Schlagwort: Energiekrise

  • Gaspreisbremse: Wichtig, aber nur als Begleitinstrument

    Gaspreisbremse: Wichtig, aber nur als Begleitinstrument

    Stellungnahme der Piratenpartei Deutschland zum Zwischenbericht der Experten-Kommission Gas und Wärme an das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) vom 14. Oktober 2022

    Die Piratenpartei Deutschland begrüßt, dass ein Ansatz gesucht wird, private Verbraucher und Wirtschaft von den existenzbedrohenden Gaspreisen zu entlasten. Die Vorschläge der Expertenkommission beinhalten Anreize zum Energiesparen. Allerdings bleiben ungeklärte Fragen und während die Expertenkommission sich dezidiert mit finanziellen Entlastungen befassen sollte, muss die Bundesregierung zusätzliche Maßnahmen zur Gestaltung des Energiemarktes ergreifen.

    Eine zunächst einmalige Übernahme eines Monatsabschlags durch den Staat im Dezember, wie von der Kommission vorgeschlagen, ist für viele Gaskunden bei weitem nicht ausreichend, da die Gaspreise teilweise auf das vier- oder fünffache (oder sogar noch weiter) gestiegen sind. Privatpersonen wie auch Unternehmen, bei denen der Gaspreis einen erheblichen Anteil ihres Einkommens beansprucht, werden damit nicht bis zum eigentlichen Gaspreisdeckel, vorgeschlagen ab März/April 2023, durchhalten können.

    Gar nicht berücksichtigt sind dabei Gaskunden, die nicht am Netz angeschlossen sind, sondern einen Tank nutzen, der periodisch aufgefüllt wird. Dies betrifft insbesondere Privatpersonen und kleinere Unternehmen im ländlichen Raum. Eine staatliche Übernahme der Abschlagszahlungen für Dezember kann so nicht auf diese Gaskunden angewandt werden.

    Der Vorschlag der Deckelung des Gaspreises auf 12 ct/kWh für 80 % des bisherigen Verbrauches bzw. eines noch zu definierenden „Grundkontingents“ setzt verhältnismäßig wenig Anreize zum Sparen, insbesondere bei größeren Verbrauchern, bei denen die Gaskosten keinen sehr großen Anteil des Einkommens ausmachen.

    Es fehlt an Perspektiven, wie der Gaspreis tatsächlich gesenkt werden soll – die Empfehlungen der Kommission kommen vielmehr einer staatlichen Subvention der hohen Gaspreise aus Steuermitteln gleich. Die vorgesehene Einmalzahlung mit nachfolgender Deckelung führt zwar zu einer kurzfristigen Entlastung der Gaskunden, aber zu keiner Änderung der Situation. Es wird lediglich für einen gewissen Zeitraum der hohe Preis mit Steuergeldern finanziert, was keine nachhaltige Wirkung hat.

    Für den Zeitraum von 14 Monaten, in denen der Gaspreisdeckel aktiv sein soll, sowie die Einmalzahlung werden ca. 93 Mrd. € veranschlagt. Um diesen Betrag ins Verhältnis zu setzen: Das ist etwa der Betrag, den Deutschland in 2021 insgesamt für den Import von Energierohstoffen ausgegeben hat.

    Die wirkungsvollste Maßnahme zu einer tatsächlichen Senkung des Gaspreises ist eine schnelle Reduzierung des Bedarfs. Dazu ist eine schnellere Umstellung auf alternative Methoden und nachhaltige Energiequellen notwendig.

    Dazu fordern wir:

    • Unbürokratische Förderprogramme für die Umstellung von Gas auf Erneuerbare Energien (EE)
    • KfW-Kredite für Privatpersonen und Unternehmer zur Umstellung, mit Raten berechnet basierend auf den monatlichen Energiekosten vor der Krise.
    • Reduzierung der Verstromung von Gas
    • Sofortige Maßnahmen, um mehr EE online zu bringen
    • Sofortige Maßnahmen für mehr Stromspeicher

    Momentan wird zu viel Gas zur Stromerzeugung verwendet, was sich durch einen besseren Einsatz des vorhandenen Kraftwerksparks reduzieren ließe. Durch das Zusammenspiel von Merit-Order und Redispatch-Verordnung werden Erneuerbare abgeregelt, während fossile Erzeuger weiter laufen. Das wird dadurch verursacht, dass bei einem Stromüberangebot die Erzeuger abgeregelt werden, die weniger Entschädigung dafür erhalten. Da die EE über die Einspeisevergütung entschädigt werden und das nach der Logik der Verordnung nichts kostet, trifft sie die Abregelung, bzw. sie kommen nicht ins Netz.

    Ein unbedingter Vorrang der EE beim Zugang zum Netz würde die Nutzung der Gaskraftwerke reduzieren und damit Gas einsparen, was sich sowohl auf die Versorgungssicherheit als auch auf den Preis positiv auswirken würde. Dazu kommt, dass immer noch viele EE Anlagen zwar bereits fertig gebaut, aber wegen bürokratischer Hürden nicht am Netz sind. Hier sind sofortige Maßnahmen notwendig, um alles verfügbar zu machen.

    Bau und Betrieb von Stromspeichern muss weiter von Abgaben und Bürokratie entlastet werden, um mittelfristig das vollständige Potenzial der günstigeren EE auszunutzen. Zusätzliche Speicher reduzieren den Bedarf an Spitzenlast aus Gaskraftwerken.

    Grundsätzlich müssen die Bürger und die Unternehmen aufgefangen werden, aber eine reine Abfederung der Preise für eine kurze Zeit verschiebt das Problem nur, statt es zu lösen. Wir wollen raus aus der Krise – und nicht nur für eine kurze Zeit den Druck reduzieren.

     

  • Krisengeschenke an Krisengewinner

    Krisengeschenke an Krisengewinner

    Ein Beitrag von Anne Herpertz, Vorsitzende der Piratenpartei Deutschland

    Nachdem am Montag bekannt wurde, welche Unternehmen von der Gasumlage profitieren sollen, ist klar, dass es sich bei der Umlage nicht gänzlich um ein Rettungspaket für vor der Pleite stehende Unternehmen handelt. Statt die wirklich von Mehrausgaben finanziell Betroffenen zu entlasten, nutzt die Bundesregierung die Energiekrise, um von unten nach oben umzuverteilen. Die Unternehmen, die von Trading Hub Europe veröffentlicht wurden, gehören zum Teil zu den Gewinnern der Krise und haben bereits jetzt Millionengewinne für dieses Jahr angemeldet.

    Während in anderen Ländern mit Übergewinnsteuern ein sozialer Ausgleich geschaffen wird, scheint die Bundesregierung die Situation in Deutschland verschärfen zu wollen. Christian Lindner wirft mit Nebelkerzen, während ein großer Teil der Bevölkerung immer schwerer belastet wird und berechtigterweise mit Angst Richtung Herbst und Winter blickt.

    Wo bleiben die versprochenen Entlastungen für Menschen mit niedrigem Einkommen und ohne Ersparnisse, die jetzt schon jeden Cent umdrehen? Statt konkreter Pläne bekommen wir Spartipps von Politiker:innen, die uns erzählen, dass es in unseren Wohnungen jetzt eben kälter wird. Nicht falsch verstehen – Energie und Ressourcen sparen ist immer angebracht – die Tipps richten sich jedoch an Menschen, die wenig Geld zur Verfügung haben. Für mich ist das blanker Hohn: Als wären Menschen, die ohnehin kaum Geld haben, das Sparen nicht gewöhnt. Die Verantwortung der Regierung in den diversen Krisensituationen muss dringend anders priorisiert werden.

  • Neue Gaslieferanten lösen Energiekrise nicht – Erneuerbare vor Ort als echte Lösung

    Neue Gaslieferanten lösen Energiekrise nicht – Erneuerbare vor Ort als echte Lösung

    Auf dem Bundesparteitag 22.1 der Piratenpartei im Juni haben wir PIRATEN einstimmig ein Positionspapier zur Beschleunigung der Energiewende [1] angenommen. Darin wird deutliche Kritik an der viel zu geringen Geschwindigkeit der derzeitigen Bundesregierung geübt.

    Die aktuelle Situation ist natürlich jahrelang verfehlter Politik geschuldet. 16 Jahre der Regierung Angela Merkel haben die Energiewende praktisch zum Stillstand gebracht. Und das, obwohl schon lange klar war, dass eine dezentrale Versorgung mit Erneuerbaren Energien nicht nur wegen des Klima- und Umweltschutzes, sondern auch wirtschaftlich und geopolitisch notwendig ist, um ungesunde Abhängigkeiten zu beenden. Dank der jahrelangen Verhinderungspolitik von CDU/CSU, FDP und SPD ist nicht nur die Energiewende zum Schneckentempo verlangsamt, sondern auch die lokale Produktion von Photovoltaik und Windkraftanlagenin Deutschland ist kaum noch existent. Was die Situation in Kombination mit den Problemen in den Lieferketten noch mehr verschärft.

    Um so weniger verständlich ist es, dass sich Bundeswirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck momentan nur um einige wenige Aspekte kümmert und diese dann mit etwas hilflosem Aufrufen zum Energiesparen garniert.

    Eine regelrechte Fehlleistung ist der gerade aufgekommene Ansatz, wieder mehr Kohlekraftwerke einzusetzen, um weniger Gas zu verstromen. Kohlekraftwerke, insbesondere Braunkohlekraftwerke, sind extrem träge bei der Regelung und stehen deshalb im Netz oft im Weg. Aufgrund der aktuellen Regelsetzung drängen Kohlekraftwerke sogar Erneuerbare aus dem Netz.

    Natürlich ist es nicht möglich, alles auf einmal auf nachhaltig umzustellen. Alleine schon wegen aktuellen Lieferprobleme und der begrenzten Kapazitäten bei der Installation. Aber auch die Versuche zum Beispiel Gas aus anderen Lieferländern zu holen, werden nur begrenzten Erfolg auf kurze Sicht haben, denn keines der Länder hat große Kapazitäten in Reserve gehalten, nur darauf wartend, dass Deutschland und Europa diese endlich nutzen werden. Verträge zu schließen, um neue Kapazitäten aufzubauen, ist auch keine Option. Die Zeit und das Geld dafür wären besser angelegt, um die betreffenden Anlagen und Prozesse auf nachhaltige Optionen umzustellen, statt weiteres Geld in fossile Investitionen zu kippen, die uns nur näher an den Abgrund bringen.

    Auch wenn es notwendig ist, ausfallende Gas- und Öllieferungen zumindest teilweise aus anderen Quellen zu decken, müssen parallel dazu sofort Maßnahmen ergriffen werden, um uns dauerhaft aus der fossilen Energiefalle zu befreien.

    Das groß angekündigte Osterpaket hat sich leider nicht als der große Wurf erwiesen, sondern ist eher ein kleines Kullern geworden. Wir haben den Entwurf, der unter anderem das EEG (Erneuerbare Energien Gesetz) verändert, im Detail kommentiert [1]. Bürokratische Hürden stehen dem Ausbau von Wind und Solar im Weg [2] und demotivieren Bauherren, Unternehmer und Investoren. Trotzdem herrscht zum Thema Bürokratieabbau weitgehend Funkstille. Dabei wären das Probleme, die sich relativ schnell ausräumen ließen.

    Für neue Gasheizungen gibt es immer noch Förderungen, wenn sie eine alte Anlage ersetzen. Die verbrauchen dann zwar weniger Gas, aber bei weiteren 20 bis 30 Jahren Laufzeit ist dies dennoch eine deutliche Menge. Hier wäre eine Sofortmaßnahme notwendig, welche die Förderungen für fossile Anlagen komplett streicht und den Umstieg auf nachhaltige Lösungen wie Wärmepumpen unterstützt.

    Die nächsten Probleme sind Fachkräftemangel und fehlende Produktionskapazitäten: Insbesondere im Handwerk, das PV-Anlagen, Wärmepumpen und Speicher installiert, fehlen ausgebildete Leute. Teilweise mangelt es an Fortbildungen und Auszubildenden, und so wird weiter die Gastherme eingebaut, die man seit 20 Jahren kennt. Bei den Produktionskapazitäten tut sich aktuell etwas im Bereich der Batteriespeicher und ganz vorsichtig auch wieder bei Photovoltaikzellen. Dafür ist die Produktion in der Windkraft dabei, weiter einzubrechen.

    Auch hier sind massive Kampangen notwendig, die nicht sofort einen Erfolg bringen werden, sondern Vorlauf benötigen. Aber je später wir damit anfangen, um so länger dauert es.

    Also, Herr Minister Habeck, bitte keine weiteren Investitionen in langfristige fossile Infrastrukturen! Unser Geld ist ganz schlecht angelegt, wenn damit neue Gasfelder erschlossen werden. Das Geld investieren wir besser in Europa, um nachhaltige Strukturen zu schaffen, in heimische Industrie, um Photovoltaik, Windkraft, Speicher und alle anderen notwendigen Komponenten herzustellen. Und in gut ausgebildete Leute, die den Wandel betreiben. Und das bitte sofort, wir haben keine Zeit mehr!

    Quellen:
    [1] https://energiepolitik.piratenpartei.de/2022/06/17/bundesparteitag-verabschiedet-positionspapier-energiewende-beschleunigen/
    [2] https://energiepolitik.piratenpartei.de/2022/03/25/stellungnahme-zum-referentenentwurf-der-novelle-des-erneuerbare-energien-gesetzes-eeg/
    [3] https://www.focus.de/finanzen/news/eine-erfundene-vorschrift-verhindert-dass-1000-solaranlagen-ans-netz-gehen_id_107959911.html