht, das lässt sich ohne hochintegrierte Schaltkreise nicht empfangen.