Schlagwort: Europäischer Gerichtshof

  • EuGH-Urteil: PIRATEN fordern europaweites Verbot der Surfprotokollierung

    Den Ausgang seiner Klage gegen die massenhafte Aufzeichnung des Internet-Nutzungsverhaltens bewertet der Abgeordnete Patrick Breyer von der Piratenpartei als „Tor, Gegentor, unentschieden“:

    „Die EU schützt Internetnutzer nicht vor einer massenhaften Aufzeichnung ihres Internet-Nutzungsverhaltens und verbietet sogar nationale Gesetze dagegen. Damit werden Internetanbieter uns im Netz weiterhin auf Schritt und Tritt verfolgen und Informationen über unsere privaten Interessen und Vorlieben sammeln sowie weitergeben können. Die EU muss diese inakzeptable Schutzlücke in ihrem Datenschutzrecht schnellstmöglich durch ein neues Gesetz schließen!

    Zwar konnte ich den jahrelangen Streit darüber, ob Surfprotokolle mit IP-Adressen dem Datenschutz unterliegen, für mich entscheiden. Gleichzeitig hat der Gerichtshof aber das Verbot einer massenhaften Surfprotokollierung, das im deutschen Telemediengesetz festgelegt war, gekippt. Ob das EU-Recht Anbietern eine massenhafte Aufzeichnung unseres Internet-Nutzungsverhaltens gestattet und wenn ja, wie lange, lässt der Gerichtshof offen und unentschieden.

    Die geforderte Interessensabwägung dürfte die Gerichte noch lange beschäftigen. Ein Gerichtsgutachten und die Praxis belegen, dass ein sicherer Betrieb von Internetportalen bei entsprechender Systemgestaltung auch ohne Aufzeichnung des Surfverhaltens möglich ist. Internetsysteme durch Nutzerüberwachung schützen zu wollen wäre so sinnlos wie über eine offene Lagerhalle eine Videokamera zu hängen. Ich hoffe deshalb, dass ich nach der heutigen Vorabentscheidung im weiteren Verfahren vor dem Bundesgerichtshof oder dem Bundesverfassungsgericht noch ein Verbot der Surfprotokollierung erstreiten kann. Das Bundesverfassungsgericht hat schon in seinem Urteil zur Vorratsdatenspeicherung betont, dass die Internetnutzung nicht inhaltlich festgehalten und damit rekonstruierbar bleiben darf.

    Um Internetnutzer wirksam zu schützen und die Rechtsunsicherheit für Anbieter zu beenden, muss aber die EU-Kommission tätig werden und ein klares Verbot der massenhaften Surfprotokollierung auf den Weg bringen. Es muss aufhören, dass Behörden und Konzerne unser Internet-Nutzungsverhalten verfolgen und aufzeichnen – das grenzt an Stalking. Was ich lese, schreibe und wonach ich suche, spiegelt meine privatesten und intimsten Interessen, Überzeugungen, Vorlieben und Schwächen wider und geht niemanden etwas an. Unser Leben wird immer digitaler, aber es darf damit nicht immer gläserner werden!“

    Bedeutung und Auswirkungen des Urteils diskutiert Patrick Breyer heute ab 13 Uhr mit dem Leiter Digitalpolitik des Bundesverbands Digitale Wirtschaft. Ein Livestream wird auf piratenpartei.de verlinkt werden

  • EuGH entscheidet über Ausspionieren von Internetnutzern

    Am 19. Oktober wird das oberste EU-Gericht sein lange erwartetes Urteil über die Verfolgung und das Surfverhalten von Internetnutzern (auch Surfprotokollierung oder Tracking genannt) verkünden (Az. C-582/14). Der PIRATEN-Abgeordnete Patrick Breyer klagt gegen die Bundesregierung, weil sie – wie viele private Anbieter auch – die Nutzung ihrer Internetportale mitprotokolliert und drei Monate lang auf Vorrat speichert.

    »Dieses Urteil wird Internetgeschichte schreiben. Solange wir uns schon wegen des Lesens von Internetseiten verdächtig machen können, gibt es keine echte Informations- und Meinungsfreiheit im Internet«, begründet Breyer seine Klage. »Niemand hat das Recht, alles, was wir im Netz sagen und was wir tun, aufzuzeichnen. Als Generation Internet haben wir das Recht, uns im Netz ebenso unbeobachtet und unbefangen informieren zu können, wie es unsere Eltern aus Zeitung, Radio oder Büchern tun konnten.«

    Der EU-Generalanwalt empfahl dem Gerichtshof im Mai einerseits, den Datenschutz auf die beim Surfen hinterlassenen Spuren (IP-Adressen) anzuwenden. Andererseits soll der EuGH das deutsche Telemediengesetz kippen, das eine Surfprotokollierung bisher verbietet.

    »Die EU kann nicht einerseits das Datenschutzrecht europaweit nivellieren und andererseits das Surfverhalten von Millionen von Internetnutzern ausspionieren lassen«, fordert Breyer. »Ein europaweites Verbot jeglicher Vorratsspeicherung unserer Internetnutzung ist überfällig. Wir brauchen sichere IT-Systeme, keine Totalaufzeichnung unseres digitalen Lebens.«

  • PIRAT Patrick Breyer vs. EU-Kommission: EuGH fällt Grundsatzurteil über Transparenz der europäischen Justiz

    Am nächsten Montag, 26. September, verhandelt der Europäische Gerichtshof (EuGH) über die Klage des Abgeordneten der Piratenpartei Dr. Patrick Breyer aus Schleswig-Holstein gegen die EU-Kommission auf Offenlegung gerichtlicher Schriftsätze (Az. C-213/15 P): Darf die Öffentlichkeit erfahren, wie demokratisch gewählte Regierungen und private Kläger vor dem höchsten EU-Gericht agieren und argumentieren, gerade wenn Grundrechte oder wichtige Grundsatzfragen zur Entscheidung anstehen? Wegen der grundsätzlichen Bedeutung dieser Frage entscheidet die Große Kammer des Gerichtshofs.

    Im Februar 2016 entschied Luxemburg in erster Instanz, dass die EU-Kommission den Schriftverkehr vor Gericht nach Verfahrensabschluss offenlegen muss, dass die Parteien während eines laufenden Verfahrens aber nicht zur Weitergabe von Informationen nach außen berechtigt seien (Az. T-188/12). Mit diesem Urteil waren beide Seiten unzufrieden: Die EU-Kommission, unterstützt von Spanien und Frankreich, will mit ihrer Berufung auch eine nachträgliche Offenlegung der schriftlichen Argumentation und Anträge in EU-Gerichtsverfahren verhindern. PIRAT Breyer, unterstützt von Finnland und Schweden, will dagegen die in erster Instanz verfügte Geheimhaltungspflicht während laufender Prozesse kippen und veröffentlicht – trotz einer in erster Instanz verhängten Strafe – die im Verfahren gewechselten Schriftsätze weiter im Internet.

    Kläger Breyer, der bis zu seiner Wahl in den Landtag selbst als Richter tätig war, erklärt: „Es geht in diesem Grundsatzprozess nicht nur um die Transparenz der EU-Justiz als europäisches Verfassungsgericht, sondern um Pressefreiheit und die demokratische Kontrolle von Regierungen. Sollen Presse und Öffentlichkeit in Grundsatzprozessen mit weitreichenden Folgen für jeden Bürger künftig vor vollendete Tatsachen gestellt werden? Keine Berichterstattung, bis die mündliche Verhandlung den Prozess abschließt? Meine Überzeugung ist, dass Entscheidungen des obersten EU-Gerichts nicht zu Geheimverfahren werden dürfen! Gerichtsverfahren ›unabhängig von jedem äußeren Einfluss‹ führen zu wollen, widerspricht dem Grundgedanken der demokratischen Kontrolle und der Pressefreiheit.“

    Mit seiner Klage will Breyer erfahren, mit welchen Argumenten vor einigen Jahren um Österreichs Pflicht zur Umsetzung der später gekippten EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung gerungen wurde. Für Aufsehen sorgte das Verfahren, als die EU-Kommission von Kläger Breyer erfolglos verlangte, seine Klageschrift und ihre Klageerwiderung wieder aus dem Internet zu löschen.

    Weitere Informationen und Verfahrensdokumentation: http://www.patrick-breyer.de/?p=561245

  • Julia Reda zum Angriff auf den Hyperlink: Urteil des Europäischen Gerichtshofs

    Julia Reda, Europaabgeordnete der Piratenpartei, zeigt sich besorgt über das heutige Urteil des EuGH in der Sache „GS Media„: »Es droht eine Abmahnwelle für Links. Der EuGH schränkt die Linkfreiheit in Europa ein – damit drohen auch Beschränkungen der Kommunikationsfreiheit im Internet. Gewerbliche Betreiber von Internetseiten haben laut diesem Urteil die Pflicht, den urheberrechtlichen Status von sämtlichen Inhalten auf Websites zu überprüfen, auf die sie verlinken.

    Die Annahme des Gerichthofs, sie würden in voller Kenntnis davon handeln, wenn sie einen Link setzen, ist absolut realitätsfremd – vor allem, nachdem er selbst darlegt, wie schwierig eine derartige Feststellung in der Praxis meist ist. Aber das Urteil nimmt auch Privatnutzer vom Risiko vielfacher Abmahnungen nicht aus: Sobald sie Kenntnis von Urheberrechtsverletzungen erlangen, müssen sie Links darauf entfernen.«

    Reda sieht eine Parallele zum Vorschlag für ein EU-Leistungsschutzrecht, der nächste Woche in Straßburg präsentiert werden soll: »Kommissar Oettinger plant mit dem EU-Leistungsschutzrecht bereits den nächsten Angriff auf den Hyperlink. Entgegen seinen anderslautenden Behauptungen sieht der bisher bekannte Entwurf des Gesetzes keinerlei Ausnahme für Privatpersonen vor. Doch selbst wenn nur soziale Internetplattformen wie Twitter, Facebook und Pinterest das Ziel wären: Dort üben Nutzerinnen und Nutzer heutzutage ihre Linkfreiheit aus.

    Es würde selbstverständlich Konsequenzen für die Linkfreiheit nach sich ziehen, diese Plattformen zu Zahlungen an Nachrichtenverlage zu zwingen, wenn ihre User Verweise auf Zeitungsartikel teilen – was derzeit automatisch zur Anzeige eines Snippets führt. Es ist viel wahrscheinlicher, dass diese Plattformen dann beispielsweise Geoblocking für Hyperlinks auf EU-Nachrichtenseiten einführen würden, als dass sie den Wünschen der Verleger nachkommen. Die Meldung ‚Dieser Link ist in deinem Land nicht verfügbar‘ könnte damit zum Alltag werden«, warnt Reda.

  • PIRATEN-EuGH-Urteil zur „Störerhaftung“: Einladung zur Pressekonferenz in Berlin

    Liebe Medienvertreter,

    wir laden Sie zu unserer Pressekonferenz zum Urteil des EuGH zur „Störerhaftung“ bei Nutzung von offenem WLAN ein. Der Europäische Gerichtshof verkündet am 15. September 2016 sein Urteil zur „Störerhaftung“ in der von der Piratenpartei unterstützten Klage ihres Mitglieds Tobias McFadden. Zur Analyse des Urteils mit anschließender Diskussion über dessen weitreichende Auswirkungen auf das Angebot von offenem WLAN in Deutschland sind Sie herzlich willkommen am:

    Donnerstag, 15. September 2016, 9:30 Uhr
    tazcafe/tazshop
    Rudi-Dutschke-Strasse 23
    D-10969 Berlin

    Für Ihre Fragen stehen zur Verfügung:

    Tobias McFadden, Kläger und Mandatsträger der Piratenpartei
    Julia Reda, Europaabgeordnete der Piratenpartei
    Patrick Schiffer, Bundesvorsitzender der Piratenpartei
    Bruno Kramm, Vorsitzender und Spitzenkandidat der Piratenpartei Berlin.
    Nicole Britz, Vorsitzende der Piratenpartei Bayern, Unterstützerin der Klage

    Obwohl die Bundesregierung bereits einen neuen Gesetzentwurf vorgelegt hat, rechnen wir damit, dass das Urteil weitergehende Konsequenzen hat und auch dieser neue Gesetzentwurf keinen Bestand haben wird. Die Piratenpartei setzt sich für offenes WLAN ein und hat deshalb ihren Mandatsträger Tobias McFadden in seiner Klage politisch und finanziell unterstützt.

    Wir gehen von einem für uns positiven Urteil aus, welches dem Antrag des EU-Generalanwalts vom 16. März 2016 folgt und die derzeit in Deutschland geltende Rechtslage aufhebt. Damit wird auch deutschen Unternehmen und Privatpersonen ermöglicht, was im Rest von Europa selbstversändlich ist: offenes WLAN ohne Fallstricke.

  • Prepaidkarten: Menschenrechtsgerichtshof entscheidet über Recht auf anonyme Kommunikation

    Im Zuge des geplanten Anti-Terror-Pakets will die Bundesregierung Nutzer von Prepaid-Handykarten zur Vorlage eines Ausweises verpflichten. Doch gegen das schon länger bestehende Verbot anonymer Prepaidkarten hat Patrick Breyer von der Piratenpartei Beschwerde eingereicht. Und nun hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (PDF) nach Prüfung der Zulässigkeit entschieden, die Bundesregierung zu einer Stellungnahme aufzufordern.

    Patrick Breyer: »Die von SPD und Grünen 2004 eingeführte Zwangsidentifizierung aller Nutzer von Prepaidkarten muss ebenso gestoppt werden wie die jetzt neu geplante Ausweispflicht. Sie gefährdet die freie und unbefangene Kommunikation und Internetnutzung, die in unserer Gesellschaft unverzichtbar sind. Viele EU-Mitgliedsstaaten verfolgen Straftaten erfolgreich auch ohne ein Generalverbot anonymer Handykarten. Eine Zwangsidentifizierung bringt Strafverfolgern nichts, weil ausländische Prepaidkarten weiterhin registrierungsfrei genutzt oder von anderen Personen (Strohmännern) registrierte Karten weitergegeben werden können.

    Dagegen ist Anonymität essenziell für Presseinformanten, für die anonyme Äußerung unliebsamer Meinungen im Internet und für die vertrauliche Koordinierung politischer Proteste. Ihr Fehlen kann Menschenleben kosten, z. B. wenn sich Straftäter aus Furcht vor Verfolgung nicht mehr anonym an die Telefonseelsorge wenden können. Ich empfehle allen Nutzern von Prepaidkarten, sich gegen diese vorsorgliche Überwachung zu wehren und Prepaidkarten mit Fantasieangaben zu registrieren.«

  • Ist die Störerhaftung wirklich gekippt?

    Die Meldung schlug ein: Die Bundesregierung will die Störerhaftung in Deutschland abschaffen. Damit werde es möglich, offenes WLAN anzubieten, ohne dem Risiko einer Abmahnung ausgesetzt zu sein. Doch stimmt das wirklich?

    Dank des Verfahrens des PIRATEN Tobias McFadden vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) und der Stellungnahme des Generalanwalts scheint die Bundesregierung einzusehen, dass die Störerhaftung im neuen Telemediengesetz (TMG) abgeschafft werden muss. So lesen sich die Meldungen der vergangen Tage, seit Angela Merkel angeblich vergangene Woche ein Machtwort gesprochen haben soll.

    Wie allerdings der Rechtsanwalt Thomas Stadler feststellt, wird es die Störerhaftung im Prinzip weiter geben. Die Frage ist aber, unter welchen Umständen kein Anspruch auf Unterlassung bei der Rechtsverletzung durch einen Nutzer eines WLAN besteht.

    Im bisher vorliegenden Entwurf steht, dass Anbieter zumutbare Maßnahmen zur Verhinderung von Rechtsverletzungen vornehmen müssen, um von der Störerhaftung ausgenommen zu werden. Dies kann geschehen, indem das WLAN gegen „unberechtigten Zugriff“ gesichert ist und Nutzer erklären müssen, dass sie keine Rechtsverletzung begehen.

    Wie dieser Passus in der nächsten Fassung des Entwurfs aussehen wird, kann aktuell niemand sagen. Er könnte auch so umformuliert werden, dass es für gewerbsmäßige Anbieter Ausnahmeregelungen gibt, nicht jedoch für privat aufgebaute offene Netze. Solange noch kein Gesetzentwurf vorliegt, kann noch keine Entwarnung gegeben werden.

     

    Es gibt jedoch noch ein weiteres Problem: Die Bundesregierung reagiert auf rechtlichen Druck, nicht aus Einsicht, dass etwas geschehen muss. Bislang scherte sie sich nicht darum, dass Deutschland beim Angebot von offenem WLAN anderen Ländern weit hinterherhinkt. Die Regierung will die digitale Gegenwart nicht gestalten, geschweige denn den digitalen Wandel und die Zukunft.

    Das zeigt sich auch im grün-schwarzen Koalitionsvertrag für Baden-Württemberg. Dort findet sich tatsächlich folgender Abschnitt:

    „Genauso wichtig wie Straßen sind uns die Datenautobahnen. Deshalb bauen wir das Breitbandnetz flächendeckend aus. Dies ist eine wesentliche Grundlage für die nachhaltige, digitale Mobilität der Zukunft. So schaffen wir die Voraussetzungen dafür, dass das Autoland Baden-Württemberg zum Weltmarktführer bei Produkten und Dienstleistungen rund um die Mobilität der Zukunft wird.“

    Das wäre schon vor 20 Jahren keine Zukunftsplanung gewesen, heute wirkt schon die Wortwahl anachronistisch: „Datenautobahn“. Da fehlen nur noch „Surfen“ und „Multimedia“.

    Auch der Fokus auf den Ausbau des mobilen Internets für den Autoverkehr ist zu kurz gegriffen: Mobilität besteht nicht nur aus Autos, sondern auch aus anderen Verkehrsmitteln. Zukunftsvisionen sehen anders aus.

     

  • PIRATEN-Klage: EU-Generalanwalt gegen deutsches Verbot der Protokollierung des Surfverhaltens im Internet

    Der Bundestag darf Anbietern von Internetportalen nicht verbieten, flächendeckend auf Vorrat zu speichern, wer was im Internet liest, schreibt oder sucht. Die Entscheidung darüber obliege nach EU-Recht vielmehr den Gerichten, die eine Abwägung vorzunehmen hätten. Diese Meinung verkündete der Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof (EuGH) heute bezüglich der Klage des Piratenpolitikers und Datenschützers Patrick Breyer gegen die Bundesregierung (Az. C-582/14).

    Patrick Breyer, Themenbeauftragter der Piratenpartei Deutschland für Datenschutz: „Das ist ein Angriff auf das deutsche Datenschutzrecht und die digitalen Grundrechte. Die EU droht das klare deutsche Verbot einer Protokollierung unseres Surfverhaltens im Telemediengesetz auszuhebeln und die Verantwortung auf Einzelfallentscheidungen der Gerichte abzuschieben. Ich fordere die EU-Kommission auf, unverzüglich ein eindeutiges Verbot der anlasslosen Protokollierung unseres Surfverhaltens vorzulegen! Europa muss der NSA-Methode einer Totalerfassung des digitalen Lebens eine klare Absage erteilen und den Grundrechten auf Informations- und Meinungsfreiheit im Internet zur Geltung verhelfen.

    Ich hoffe, der Gerichtshof wird anders entscheiden als der Generalanwalt und die unterschiedslose Erfassung des Inhalts unserer Internetnutzung als von vornherein völlig unverhältnismäßiges Mittel verwerfen. Sollte sich der Gerichtshof aber dem Generalanwalt anschließen und die Abwägung den deutschen Gerichten überlassen, werde ich gegen die Surfprotokollierung notfalls bis zum Bundesverfassungsgericht ziehen. Karlsruhe hat schon in seinem Urteil zur Vorratsdatenspeicherung betont, dass die Internetnutzung nicht inhaltlich festgehalten und damit rekonstruierbar bleiben darf. Ein Gerichtsgutachten belegt, dass ein sicherer Betrieb von Internetportalen (Webservern) bei entsprechender Systemgestaltung auch ohne Vorratsspeicherung von IP-Adressen möglich ist.

    Nur wenn Regierung und Internetkonzernen die Aufzeichnung unseres Surfverhaltens verboten wird, sind wir vor Ausspähung unseres Privatlebens, fälschlichen Abmahnungen und falschem Verdacht der Strafverfolger sicher. IP-Adressen haben sich als extrem fehleranfälliges und unzuverlässiges Mittel zur Personenidentifizierung erwiesen. Und solange wir uns schon wegen des Lesens von Internetseiten verdächtig machen können, gibt es keine echte Informations- und Meinungsfreiheit im Internet. Niemand hat das Recht, alles, was wir im Netz sagen, und alles, was wir tun, aufzuzeichnen. Als Generation Internet haben wir das Recht, uns im Netz ebenso unbeobachtet und unbefangen informieren zu können, wie es unsere Eltern aus Zeitung, Radio oder Büchern konnten.“

    Laut Generalanwalt unterliegen die beim Surfen übermittelten Kennungen der Internetnutzer (IP-Adressen) dem Datenschutz, solange der Internetprovider sie zuordnen kann. Nach dem umstrittenen Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung soll dies künftig zehn Wochen lang der Fall sein. Die Bundesregierung hatte den Personenbezug von IP-Adressen bestritten.

    Mit dem Urteil kann im Sommer gerechnet werden.

     

    Weiterlesen:
                           
    Ausführliche Informationen und die Gerichtsdokumente im Wortlaut
    Untersuchung: Ministerien erfassen illegal unser Surfverhalten
    Aufsatz über den „Personenbezug von IP-Adressen“
    http://www.daten-speicherung.de/wp-content/uploads/Breyer-Personenbezug-IP-Adressen.pdf         
    Web Tracking Report 2014 des Fraunhofer-Instituts für Sichere Informationstechnologie