Schlagwort: Jörg Diettrich

  • Bundesnetzagentur auf Tournee

    Bundesnetzagentur auf Tournee

    Ein nur mit Stühlen bestückter Tagungsraum der Kongresshalle am Zoo bildete den örtlichen Rahmen des Leipziger Informationstages der BNetzA zum Netzausbauplan 2030.
    Anwesend waren neben Vertretern der BNetzA und des Übertragungsnetzbetreibers 50 Hertz etwa 30 Gäste; vornehmlich Mitarbeiter kommunaler Behörden und Vertreter von Firmen, die wirtschaftliche Interessen am Netzausbau haben.

    Darüber hinaus traten zwei Mitglieder der AG Energiepolitik der Piratenpartei Deutschlands als interessierte Bürger in Erscheinung. Laut eines von der BNetzA veröffentlichten Dokuments  ist die Mitwirkung der breiten Öffentlichkeit am Konsultationsprozess über neue Stromtrassen schließlich erwünscht. Nicht zuletzt wegen dieser beiden Herren entwickelte sich eine rege Diskussion, bei der die BNetzA allerdings etliche Antworten schuldig blieb. Dipl. Ing.(FH) Jörg Diettrich, Mitglied der AG Energiepolitik der PIRATEN, dazu: „Die Vertreter der Bundesnetzagentur sind von ihrer Herangehensweise in der Planung des Stromnetzes nach wie vor fest überzeugt. Ich bin es nach wie vor nicht, zumal keiner der konkret von mir benannten Widersprüche aufgeklärt werden konnte. Besonders befremdlich war für mich, dass man mir mangelnde Sachkenntnis unterstellte, gleichzeitig aber die Herausgabe der für genauere Plausibilitätsrechnungen notwendigen Daten verweigerte.“
    Jörg Dietrich hat auf der Basis von Daten, die ihm die BNetzA selbst zur Verfügung gestellt hat, eigene Netzberechnungen angestellt, die die Thesen der BNetzA vom unbedingt notwendigen Bau neuer Trassen widerlegen.

    „Die gesamte Planung und Umsetzung neuer Stromtrassenprojekte liegt vornehmlich in den Händen der vier großen Übertragungsnetzbetreiber“, ergänzt Ingolf Müller. „Dieser Fakt wird von der BNetzA nicht wirklich bestritten und kann auf einer der BNetzA-Seiten  direkt nachvollzogen werden. Die Bundesnetzagentur gibt sich bürgernah, wenn man aber als Bürger die Frage stellt, ob die neuen Trassen tatsächlich notwendig sind und dabei konkret auf die enormen Strom-Exportüberschüsse Deutschlands hinweist, wird man mit diffusen Antworten abgespeist. Interessant fand ich einzig die in einem Vortrag enthaltene Information, dass die BNetzA für ihre Netzberechnungen die gleiche Software benutzt, wie die Übertragungsnetzbetreiber. Hinter diese Feststellung könnte man ein dickes, systematisches oder strukturelles Fragezeichen setzen. Man könnte aber auch zu ganz anderen Schlussfolgerungen gelangen.“

    Die BNetzA sieht ihre Aufgabe ausschließlich darin, den Ausbau der Übertragungsnetze entsprechend der gesetzlichen Bestimmungen voran zu treiben. Eine sehr interessante Frage wurde von einer Vertreterin der Stadt Eisenach gestellt. Sie wollte wissen, inwieweit die Behörde Einfluss auf den Ausbau dezentraler Erzeugerstrukturen bzw. Stromspeichern sowie die Ansiedlung von Gewerben mit hohem Stromverbrauch in Gebieten mit Stromüberschuss nimmt. Diese Frage beantwortete die BNetzA mit einem klaren „Dafür sind wir nicht zuständig“.

    Das passt nicht ganz zum Statement der BNetzA auf die erste Frage aus dem Offenen Brief der AG Energiepolitik der PIRATEN  welchen Stellenwert die Versorgung der Bevölkerung mit Elektroenergie im Sinne der öffentlichen Daseinsvorsorge hat: „Unter dem Aspekt der öffentlichen Daseinsvorsorge misst die Bundesnetzagentur der Elektrizitätsversorgung sehr große Bedeutung zu. Deswegen muss man sich dem Thema mit fachlicher Expertise widmen.“

    Zur fachlichen Expertise gehört unserer Meinung nach die ganzheitliche Betrachtung der gesamten Energiewirtschaft; hier ganz konkret der bereits vorhandenen Möglichkeiten zur Vermeidung des sowohl ökonomisch als auch ökologisch fragwürdigen Baus neuer HGÜ-Leitungen. Vielleicht vermutet die BNetzA aber die „fachliche Expertise“ gar nicht bei sich selbst. Dem würden Diettrich und Müller jedoch widersprechen. Sie hatten durchaus den Eindruck, dass die Vertreter der Behörde auch im Detail wissen, wovon sie reden.

    „Aufgrund der vielen ungeklärten Fragen werden wir den Konsultationsprozess mit der BNetzA unter Einbeziehung von Bürgerinitiativen, mit denen wir in Kontakt stehen, intensivieren“, verspricht Jörg Diettrich.

     

  • Offener Brief an die Bundesnetzagentur

    Offener Brief an die Bundesnetzagentur

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    im Rahmen der Antragskonferenzen für den Südostlink, die von Mai bis Juli 2017 u.a. in Magdeburg, Halle, Gera und Weiden stattfanden, hatten Mitglieder der AG Energiepolitik der Piratenpartei Deutschland (Jörg Diettrich, Ingolf Müller und Reinhold Deuter) mehrfach Kontakt mit Ihnen, namentlich Herrn Hagenberg, dem für den Südostlink zuständigen Referatsleiter. Herr Hagenberg betonte in jedem unserer Gespräch, an einem technischen Dialog mit uns und anderen Bürgern interessiert zu sein. Gleichzeitig wies er immer wieder darauf hin, dass die Antragskonferenzen der falsche Ort seien, bereits gefällte Entscheidungen über den Bau neuer Höchstspannungsübertragungstrassen infrage zu stellen.

    Hierzu haben wir zwei Anmerkungen:

    Zum einen fand ein ehrlicher Dialog mit Ihrer Behörde bislang nicht statt. Zum zweiten finden wir uns als technische interessierte Bürger nicht damit ab, dass die Gesellschaft Mittel für Projekte aufwendet, deren Sinnhaftigkeit anhand physikalischer Fakten an keiner Stelle bewiesen wurde, um so mehr, weil wir anhand eigener Berechnungen sehr große Zweifel daran haben, dass die geplanten Trassen tatsächlich notwendig sind.

    Die Antragskonferenzen mögen, aus Ihrer Sicht betrachtet, nicht der richtige Ort sein, Fragen nach der prinzipiellen Notwendigkeit neuer Höchstspannungsleitungen zu stellen. Wir – und mit uns eine ganze Menge Bürgerinitiativen und NGOs – können dieser Sichtweise schon allein deshalb nicht folgen, weil wir den von Ihnen definierten 5-stufigen Prozess der Entscheidungsfindung für vorherbestimmt (die Weichen werden von den vier exklusiv in Deutschland tätigen Netzbetreibern im Zusammenspiel mit den vier großen Energieerzeugern gestellt) und überdies intransparent halten. Sie müssen uns daher schon zubilligen, Ihnen unsere Fragen, die wir im Folgenden noch einmal zusammengefasst haben, auch zu Gelegenheiten zu stellen, die Sie für unpassend halten.

    Wir erinnern Sie an Ihre Aufgabe als Bundesbehörde, im Sinne des Allgemeinwohls tätig zu werden sowie Schaden von unserer Gesellschaft abzuwenden und bitten Sie, folgende Fragen zu beantworten:

    1. Welche Bedeutung im Sinne der öffentlichen Daseinsvorsorge misst die BNetzA der Versorgung mit Elektroenergie zu?
    2. Können Sie mit aktuellen und zukünftig zu erwartenden Leistungsflussdaten den faktischen Nachweis für die Notwendigkeit der neu geplanten Trassen erbringen?
    3. Sichert der geplante Netzausbau den stabilen Betrieb des deutschen Stromversorgungsnetzes unter allen betrachteten Netznutzungsfällen, insbesondere bei geringem Stromverbrauch und gleichzeitig hohem Angebot dezentral aus erneuerbaren Quellen erzeugter Elektroenergie?
    4. Inwieweit ist mit dem beschlossenen Szenariorahmen und dem daraus abgeleiteten Netzentwicklungsplan eine technisch stabile Stromversorgung auch unter krisenhaften Bedingungen möglich?
    5. Ist die Stromversorgung nach Abschaltung aller AKWs 2022 und vor Inbetriebnahme der neu geplanten HGÜ-Leitungen im Jahre 2025 in Deutschland gefährdet? Wir sehen einen Widerspruch darin, ein Höchstspannungsnetz bis 2022 zu betreiben und drei Jahre später einen Ausbau vorzunehmen, nachdem große Erzeuger kein Bestandteil dieses Netzes mehr sind und die zusätzliche Übertragungskapazität demnach erst recht nicht mehr benötigt wird.
    6. Welche Rolle spielt der Stromexport bei der Planung neuer Stromtrassen?
    7. Können Sie die allgemein immer wieder verbreitete These, neue Höchstspannungsübertragungstrassen seien vor allem für den Transport von aus erneuerbaren Quellen erzeugtem Strom notwendig, mit physikalischen Daten belegen?
    8. Welchen Stellenwert haben die aus dem Jahre 2012 stammenden Überlegungen Ihrer Behörde, den dezentralen Ausbau der Stromnetze unter Berücksichtigung zunehmender dezentraler Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen voran zu treiben?
    9. Betrachten Sie die Energiewende hin zu 100% erneuerbaren Quellen als eine zwingende, vordringlich zu lösende Aufgabe?
    10. Sind Sie gehalten, die Energiewende im Sinne bestimmter politischer Vorgaben zu gestalten?
    11. Warum gibt es keinen terminierten Ausstieg aus der fossilen Stromerzeugung?
    12. Halten Sie die fünf Planungsschritte für den Bau neuer Stromtrassen in der von Ihnen vorgestellten Form für demokratisch legitimiert? Die Frage zielt insbesondere auf Schritt eins, in dem privatwirtschaftlich organisierte Unternehmen ihre durch sie selbst zu erbringenden Leistungen planen dürfen.
    13. Wessen Geschäftsinteressen sind durch die Veröffentlichung von Leistungsflussdaten berührt? Können Sie Ihre Bedenken gegen die Veröffentlichung solcher Daten begründen?
    14. Wie hoch ist derzeit die Rendite für Investoren, die sich am Trassenbau beteiligen?

    Auf Ihre baldige Stellungnahme hoffend, verbleiben wir mit freundlichen Grüßen

    Die Mitglieder der AG Energiepolitik der Piratenpartei