Schlagwort: Große Koalition

  • Über die Erfolge der GroKo – eine kleine persönliche Zusammenfassung

    Über die Erfolge der GroKo – eine kleine persönliche Zusammenfassung

    Die GroKo sei so erfolgreich, hört man von Seiten der Politiker der Regierungsparteien, weil sie 60% des Koalitionsvertrags abgearbeitet haben. Dem möchte ich mal klar widersprechen. Die Merkel Regierungen haben sowohl die Klimaproblematik als auch die Digitalisierung verschlafen.

    Die Wohnungssituation in einigen Städten ist katastrophal und auf dem Land veröden Orte, weil es an Ärzten, Banken, Schulen und Läden fehlt. Falsche Anreize für Wirtschaftsstandorte locken die Menschen vom Land in die Städte.

    Wer morgens im Stau steht, dessen Bahn oder Bus nicht fährt, sieht das Scheitern in der Verkehrspolitik.

    Die Wähler haben längst begriffen, dass die Grundrente ein Versuch ist, zu vertuschen, dass die Politik das Problem mit den demographischen Wandel über 20 Jahre verschleppt hat. Ein Problem, das 1970 leicht hätte gelöst werden können, durfte aber unbehandelt zu einem Riesenproblem wachsen. Grundrente brauchen viele auch nur, weil seit Hartz IV die Gewerkschaften entmachtet sind und ein Niedriglohnsektor entstanden ist, in dem die Menschen nicht mehr genug verdienen können, um sich aus eigener Kraft eine Rente zu sichern.

    Der kommende Bedarf an Pflegekräften hat sich weit über 45 Jahre lang abgezeichnet, aber die etablierte Politik hat keine Lösung dafür gefunden.

    Die Wirtschaft klagt, die jungen Menschen kommen nicht mehr mit genug Kenntnissen und Fähigkeiten aus der Schule. Auch die Universitäten konnten die Qualität der Ausbildung vielfach nicht halten. Bildung wurde kaputt gespart.

    Polizei und Justiz sind unterbesetzt und selbst die angekündigten Neueinstellungen reichen nicht, um die aus dem Dienst ausscheidenden Alten zu ersetzen. Auch das war jahrelang abzusehen.

    Investitionsmittel können nicht abgerufen werden, weil Länder, Kreise und Gemeinden sich keine Planer in den Ämtern leisten können. Der Investitionsstau ist immens.

    Die Funklöcher sind inzwischen sogar Minister Altmaier peinlich. Der mangelnde Breitbandausbau hat die Entwicklung einer deutschen digitalen Wirtschaft so sehr verzögert, dass andere den Markt monopolartig beherrschen.

    Man muss kein Freund von Auslandseinsätzen der Bundeswehr sein, aber Flugzeuge, die nicht fliegen, Schiffe, die den Hafen nicht verlassen können und Panzer, die im Manöver Besenstiele statt Kanonen im Turm haben, dass sieht nicht nach einer einsatzfähigen Truppe aus.

    Die Menschen sehen in ihrem Alltag, dass sie nicht gut regiert werden. Und ich frage mich dann immer, warum gebt Ihr nicht einer pragmatischen und lösungsorientierten Partei ein Chance, die auf Wissenschaft und Fakten setzt und Politik für die Zukunft gestalten will.

  • Koalitionsvertrag unterschrieben – Piraten zur #GroKo

    Heute haben CD/CSU und SPD ihren Koalitionsvertrag unterschrieben. Wir haben uns in den vergangenen Wochen viel mit der Großen Koalition (GroKo) und ihren Plänen und Personal beschäftigt und werden das natürlich auch weiterhin tun. Einen kleinen Rückblick gibt’s hier:

    Neue Digital-Staatsministerin erweist sich als Problem-Bär für Internetnutzer

    Zehn Jahre danach: Bildungsrepublik Deutschland?

    Ein Digitalministerium für Deutschland?

    Klimaziele 2020 locker erreichen: Eine Anleitung

    Der #GroKo fehlt es an Mut und neuen Ideen!

    GroKo: halbherzige Familienpolitik

    GroKo: Grundgesetz als Verhandlungsmasse?

  • Zehn Jahre danach: Bildungsrepublik Deutschland?

    „Schicksalstag für die SPD“ – so oder ähnlich titelten die Gazetten, als sie über die Entscheidung des SPD-Sonderparteitags über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen zwischen CDU/CSU und SPD schrieben.

    Ja, die Entscheidung wird die weitere Entwicklung der SPD beeinflussen. Interessanter für unser Land ist jedoch, was nach einem ‚Ja‘ der SPD zur #GroKo zu erwarten ist und was den Menschen in unserem Land versprochen wird. In dieser Artikelserie gehen wir diesen Fragen auf den Grund.

    „Wohlstand für alle heißt heute Bildung für alle.“ sagte Angela Merkel bei ihrer Rede zum 60. Geburtstag der sozialen Marktwirtschaft am 12. Juni 2008, rief die „Bildungsrepublik Deutschland“ aus und erklärte Bildung zu der Zukunftsfrage der nächsten Jahre.

    Passiert ist seitdem in drei Regierungenkoalitionen unter Angela Merkel nicht viel in dieser Bildungsrepublik. Der Ausbau der Kindertagesstätten aufgrund des Rechtsanspruchs lief ja schon und wurde weiter betrieben. Es wurden an einigen Universitäten dank der Exzellenz-Initiative besondere Rahmenbedingungen geschaffen. Ansonsten herrschte auf Regierungsebene stilles Desinteresse. Parolen ohne Taten.

    Für eine vierte Regierung Merkel haben CDU/CSU und SPD das Thema Bildung wieder einmal als Zukunftsthema verhandelt. Wie sehen die Ergebnisse der Koalitionsverhandlungen aus bildungspolitischer Sicht aus?

    „Wir wollen die Bildungschancen in Deutschland im gemeinsamen Schulterschluss von Bund und Ländern verbessern. Dafür wollen wir einen nationalen Bildungsrat einrichten.“
    Mit der Einrichtung eines nationalen Bildungsrats will die Koalition der Bedeutung des Themas Bildung gerecht werden, nachdem die letzten drei Regierungen dies vernachlässigten. Hoffentlich wird aus diesem Bildungsrat mehr als ein Feigenblatt. Wie ein solcher nationaler Bildungsrat neben der Kultusministerkonferenz und den einzelnen Ministerien in eine Entscheidungslandschaft eingebunden wird, bleibt genauso nebulös wie die Frage, wer diesen Rat bildet, aus welchen Mitgliedern er bestehen wird und welche Aufgaben er haben wird.

    +/-0 für diesen nicht substantiierten Bildungsrat

    „Wir werden eine Investitionsoffensive für Schulen in Deutschland auf den Weg bringen. Diese umfasst zusätzlich zum laufenden Schulsanierungsprogramm die Unterstützung der Länder bei ihren Investitionen in die Bildungsinfrastruktur, insbesondere Ganztagsschul- und Betreuungsangebote, Digitalisierung und berufliche Schulen.“
    Es ist allerhöchste Zeit für eine angemessene Finanzierung der Bildungslandschaft abseits von Exzellenzinitiativen. Die Ausgaben im Bildungssektor liegen, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, in der Bundesrepublik Deutschland seit Jahren unter dem OECD-Durchschnitt. Zu Recht wird diese Sparsamkeit an der falschen Stelle von der OECD gerügt. Die Piratenpartei fordert daher seit Jahren eine Anhebung mindestens auf den OECD-Durchschnitt.
    Die jetzt vereinbarten 10 Milliarden Euro sind, obwohl sie teilweise im Sozialhaushalt verausgabt werden (SGB VIII), ein großer Schritt in die richtige Richtung. Sie bedeuten jedoch für jeden Schüler und Studenten in der kommenden Regierungsperiode nur knapp 15 Euro/Monat. Davon muss neben anderen Dingen die Infrastruktur verbessert und in Teilen erst geschaffen, (mehr) Lehrer ausgebildet und beschäftigt, Ganztagsstrukturen erweitert und teilweise erst geschaffen werden. Diese zusätzliche Finanzierung durch den Bund steht allerdings unter dem Vorbehalt der Grundgesetzänderung.

    +0,5 für die zusätzliche Finanzierung durch den Bund

    „Dazu werden wir die erforderliche Rechtsgrundlage in Art. 104c GG anpassen.“
    Eine langjährige Forderung der Piratenpartei wird nun endlich aufgegriffen:

    „Bildung ist nicht nur Ländersache, sondern eine Aufgabe für die gesamte Gesellschaft. Wir setzen uns für eine Aufhebung des Kooperationsverbotes ein. Der Bund muss öffentliche Bildungseinrichtungen finanzieren dürfen.“

    Im Koalitionspapier ist vereinbart, dass die Kultushoheit bei den Ländern verbleibt. Das ist vermutlich der Preis dafür, dass die Länder die nötige Grundgesetzänderung mittragen. Nach unserer Auffassung ist das leider nur der halbe Schritt hin zu einer Bildungslandschaft, in der Ländergrenzen keine hohen Hürden für Lehrende und Lernende mehr darstellen.

    +1 für die Anpassung des Grundgesetzes

    „Das Ausbildungsförderungsgesetz des Bundes (BAföG) wird ausgebaut und die Leistungen werden deutlich verbessert. […] Die Berufliche Bildung werden wir mit einem Berufsbildungspakt modernisieren und stärken.“
    Die Stärkung des BAföG und anderer Förderinstrumente begrüßen wir genauso wie eine Modernisierung der beruflichen Bildung. Wir werden die konkrete Ausgestaltung dieser Punkte beobachten.

    +0,5 für den Bereich der Förderinstrumente

    „Deutschland muss ein Innovationsland bleiben. Deshalb vereinbart der Bund gemeinsam mit den Ländern und der Wirtschaft, bis 2025 mindestens 3,5 Prozent des BIP für Forschung und Entwicklung aufzuwenden.“
    Die OECD attestiert der Bundesrepublik Ausgaben in Höhe von knapp 3% (Stand 2015). Hier wird eine leichte Steigerung vereinbart.

    +1 für die Finanzierung von Forschung und Entwicklung

    „Für strukturschwache Regionen […] werden wir zielgenaue Förderinstrumente entwickeln. […] Die Hightech-Strategie wird weiterentwickelt und auf die großen gesellschaftlichen Herausforderungen fokussiert.“

    Inhaltsleer, daher ohne Wertung.

    Insgesamt vermissen wir in der Vereinbarung einiges. Wo bleibt die Verbesserung der Lehramtsausbildung insbesondere im Bereich Digital- und Medienkompetenz? Wo bleibt die Einbindung von offenen Bildungsquellen (open educational resources)? Was ist mit der Vergleichbarkeit von Abschlüssen in der hochschulischen und der beruflichen Bildung? Kommt was zur Verbesserung der Master-Studienplatzangebote für Bachelor-Absolventen? Und die Förderung des internationalen Austauschs von Lernenden?

    -1 für die fehlenden Vereinbarungen

    Fazit
    Anscheinend sind die möglichen Koalitionspartner aus ihrem jahrelangen Tiefschlaf erwacht und haben nun endlich den Willen zu einer besser finanzierten Bildungslandschaft. In vielen Punkten bleibt das Ergebnis jedoch unter den Möglichkeiten. Was die Koalitionäre vergessen haben und wie zukunftsorientierte Bildungspolitik neben rein finanziellen Erwägungen aussehen kann, zeigen wir in unserem Programm.

  • GroKo: halbherzige Familienpolitik

    „Schicksalstag für die SPD“ – so oder ähnlich titelten die Gazetten, als sie über die Entscheidung des SPD-Sonderparteitags über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen zwischen CDU/CSU und SPD schrieben.

    Ja, die Entscheidung wird die weitere Entwicklung der SPD beeinflussen. Interessanter für unser Land ist jedoch, was nach einem ‚Ja‘ der SPD zur #GroKo zu erwarten ist und was den Menschen in unserem Land versprochen wird. In dieser Artikelserie gehen wir diesen Fragen auf den Grund.

    Wie sehen die Sondierungsergebnisse aus familienpolitischer Sicht aus?

    Kinderrechte
    Wir begrüßen die Stärkung der Rechte von Kindern. Im Sondierungsergebnis bekennen die Sondierungsparteien: „Wir werden die Kinderrechte im Grundgesetz ausdrücklich verankern.“

    Die Piratenpartei fordert das seit Jahren.

    „Aktuell stehen die Menschenrechte des Kindes (UN-Menschenrechtskonvention über die Rechte des Kindes; kurz: UN-Kinderrechtskonvention) in Deutschland auf einer Ebene mit allen anderen Gesetzen. Das hat zur Folge, dass im Konfliktfall nicht die UN-Kinderrechtskonvention, sondern das Gesetz Anwendung findet (Bsp.: Asylrecht, Gemeinderecht). Um die Rechte von Kindern und Jugendlichen aufzuwerten, fordern wir die Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern. Kinderrechte sind Menschenrechte und müssen als solche geachtet werden.“

    +1 für das Sondierungsergebnis

    Kindergeld
    „Das Kindergeld als bewährte und wirksame familienpolitische Leistung werden wir in dieser Legislaturperiode pro Kind um 25 Euro pro Monat erhöhen – in zwei Teilschritten. Gleichzeitig steigt der steuerliche Kinderfreibetrag entsprechend.“

    Gut, aber zu wenig und auch irgendwie Vogel-Strauß-Politik.

    Das Kindergeld zu erhöhen und es gemeinsam mit dem Kinderzuschlag als eine Art Kindergrundeinkommen zu werten, ist hilfreich für viele, aber leider nicht für die bedürftigsten Gemeinschaften. Kindern und Familien im Hartz-IV-Bezug wird das Kindergeld angerechnet. Im schlechtesten Fall haben diese Kinder und Familien vom Kindergeld genau nichts.

    Ein nicht anrechnungspflichtiges Kindergrundeinkommen ist hier die bessere und gerechtere Form der Familienförderung und langjährige Forderung der Piratenpartei.

    „Wir PIRATEN setzen uns für eine ernsthafte politische Auseinandersetzung mit den Konzepten des Bedingungslosen Grundeinkommens ein. Wir fordern besondere finanzielle Unterstützung für Lebens- bzw. Versorgungsgemeinschaften, in denen Kinder aufwachsen oder betreuungsbedürftige Menschen gepflegt und versorgt werden.
    Familienpolitisch halten wir die Realisierung eines Kindergrundeinkommens für kurzfristig umsetzbar. Schon heute zahlt der Staat bereits etwa 400 Euro je Kind an direkten, monatlichen Transferleistungen für Familien. Durch die einkommensabhängige Verteilung werden diese Zahlungen jedoch unterschiedlich verteilt. Das lehnen wir ab, da es unserem Verständnis von Chancengleichheit widerspricht. Jedes Kind hat einen Anspruch auf finanzielle Unterstützung durch den Staat.“

    Die Beantragung der Leistungen soll entbürokratisiert werden. Das ist im Prinzip richtig, aber es bleiben nach wie vor Leistungen, die beantragt werden müssen und für die die Antragsteller, ähnlich wie bei Hartz IV, tief in ihre Privatsphäre gehende Fragen beantworten müssen. Hier gängelt der Staat seine Bürger und macht sie zu auskunftspflichtigen Bedürftigen, statt Kinder bedingungslos besser zu unterstützen.

    +/- 0 für das Sondierungsergebnis

    Kinderbetreuung
    Die Sondierungsergebnisse fordern „bestmögliche Betreuung“ für unsere Kinder, koppeln das aber auch wieder unterschwellig an eine Bedingung: eine berufliche Tätigkeit der Eltern.
    Es ist wichtig und erstrebenswert, die Kinderbetreuungseinrichtungen qualitativ und quantitativ zu verbessern und zu flexibilisieren. Solange diese Angebote vornehmlich für berufstätige Eltern vorgehalten werden und nicht für alle Familien, ist der Weg zu einer Bereitstellung von Betreuungsmöglichkeiten zum Wohle der Familien noch weit. Es darf nicht hauptsächlich um die Not der berufstätigen Eltern gehen. Es muss um die bestmögliche Betreuung der Kinder gehen. Kinderbetreuung außerhalb der Famile ermöglicht soziale Kontakte und Austausch zwischen den Kindern verschiedener sozialer Schichten – zu einem Zeitpunkt, wenn diese noch keine Rolle spielen. Dies auf den Zeitpunkt der Schulpflicht zu verschieben, sorgt für Benachteiligung, die die Gesellschaft teuer zu stehen kommt.

    +0,5 für das Sondierungsergebnis

    Gleichberechtigung
    Im Sondierungspapier wird „mehr Gleichberechtigung von Frauen und Männern“ im Wesentlichen mit Entlohnungs-Gleichstellung zu erreichen versucht. So richtig „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ ist: die Gleichberechtigung darauf zu reduzieren, ist ärmlich, lassen sich daran aber die Prämissen einer künftigen GroKo erahnen – eine in erster Linie durch Einkommen bewertete und wertgeschätzte Gesellschaft. Von Parteien, die die vermeintlich qualifizierenden Adjektive „christlich“ oder „sozial“ im Namen tragen, darf man mehr gesellschaftlichen Entwicklungsdrang erwarten.

    -1 für das Sondierungsergebnis

    Sozialversicherung
    Die Wiederherstellung der Parität bei den Beiträgen zur Gesetzlichen Krankenversicherung ist nur die Korrektur des eigenen früheren Fehlers der sondierenden Parteien.
    Das Rentenniveau vorübergehend einzufrieren ist ebenso nur die Reparatur alter Fehler. Nachdem über Jahre hinweg das Rentenniveau gesenkt wurde, soll diese falsche Praxis nun zwar endlich gestoppt, aber keinesfalls korrigiert werden.
    Die Lebensleistungsrente, die die Sondierer beifallheischend Grundrente nennen, ist der Erkenntnis geschuldet, dass unsere Gesellschaft in großen Teilen zu einer Gesellschaft der Armen wird. Statt dem allgemeinfinanziert zu begegnen, wollen die Sondierer der Gemeinschaft der Rentenversicherungszahler diese Last alleine aufbürden.
    Statt an vielen verschiedenen Stellen zu flickschustern und dennoch weder jungen noch alten Menschen Sicherheit zu vermitteln, müssen Wege heraus aus dieser Art der Alterssicherung genommen werden. Wir müssen den Gedanken einer solidarischen Gesellschaft endlich zu Ende denken und alle Bürger gleichermaßen in die Sozialsysteme einbeziehen. Beispielsweise wäre ein Grundeinkommen statt der Vielzahl von Subventionen und Antragsleistungen solidarisch und entzöge die Menschen der staatlichen Bevormundung und Überwachung.

    +/- 0 für das Sondierungsergebnis

    Fazit
    Unabhängig von den jeweiligen Überzeugungen der Parteien ist das Ergebnis dürftig und deutet auf vier weitere Jahre des gesellschaftlichen Stillstands und auf ein Einfrieren des Status Quo hin. Das ist zu wenig. Wie es besser geht, wie Zukunft aussehen kann, zeigen wir in unserem Programm.

  • GroKo: Grundgesetz als Verhandlungsmasse?

    „Schicksalstag für die SPD“ – so oder ähnlich titelten die Gazetten, als sie über die Entscheidung des SPD-Sonderparteitags über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen zwischen CDU/CSU und SPD schrieben.

    Ja, die Entscheidung wird die weitere Entwicklung der SPD beeinflussen. Interessanter für unser Land ist jedoch, was nach einem ‚Ja‘ der SPD zur #GroKo zu erwarten ist und was den Menschen in unserem Land versprochen wird. In dieser Artikelserie gehen wir diesen Fragen auf den Grund.

    Die Sondierungen sind beendet und haben in vielen Bereichen ein Ergebnis gebracht, welches weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben ist. Dabei bezieht sich das nicht nur auf unsere Piraten-Sichtweise. Selbst in der SPD herrscht ob dieses Ergebnisses eine spürbare Zerrissenheit, die die ganze Partei nachhaltig beschädigen oder gar spalten könnte.

    Zu vielen Themen gab es nun bereits entsprechende Statements, Blogs und Analysen. Auch wir haben uns mit den beispielsweise mit den Digital-Themen auseinandergesetzt und eigentlich in diesen Sondierungsergebnissen entweder nur Enttäuschendes vorgefunden oder wichtige Themen sogar gar nicht finden können, da diese nicht behandelt wurden. Diese Tatsache allein ist schon schlimm genug. Doch neben all diesen thematischen Unzulänglichkeiten haben die Sondierer einen Passus in das Ergebnis hineindefiniert, der einem nur noch die Haare zu Berge stehen lassen kann.

    Das Grundgesetz wurde am 23. Mai 1949 in einer feierlichen Sitzung des Parlamentarischen Rates durch den Präsidenten und die Vizepräsidenten ausgefertigt und verkündet. Was vielen vielleicht unbekannt ist, ist die Tatsache, dass der Bayerische Landtag damals das Grundgesetz ablehnte. So verwundert es auch nicht, dass die CSU als Teil der Fraktionsgemeinschaft mit der CDU auch heute nicht zu dazu stehen kann oder will.

    Im Grundgesetz selbst finden wir neben vielen wichtigen Punkten auch den Artikel 38. In Absatz (1) wird unter anderem festgeschrieben:

    Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.

    Die Abgeordneten sollen also ausschließlich ihrem Gewissen unterworfen sein. Dieser unserer Ansicht nach vorbildliche Ansatz wird leider seit Jahren durch „Vorgaben“ der Bundesregierung, der jeweiligen Parteispitzen oder der Fraktionsspitzen unterlaufen.
    Begriffe wie „Fraktionszwang“ begegnen uns nur allzu häufig und beweisen, dass Artikel 38 des Grundgesetzes für viele Politiker nur Makulatur ist.

    Natürlich wird es immer wieder Situationen geben, in denen die Geschlossenheit der Regierung zu einem bestimmten Thema angezeigt ist. Dies wird dann meist unter den Begriff „Fraktionsdisziplin“ subsummiert bzw. verstanden. Doch diese Geschlossenheit oder Disziplin sollte durch gute und ausgewogene Gesetzesvorlagen erreicht werden, und nicht durch den Druck und Zwang. Doch offenbar hat sich dieses Verhalten in den Fraktionen so eingebrannt, dass man meinen könnte, es wäre der Status quo.

    Und so mutet es ziemlich merkwürdig an, wenn es bei bestimmten Themen dann heißt: „Bei diesem Thema dürfen die Abgeordneten unserer Fraktion nach Ihrem Gewissen abstimmen.“ Man feiert sich also selbst dafür, dass man die Intention des Grundgesetzes fortwährend mit Füßen tritt und dann gelegentlich eine Ausnahme zulässt. Was für eine irre und verquere Vorstellung von Demokratie!

    Manifestiert wird diese Ansicht nunmehr auch in den Sondierungsergebnissen. Auf Seite 28 finden wir folgenden Auszug:

    Arbeitsweise
    Wir wollen das Vertrauen in die Demokratie und in unsere staatlichen Institutionen stärken. Im Fall einer Koalitionsbildung werden wir durch unsere Arbeitsweise in der Regierung und zwischen den Fraktionen deutlich machen, dass wir uns als Bündnis der Demokratie für die Menschen in unserem Land verstehen. Der Deutsche Bundestag muss der zentrale Ort der gesellschaftlichen und politischen Debatte in Deutschland sein. Wir stärken die Entscheidungsfindung in Bundestag und Bundesrat. […] Die Tagesordnung der Kabinettsitzungen soll den Fraktionen vorab mitgeteilt werden. Im Bundestag und in allen von ihm beschickten Gremien stimmen die Koalitionsfraktionen einheitlich ab. Das gilt auch für Fragen, die nicht Gegenstand der vereinbarten Politik sind. Wechselnde Mehrheiten sind ausgeschlossen.

    Eine gleichlautende Formulierung befand sich bereits im Koalitionsvertrag der letzten Bundesregierung(Seite 128). In vollem Bewusstsein, dass die „Mütter und Väter des Grundgesetzes“ die Unabhängigkeit der Abgeordneten mit §38 festschrieben, wird hier erneut die Grundlage dafür gelegt, dass unabhängig von Inhalten massiver Zwang auf die Abgeordneten der betroffenen Parteien ausgeübt werden kann.

    Dies entspricht weder unserem Verständnis von Demokratie, noch stärkt es das Vertrauen in Demokratie und staatliche Institutionen. Vielmehr wird genau das Gegenteil erreicht. Die sehr oft angesprochene „Politik-Verdrossenheit“ ist nichts anderes als „Politiker-Verdrossenheit“. Wenn man solche Passagen lesen muss, kann man dies durchaus auch verstehen. Abgeordnete sollten Vertreter ihrer Wähler sein, nicht willige Abnicksklaven einer Fraktion.

    Aus unserer Sicht geht es definitiv auch ohne Fraktionszwang. Darauf zu verzichten würde vielleicht auch dazu führen, dass Gesetzesvorlagen wirklich so ausgearbeitet werden, dass sie dem Wohle des Volkes dienen und auch ohne Zwang zu einem breiten Konsens im Bundestag führen.

    Abgeordnete, die frei entscheiden können, müssen diese Entscheidung vor ihren Wählern persönlich vertreten. Dies führt dazu, dass mehr zum Wohle der Bürger entschieden wird und der jeweilige Abgeordnete wieder das ist, wofür er gewählt wurde: ein Vertreter der Menschen, durch deren Stimme er ins Amt kam.

    Darüber hinaus würde dies auch dafür sorgen, dass unsere gewählten Volksvertreter etwas mehr Demut vor diesem so wichtigen Amt empfinden und sich eben nicht bequemerweise hinter dem Fraktionszwang verstecken können oder müssen. Zusätzlich würde dadurch auch die Freiheit des Mandats gewürdigt.

    Dies würde auch den Wählern wieder das Gefühl geben, dass die Abgeordneten die berechtigten Interessen ihrer Wähler wirklich ernst nehmen und vertreten. Notfalls eben auch damit, dass man gegen eine Vorlage der eigenen Fraktion sein darf.

    Da wir davon ausgehen, dass dies den Parteien egal sein wird, gibt es aus unserer Sicht nur zwei Wege:
    a) Parteien wählen, bei denen der Fraktionszwang von vornherein ausgeschlossen wird und Abgeordnete wirklich nur ihrem Gewissen und dem Wähler verpflichtet sind.
    Oder noch besser:
    b) Die Einführung von bundesweiten Volksentscheiden zu allen wichtigen Themen und Gesetzesvorlagen, damit die Stimme des Volkes wieder wichtiger ist als jede Fraktionsdisziplin.