Schlagwort: Menschenwürde

  • Tag der Älteren – Auskommen und Teilhabe sichern

    Tag der Älteren – Auskommen und Teilhabe sichern

    Am 1. April ist der „Tag der älteren Generation“. Für die Piratenpartei Deutschand ist dies nicht nur ein Anlass, um die Lebensleistung der älteren Generation zu würdigen, sondern auch einen kritischen Blick auf die Rentenpolitik der Bundesregierung zu werfen.
    Das Rentenniveau in Deutschland ist durch die sogenannten Rentenreformen der letzten dreißig Jahre insgesamt gesunken. Insbesondere der von der CDU/SPD-Bundesregierung mit dem sogenannten RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz initiierte Beschluss des Deutschen Bundestages am 9. März 2007 zur Anhebung des Renteneintrittsalters auf 67 Lebensjahre hat zu einer deutlichen Senkung des Rentenniveaus beigetragen. Bei Inanspruchnahme von Altersrente vor Vollendung des 67. Lebensjahres müssen Regel-Rentnerinnen und -rentner nunmehr für jeden vorzeitigen Monat Abschläge in Höhe von jeweils 0,3 % in Kauf nehmen.

    „Wenn man betrachtet, wie im Rahmen der Rentenpolitik der Bundesregierung mit der Lebensleistung der im Rentenalter befindlichen Menschen umgegangen wird, scheint der 1. April als ‚Tag der älteren Generation‘ angemessen,“

    kritisiert Sebastian Alscher, Vorsitzender der Piratenpartei Deutschland.

    „Die Piratenpartei setzt sich für Freiheit, Würde und Teilhabe ein. Der Vorschlag der Rentenkommission des Deutschen Bundestages, der eine Abschmelzung des derzeitigen Rentenniveaus auf bis zu 44% vorsieht, widerspricht damit unseren Zielen und Werten.“

    Seit Jahren wird die freiwillige Alterssicherung mit Riester- und Rürup-Rente propagiert. Doch auch die von der Rentenkommission dazu gemachten Vorschläge tragen nicht zu einer Verbesserung bei.

    „Derartige zusätzliche Einkünfte im Alter, die oftmals kaum ausreichend sind, um an die Grundsicherung heranzukommen, kann sich sowieso nur leisten, wer in seinem Arbeitsleben genug verdient, um derartige Rücklagen bilden zu können. Das große Heer der befristet Beschäftigten, Zeitarbeiter, aber auch Soloselbständigen oder Alleinstehenden mit Kindern, kann das vielfach nicht,“

    ergänzt Daniel Mönch, Politischer Geschäftsführer der Piratenpartei.

    „Schaut man sich in Europa um, erkennt man schnell, dass nahezu überall ein höheres Rentenniveau herrscht. Wir brauchen also umgehend einen Umbau unseres Systems in eine diese Richtungen oder noch viel besser, ein Bedingungsloses Grundeinkommen. Denn dann ist auf jeden Fall sichergestellt, dass für jeden Auskommen und Teilhabe auch im Alter gesichert sind. Derartige Vorschläge hätte ich mir von einer Rentenkommission erwartet, die die Menschen im Blick hat.“

  • Hartz-4-Urteil lässt Fragen offen – und Schlimmes erwarten

    Hartz-4-Urteil lässt Fragen offen – und Schlimmes erwarten

    Am Dienstag fällte das Bundesverfassungsgericht ein Urteil zur Zulässigkeit von Sanktionen bei Beziehern von Leistungen nach dem ALG2 (Hartz-4). Es stellte u.a. fest, dass Kürzungen von bis zu 30% nach Einzelfallprüfung weiterhin zulässig seien.

    „Auch wenn sich dieses Urteil erst mal nach einem Sieg gegen ein unmenschliches System anfühlt, es ist doch ein Schlag ins Gesicht der Betroffenen. Leistungen nach Hartz-4 stellen per Definition das Existenzminimum dar, welches zur Wahrung der Würde des Menschen nach Artikel 1 des Grundgesetzes notwendig ist. Wenn man schon von einem Existenzminimum spricht, darf man dieses dann nicht unterschreiten, wenn die Existenz dadurch gesichert werden soll; weder um zehn und erst recht nicht um 30%,“

    kritisiert Thomas Ganskow, Vorsitzender der Piratenpartei Niedersachsen und ergänzt:

    „Weil Hartz-4 niemals nur der Existenzsicherung diente, sondern vielmehr als Instrument staatlicher Sanktionierung, lehnen wir PIRATEN das System generell ab. Als Sofortmaßnahme verlangen wir den Verzicht auf jegliche Art von Leistungskürzungen.“

    Adam Wolf, Politischer Geschäftsführer der PIRATEN Niedersachsen, beschreibt die zu erwartenden Folgen des Urteils.

    „Dass der aus Niedersachsen stammende Bundesminister für Arbeit und Soziales, Hubertus Heil, dieses Urteil als „sehr weise“ bezeichnet, deutet auf einen Pyrrhussieg hin. Denn die von ihm bisher verteidigte übliche Praxis der Kürzungen wird damit nicht grundsätzlich geändert. Bedenkt man, dass es bei Klagen in vielen Fällen um Kürzungen von weniger als 30% geht, ist klar, dass auch die Verwaltungsgerichte durch dieses höchste Urteil nicht wirklich weniger Arbeit haben werden. Viel mehr ist zu erwarten, dass die 30%-Schwelle jetzt schneller erreicht wird, die Betroffenen also in Zukunft vielfach noch schlechter gestellt sind. Zu hoffen bleibt, dass dieses Urteil nicht der Weisheit letzter Schluss ist. Sowieso ist es an der Zeit, das Bedingungslose Grundeinkommen als Ersatz für das aktuelle System in Betracht zu ziehen. Schritte dorthin sind längst überfällig. Mit uns PIRATEN wären sie möglich, mit Minister Heil und der SPD nicht.“

  • PIRATEN zum Weltflüchtlingstag: Menschenrechte statt Asylrechtsverschärfung

    PIRATEN zum Weltflüchtlingstag: Menschenrechte statt Asylrechtsverschärfung

    70 Millionen Geflüchtete gibt es heute weltweit, eine besorgniserregende hohe Zahl, so der UN-Flüchtlingskommissar Filippo Grandi am Mittwoch. Am 11. Juni wurde im Bundestag das sogenannte „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“ mit den Stimmen der GroKo im Schnellverfahren durchgewunken. Wir PIRATEN schließen uns dem Protest zahlreicher Hilfs- und Menschenrechtsorganisationen, Wohlfahrtsverbände und Flüchtlingsinitiativen an und fordern eine Rücknahme des menschenrechtswidrigen Gesetzpaketes.

    Jeder Mensch, der in seiner Region lebensbedrohliche Zustände vorfindet, sei es durch Krieg, religiöse Verfolgung, Rassismus, Homophobie, Hunger oder Klimawandel, hat einen Anspruch auf Asyl und eine Chance auf ein menschenwürdiges Leben.
    Wir fordern des Weiteren stärkeres Engagement der Regierungen für Klimaschutz, Verbot von Drohnen und autonomen Waffensystemen sowie Eindämmung der Waffenexporte in Krisenländer, um Fluchtursachen zu beseitigen. Deutschland ist immer noch der größte Waffenexporteur nach den USA, Russland und Frankreich.

    Asylanträge sollten auch außerhalb der EU, zum Beispiel in Botschaften oder dafür geschaffenen Zentren gestellt werden können. Wurde ein Geflüchteter auf diesem Wege oder in einem EU-Land als schutzbedürftig anerkannt, so fordern wir Niederlassungsfreiheit gemäß den Anforderungen der Mitgliedstaaten sowie das Recht auf Familienzusammenführungen.

    „Freiheit und Sicherheit in ihren Heimatländern sind leider für viele Menschen noch immer nur ein Traum. Eigennützige, egoistische Kräfte regieren die Welt und zwingen Menschen zur Flucht. Das neue Gesetz sieht vor, hilfesuchende und traumatisierte Menschen wie Verbrecher zu behandeln. Wir PIRATEN stehen für eine humanitäre Flüchtlingspolitik, die die Menschenwürde und die Menschenrechte der Geflüchteten in den Mittelpunkt stellt. Es kann jeden treffen, zu jeder Zeit, an jedem Ort. Refugees welcome!“
    Michael John Sinclair, Bundesthemenbeauftragter für Flucht und Migration zum Welflüchtlingstag.

    Quelle:
    Positionen der Piratenpartei Deutschlands zur Europawahl 2019

  • 70 Jahre Grundgesetz – brauchen wir ein neues?

    70 Jahre Grundgesetz – brauchen wir ein neues?

    Am 1. September 1948 trat der Parlamentarische Rat, ein von den Länderparlamenten der westlichen Besatzungzonen gewähltes, aus 61 Männern und 4 Frauen bestehendes Gremium, zusammen und begann seine Beratungen über eine neue deutsche Verfassung. Am 23. Mai 1949 wurde diese Verfassung nach einem Mehrheitsbeschluss der Länderparlamente verkündet. Dieser Tag gilt damit gleichzeitig als Geburtsstunde der (alten) Bundesrepublik. Mit Rücksicht auf die drohende Teilung Deutschlands sprach man damals aber noch nicht von einer deutschen Verfassung, sondern von einem Grundgesetz, das zunächst für den westlichen Teil Deutschlands gelten sollte.
    Über vierzig Jahre später ging der Plan der Gründer der Bundesrepublik endlich auf. Mit der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 erlangte das als Interimslösung gedachte Grundgesetz dann tatsächlich den Status einer Verfassung für alle in Deutschland lebenden Menschen.
    In seiner Entstehung vor 70 Jahren war es dennoch ein Provisorium, aber eines von der Sorte, denen man gemeinhin nachsagt, dass sie lange halten. Das hat augenscheinlich sehr viel mit der Qualität seiner Aussagen zu tun. Die meisten Artikel des Grundgesetzes haben bis heute im Originaltext Bestand und das ist gut so.

    Es stellt sich allerdings immer mehr die Frage, ob das Grundgesetz in unserer gesellschaftlichen Realität tatsächlich noch die Rolle spielt, die ihm als allgemeingültige Verfassung definitiv zusteht. Insbesondere müssen sich unsere führenden Politiker fragen lassen, ob sie das Grundgesetz vielleicht doch irgendwie falsch verstanden haben, obwohl sie sich doch so gerne darauf berufen.

    Aussagen, die tief blicken lassen

    Kanzlerin Merkel (CDU) gab am 1. September 2011 auf einer Pressekonferenz in einem der bei ihr nur sehr selten auftretenden Momente, in denen sie Dinge klar benennt, ihr etwas seltsames Demokratieverständnis zu Protokoll. Sie findet Demokratie ja gar nicht schlecht, aber marktkonform sollte sie schon sein.

    Frau Merkel – wir haben uns das Grundgesetz in seiner aktuellen Fassung als PDF-Datei herunter geladen und es nach dem Wort „Markt“ durchsucht. Das Ergebnis ist schier unglaublich: Es kommt dort nicht ein einziges Mal vor. „Systemrelevant“ auch nicht. „Demokratie“ taucht als Wort im Übrigen ebenfalls nicht auf; als Adjektiv hingegen häufiger. Besonders gut gefiel uns in diesem Zusammenhang der Artikel 20, der mit dem Satz beginnt: „Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.“ Aber um das Soziale kümmert sich ja zum Glück die SPD; seit gefühlt 30 Jahren mit ständig nachlassendem Erfolg und entsprechend zurecht sinkenden Wählerstimmen.

    Christian Lindner (FPD) geht in seinem ebenso steten wie vehementen Bemühen, den „freien Markt“ zu verteidigen, noch einen Schritt weiter als unsere Noch-Kanzlerin. In der aktuellen Debatte um Enteignungen, die in Artikel 15 geregelt sind, entblödet er sich nicht einmal, Änderungen am Grundgesetz selbst zu fordern: „Artikel 15 passt nicht zur sozialen Marktwirtschaft. Er ist ein Verfassungsrelikt und wurde aus gutem Grund nie angewandt. Ihn abzuschaffen, wäre ein Beitrag zum sozialen Frieden und würde die Debatte wieder auf das Wesentliche lenken.“
    Jetzt mal Butter bei die Fische, Herr Lindner: Wenn Sie schon solche Sprechblasen von sich geben, sollten Sie wenigstens bei der Wahrheit bleiben. Enteignungen hat es nicht nur in der gerne als Schreckgespenst beschworenen DDR gegeben, sondern sehr wohl auch in der alten Bundesrepublik. Betroffen waren allerdings selten Personen oder Unternehmen, von denen die FDP Parteispenden kassiert, sondern meist Privatleute oder kleinere Firmen, deren Grundstücke dem Bau einer Autobahn oder – höchst aktuell – einer Stromtrasse im Wege standen. Viele Grüße an dieser Stelle an Herrn Altmaier (CDU) und sein NABEG (Netzausbaubeschleunigungsgesetz Übertragungsnetz), das sehr deutlich die doppelten Standards entlarvt, die beim Thema Enteignung für die einen gelten und für die anderen eben nicht.

    Zurück zum Artikel 15

    Er lautet: „Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel können zum Zwecke der Vergesellschaftung durch ein Gesetz, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt, in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft überführt werden…“ Das geht in den Augen von Marktradikalen wie Lindner natürlich gar nicht, weil es den „sozialen Frieden“ und vor allem den gigantischen Wohlstand ihres Klientels ganz erheblich gefährden würde.
    Ich empfehle Herrn Lindner in diesem Zusammenhang dringend, Artikel 14, Absatz (2) nachzulesen. Dort steht nicht: „Eigentum ist nur sich selbst und seiner Mehrung verpflichtet. Sein Gebrauch dient ausschließlich dem Wohl seiner Besitzer.“

    In der Auslegung des Grundgesetzes geht die sogenannte „Alternative für Deutschland“ besonders selektiv zu Werke. Stephan Brandner hielt vor ein paar Tagen eine flammende Rede zur Verteidigung unserer Verfassung. Er behauptete allen Ernstes, die „AfD sei die einzige Partei der Rechtsstaatlichkeit“ und bezichtigte die „Altparteien“ recht pauschal, diese ständig zu verletzen.
    Hauptthema der AfD ist und bleibt die Asylpolitik. In Artikel 16a, Absatz (1) heißt es zunächst: „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht“. Die folgenden Absätze 2 bis 5, die erst in den 1990iger Jahren eingefügt wurden, schränken dieses Asylrecht erheblich ein, worauf sich die AfD sehr gerne beruft. Tatsächlich verstößt das AfD-Parteiprogramm gerade in der Asylfrage komplett gegen das Grundgesetz; Stichwort Obergrenze. Jeder, der eine solche fordert (Grüße auch nach Bayern bzw. ins Heimatministerium), hebelt Artikel 16a grundsätzlich aus. Dass die AfD das individuelle Asylrecht an sich abschaffen will, sprich, sich in dieser Frage am Grundgesetz selbst vergreift, machten Weidel und Gauland bereits 2017 deutlich und äußerten auch ganz konkrete Vorstellungen, wie die Alternativen dazu aussehen könnten.

    Bezug nehmend auf diese menschenverachtenden Aussagen blättern wir mal ganz an den Anfang des Textes des Grundgesetzes:

    „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ – Artikel 1 (1)
    Nicht dagegen: „Die Würde des Deutschen ist unantastbar.“

    „Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.“ – Artikel 2 (2)
    Jeder, nicht nur die Deutschen in Deutschland. Deshalb darf es uns auch nicht gleichgültig sein, wenn Menschen, die aus Verzweiflung vor Krieg oder Perspektivlosigkeit aus ihrer Heimat geflüchtet sind, im Mittelmeer ertrinken.

    „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.“ – Artikel 3
    Die nicht nur von der AfD betriebene, wenig subtile Vorab-Differenzierung in „kriminelle Ausländer“ und „brave Deutsche“ halte ich daher für definitiv unzulässig.

    Brauchen wir ein neues Grundgesetz?

    Da sich die PIRATEN konsequent auf dem Boden der Verfassung bewegen, beantworte ich diese Frage mit einem ganz klaren Nein. Es bedarf aus gegebenen Anlässen sicherlich einiger Ergänzungen; denken wir z.B. an die Festschreibung der Lenkung der Digitalisierung oder der konsequenten Durchsetzung dringend notwendiger Maßnahmen zur Erhaltung unserer Umwelt.
    Wir PIRATEN wollen den vorhandenen Text des Grundgesetzes nicht ändern oder gar Passagen streichen. Uns geht es vielmehr darum, diesen Text und unsere gesellschaftliche Realität wieder in größere Übereinstimmung zu bringen. Zuviel davon ist uns in den letzten Jahren verloren gegangen. Wir werden uns auch weiterhin mit allen demokratischen Mitteln gegen den aktuell immer weiter voranschreitenden Abbau bürgerlicher Rechte zur Wehr setzen.

    Freiheit. Würde. Teilhabe.
    Dafür stehen wir und dafür brauchen wir eure Stimme bei der Europawahl 2019.

  • Walk of Care – für eine menschenwürdige Pflege

    Walk of Care – für eine menschenwürdige Pflege

    Auch dieses Jahr gehen am 12. Mai Pflegekräfte und Menschen aus anderen Gesundheitsberufen, Interessierte und Mitstreiter am Tag der Pflege auf die Straße.
    Unter dem Motto „Walk of Care“ finden am Sonntag in Berlin aber auch in vielen anderen Städten Demonstrationen und Kundgebungen für eine menschenwürdige Pflege statt. Mit Technomusik und Karaoke sowie Kundgebungen an verschiedenen neuralgischen Punkten machen sie lautstark auf die prekäre Situation in ihren Berufen aufmerksam. Sie kämpfen unter anderem für:

    • gesetzlich geregelte Personalbemessung
    • gute Konzepte der Fort- und Weiterbildung
    • bessere Arbeitsbedingungen
    • Imagewandel der Pflegeberufe

    „Der Pflegenotstand ist längst zum Pflegekollaps geworden. Die Forderungen der Fachkräfte müssen endlich umgesetzt werden. Pflege ist in vielen Ländern bereits ein Studienfach. Nur Deutschland hinkt sehr hinterher.
    Therapeuten kämpfen für ein Studium in Physiotherapie, Logopädie und Ähnliches. Zur Zeit müssen sie ihre Ausbildung sogar selbst bezahlen. Unsere alternde Gesellschaft (demografischer Wandel) und die Multimorbidität der sehr alt werdenden Menschen zwingt den Staat dazu, etwas zu ändern. Leider werden zu viele Umwege gegangen. Die finanzielle Situation im Gesundheitssystem ist mehr als schlecht. Auch hier müssen Veränderungen her.“
    Sandra Leurs, Bundesbeauftragte für Gesundheit und Pflege der Piratenpartei

    Der Internationale Tag der Pflege am 12. Mai geht zurück auf den Geburtstag der britischen Krankenschwester Florence Nightingale, die als Pionierin der modernen Krankenpflege gilt.

  • Neujahrsansprache 2019

    Neujahrsansprache 2019

    Liebe Freunde,

    das Jahr geht zu Ende und ich möchte die Gelegenheit nutzen, zurückzuschauen und ein paar meiner Gedanken zu teilen.

    Ich beobachte, dass der Zusammenhalt in unserer Gesellschaft schwindet. Immer häufiger scheint uns das zu fehlen, was uns zusammenhält. Unsere gemeinsamen Werte, eine gemeinsame Basis. Dabei ist es so einfach – wir kennen diese gemeinsamen Werte aus unserem Grundgesetz. Unsere Verfassung ist unsere gemeinsame Basis, nach der wir leben wollen; die demokratisch-freiheitliche Grundordnung und die Strukturen, die diese beschützen. Unsere Gesellschaft ist also eine demokratische und eine freiheitliche. Damit verbunden ist, die Menschenwürde zu achten, dem Demokratieprinzip und der Rechtsstaatlichkeit zu folgen.

    Und wo stehen wir da am Ende des Jahres 2018?
    Die Menschenwürde zu achten und zu schützen sollte für uns stets das höchste Gut sein. Ohne seine Würde kann der Mensch nicht Mensch sein. Wenn ein Mensch sogar schon um seine Würde kämpfen muss, dann fehlen ihm die Ressourcen, um ein Leben nach eigenen Vorstellungen zu leben. Er ist nicht mehr selbstbestimmt. Diese Selbstbestimmtheit ist aber gleichzeitig die Voraussetzung für Individualität und Persönlichkeit.

    Wie sah es aus mit der Menschenwürde in Deutschland, wie mit den Möglichkeiten, aus sich das zu machen, was man 2018 wollte?
    Noch immer wird das ALG2 an Auflagen geknüpft, und es wird eine Versorgung sanktioniert, die gerade zum Leben reicht. Selbst wenn diese Grundversorgung sichergestellt wäre, würde dies auch nicht ausreichen, uns frei entwickeln zu können. Dafür wären freier Zugang zu Information, zu Wissen und Bildung nötig. Hier sind wir – um es nett zu sagen – in 2018 keinen Meter vorangekommen. Wenn wir so weitermachen, dann werden wir den Anforderungen des digitalen Wandels nicht gerecht. So haben wir zum Beispiel nicht die Möglichkeit, uns durch flexible Weiterbildung auf Veränderungen vorzubereiten. Hier ist noch einiges an Reformen nötig, sei es in Bezug auf unser Bildungssystem oder auch in Bezug auf Medienkompetenz. Vieles blieb im letzten Jahr liegen, das man hätte angehen müssen.

    Wie steht es um unsere für die Demokratie wichtigen politischen Institutionen?
    Schauen wir die Parteien im Bundestag an. Vielfach beklagten die Menschen den Einzug der AfD in die Parlamente. In der Tat ist es unrühmlich, dass dort jetzt eine Partei mit einer solchen Nähe zu rechtstotalitären Gesellschaftsvorstellungen sitzt. Mindestens ebenso bedauerlich ist aber der Zustand der Parteien, die die Gesetze für dieses Land verabschieden sollen. Sie stellen die Mehrheit, und ihre Aufgabe ist es auch, ein Gegengewicht zu dieser Partei zu sein, aber wir sehen bei kaum einer der Parteien Stabilität. Es gab bei so gut wie allen Vorstandswechseln laute und heftige innerparteiliche Auseinandersetzungen und Identitätskrisen.

    Wie steht es um den Schutz unserer Freiheitsrechte als Bürger? Wie ist die Balance zwischen Freiheit und staatlicher Autorität?
    In vielen Bundesländern wurden Verfassungsänderungen beschlossen und Polizeigesetze geändert mit dem Ziel einer Ausweitung der Macht und der Befugnisse von Bund und Ländern. Der langjährige Traum der Innenminister wurde Wirklichkeit: Die Landesregierungen erweiterten die Einsatzmöglichkeiten umfangreicher Abhörmaßnahmen, ermöglichten DNA-Analysen für erkennungsdienstliche Maßnahmen bei geringstem Verdacht sowie Präventivhaft von drei Monaten und hoben die vorherige Gleichbehandlung von Bürgern und Polizisten wieder auf. Aus gutem Grund bestimmten unsere Vorväter, dass es keine ausgeprägte Machthierarchie zwischen Polizei als ausführendem Arm des Staates und seinen Bürgern geben soll, dass beispielsweise Polizisten genauso zu behandeln seien wie „normale“ Bürger. Nun gelten Polizisten als schützenswerter. Bürger und Staat begegnen sich nun nicht mehr auf Augenhöhe. Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang auch die zunehmende Militarisierung der Polizei. Immer mehr Polizeipanzer wurden angeschafft, über eine Ausstattung mit Handgranaten wurde nachgedacht, auch vor dem Errichten einer Zensurinfrastruktur wird nicht mehr halt gemacht. Die regierenden Parteien treten auf Europaebene dafür ein, dass in Zukunft Filter Einfluss darauf nehmen, wie wir Daten verteilen. In Deutschland wurde das Netzwerkdurchsetzungsgesetz bereits auf nationaler Ebene vorangetrieben.

    Und die Gerichte?
    Glücklicherweise erweist sich regelmäßig das Verfassungsgericht als letzte Bastion. Gleichzeitig stelle ich aber auch fest, dass viele Gerichte aufgrund der Menge der Verfahren schlichtweg überlastet zu sein scheinen. Und die wichtige Diskussion, wie wir mit Personen umgehen wollen, für die unser Mechanismus zur Bestrafung schlichtweg nicht funktioniert, hat noch keiner angestoßen.

    Was ich beschrieben habe, sind alles Veränderungen unserer demokratischen Rahmenbedingungen, am System – wie sich das institutionelle Umfeld verändert hat, wie sich unsere Rechtslandschaft verändert hat. Eine solche Veränderung hat immer auch Auswirkungen auf uns Menschen.
    Und deswegen verwundert es mich nicht, dass wir es mehr und mehr an Respekt im Umgang miteinander vermissen lassen. Dass wir häufiger in Konfrontation gehen, anstatt vor einer Antwort die Argumente des anderen anzuhören und zu hinterfragen.

    Aber wir haben uns auch viel vorgenommen. Mit „demokratisch-freiheitlich“ legen wir uns auf das juristisch wie emotional schwierigste Modell fest. Denn freiheitlich bedeutet, andere Lebensentwürfe und Meinungen zuzulassen und auszuhalten. Dass wir Minderheiten schützen und nicht in einem Willen der Gleichmacherei zum Verstummen bringen. Dass wir Vielfalt erlauben. Im Grunde genommen auch, dass wir sie als wertvollen Beitrag zum Diskurs anerkennen. Demokratisch drückt gleichzeitig die Ablehnung totalitärer Bestrebungen aus. Es verstärkt das „freiheitlich“ dahingehend, dass wir auch die Möglichkeit zum Ausdruck der Verschiedenheit zulassen.

    Als Gesellschaft können wir dem also nur gerecht werden, wenn wir Meinungen aushalten auch wenn wir das nicht möchten. Das führt natürlich zu Reibungen, man wird quasi aus der emotionalen Komfortzone geschoben. Wird dem ein Riegel vorgeschoben, der möglicherweise aus der Norm fallende Meinungen unterbinden würde, scheint das Leben einfacher. Aber das wäre es eben nur für einen Teil unserer Gesellschaft. Der andere Teil würde letzten Endes ein Leben in Unterdrückung leben. Etwas, das man für sich selbst ablehnen würde, wogegen man kämpfen würde und müsste.

    Damit ist also unsere wichtigste „Kampflinie“ nicht entlang politischer Meinungen – also eher links oder rechts, befürworte ich eine konservative Weltanschauung oder eine progressive, übergewichte ich Bedarfsgerechtigkeit oder eher Leistungsgerechtigkeit. Nein – dieses Diskutieren und Verhandeln von Argumenten und Positionen gehört zu einer freiheitlichen Demokratie. Dieser Demokratie, die uns vereint in den Werten unseres Grundgesetzes, in Achtung der unantastbaren Würde jedes Menschen und seiner Freiheitsrechte.
    Dass wir diese Freiheit schützen ist zwingend notwendig, noch bevor wir über Positionen verhandeln, die sich auf beispielsweise Gerechtigkeitsfragen beziehen. Denn letzten Endes müssen wir erreichen, dass eine erarbeitete Lösung und ein gefundener Kompromiss von der gesamten Gesellschaft getragen wird. Und das passiert nur, wenn alle das Gefühl haben, ihr Wort und ihre Argumente in die Diskussion einbringen zu können.

    Unsere wichtigste Kampflinie verläuft zunächst entlang der Frage, welches Ausmaß an Autorität oder totalitärem Verhalten wir zulassen. Wieviel Freiheit erlauben wir, die Lebensentwürfe zu leben, die es in der Gesellschaft gibt. Wieviel Freiheit erlauben wir, um unsere Meinungen und Kreativität zum Ausdruck zu bringen. Das Risiko am beispielsweise rechten Rand liegt nicht in einer abweichenden Ansicht zur Verteilung von Wohlstand oder Aufenthaltsrechten. Es liegt in (ultra-)autoritären/totalitären Tendenzen. Im Gleichmachen, im Verbieten und Unterdrücken von Lebensentwürfen und Meinungen, die nicht den eigenen entsprechen. Dem Ausschließen von dem, was uns als Gesellschaft verbindet, was uns zum Teil der Gesellschaft macht: Der Möglichkeit sich einzubringen.
    Wir müssen also dafür kämpfen, dass diese Freiheit uns allen bestehen bleibt. Und zwar sowohl gegenüber unserem Staat als auch im menschlichen Miteinander, als Mitglieder der Gesellschaft.

    In diesem Sinne möchte ich allen danken, die sich im letzten Jahr dafür eingesetzt haben und für diese Freiheit gekämpft haben. Die ihre Zeit dafür gegeben haben, die ihre finanzielle Unterstützung beigetragen haben, damit wir uns die Errungenschaften beziehungsweise die Lehren des letzten Jahrhunderts erhalten. Vielen Dank für Euren Einsatz. Vielen Dank von Herzen für Euer Engagement.

    Euer Sebastian Alscher
    Bundesvorsitzender der PIRATENPARTEI Deutschland