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  • Taurus Leak

    Taurus Leak

    Die gezielte Veröffentlichung einer Webex Sitzung hochrangiger Bundeswehrsoldaten, unter anderem dem Inspekteur der Luftwaffe Ingo Gerhartz, zum Thema Taurus ist ein Musterbeispiel russischer Informationskriegsführung und zeigt Schwächen auf der deutschen Seite auf. Russland geht hier auf mehreren Ebenen vor. Der russische Angriff auf uns zeigt aber auch, dass wir schon lange ein Hauptziel russischer Angriffe sind – wenn auch nicht physisch, sondern, eher elektronisch, unsichtbar. Auch wenn Regierungskreise das bisher aus sicherheitspolitischer Inkompetenz verneinen und ignorieren, wie der Kanzler mit seinem vorauseilenden Wohlverhalten gegenüber Putin, werden wir trotzdem gezielt auf verschiedenen Ebenen angegriffen.

    Als Partei der Digitalisierung, die seit ihrer Gründung Onlinekommunikation betreibt und sich besonders für sichere und abhörsichere online Kommunikation einsetzt, ist es natürlich unfassbar, dass es offensichtlich derzeit Standard ist, sensible Gesprächsrunden über ungesicherte Kanäle abzuwickeln. Nicht nur für russische und andere Dienste ist es offensichtlich leicht, hier mitzuhören. Auch für private Akteure oder Kriminelle mit ein wenig technischem Verständnis sind die Hürden mitzuhören nach den bisher vorliegenden Erkenntnissen sehr niedrig. Selbst für die Bärchengruppe aus einem Kindergarten wäre es mit den entsprechenden Tools und ein wenig Ausbildung möglich, das Gespräch mitzuschnorcheln. Wahrscheinlich war nur das Sichten der Einladungsmail (unverschlüsselte Mails sind wie Postkarten) mit den Zugangsdaten notwendig, um sich als zusätzlicher Teilnehmer in das Meeting einzuwählen, aber da kann man nur spekulieren.

    Das Leak stellt für die Bundeswehr und für Deutschland eine ziemliche gezielte Demütigung und einen Angriff dar. Der technischen Herausforderung muss jetzt schnell und effektiv begegnet werden, es müssen nutzbare und sicherere Kommunikationstools bereitgestellt werden, um hier wenigstens minimale Sicherheit herstellen zu können. Weiterhin muss die Sicherheit sukzessive ausgeweitet werden. Die Bundeswehr und andere Behörden haben hoch qualifizierte Spezialisten, die das können. So kann etwa der Cyber Innovation Hub der Bundeswehr sichere Lösungen finden, die keine 10 Jahre brauchen und funktionieren. Am besten sieht man den Vorfall als Chance, Dinge besser zu machen.

    Neben der technischen Sicht ist natürlich auch der Inhalt wichtig, um sich ein Gesamtbild der Auswirkungen des Leaks machen zu können. Inhaltlich gibt es nichts Neues bezüglich Taurus, die Diskussion bestätigt vielmehr die Inkompetenz des Kanzlers. Alle Argumente lagen bereits auf dem Tisch.  Alle Inhalte sind auch in unseren Twitterspaces der AG Außen und Sicherheitspolitik ausführlich, nach hörbar diskutiert worden – da kann man übrigens als Twitternutzer jederzeit hineinhören, und muss sich nicht mal die Mühe machen, einen Webex-Link abzufangen. Die Haltung von Scholz zu Taurus bleibt weiterhin nicht rational erklärbar.

    Fakt bleibt weiterhin:
    – Es sind keine Soldaten der Bundeswehr in der Ukraine für einen Einsatz notwendig.
    – Die Zerstörung eines Schwarzbaus durch die Ukraine auf eigenem Gebiet ist zulässig.
    – Die Ukraine dürfte als angegriffenes Land auch Ziele in Russland angreifen, was sie mit Skalp und Stormshadow jedoch nicht gemacht hat.
    – Die vom Kanzler vorgetragenen Ausreden sind lächerlich und helfen der russischen Informationskriegsführung.
    – Man verärgert seine Verbündeten nicht einfach, indem man klassifizierte Informationen weitergibt, wie es Scholz getan hat.

    Wichtiger ist es, den Leak als Teil eines russischen Gesamtkonzepts in der Informationskriegsführung zu betrachten. Die Demütigung der Bundeswehr, aber auch der Zeitpunkt und die Nutzung durch Putin-Unterstützer auf verschiedenen Ebenen ist interessant. Scholz hat derzeit sicherheitspolitisch massiven Flurschaden erzeugt und sich innerhalb Europas sicherheitspolitisch isoliert. In der letzten Woche wurden sowohl Frankreich als auch Großbritannien massiv verärgert und vor den Kopf gestoßen. Gleichzeitig hat er auch die eigene Bevölkerung massiv verunsichert und verbreitet zusammen mit Vertretern seiner Partei weiter massive Fehlinformationen zu Taurus. Daneben versucht Scholz sich, als Friedensstifter darzustellen, in welchem Zusammenhang er allerdings Schwäche gegenüber Putin aufzeigt, was bekanntlich immer ein Fehler ist. Fehler von Scholz wurden natürlich dankbar aufgegriffen und durch Trollfabriken aus Russland sowie russlandnahe Parteien aus dem rechten und linken Spektrum genutzt, um deren eigene putintreue Haltung bezüglich Taurus für die Ukraine durch Scholz noch zu legitimieren. Einzig der Verteidigungsminister Pistorius kommuniziert aktuell korrekt, indem er den Vorfall als Teil des Informationskriegs benennt und sich vor seine Soldaten stellt.

    Das Leak führt zu Chaos, Verunsicherung, Vertrauensverlust der Verbündeten und die Aufmerksamkeit wandert weg von den Enthüllungen zu Wirecard, die den Anschein erwecken, als dass es sich bei Wirecard um eine Tarnfirma russischer Dienste gehandelt haben könnte.

    Alex Kohler, Themenbeauftragter für Außen- und Sicherheitspolitik

  • PIRATEN-EU-Abgeordnete Julia Reda zum geleakten Vorentwurf der EU-Urheberrechtsreform

    PIRATEN-EU-Abgeordnete Julia Reda zum geleakten Vorentwurf der EU-Urheberrechtsreform

    Julia Reda, Europaabgeordnete der Piratenpartei, stellvertretende Vorsitzende der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament und Sprecherin der Fraktion zur digitalen Agenda und zur Urheberrechtsreform, kommentiert:

    »Dieser Entwurf bestätigt unsere schlimmsten Befürchtungen: Kommissar Oettinger hat bei der Urheberrechtsreform der Verlags-, Film- und Musikindustrie das Ruder überlassen. Anstatt den 15 Jahre alten EU-Rahmen zum Urheberrecht endlich auf den Stand der Zeit zu bringen, hindern Oettingers Pläne die traditionellen Industriezweige nun effektiv daran, endlich die Chancen der Digitalisierung zu ergreifen. Dies wird ihnen langfristig nicht nur auf die Füße fallen, es hat auch dramatische Folgen für die Meinungsfreiheit im Internet, die Innovationsfähigkeit europäischer Start-ups und nicht zuletzt für das Ideal eines Europas ohne digitale Grenzen.

    Das europaweite Leistungsschutzrecht für Presseverlage wird in seiner aktuellen Entwurfsform selbst das Teilen eines zwanzig Jahre alten Zeitungsartikels verbieten und damit das Recht der Europäerinnen und Europäer auf freie Meinungsäußerung und freien Zugang zu Informationen einschränken. Sein Plan, Internetplattformen zu verpflichten, die hochgeladenen Inhalte aller Nutzerinnen und Nutzer nach Urheberrechtsverletzungen zu durchsuchen, ist der Todesstoß für jegliche europäische Konkurrenz zu YouTube und Facebook.

    Kommissar Oettinger scheint niemandem außer den Rechteinhaberinnen und Rechthabern zugehört zu haben. Trotz starken öffentlichen Interesses gibt es keine Vorschläge zur Panoramafreiheit – dem Recht, Bilder von öffentlichen Gebäuden zu nutzen, wenn diese Bauten noch urheberrechtlich geschützt sind – und keine Änderungen zur diskriminierenden Praxis des Geoblockings, trotz der Aufforderung vom Vizepräsident der Kommission Andrus Ansip, es abzuschaffen.

    Dies ist kein Urheberrecht, das zum digitalen Zeitalter passt. Es ist ein Urheberrecht, das europäische Internetnutzerinnen und -nutzer ausbremst und europäischen Start-ups Steine in den Weg legt. Wenn dies das beste ist, was unser Digitalkommissar nach jahrelangen Vorbereitungen und Debatten vorlegen kann, ist er nicht die richtige Person für seinen Posten.«

  • TTIP: Einbahnstraße bei technischen Standards

    Gastbeitrag von Guido Körber TTIP Experte der Piratenpartei
    +++ TTIP: Einbahnstraße bei technischen Standards +++

    Die Auswertung des Greenpeace TTIP Leaks des TTIP-Experten Guido Körber (PIRATEN)  zeigt:

    Das Dokument Nummer 10 enthält den vorläufigen Text zu technischen Handelshemmnissen, also den Unterschieden bei technischen Normen und Zulassungen. Der Bereich ist für den Export, gerade für mittelständische Unternehmen, sehr wichtig. Für die Sicherheit eines Produktes ist es prinzipiell wenig relevant, ob Schrauben metrisch oder zöllig sind und welche Farbe Kabel haben. Eine einheitliche Regelung zwischen beiden Vertragspartnern ist allerdings Voraussetzung.

    Aber genau dieser Bereich ist wie der Gordische Knoten. Die USA haben kein einheitliches System für Standards und Zertifikate. Die US-Regierung ist für die meisten Themenbereiche nicht einmal zuständig. Die Entscheidung über Standards und Normen liegt teilweise bei den Bundesstaaten, bei den Counties oder sogar in der Privatwirtschaft. Viele Normen werden von Labors definiert, die auch gleichzeitig deren Einhaltung zertifizieren und ihre Zertifikate untereinander nicht notwendigerweise anerkennen.

    Das TTIP Verhandlungspapier zeigt nun, dass die Unterhändler der EU dies entweder nicht verstanden haben oder aus irgendeinem Grund ignorieren. Der gesamte Text ist so geschrieben, als wenn es auf der US-Seite ein Äquivalent zu den zentralen europäischen Normungsinstituten CEN, CENELEC und ETSI gäbe und eine zentrale gesetzgeberische Instanz wie das EU-Parlament die verbindliche Regeln für Produkte erlassen könnte.
    Das ist aber nicht der Fall. Nur in einigen Bereichen hat die Regierung der USA diese Zuständigkeit; bei den meisten Produktarten liegt die Zuständigkeit sogar parallel in den Händen mehrerer Organisationen.
    Entsprechend sind Regelungen wie die, dass Produkte, die technischen Regeln unterliegen, mit einer Zulassung oder Konformitätserklärung in beiden Regionen vermarktet werden dürfen, eine Einbahnstraße. [a]

    Das hört sich erst einmal danach an, als wenn das CE-Zeichen dann in den USA auch Gültigkeit hätte. Hätte es aber nicht; TTIP hat keine bindende Wirkung für die US-Bundesstaaten und für die Privatwirtschaft.
    Wir hätten damit dann die Situation, dass die US-Zertifikate bei uns gelten, in Konkurrenz zu unseren EU-Normen. Im Gegenzug hätten wir beim Exportieren in die USA… …nichts.

    Ob TTIP weiter verhandelt oder sogar abgeschlossen wird, steht völlig außer Frage. Das Fass ist übergelaufen, es ist Zeit für eine neue Art Handelsverträge und für neue Unterhändler, die uns nicht für dumm verkaufen.

    [a] Textteil von der EU in Artikel 4.4: Each Party shall endeavor to ensure that products originating in the other Party that are subject to technical regulation can be marketed or used across all the territory of each Party on the basis of a single authorization, approval or certificate of conformity

  • PIRATEN TTIP: Einbahnstraße bei technischen Standards

    Die Meldung des TTIP-Leaks durch Greenpeace NL legte das Desaster der Kanzlerin Angela Merkel offen.
    »Solange bei TTIP keine Transparenz hergestellt ist, werde ich kein grünes Licht für TTIP geben als Parteivorsitzender«, sagt CSU-Chef Horst Seehofer.

    Die Piratenpartei Deutschland sieht die Verhandlungen zum Freihandelsabkommen TTIP kritisch und durch die neuen Veröffentlichungen in ihrer Einschätzung bestätigt: TTIP-Experte Guido Körber:

    »Das von uns analysierte ‚Dokument 10‘ lässt klar den Schluss zu, dass die USA versuchen, ihre technischen Standards in Europa durchzusetzen, und die EU-Kommission hält dem nichts entgegen. Wir halten die Vereinbarung für eine einseitige Aufgabe der europäischen Interessen.«

    TTIP Leak Blog

  • MdEP Reda zu Panama Papers

    MdEP Reda zu Panama Papers

    Zu den Panama-Papers Enthüllungen, die am Sonntag veröffentlicht wurden, erklärt MdEP Julia Reda:

    „Die Piratenpartei Island wird heute im isländischen Parlament einen Misstrauensantrag gegen die amtierende Regierung einbringen. Die am Sonntag veröffentlichten Panama Papers enthüllen Verwicklungen des isländischen Premiers Gunnlaugsson sowie weiterer Kabinettsmitglieder in Briefkastenfirmen in Steueroasen.

    Die politische Brisanz des Leaks zeigt, wie wichtig es ist, Whistleblower weltweit und auf europäischer Ebene zu schützen. Ganz im Gegensatz dazu wird jedoch aktuell in der EU die Fähigkeit von Unternehmen zur Geheimhaltung noch ausgebaut:

    Die Richtlinie zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen, die nächste Woche vom Europaparlament abgesegnet werden soll, schützt Whistleblower und investigativen Journalismus nur unzureichend. Der Geschäftsgeheimnisschutz wird drastisch auf jede Art geheimer Informationen ausweitet. Die Beweislast, dass eine Veröffentlichung im öffentlichen Interesse geschah, müssen die Whistleblower erbringen, um sich vor Verfolgung zu schützen.

    Wir brauchen einen einheitlichen gesetzlichen Schutz von Whistleblowern auf EU-Ebene. Am 4. Mai, dem letzten Verhandlungstag im Prozess gegen den LuxLeaks-Whistleblower Antoine Deltour, werde ich mit meiner Fraktion Grüne/EFA einen Entwurf für eine solche Richtlinie zum Whistleblowerschutz vorstellen.