Schlagwort: EEG

  • Unsere Stellungnahme zum „Solarpaket I“

    Unsere Stellungnahme zum „Solarpaket I“

    Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz hatte dazu aufgerufen, das „Solarpaket I“ zu kommentieren. Dabei handelt es sich um eine Sammlung Gesetzesänderungen u.a. am EEG und Energiewirtschaftsgesetz, mit denen der Ausbau der Photovoltaik beschleunigt werden soll. Die Piratenpartei Deutschland hat dazu am 4. Juli eine Stellungnahme abgegeben.

    Richtige erste Schritte auch nach externem Druck

    Grundsätzlich ist zu begrüßen, dass nach vielen Jahren Stillstand oder sogar deutlichem Rückschritt mit Altmaier und Vorgängern jetzt viele notwendige Reformen angegangen werden. Beispielsweise werden die Balkonkraftwerke gründlich entbürokratisiert. Hier hat wohl auch die erfolgreiche Petiton vom „Akkudoktor“ Andreas Schmitz zusätzlichen Druck gemacht, endlich zu handeln.

    Noch zu viele Fehlplanungen

    Andererseits fehlt aber immer noch ein größerer Rahmen und die Weichenstellungen für die tatsächlich notwendige Struktur. Der Zubau von Photovoltaik trifft auf ein Stromnetz, das immer noch weitgehend auf eine zentralisierte, fossile Erzeugerstruktur ausgerichtet ist. Es werden immer noch Stromtrassen geplant, die nicht in absehbarer Zeit gebaut werden können, hohe Kosten verursachen und für eine dezentrale Erzeugung weitgehend überflüssig sind.

    Viel zu wenig Augenmerk auf Speicher

    Speicher spielen immer noch eine untergeordnete Rolle in der Netzplanung, Gaskraftwerke sollen die Lücken schließen. Nur sind auch die ein Problem beim Erreichen der Klimaziele und auch ein Problem für die Energiekosten. Darum fordern wir eine massive Kampagne dafür, die Verteilnetze (nicht die Stromtrassen) zu ertüchtigen und Speicher auf allen Netzebenen vorzusehen.

    Mehr Dezentralität wagen

    Auch eine Ausweitung der Installationsorte für Photovoltaik ist überfällig. Agri-PV, also die Kombination von PV mit Landwirtschaft, insbesondere mit hochwertigen Früchten, die vom Sonnen- und Hagelschutz durch die PV-Panels profitieren, ergibt eine einfache Doppelnutzung ohnehin vorhandener Flächen. Gleiches gilt für die Überdachung von versiegelten Flächen. Bei Parkplätzen können durch die Kombination Fahrzeuge geladen werden, ohne dafür einen Ausbau des Netzes zu benötigen.

    Ein echter Start, aber noch mit Handbremse

    Darum ist unser Fazit zum Solarpaket I: Guter Start, aber wir wünschen uns hier deutlich mehr. Und bitte nicht alle paar Monate an den Gesetzen drehen, sondern ein mal richtig, sonst weiß niemand, worauf man sich verlassen kann.

    Nachfolgend unsere Stellungnahme im Originaltext

    Stellungnahme der Piratenpartei Deutschland zum Referentenentwurf des BMWK „Solarpaket I“

    Die Piratenpartei Deutschland begrüßt außerordentlich, dass das BMWK ernsthafte Schritte macht, um den Ausbau der Photovoltaik zu beschleunigen. Die Reduzierung des bürokratischen Aufwandes, speziell auch bei den Balkonkraftwerken, ist ein überfälliger und notwendiger Schritt. Jedoch sehen wir noch bei einigen Punkten weiteren Handlungsbedarf.

    Insbesondere negativ aufgefallen ist uns, dass das Thema Speicher nicht angegangen wird. Im EEG werden bisher primär Speicher mit Wasserstoff betrachtet, die aus unserer Sicht zumindest auf den unteren Netzebenen gar keine Rolle spielen werden. Mindestens eine Gleichstellung anderer Speichermethoden ist hier dringend notwendig.
    Insbesondere bei PV, die naturgemäß tageszeitabhängig ist, sind Speicher eine unabdingbare Komponente, um weitere Kapazitäten sinnvoll ins Netz zu bringen.

    Des weiteren sehen wir es nicht als zielführend an, die Ausbaugeschwindigkeit in irgendeiner Form zu deckeln. Dies sollte Marktmechanismen überlassen werden. Auch die hälftige Aufteilung auf Dach und Freifeld PV sehen wir nicht als zweckmäßig an. Statt Dach-PV sollte generell PV an der Gebäudehülle betrachtet werden. Generell bieten versiegelte Flächen, Agri-PV und schwimmende PV noch sehr viel Potenzial mit gleichzeitig nutzbaren Synergien, wie dem Schutz empfindlicher Nutzpflanzen, Mehrfachnutzung von Flächen oder Reduzierung der Verdunstung in Wasserreservoirs. Entsprechende Beispiele finden sich z.B. in Frankreich, wo Parkplätze ab einer gewissen Größe mit PV überdacht werden müssen oder in Kalifornien, wo Wasserkanäle mit PV bedeckt werden.

    Nicht nachvollziehbar ist für uns, warum bei Balkonkraftwerken die Anlagenleistung auf 2 kW begrenzt werden soll, während der Wechselrichter ohnehin auf 800 W begrenzen muss. Hier wären auch Nutzungen denkbar, bei denen bei höheren Erträgen ein Teil der Leistung nicht über den Wechselrichter geht, sondern anderweitig genutzt wird, beispielsweise, um Batterien zu laden. Die zusätzliche Begrenzung ist bestenfalls redundant.

    Die Definition der Gebäudestromanlage im Kontext Mieterstrom sieht einseitig nur PV als Stromerzeuger vor. Dies sollte korrigiert werden, da abhängig von den lokalen Gegebenheiten auch z.B. Kleinwindkraft oder Geothermie in Betracht kommen können. Das wäre ein Punkt, an welchem der Begriff der Technologieoffenheit tatsächlich mit Leben gefüllt werden kann.

    Die Ungleichbehandlung zwischen Voll- und Teileinspeisung sollte komplett abgeschafft und alle damit verbundenen Verfahren erheblich entbürokratisiert werden. Der bisherige Aufwand verhindert insbesondere in mittelständischen Unternehmen mit geeigneten Dachflächen oftmals die Investition in eine Anlage, die das gesamte Potenzial nutzt.

    Wir würden uns freuen, wenn unsere Anregungen aufgenommen werden.

  • Neue Gaslieferanten lösen Energiekrise nicht – Erneuerbare vor Ort als echte Lösung

    Neue Gaslieferanten lösen Energiekrise nicht – Erneuerbare vor Ort als echte Lösung

    Auf dem Bundesparteitag 22.1 der Piratenpartei im Juni haben wir PIRATEN einstimmig ein Positionspapier zur Beschleunigung der Energiewende [1] angenommen. Darin wird deutliche Kritik an der viel zu geringen Geschwindigkeit der derzeitigen Bundesregierung geübt.

    Die aktuelle Situation ist natürlich jahrelang verfehlter Politik geschuldet. 16 Jahre der Regierung Angela Merkel haben die Energiewende praktisch zum Stillstand gebracht. Und das, obwohl schon lange klar war, dass eine dezentrale Versorgung mit Erneuerbaren Energien nicht nur wegen des Klima- und Umweltschutzes, sondern auch wirtschaftlich und geopolitisch notwendig ist, um ungesunde Abhängigkeiten zu beenden. Dank der jahrelangen Verhinderungspolitik von CDU/CSU, FDP und SPD ist nicht nur die Energiewende zum Schneckentempo verlangsamt, sondern auch die lokale Produktion von Photovoltaik und Windkraftanlagenin Deutschland ist kaum noch existent. Was die Situation in Kombination mit den Problemen in den Lieferketten noch mehr verschärft.

    Um so weniger verständlich ist es, dass sich Bundeswirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck momentan nur um einige wenige Aspekte kümmert und diese dann mit etwas hilflosem Aufrufen zum Energiesparen garniert.

    Eine regelrechte Fehlleistung ist der gerade aufgekommene Ansatz, wieder mehr Kohlekraftwerke einzusetzen, um weniger Gas zu verstromen. Kohlekraftwerke, insbesondere Braunkohlekraftwerke, sind extrem träge bei der Regelung und stehen deshalb im Netz oft im Weg. Aufgrund der aktuellen Regelsetzung drängen Kohlekraftwerke sogar Erneuerbare aus dem Netz.

    Natürlich ist es nicht möglich, alles auf einmal auf nachhaltig umzustellen. Alleine schon wegen aktuellen Lieferprobleme und der begrenzten Kapazitäten bei der Installation. Aber auch die Versuche zum Beispiel Gas aus anderen Lieferländern zu holen, werden nur begrenzten Erfolg auf kurze Sicht haben, denn keines der Länder hat große Kapazitäten in Reserve gehalten, nur darauf wartend, dass Deutschland und Europa diese endlich nutzen werden. Verträge zu schließen, um neue Kapazitäten aufzubauen, ist auch keine Option. Die Zeit und das Geld dafür wären besser angelegt, um die betreffenden Anlagen und Prozesse auf nachhaltige Optionen umzustellen, statt weiteres Geld in fossile Investitionen zu kippen, die uns nur näher an den Abgrund bringen.

    Auch wenn es notwendig ist, ausfallende Gas- und Öllieferungen zumindest teilweise aus anderen Quellen zu decken, müssen parallel dazu sofort Maßnahmen ergriffen werden, um uns dauerhaft aus der fossilen Energiefalle zu befreien.

    Das groß angekündigte Osterpaket hat sich leider nicht als der große Wurf erwiesen, sondern ist eher ein kleines Kullern geworden. Wir haben den Entwurf, der unter anderem das EEG (Erneuerbare Energien Gesetz) verändert, im Detail kommentiert [1]. Bürokratische Hürden stehen dem Ausbau von Wind und Solar im Weg [2] und demotivieren Bauherren, Unternehmer und Investoren. Trotzdem herrscht zum Thema Bürokratieabbau weitgehend Funkstille. Dabei wären das Probleme, die sich relativ schnell ausräumen ließen.

    Für neue Gasheizungen gibt es immer noch Förderungen, wenn sie eine alte Anlage ersetzen. Die verbrauchen dann zwar weniger Gas, aber bei weiteren 20 bis 30 Jahren Laufzeit ist dies dennoch eine deutliche Menge. Hier wäre eine Sofortmaßnahme notwendig, welche die Förderungen für fossile Anlagen komplett streicht und den Umstieg auf nachhaltige Lösungen wie Wärmepumpen unterstützt.

    Die nächsten Probleme sind Fachkräftemangel und fehlende Produktionskapazitäten: Insbesondere im Handwerk, das PV-Anlagen, Wärmepumpen und Speicher installiert, fehlen ausgebildete Leute. Teilweise mangelt es an Fortbildungen und Auszubildenden, und so wird weiter die Gastherme eingebaut, die man seit 20 Jahren kennt. Bei den Produktionskapazitäten tut sich aktuell etwas im Bereich der Batteriespeicher und ganz vorsichtig auch wieder bei Photovoltaikzellen. Dafür ist die Produktion in der Windkraft dabei, weiter einzubrechen.

    Auch hier sind massive Kampangen notwendig, die nicht sofort einen Erfolg bringen werden, sondern Vorlauf benötigen. Aber je später wir damit anfangen, um so länger dauert es.

    Also, Herr Minister Habeck, bitte keine weiteren Investitionen in langfristige fossile Infrastrukturen! Unser Geld ist ganz schlecht angelegt, wenn damit neue Gasfelder erschlossen werden. Das Geld investieren wir besser in Europa, um nachhaltige Strukturen zu schaffen, in heimische Industrie, um Photovoltaik, Windkraft, Speicher und alle anderen notwendigen Komponenten herzustellen. Und in gut ausgebildete Leute, die den Wandel betreiben. Und das bitte sofort, wir haben keine Zeit mehr!

    Quellen:
    [1] https://energiepolitik.piratenpartei.de/2022/06/17/bundesparteitag-verabschiedet-positionspapier-energiewende-beschleunigen/
    [2] https://energiepolitik.piratenpartei.de/2022/03/25/stellungnahme-zum-referentenentwurf-der-novelle-des-erneuerbare-energien-gesetzes-eeg/
    [3] https://www.focus.de/finanzen/news/eine-erfundene-vorschrift-verhindert-dass-1000-solaranlagen-ans-netz-gehen_id_107959911.html

  • EEG Novelle, das Gemurxe geht weiter

    EEG Novelle, das Gemurxe geht weiter

    Zu spät, zu wenig, zu mutlos, alles das kann, ja muss man eigentlich über die gerade im Bundestag beschlossene EEG-Novelle sagen. Auf keinen Fall ist sie ein großer Wurf oder gar ein Durchbruch, sondern eher ein Herumdoktern, um den bestehenden Status Quo weitgehend zu erhalten.

    Immerhin konnte man sich noch dazu durchringen, die Bagatellgrenze für den Eigenverbrauch von Erneuerbare Energien (EE)-Strom auf 30 kWP anzuheben. Damit folgt man letztlich nur einer gesetzlichen Vorgabe der EU, der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie von 2018 – eine hauptsächlich minimale Novelle, denn alles andere hätte zu einem Vertragsverletzungsverfahren geführt. Zumindest wurden einige der bürokratischen Hürden für den Weiterbetrieb von ausgeförderten Photovoltaik (PV)-Anlagen beseitigt.

    Wichtige Themen, wie die ebenfalls von der EU untersagte Abgaben-Doppelbelastung von Speichern, oder das Problem der Personenidentität beim Eigenverbrauch, werden in der EEG-Novelle 2021 nicht einmal erwähnt. Somit bleiben Speicher weiterhin per Gesetz unwirtschaftlich, und der Anlagenbetreiber wird absurderweise formell zum Stromversorger, wenn im Firmengebäude die Kantine verpachtet ist.

    „Insgesamt ein sehr enttäuschendes Ergebnis,“

    konstatiert Martin Kollien-Glaser, Themenbeauftragter Umwelt der Piratenpartei Deutschland, und fügt hinzu:

    „Zur Bewältigung der Krise durch die Pandemie, und für den enorm wichtigen Klimaschutz, hätte man ein rasantes Wachstum der Erneuerbaren Energien stimulieren müssen. Stattdessen wurde erneut sicher gestellt, dass die EE nicht zu schnell wachsen, damit die alten fossilen Anlagenbetreiber noch etwas länger Geld verdienen können.“

  • Klimaziele 2020 locker erreichen: Eine Anleitung

    Klimaziele 2020 locker erreichen: Eine Anleitung

    „Schicksalstag für die SPD“ – so oder ähnlich titelten die Gazetten, als sie über die Entscheidung des SPD-Sonderparteitags über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen zwischen CDU/CSU und SPD schrieben.

    Ja, die Entscheidung wird die weitere Entwicklung der SPD beeinflussen. Interessanter für unser Land ist jedoch, was nach einem ‚Ja‘ der SPD zur #GroKo zu erwarten ist und was den Menschen in unserem Land versprochen wird. In dieser Artikelserie gehen wir diesen Fragen auf den Grund.

    Die schlechte Nachricht zuerst: Der Ausbau der erneuerbaren Technologien zur Stromerzeugung bringt, so wie er im Erneuerbare-Energie-Gesetz (EEG) festgeschrieben ist, keine zusätzlichen CO2-Einsparungen. Er kompensiert lediglich den wegfallenden CO2-freien Atomstrom. Die gute Nachricht: Es ist überhaupt kein Problem, das Klimaschutzziel 2020 zu erreichen – wenn wir es denn als Gesellschaft und Politik wirklich wollen!

    Es war das Ziel aller Bundesregierungen seit dem Jahr 2002, dass Deutschland seine Treibhausgas-Emissionen bis zum Jahr 2020 um 40% gegenüber dem Jahr 1990 reduziert. Diese liegen heute bei ca. 900 Millionen Tonnen. Den größten Anteil an den Emissionen hat die Energiewirtschaft mit etwa 320 Millionen Tonnen, gefolgt vom Straßenverkehr mit 160 und jeweils 130 Millionen Tonnen durch Heizungsanlagen und das verarbeitende Gewerbe. Um das Klimaziel 2020 noch zu erreichen, muss Deutschland bis dahin die jährlichen Treibhausgas-Emissionen um 150 Millionen Tonnen senken. Wie können wir das als Gesellschaft schaffen?

    Die ersten 100 Millionen Tonnen Treibhausgase sparen wir dadurch ein, indem wir die fossilen Kraftwerke in anderer Reihenfolge für die Stromerzeugung einsetzen; an erster Stelle die Gaskraftwerke, die die geringsten Mengen CO2 ausstoßen. Reicht diese Leistung für die aktuelle Stromerzeugung nicht aus, werden Steinkohlekraftwerke zugeschaltet und erst danach Braunkohlekraftwerke. Diese Reihenfolge hätte im Jahr 2016 ca. 100 Millionen Tonnen CO2 eingespart. So ließe sich übrigens vorgehen, ohne die Stromrechnung für private Haushalte zu erhöhen. Da Erdgas als fossiler Brennstoff teurer als Stein- und Braunkohle ist, hätte sich der Preis für die Stromerzeugung um etwas weniger als 1 Cent pro Kilowattstunde erhöht. Privathaushalte zahlen 2,05 Cent pro Kilowattstunde als Stromsteuer, deren Erlöse weitestgehend in die Rentenkasse eingezahlt werden. Senken wir die Stromsteuer um 1 Cent, erhöht sich die Stromrechnung für Privathaushalte nicht. Braunkohlekraftwerke müssten bei dieser Einsatzfolge der fossilen Kraftwerke nur noch selten zur Stromerzeugung eingesetzt werden.

    Was bedeutet das für die Arbeitsplätze in der Energiewirtschaft? Für den Fall, dass „die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht“ und künftige Kurzzeitstromspeicher leer sind, muss der Strom mit Kraftwerken und deren Generatoren hergestellt werden. Gaskraftwerke sind hierbei die Technik der Wahl. Sie sind in wenigen Stunden betriebsbereit und können im Zusammenspiel mit den heutigen präzisen Wetterprognosen problemlos zugeschaltet werden. Allerdings stellen sie im aktuellen deutschen Kraftwerkspark nur etwa ein Viertel der im Rahmen der Energiewende benötigten Generatorleistung zur Verfügung. Wir müssen also anfangen, die anderen Kraftwerke umzubauen bzw. zu alte (Kohle-)Kraftwerke durch neue Gaskraftwerke zu ersetzen. Eine erste Schätzung für die Um- und Neubaukosten: etwa 30 Milliarden €. Auch diese Kosten lassen sich durch die restlichen Einnahmen aus der Stromsteuer über zehn Jahre finanzieren: Die Einnahmen aus der Stromsteuer betrugen im Jahr 2016 6,6 Milliarden €. Senken wir die Steuer um einen Cent, bleiben ca. 3,3 Milliarden € im Jahr, sprich 33 Milliarden in zehn Jahren übrig.

    Der Einsatz von Gaskraftwerken und der Umbau des Kraftwerksparks erhält alte Arbeitsplätze und schafft neue bei den Energieversorgern. Nach Daten des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie gab es im Jahr 2016 im Braunkohle-Bergbau und der Braunkohle-Veredelung knapp 13.000 Beschäftigte, in der Gasförderung und -versorgung mehr als 35.000. Was im Bereich der Braunkohle-Stromerzeugung wegfällt, wächst durch die erhöhte Gasstromerzeugung hinzu. Zudem sind die Braunkohlereviere durch die bereits vorhandenen Stromleitungen prädestiniert für den dringend erforderlichen und Arbeitsplätze schaffenden massiven Ausbau der erneuerbaren Energien.

    Für das Nicht-Benutzen von vier Braunkohlekraftwerken wandern bis zum Jahr 2020 aus den Bürgertaschen 1,6 Milliarden Euro in die Taschen von Energiekonzernen. Auch in den Jahren 2018 und 2019 werden für den Einsatz deutscher Steinkohle in Kraftwerken und Hochöfen sowie für Stilllegungen bei Bergbauunternehmen bis zu einer Milliarde Euro („Kohlepfennig“) gezahlt. Ab dem Jahr 2019 müssen zusätzlich 1,7 Milliarden Euro pro Jahr aus dem Bundeshaushalt aufgebracht werden, um Bergbauunternehmen in der Wahrnehmung weiterhin bestehender Verpflichtungen, die nicht von der Ruhrkohle-AG-Stiftung getragen werden, zu unterstützen. In diesem Kontext betrachtet sollten die geforderten jährlichen 240 Millionen Euro für den notwendigen Strukturwandel in der Lausitz problemlos realisierbar sein.

    Und die Einsparung der noch fehlenden 50 Millionen Tonnen?
    Die Auswahl an Möglichkeiten ist groß: Legt man für den Exportüberschuss des deutschen Stromes in Höhe von 55 Milliarden Kilowattstunden im Jahr 2016 die CO2-Emission des deutschen Strommixes zu Grunde, wurden allein hierfür 29 Millionen Tonnen CO2 ausgestoßen. Wird der Export deutlich verringert, werden damit viele Millionen Tonnen Treibhausgase eingespart. Darüber hinaus bietet der Wegfall der Ausbaubegrenzung von erneuerbaren Energien im EEG, welche die Energiewende unverantwortlich ausbremst, erhebliches Einsparungspotential. Auch wir Bürger können sofort aktiv werden, um die Treibhausgasemissionen zu verringern: Reduzieren wir unseren Fleischkonsum einhergehend mit der Verkleinerung des Viehbestandes in Deutschland um ein Fünftel – was auch unserer Gesundheit zu gute käme: 20 Millionen Tonnen. Kaufen wir langlebige oder gebrauchte Güter und beschränken die Konsumausgaben (Kleidungsstücke, technische Artikel) insgesamt auf 150 € pro Monat, sparen wir nach dem CO2-Rechner des Umweltbundesamtes drei Tonnen Treibhausgas pro Kopf gegenüber dem Durchschnittskonsumenten ein. Tun dies ab jetzt fünf Millionen weitere Bundesbürger, ergäbe sich eine Einsparung von 15 Millionen Tonnen. Fahren wir mit dem PKW etwas ruhiger und machen die eine oder andere Fahrt weniger oder mit dem Nachbarn gemeinsam, sparen wir nicht nur Spritgeld, sondern auch CO2-Emissionen ein: mindestens 10 Millionen Tonnen. Auch mit dem Austausch alter Heizungspumpen und der Erneuerung oder Optimierung alter Heizungsanlagen können wir als Bürger nicht nur Geld, sondern auch Treibhausgasemissionen reduzieren. Und es gäbe noch mehr Möglichkeiten!