Schlagwort: Internetüberwachung

  • Solidarität mit jüdischen Gemeinden – gegen Terror, Hass und autoritäre Narrative

    Berlin, 02.10.2025
    Wir Piraten in Deutschland sind erschüttert über den brutalen Angriff auf die Synagoge in Manchester am jüdischen Feiertag Jom Kippur. Mehrere Menschen wurden verletzt, 2 sind gestorben. Der mutmaßliche Täter wurde von der Polizei gestoppt.
    „Wir trauern mit den Betroffenen und sprechen ihnen unser tiefes Mitgefühl aus. Antisemitismus bedroht nicht nur unsere jüdischen Mitmenschen, er bedroht die Demokratie als Ganzes. Ob in offener Gewalt, in codierten Verschwörungserzählungen oder in der Bagatellisierung rassistischer oder islamistischer Ideologien – Antisemitismus darf niemals relativiert oder geduldet werden!“, äußert sich Babak Tubis, Mitgliedes des Bundesvorstandes und des Vorstands der Europäischen Piratenparteien.

    Wir Piraten bekräftigen hiermit:
    Wir stehen an der Seite der jüdischen Gemeinschaften.
    Wer Synagogen angreift, greift unsere freiheitliche Gesellschaft insgesamt an.
    Wir erkennen die Pflicht des Staates an, Menschenleben zu schützen ohne Freiheitsrechte abzubauen.

    • Wir lehnen anlasslose Überwachung, Zensur oder Netzsperren ab.
    • Aufklärung in der Unsicherheit bedeutet: Resilienz durch Bildung, Medienkompetenz und transparente Informationsstrukturen stärken ohne pauschale Überwachung.
    • Jede Maßnahme muss verhältnismäßig, zweckgebunden und rechtsstaatlich kontrolliert sein.

    Gerade im digitalen Raum gilt: Hass und Gewalt sollen bekämpft werden, ohne dass Grundrechte im Netz ausgehöhlt werden. Ein freies, pluralistisches Internet ist selbst ein Bollwerk gegen Extremismus.
    Der Angriff zeigt: unsere offene Gesellschaft steht im Fadenkreuz. Demokratische Staaten müssen gemeinsam antworten – technologisch, strategisch und wertebasiert.

    • Wir fordern eine europäische Zusammenarbeit in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik.
    • Wir treten ein für epistemische Souveränität: Schulen, Medien und Zivilgesellschaft brauchen Werkzeuge, um Desinformation zu erkennen und zu entkräften.
    • Demokratie darf nicht durch „autoritäre Einfachheit“ ersetzt werden. Wir setzen auf Mündigkeit und kritisches Denken, statt auf dogmatische Antworten.
    1. Konsequenter Schutz jüdischer Einrichtungen
      • durch gezielte Prävention, nicht durch pauschale Massenüberwachung.
    2. Gezielte Ermittlungen gegen Hassnetzwerke
      • mit rechtsstaatlichen Mitteln, ohne Grundrechtsabriss.
    3. Stärkung von Medien- und Digitalkompetenz
      • damit Bürgerinnen und Bürger Desinformation und Hetze eigenständig durchschauen können.
    4. Europäische Resilienzpolitik
      • gemeinsame Infrastruktur, digitale Verteidigungskapazitäten und klare Prinzipien: kein Nachgeben gegenüber Aggressoren, keine Normalisierung autoritärer Narrative.

    Gewalt gegen Gemeinden, egal welcher Glaubensrichtung, ist ein Angriff auf unser aller Freiheit. Wir Piraten rufen alle Demokratinnen und Demokraten auf, solidarisch einzustehen: gegen Hass, gegen Terror – und zugleich für eine starke, offene, digitale und mündige Demokratie.

    Ihr Ansprechpartner:

    Bundespressestelle Bundesgeschäftsstelle,
    Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
    Piratenpartei Deutschland
    Pflugstraße 9A | 10115 Berlin

    E-Mail: presse@piratenpartei.de
    Web: www.piratenpartei.de/presse

    Telefon: 030 / 60 98 97 510

    Alle Pressemitteilungen finden Sie online unter: https://redesign.piratenpartei.de/category/pm/

  • Bundeskriminalamt: Drastischer Anstieg der Bestandsdatenabfragen gegen Internetnutzer

    Bundeskriminalamt: Drastischer Anstieg der Bestandsdatenabfragen gegen Internetnutzer

    Das Bundeskriminalamt nutzte die umstrittene Bestandsdatenauskunft zuletzt fast neunmal so oft wie noch 2013. Dies musste die Bundesregierung in der Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz einräumen, die der Bürgerrechtler und Spitzenkandidat der Piratenpartei zur Europawahl Dr. Patrick Breyer, die Bürgerrechtlerin und Autorin Katharina Nocun und über 6.000 weitere Beschwerdeführer eingereicht haben. Breyer rät Internetnutzern zu Schutzmaßnahmen.

    Konkret stellte das Bundeskriminalamt 2013 noch 2.001 Bestandsdatenabfragen, 2014 2.340 Abfragen, 2015 4.751 Abfragen, 2016 8.752 Abfragen und 2017 17.428 Abfragen. Vorwiegend dienen solche Abfragen der Identifizierung von Internetnutzern.

    Dr. Patrick Breyer warnt:

    „In einem Klima des politischen Überwachungswahns sind Datenabfragen unter viel zu geringen Voraussetzungen zugelassen worden. Dadurch ist die Gefahr, infolge einer Bestandsdatenabfrage zu Unrecht in das Visier von Ermittlern oder Abmahnkanzleien zu geraten, drastisch angestiegen. IP-Adressen sind ein sehr fehleranfälliges Ermittlungsinstrument, weil sie nicht auf den konkreten Nutzer schließen lassen. Ich rate allen Internetnutzern zum Einsatz eines Anonymisierungsdienstes, um sich vor falschem Verdacht und ungerechtfertigter Verfolgung zu schützen.“

    Auf Nachfrage des Bundesverfassungsgerichts musste die Bundesregierung auch eingestehen, einen gesetzlich vorgeschriebenen Bericht über die Auswirkungen des zunehmend genutzten IPv6-Protokolls auf den Grundrechtsschutz seit mehr als drei Jahren nicht vorgelegt zu haben. Während die Bundesregierung behauptet, das neue Internetprotokoll erleichtere Ermittlungen gegen Internetnutzer nicht, argumentieren die Beschwerdeführer, dass das Internetnutzungsverhalten gegenwärtig sehr viel länger rückverfolgbar sei als noch vor einigen Jahren. Seit Abschaffung der sogenannten Zwangstrennung bleibe die Kennung von Internetnutzern oft monatelang gleich und ermögliche eine Nachverfolgung der Internetnutzung über lange Zeiträume.

    Hintergrund: Nach dem Gesetz zur Bestandsdatenauskunft können Behörden u.a. Internetnutzer identifizieren und Zugangscodes zu Telekommunikationsdiensten herausgeben lassen, z.B. Passwörter zu E-Mail-Postfächern. Zuletzt unterstützte der Bundesdatenschutzbeauftragte die von der Piratenpartei organisierte Sammel-Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz und kritisierte die Maßnahme scharf.

  • Zuckerberg-Vorschläge: Meinungsfreiheit, Privatsphäre und Wettbewerb im Netz gehen anders

    Zuckerberg-Vorschläge: Meinungsfreiheit, Privatsphäre und Wettbewerb im Netz gehen anders

    Patrick Breyer, Bürgerrechtler und Spitzenkandidat der Piratenpartei zur Europawahl 2019, kritisiert die vier am Wochenende veröffentlichten Vorschläge von Facebook-Chef Zuckerberg zur Internetregulierung:

    „Erstens: Internetkonzerne entscheiden heute nach Art einer Privatpolizei willkürlich, welche Inhalte und Konten sie löschen oder ausfiltern. Solche Entscheidungen gehören in die Hand einer unabhängigen öffentlichen Stelle wie der Justiz oder eines Beauftragten für Meinungsfreiheit. Die von Zuckerberg vorgeschlagene vermeintlich unabhängige Überprüfung durch ein von Facebook eingesetztes Gremium ist nicht der richtige Weg. Wer fordert, unzulässige Inhalte auf ein Minimum zu reduzieren, redet übermäßiger Zensur und Uploadfiltern das Wort.“

    „Zweitens: Das Recht auf freie Meinungsäußerung ist nicht Gefahr sondern Voraussetzung für die demokratische Meinungsbildung. Welche Informationen wahr und welche falsch sind, muss letztlich jeder für sich einschätzen. Der Manipulation von Internetnutzern durch Durchleuchtung ihrer Persönlichkeit und zugeschnittene Werbebotschaften muss allerdings ein Ende gesetzt werden – doch gegen einen wirksamen Datenschutz im Netz wehrt sich Facebook mit Händen und Füßen.“

    „Drittens: Ein weltweites Datenschutzübereinkommen im Sinne eines Mindeststandards ist überfällig. Wenn Zuckerberg aber einzig und allein den weltweit kleinsten gemeinsamen Nenner anerkennen will, will er den Schutz unserer Privatsphäre im Netz in Wahrheit abbauen. Europa braucht ein Internet-Datenschutzgesetz, das anonyme Internetnutzung garantiert und eine Aufzeichnung unseres Surfverhaltens verbietet.“

    „Viertens: Mit unseren Daten zur Facebook-Konkurrenz umzuziehen – die sog. Daten-Portabilität -, ist Illusion, solange alle unsere Freunde und Kontakte auf Facebook bleiben. Wir brauchen ein Recht auf Interoperabilität für Messenger und Soziale Netzwerke: Nutzer datenschutzfreundlicher Alternativen müssen mit den Nutzern der Quasi-Monopolisten kommunizieren und diesen plattformübergreifend folgen können. Diese Netzzusammenschaltung, die bei den Telefonnetzen vor Jahrzehnten erfolgt ist, steht im Internet aus.“

  • Die gescheiterte Anti-Terror-Strategie

    – Warum wir ins Fettnäpfchen treten

    Die grundsätzliche Fehlannahme ist schlicht, dass der Islamistische Terrorismus westliche Staaten angreift. Das Ziel der Anschläge sind nicht westliche Staaten, sondern unsere freiheitliche Lebensweise.

    Vor diesem Hintergrund ist es leicht verständlich, dass wir, die westlichen Staaten, mit dem sog. „Sicherheitsreflex“, also dem Umbau vom Rechtsstaat zum Überwachungsstaat, genau die Ziele eben jener Terroristen verwirklichen. Indem wir unsere freiheitliche Lebensweise opfern.

    In einem solchen Szenario bildet sich genau das Klima der Angst vorm Staat, welches eben terroristischen Vereinigungen Mitgliederzulauf, Spenden und die psychologische Infrastruktur zum Ausbau der Organisationen beschert. Kurz, den Nährboden, den sie benötigen.

    Status Quo: Aktuell verwirklicht die Politik genau die Ziele der Terrororganisationen.

    Der Mechanismus bei der Arbeit…

    Wo sehen wir Beispiele dieses Funktionsprinzips? Genau genommen überall. Nach 9/11 wurde in den Irak einmarschiert; hier bildete sich sehr schnell der entsprechende Nährboden; aktuell wäre das Land beinahe vom Islamischen Staat überrannt worden. Dieser war inzwischen für zahlreiche Anschläge verantwortlich.
    Die Sicherheitsbehörden haben unter anderem mit massiver Internetüberwachung auf die Terrorgefahr reagiert und damit große Angst unter computeraffinen Bürgern ausgelöst. Als nächstes entstehen nun plötzlich gar nicht mehr so plump wirkende Medien- und vor allem Internetkampagnen der Gotteskrieger. So dreht sich die Spirale immer weiter.

    Auswege aus der Krise

    Der oben genannte Nährboden für Terrorismus entsteht natürlich am ehesten dort, wo sowieso schon Unzufriedenheit mit den Lebensumständen herrscht. So rekrutiert es sich für Terrororganisationen am leichtesten in den sozialen Brennpunkten Frankreichs oder in den USA bei gesellschaftlichen Außenseitern. Aus dem „Lone Weirdo“ wird der „Lone Wolf“.
    Daher lässt sich leicht herleiten, dass eine bloße Vermeidung des Sicherheitsreflexes nicht hinreichend ist. Es müssen außerdem die Versäumnisse der Politik in den einzelnen Ländern, also die wirklich „schmerzhaften“ Themen angegangen werden, wie zum Beispiel die Entschärfung der sozialen Brennpunkte Frankreichs.

    Dies erfordert ein grundlegendes Umdenken in der Politik. Die Terroristen treffen uns an unseren schwächsten Punkten, und den zugehörigen politischen Diskurs zu führen, scheint weh zu tun. Die Alternative ist jedoch deutlich schlechter. In einem solchen Sinne könnten die westlichen Staaten die Anschläge doch noch als Mittel zur Genesung nutzen. Allerdings müssen Politiker hierzu unpopuläre Themen bearbeiten und Versäumnisse eingestehen. Um dieser prekären Lage zu entgehen, wird dennoch weiter auf den Sicherheitsreflex gesetzt.
    Diese Vorgehensweise ist zwar vollkommen kontraproduktiv, jedoch angenehmer für die jeweiligen Machthaber. Denn sonst müssen sie Fehler eingestehen. Da nur so ein Entzug dieses Nährbodens machbar ist, kann die Sicherheitsgesetzgebung, wie Frankreich sie zum Beispiel verabschiedet hat, nur als Blendwerk zählen.

    Ein Klima der Angst vor dem Staat speziell unter Muslimen zu schüren, schlägt selbstverständlich dem Fass den Boden aus.