Schlagwort: Hassrede

  • Lambrecht-Pläne zur Internet-Surfspionage stoppen!

    Lambrecht-Pläne zur Internet-Surfspionage stoppen!

    Nachdem ein Bericht des Bundesdatenschutzbeauftragten Datenschutzverletzungen bei der sog. „Bestandsdatenauskunft“ enthüllt hat, fordert die Piratenpartei den Stopp eines noch weiter gehenden Vorhabens der Bundesjustizministerin: Unter dem Vorwand der „Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität“ sollen Ermittler und Geheimdienste zukünftig Zugriff auf Surfverhalten und Passwörter von Internetnutzern erhalten.

    Patrick Breyer, Europaabgeordneter der Piratenpartei, warnt:

    „Wie ein Geheimdienst kundschaftet das Bundeskriminalamt (BKA) mithilfe der Bestandsdatenauskunft Personen aus, die einer Straftat nicht einmal ansatzweise verdächtig sind, und liefert diese Daten an ausländische Behörden aus – mit ungewissen Konsequenzen. Dass die Bundesjustizministerin die Macht des BKA nun nicht beschneiden, sondern ihm umgekehrt erstmal auch Zugriff auf unser Surfverhalten gewähren will, ist so unverantwortlich wie einen bissigen Hund völlig von der Leine zu lassen.“

    Kritikpunkte und weitere Informationen zum „Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität“:

    5-Minuten-Info

    Die Bundesregierung will unser Surfverhalten und unsere Passwörter:

    Internet-Nutzungsdaten (Metadaten) sind: Welche Internetseiten oder Videos wir ansehen, was wir geschrieben haben, wonach wir suchen. Mithilfe der IP-Adresse kann unsere Internetnutzung auch dann zurück verfolgt werden, wenn wir nicht namentlich angemeldet sind.
    Internet-Bestandsdaten sind: Name, Adresse, Kontodaten und Geburtsdatum. Aber nicht nur das! Bestandsdaten sind eben auch im Klartext gespeicherte Passwörter zu unseren Online-Konten und Datenspeichern.
    Damit die Polizei leichter und in größerem Umfang diese Daten einsehen kann, hat die SPD-Bundesjustizministerin ein neues „Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität“ vorgelegt.

    Was zu kritisieren ist

    Es geht um Euer Surfverhalten

    Wer unsere Internetnutzung kennt, kennt unsere intimsten Vorlieben und Laster, erhält Einblick in unsere politische Meinung, unsere Religion und unser Sexualleben. Wenn Informationen beispielsweise über eine Missbrauchserfahrung, gewalttätige Ehepartner, psychische Störungen oder auf Suchtabhängigkeiten wie Alkoholismus in die falschen Hände geraten, können selbst höchste Amtsträger erpressbar werden.

    Es geht um Eure Passwörter

    Unsere Internet-Passwörter können der Polizei direkten und unbemerkten, geheimen Zugang zu unseren vertraulich gespeicherten geschäftlichen und privaten Daten (z.B. Texte, Dokumente, Fotos, Videos) ermöglichen.

    Keine wirklichen Hürden

    Der Inhalt unserer Internetnutzung soll in viel weiterem Umfang ausgespäht werden dürfen als der Inhalt von Telefonaten oder SMS – nicht nur beschränkt auf schwere Straftaten wie die Telekommunikationsüberwachung.

    Verfassungsbeschwerden ignoriert

    Über 6.000 Menschen haben Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz zur Bestandsdatenauskunft eingereicht. Auch eine Verfassungsbeschwerde gegen ein Landesgesetz betreffend Telemedien-Diensteanbieter liegt dem Bundesverfassungsgericht vor. Ohne die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts abzuwarten, will das Bundesjustizministerium noch weit über die umstrittenen Gesetze hinaus gehen.

    Das BKA verletzt den Datenschutz

    Der Bundesdatenschutzbeauftragte hat festgestellt, dass das Bundeskriminalamt mithilfe der Bestandsdatenauskunft Personen auskundschaftet, die einer Straftat nicht einmal ansatzweise verdächtig sind, und diese an ausländische Behörden ausliefert – mit ungewissen Konsequenzen. Das Bundeskriminalamt soll dennoch nicht eingeschränkt, sondern seine Kompetenzen massiv ausgeweitet werden.

    Schon bei Ordnungswidrigkeiten und Bagatelldelikten

    Der Zugriff auf unser Surfverhalten darf bei bloßen Ordnungswidrigkeiten und ganz allgemein „für die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben“ erfolgen. Dieser tiefe Eingriff in unsere Privatsphäre darf also nach Lust und Laune von Ermittlungsbehörden und Geheimdiensten erfolgen.

    Per elektronischer Schnittstelle

    Über die vorgesehene elektronische Schnittstelle kann bei großen Internetanbietern das Surfverhalten abgefragt werden – was zu massenhaften Abfragen geradezu einlädt. Langfristig ist zu befürchten, dass sich daraus eine automatisierte Datenabruf-Flatrate für Behörden entwickelt.

    Auf Benachrichtigung ist kein Verlass

    Die Benachrichtigung kann stark zeitverzögert erfolgen oder ganz ausbleiben, wenn »überwiegende schutzwürdige Belange« Dritter dem entgegenstehen. Betroffene können ohne Benachrichtigung später nicht die Rechtmäßigkeit von Eingriffen überprüfen.

    Zugriff durch Geheimdienste und andere Behörden

    Der Zugriff auf die Daten durch Geheimdienste wie den Verfassungsschutz und den BND ist inakzeptabel.

    BKA wird zur Internetpolizei

    Durch das neue Gesetz bekommt das Bundeskriminalamt neue Befugnisse und entwickelt sich zunehmend zu einer Art Internet-Polizei, obwohl das gar nicht deren Aufgabe ist.

    Finger weg von unseren Daten!

  • Totalüberwachung ist das falsche Rezept gegen Rechtsextremismus

    Totalüberwachung ist das falsche Rezept gegen Rechtsextremismus

    Im Kampf gegen Hassrede im Internet gibt es im Referentenentwurf für ein „Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität“ des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz jetzt die nächste Idee, die IT-Sicherheit und den Datenschutz zu schwächen.
    Internetdienstleister sollen nach Wunsch der Bundesregierung in Zukunft auch die Passwörter ihrer Kunden herausgeben müssen. Und das alles ohne richterlichen Beschluss, nur auf Aufforderung der Ermittlungsbehörden.

    „Das Verständnis unserer Grundrechte, das die SPD-Ministerin in ihrem Referentenentwurf deutlich macht, ist einfach nur erschreckend. Im Endspurt vor der möglichen Auflösung der Großen Koalition werden die Möglichkeiten zur Überwachung der Bürgerinnen und Bürger ausgeweitet und wieder einmal die Grenzen unserer Verfassung getestet. Ein klarer Angriff auf unsere digitale Privatsphäre. Hier scheint jedes Gespür verloren gegangen zu sein. Sicherheitsbehörden würden damit weitreichende Einblicke in unsere sensiblen Daten erlaubt, nichts mehr ist tabu. Denn teilweise können ohne Richterbeschluss auch Passwörter oder IP-Adressen weitergegeben werden. Wer nach China schaut und denkt, dass Modelle zur Vollüberwachung wie Social Scoring bei uns niemals passieren würden, der verschließt davor die Augen, dass hier bereits die Grundlagen für den ähnlich transparenten Bürger gelegt werden,“

    kommentiert Sebastian Alscher, Bundesvorsitzender der Piratenpartei Deutschland.

    „Gleichzeitig zeigen sich erneut handwerkliche Schwächen, denn eine Regelung zur Herausgabe der Passwörter, wie im Entwurf beschrieben, ist vollkommener Nonsens. Einerseits kennen Dienstleister, die ihren Verpflichtungen an IT Sicherheit und Datenschutz nachkommen, die Passwörter der Kunden gar nicht, da diese auch für den Dienstleister verschlüsselt gespeichert werden. Andererseits wird hier fahrlässig Missbrauch Tür und Tor geöffnet,“

    ergänzt Borys Sobieski, Generalsekretär der Piratenpartei Deutschland.

    Mehrfach berichteten Datenschutzbehörden und Medien über den Missbrauch von Polizeidatenbanken, um Informationen über Nachbarn, Ex-Partner oder Prominente zu bekommen, oder um die Daten an rechte Kreise weiterzugeben.
    Dieser Gesetzentwurf erlaubt Polizeibehörden einen bis dahin nicht denkbaren Zugriff im Bereich der Sozialen Medien, sowie einen Eingriff in unsere Persönlichkeitsrechte. Staatliche Totalüberwachung ist das falsche Rezept zur Bekämpfung von Rechtsextremismus.

  • „Hate Speech“: Einschränkung der Meinungsfreiheit unter neuem Etikett

    „Hate Speech“: Einschränkung der Meinungsfreiheit unter neuem Etikett

    Seit längerer Zeit geistert der Begriff „Hate Speech“ – zu Deutsch „Hassrede“ – durch Politik, Medien und Gesellschaft. Oft wird er ganz selbstverständlich verwendet, dabei existiert keine eindeutige und verbindliche Definition des Begriffs. In Verbindung damit wird auch gerne analog der Begriff Hasskriminalität verwendet, der allerdings einen im juristischen Sinne sehr speziellen Bereich von u.a. rassistisch motivierten Gewalttaten umfasst. So wirkt es sehr seltsam, dass sich Parteien und Gruppierungen explizit dem Kampf gegen „Hate Speech“ widmen. Es drängt sich unweigerlich die Frage auf, gegen wen oder was dabei eigentlich genau gekämpft werden soll. Beim genauen Blick auf die einzelnen Akteure und deren Aussagen zu „Hate Speech“ fällt schnell auf, dass ganz unterschiedliche Dinge im Fokus stehen, gegen die vorgegangen werden soll. Überwiegend lässt sich das in drei Bereiche einteilen:

    1. Im Strafgesetzbuch definierte Straftaten, die an vielen Stellen im Internet, besonders sozialen Netzwerken, aktuell nur langsam oder unzureichend verfolgt werden.
    Hier wird der Begriff „Hate Speech“ nur als Zusammenfassung für die zahlreichen Straftatbestände genutzt, wie beispielsweise Volksverhetzung (§130 StGB), Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen (§166 StGB), Beleidigung (§185 StGB), Üble Nachrede (§186 StGB) und Verleumdung (§187 StGB).

    An dieser Stelle wäre es hilfreicher, diese Straftaten konkret zu benennen, statt dafür den vagen Begriff „Hate Speech“ zu benutzen. Für schnellere und effizientere Ermittlungen und zeitnahe Verfahren müssen die Ermittlungsbehörden und Gerichte personell und technisch besser ausgestattet werden.

    2. In den letzten Jahren scheinbar zunehmende persönliche Anfeindungen und Angriffe, vor allem in sozialen Netzwerken.
    Subjektiv ist in den letzten Jahren die Menge an Konflikten zwischen einzelnen Personen und Gruppen stark angestiegen. Anscheinend immer öfter werden Menschen in unwürdiger Weise diffamiert und mit Ausdrucksweisen „unter der Gürtellinie“ massiv beleidigt. Gerne werden zweifelhafte Informationen genutzt, um den eigenen Standpunkt zu untermauern. Das alles findet zudem in einem sehr rauen Ton statt, weshalb, wenn es sich im Rahmen des rechtlich Erlaubten abspielt, in diesem Fall die Verrohung des Diskurses und des Umgangs miteinander gemeint ist.

    Hier helfen keine Gesetze, denn dies ist alles durch die Meinungsfreiheit gedeckt. Als Lösung braucht es Wege, um eskalierte Diskussionen von der persönlichen wieder auf die sachliche Ebene zu lenken, ohne die Meinungsfreiheit zu beschneiden. Außerdem sollten Fehlinformationen kenntlich gemacht werden können, vielleicht sogar in Verbindung mit der Möglichkeit einer Richtigstellung. Dabei wird es vor allem auf das zivile Engagement der Diskussionsteilnehmer ankommen, aber auch auf die Netzwerke, die Möglichkeiten zur Richtigstellung anbieten müssen. Gleichzeitig sollte in der Bildung stärker auf die Entwicklung einer gesunden Diskussionskultur und einer verbesserten Medienkompetenz hingearbeitet werden. Diese sind im heutigen Informations- und Diskussionszeitalter notwendige Kernkompetenzen.

    3. Weltanschauungen, die der eigenen Ansicht widersprechen.
    Bei dieser letzten Definition muss leider von „Hate Speech“ als Kampfbegriff gesprochen werden. Der Begriff wird dazu verwendet, um Menschen mit einer anderen Weltanschauung als der eigenen abzuwerten und schlichtweg mundtot zu machen. Es geht nicht mehr darum, ein Thema zu diskutieren, sondern darum, Recht zu haben und allein die Deutungshoheit zu besitzen. Dazu wird die Gegenseite zum Feind erklärt, den es zu bekämpfen gilt. An dieser Stelle wird die Meinungsfreiheit eingeschränkt und eine offene Diskussion im Keim erstickt. Frei nach dem Motto: „Wer nicht meiner Meinung ist, der hat gefälligst keine Meinung zu haben.“

    Dies ist unter keinen Umständen zu tolerieren. Das Grundrecht der freien Meinungsäußerung gilt für jeden, ob er nun meiner Meinung ist oder nicht. Das gilt es immer wieder zu betonen und schlicht zu akzeptieren.

    Wie soll also am besten mit dem Begriff „Hate Speech“ umgegangen werden? Weil verschiedene Definitionen in einen Topf geworfen werden und diese zusätzlich noch sehr schwammig sind, sind bei der Diskussion um den Bekämpfung von „Hate Speech“ Missverständnisse vorprogrammiert. Wir benötigen eine klare Sprache, um wirkliche Straftaten von unangenehmen Äußerungen abzugrenzen. Sonst führt der Kampf gegen den Hass im Netz schrittweise zu einem Angriff auf unsere Meinungsfreiheit. Den Begriff „Hasskriminalität“ als Begründung für das NetzDG von Justizminister Heiko Maas zu nutzen zeigt dies klar auf.

    Die Piratenpartei lehnt die Verwendung den Begriffes „Hate Speech“ strikt ab. Für bereits klar abgegrenzte Sachverhalte braucht es keinen neuen Namen.

    Zum Weiterhören:
    Vortrag im Rahmen des „Dicken Engel“ zum NetzDG vom 15.01.2018