Schlagwort: Patrick Breyer

  • 17-jähriger Pirat zieht vor das Bundesverfassungsgericht

    17-jähriger Pirat zieht vor das Bundesverfassungsgericht

    Der Bundestag hält daran fest, dass 16- und 17-jährige in Deutschland zur Europawahl nicht wahlberechtigt sein sollen. Dies hat der Bundestag 30 jugendlichen Beschwerdeführer/innen mitgeteilt und ihren Wahleinspruch abgewiesen, darunter den Einspruch des 17-jährigen Lukas Küffner (Piratenpartei) aus Nürnberg.

    Zur Begründung schreibt der Bundestag, es könne offen bleiben, ob die erforderliche Reife bei „einzelnen Personen“ unter 18 vorliege. Generell bestehe bei Jugendlichen dieses Alters eine „höhere Gefahr, den notwendigen Grad von Einsichts- und Entscheidungsfähigkeit noch nicht erreicht zu haben“. Zur Wahl dürfe eine Person nur zugelassen werden, wenn sie „entscheidungsfähig und zur freien Bildung ihres eigenen Wählerwillens fähig“ sei.

    Lukas Küffner will gegen diese Entscheidung nun gemeinsam mit anderen vor das Bundesverfassungsgericht ziehen.

    „Es heißt immer, Jugendliche würden sich nicht für Politik interessieren. Das stimmt jedoch nicht. Immer mehr Jugendliche gehen auf die Straße, um für ihre Zukunft zu demonstrieren, weil diese Zukunft bedroht ist. Warum sollten wir die Entscheidungen einer alternden Wählerschaft überlassen, die wenig bis gar nicht betroffen ist? Junge Menschen sollten über ihre Zukunft mitbestimmen dürfen!“

    Der Europaabgeordnete Dr. Patrick Breyer (Piratenpartei) kritisiert die Entscheidung des Bundestags als „arrogant und bevormundend“.

    „Dass junge Menschen Politik lieber den Experten überlassen sollten, ist Lindner’sche FDP-Logik. Diese Überheblichkeit hat mit der heutigen Lebenswirklichkeit und dem vielfältigen politischen Engagement junger Menschen nichts zu tun.“

    In den EU-Ländern Österreich und Malta dürfen bereits 16-jährige an der Europawahl teilnehmen. Auch das Europaparlament hat sich für ein Wahlrecht ab 16 ausgesprochen.

  • Digitale Transformation wird Priorität der Europafraktion Grüne/Europäische Freie Allianz

    Digitale Transformation wird Priorität der Europafraktion Grüne/Europäische Freie Allianz

    Die Piratenabgeordneten im Europäischen Parlament und andere Abgeordnete haben die Fraktion Grüne/Europäische Freie Allianz überzeugt, die „digitale Transformation“ zu einer der sechs wichtigsten politischen Prioritäten zu machen, die in den nächsten fünf Jahren behandelt werden sollen. Dies wird sowohl für die Arbeit der Fraktion als auch für die gesamte Agenda des Europäischen Parlaments von großer Bedeutung sein.

    „Obwohl es wie eine kleine Sache aussieht, ist es ein großer Erfolg, und ich genieße es genauso sehr wie meine Wahl zum Vizepräsidenten des Europäischen Parlaments vor drei Monaten. Das bedeutet, dass die Digitale Agenda nicht mehr als Beiwerk angesehen, sondern vorausschauend geplant wird, von einem Expertenteam aus der gesamten Fraktion bearbeitet. Jedem Thema der digitalen Transformation wird besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Dieser Schritt ermöglicht es uns, die Versprechen, die wir unseren Wählerinnen und Wählern vor den Wahlen gegeben haben, umzusetzen,“

    erklärt Marcel Kolaja, tschechischer Piratenabgeordnete und Vizepräsident des Europäischen Parlaments.

    Die Fraktion Grüne/Europäische Freie Allianz hat sich in ihrem letzte Woche beschlossenen Arbeitsdokument das Ziel gesetzt, dass Europa bis 2024 eine führende Rolle in der digitalen Politik und im Bereich der künstlichen Intelligenz auf der Grundlage von Grundrechten, Nichtdiskriminierung und Inklusivität übernehmen soll. In dem Dokument heißt es, dass Europa den globalen Kampf gegen Massenüberwachung – sei es durch Staaten oder Unternehmen – anführen müsse.

    „Lasst uns der Massenüberwachung ein Ende setzen. Ihre abschreckende Wirkung schadet Zivilgesellschaft und Aktivismus. Menschenrechte und Grundfreiheiten werden im Namen von Innovation und / oder Sicherheit oft vergessen, aber ihr Schutz ist ein Grundanliegen für Piraten,“

    ergänzt der deutsche Piratenabgeordnete und Jurist Dr. Patrick Breyer.

    Das Potenzial der digitalen Technologien zu nutzen und in den Dienst der Menschen zu stellen, soll Leitlinie bei der Gestaltung der betroffenen Politikfelder sein. Das bedeutet: Schutz der Demokratie und der Grundrechte bei Big Data, Tracking und Profilerstellung, Diskriminierung aufgrund des Geschlechts durch KI sowie Schutz der Nutzerrechte bei der künftigen Internetregulierung. Schließlich gilt es, sich auf große digitale Unternehmen zu konzentrieren, um dezentrale Innovationen zu schützen.

    „Alle diese Themen sind inzwischen nicht mehr nur eine Priorität der vier Piratenabgeordneten, sondern aller 73 Mitglieder der Fraktion der Grünen / EFA,“

    so Kolaja abschließend.

  • Aufruf zur „Selbstermächtigung der Internet-Nutzer*innen“

    Aufruf zur „Selbstermächtigung der Internet-Nutzer*innen“

    Netzexpert*innen rufen dazu auf, übermächtigen Internetkonzernen die Kontrolle über das Internet zu entreißen und in die Hand der Nutzer*innen selbst zu legen. Ein entsprechendes „Manifest zur Selbstermächtigung“ haben die Abgeordneten Dr. Patrick Breyer (Piratenpartei), Anke Domscheit-Berg (Linke), Saskia Esken (SPD) sowie Vertreter*innen der Zivilgesellschaft wie Peter Schaar und Marina Weisband vorgelegt.

    „Vertrauenswürdige Alternativen zum Überwachungskapitalismus existieren längst. Um ihnen aber zum Durchbruch zu verhelfen, müssen die Platzhirsche wie Facebook zur Öffnung ihrer Plattformen gezwungen werden“

    fordert Mitunterzeichner Patrick Breyer.

    „Nur so können ihre Nutzer plattformübergreifend kommunizieren und auch nach einem Plattformwechsel in Kontakt mit ihrem sozialen Umfeld bleiben.“

    Das Manifest im Wortlaut:

    Holen wir uns das Web zurück!

    Ein Manifest zur Selbstermächtigung der Internet-Nutzer*innen

    Das Internet im Jahre 2019

    Das Internet ist für viele Menschen eine virtuelle Heimat geworden. Sie pflegen dort Freundschaften und Kontakte, sie suchen und geben Rat, diskutieren über Kunst, Kultur und Persönliches, teilen Fotos, arbeiten zusammen, kaufen ein, spielen, verabreden sich. Kurz: Sie kommunizieren.
    Allerdings ziehen wenige attraktive, kommerzielle Plattformen immer mehr Nutzer*innen an. Sie erhalten damit eine Monopolstellung und bedenkliche Macht, indem sie persönlichste Daten ansammeln und gewinnbringend nutzen. Das ist ihr Geschäft. Die Nutzer*innen stehen indes vor der Wahl, entweder den Betreibern ihre Daten an­zuvertrauen oder von den Plattformen und damit von einem signifikanten Teil ihres sozialen Umfeldes ausge­schlossen zu werden.
    Das angesammelte Wissen der Plattformbetreiber ist Macht, verliehen von den Nutzer*innen. Dieses Wissen er­möglicht den Betreibern, weit über das Internet hinaus Menschen zielgerichtet zu manipulieren, sei es, um sie zum Kauf von Produkten zu bewegen oder um ihr Verhalten im politischen Raum zu beeinflussen. Dieses Machtinstru­ment steht neben den Betreibern selbst jedem zur Verfügung, der dafür zahlt oder, wie staatliche Stellen, Druck auf die Betreiber ausüben kann.
    Auch für verantwortungsvolle Betreiber gilt: Vorstände können wechseln, Firmen aufgekauft, Richtlinien und ge­setzliche Rahmenbedingungen geändert werden. Darum sind zentralisierte Plattformen grundsätzlich nicht ver­trauenswürdig. Zuverlässig vertrauen kann man nur auf technisch sichergestellten Datenschutz.

    Die Vision: Das Internet der Zukunft

    Das Internet ist heute schon dezentral und kooperativ angelegt, resistent gegen Zentralismus, Zwang und Zensur. Jede*r kann dort eine eigene Webpräsenz gestalten und frei und selbstbestimmt Herr über seine Daten sein.
    Das freiheitliche, demokratische Internet der Zukunft verfügt aber zusätzlich über alltagstaugliche Technologie, die Vertraulichkeit der Kommunikation im Sinne von Privacy by Design ganz selbstverständlich technisch reali­siert. Denn die Internetnutzer*innen der Zukunft sind sich des Wertes persönlicher Daten bewusst und gehen sorg­fältig damit um. Dadurch schützen sie sich selbst und ihre Mitmenschen vor aktuellen und zukünftigen Gefahren. Denn sie wissen, dass Daten, die heute harmlos erscheinen, morgen hoch problematisch sein können.

    Manifest

    Wir, die Unterzeichner*innen dieses Manifests, sind der festen Überzeugung, dass das Internet durch die Nutzer*innen in Besitz genommen werden kann und muss. Dazu braucht es vertrauenswürdige Kommunikationstechnologie, welche:

    • Die Privatsphäre und die Rechte der Nutzer*innen auf technischem Wege definitiv sicherstellt.
    • In Leistung und Funktion den Nutzer*innen keine Kompromisse abverlangt.
    • Unter einer anerkannten Free and Open Source Lizenz entwickelt wird.
    • Dezentral, kollektiv und ausschließlich von den Nutzer*innen selbst betrieben wird.
    • Sicheren Datenschutz bei Inhalts- und Metadaten gewährleistet.
    • Sehr einfach zu installieren und zu bedienen ist.
    • Interoperabilität mit anderen Plattformen und einen Umzug von Profilen schnell, einfach und überzeu­gend ermöglicht.

    Wir rufen alle Internet-Nutzer*innen auf, sich mit dem Ziel der Etablierung vertrauenswürdiger Kommunikations­technologien zu organisieren und diese breit zu nutzen!

    Wir rufen alle Software-Entwickler*innen auf, vertrauenswürdige Kommunikationstechnologie verfügbar zu ma­chen!

    Wir rufen alle Entscheidungsträger*innen auf, vertrauenswürdige Kommunikationstechnologie zu fördern!

    Wir rufen alle Lehrenden und Kunstschaffenden auf, Bewusstsein zu schaffen für den Umgang mit persönlichen Daten!

    Nehmen wir unsere Geschicke selbst in die Hand!

    Initiatoren:

    • Jorgo Ananiadis (Politiker und Netzaktivist)
    • Kai Bösefeldt (Software-Entwickler, Initiator des Straightway-Projektes)
    • Dr. Patrick Breyer (Mitglied des Europaparlaments)
    • Anke Domscheit-Berg (Mitglied des Deutschen Bundestages)
    • Saskia Esken (Mitglied des Deutschen Bundestages)
    • Adrienne Fichter (Journalistin)
    • lic. iur. Viktor Györffy (Rechtsanwalt)
    • Michael Hausding (Vorstand Internet Society Switzerland)
    • Dr. Andrea Herrmann (Vertretungsprofessorin an der FH Dortmund; Herrmann & Ehrlich)
    • Hernâni Marques (Stiftungsrat p≡p foundation)
    • Piratenpartei CH
    • Peter Schaar (Vorsitzender der Europäischen Akademie für Informationsfreiheit und Datenschutz (EAID), Berlin; Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit a.D. (2003-2013))
    • #TEAMHUMAN
    • Marina Weisband (Publizistin, Künstlerin)
    • Peter Welchering (Journalist)

    Unterschreiben

  • Patrick Breyer zum Facebook-Urteil: Freie Meinungsäußerung schützen!

    Patrick Breyer zum Facebook-Urteil: Freie Meinungsäußerung schützen!

    Zu dem gestrigen EuGH-Urteil zur Verhinderung unzulässiger Nachrichten in sozialen Netzwerken erklärt Dr. Patrick Breyer, Europaabgeordneter der Piratenpartei:

    „Nach dem gestrigen Urteil sollen unzulässige Inhalte dauerhaft aus dem Netz ferngehalten werden – aber es gibt keinen Schutz vor dem Einsatz von Uploadfiltern, die kontextblind sind und so fehleranfällig, dass sie immer wieder auch legale Inhalte unterdrücken. Nach dem Urteil sollen Internetdienste die Veröffentlichungen bestimmter Nutzer dauerhaft auf Botschaften prüfen müssen, die den unzulässigen ähnlich sind – aber es gibt keinerlei Schutz davor, dass Diensteanbieter diese Nutzer einfach ausschließen. Das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung im Netz ist viel zu wertvoll, um es fehlerhaften Algorithmen oder dem Profitstreben von Internetkonzernen zu opfern. Jetzt ist der Gesetzgeber gefragt, das freie Internet zu schützen.“

  • Hate Speech-Debatte: Staatsanwaltschaften stärken statt Paragrafen schreiben!

    Hate Speech-Debatte: Staatsanwaltschaften stärken statt Paragrafen schreiben!

    Zu der Kritik an einem Urteil des Landgerichts Berlin, dass Beschimpfungen der Bundestagsabgeordneten Renate Künast wegen einer früheren Äußerung über Pädophilie als zulässig eingestuft hat erklärt der Jurist und Europaabgeordnete Patrick Breyer der Piratenpartei Deutschland:

    „Dieses Urteil wird nach meiner Einschätzung keinen Bestand haben, weil purer Hass keine zulässige Meinungsäußerung mehr ist. Rufe nach Gesetzesverschärfungen sind fehl am Platz, ein Rechtsmittel ist bereits eingelegt.

    Auskunftsklagen sind allerdings keine Lösung für Hatespeech. Dass der Deutsche Bundestag Opfer darauf verweist, Kommentatoren selbst ausfindig zu machen und zu verklagen, ist ein Armutszeugnis, nicht zielführend und zerstört die gerade für Opfer von Straftaten (z.B. Stalking) wichtige Anonymität im Netz.

    Straftaten im Netz zu verfolgen, ist Aufgabe des Staates, nicht Aufgabe der Opfer. Wir brauchen dringend auf Internetdelikte spezialisierte, personell ausreichend ausgestattete Staatsanwaltschaften, die Ermittlungsverfahren nicht einfach einstellen. Kaum ein Bundesland hat hier bisher seine Hausaufgaben erledigt – auch nicht das grün mitregierte Berlin, in dem Frau Künast lebt.“

  • „ins Blaue hinein“: BKA-Bestandsdatenabfragen in der Kritik

    „ins Blaue hinein“: BKA-Bestandsdatenabfragen in der Kritik

    Das Bundeskriminalamt (BKA) trägt im Dienste ausländischer Behörden Informationen über Bürger zusammen, die nicht einmal im Verdacht einer Straftat stehen. Dies kritisierte die damalige Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff in einem internen Bericht, den der Bürgerrechtler und Europaabgeordnete Patrick Breyer (Piratenpartei) erhalten hat.

    Die Bundesdatenschutzbeauftragte weist in ihrem Bericht insbesondere auf Folgendes hin:

    • Das BKA habe teilweise auf unsubstantiierte Anfragen ausländischer Behörden Daten abgefragt.
    • Teilweise würden allgemein Netzwerke beteiligter Personen zu einer Szene abgefragt, ohne dass ein Tatverdacht vorliege. So wurden Daten über „Anarchisten“ mit der Unterstellung erhoben, es handele sich um linke Gewalttäter. Auch bei „extremistischen Vereinigungen“ sei teils nicht ersichtlich, welche Straftat oder ob überhaupt ein Strafverfahren vorliegt.
    • Es genüge schon ein Kontakt zu einem Beschuldigten, um abgefragt zu werden.
    • Ausländische Abfragen könnten auch einer „allgemeinen geheimdienstlichen Lageeinschätzung“ dienen, zu denen Bestandsdatenabfragen nicht zugelassen sind. Teilweise seien bei Anfragen aus dem Ausland Geheimdienste direkt beteiligt. Es gebe in diesen Fällen keine strikte Trennung zwischen Polizei und Geheimdienst.
    • Wegen einer verdächtigen Person seien in einem Fall auch alle anderen Bewohner ihres Hauses abgefragt worden.
    • Teilweise seien Informationen über Personen erhoben worden, die nur Zeugen oder Kontaktpersonen waren.
    • In einem Fall seien Bestandsdaten (Telekommunikationsdaten) zu einem „weiten Umkreis“ der Zielperson abgefragt worden.
    • Die lange Aufbewahrungsdauer von 10 Jahren beim BKA sei „sehr fragwürdig“. Die Dokumentation was, warum, wie lange gespeichert wird sei mangelhaft.

    Breyer kommentiert:

    „Seit Jahren attackiere ich die Bestandsdatenauskunft und den Identifizierungszwang für Nutzer von Prepaid-Karten. Jetzt erfahre ich, dass der Missbrauch bereits Realität ist: Wie ein Geheimdienst kundschaftet das BKA mithilfe der Bestandsdatenauskunft Personen aus, die einer Straftat nicht einmal ansatzweise verdächtig sind, und liefert diese an ausländische Behörden aus – mit ungewissen Konsequenzen. Hier bestätigt sich wieder: Nur die Anonymität schützt vor falschem Verdacht. Ich hoffe, dass der Europäische Menschenrechtsgerichtshof auf meine Beschwerde reagiert und anonyme SIM-Karten wieder erlauben wird.“

    Hintergrund der Datenzugriffe ist das „Terrorismusbekämpfungsgesetz“, das dem BKA Datenabfragen – besonders Bestandsdatenauskünfte – auch ohne Verdacht einer Straftat gestattet. Eine von der Piratenpartei organisierte Sammelverfassungsbeschwerde von mehreren tausend Bürgern gegen das Gesetz zur Bestandsdatenauskunft ist anhängig.

  • Vorratsdatenspeicherung erneut vor dem EuGH

    Vorratsdatenspeicherung erneut vor dem EuGH

    Heute und morgen verhandelt der Europäische Gerichtshof (EuGH) über die unterschiedslose Vorratsdatenspeicherung in Frankreich (C-511/18), Belgien (C-520/18) und Großbritannien (C-623/17).
    Patrick Breyer, Bürgerrechtler und Europaabgeordneter der Piratenpartei Deutschland erklärt dazu:

    „Die Aufzeichnung von Informationen über die alltägliche Kommunikation, Bewegung und Mediennutzung jedes Bürgers stellt die bislang größte Gefahr für unser Recht auf ein selbstbestimmtes und privates Leben dar. Hunderte Menschen könnten in Dänemark wegen falscher Vorratsdaten unschuldig verurteilt worden sein – das Europäische Parlament wird sich in Kürze damit befassen. Telekommunikationsdaten sind besonders anfällig dafür, Unschuldige ungerechtfertigt strafrechtlichen Ermittlungen auszusetzen, und dürfen deshalb nicht ohne jeden Verdacht angehäuft werden.

    Es ist ein Skandal, dass wiederholte Urteile des EuGH’s gegen Vorschriften zur Vorratsdatenspeicherung von Europas Regierungen – einschließlich der Bundesregierung – ignoriert werden und die EU-Kommission dabei untätig zusieht. Unter ständiger Beobachtung und Aufzeichnung erlahmen Vielfalt und gesellschaftlicher Protest. Eine angepasste, erstarrte Gesellschaft hat keine Zukunft. Stoppen wir massenhafte, anlasslose Überwachung! Dafür setze ich mich im Europaparlament ein.“

    Hintergrund: Dem Bundesverfassungsgericht liegen seit 2016 Verfassungsbeschwerden gegen das schwarz-rote Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung vor, unter anderem eine von Digitalcourage und Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung unterstützte Beschwerde, in der auch Patrick Breyer Beschwerdeführer ist. Kurz vor Inkrafttreten der Speicherpflicht Mitte 2017 setzten Gerichte das Gesetz bis zur endgültigen Entscheidung wieder aus, weil es die Grundrechte der ohne Anlass betroffenen Bürger verletze. Das Bundesverfassungsgericht hat noch keinen Termin zur Verhandlung oder endgültigen Entscheidung über die Verfassungsbeschwerden bekannt gegeben.

    Aus Sicht der Zivilgesellschaft ist eine verdachtsunabhängige und wahllose Vorratsspeicherung von Telekommunikationsdaten für viele Bereiche der Gesellschaft höchst schädlich: Sie beeinträchtigt vertrauliche Kommunikation in Bereichen, in denen Menschen auf Vertraulichkeit angewiesen sind (z.B. Kontakte zu Psychotherapeuten, Ärzten, Rechtsanwälten, Betriebsräten, Eheberatern, Kinderwunschzentren, Drogenmissbrauchsberatern und sonstigen Beratungsstellen) und gefährdet damit die körperliche und psychische Gesundheit von Menschen, die Hilfe benötigen, aber auch der Menschen aus ihrem Umfeld.

    Wenn Journalisten Informationen elektronisch nur noch über rückverfolgbare Kanäle entgegennehmen können, gefährdet dies die Pressefreiheit und beeinträchtigt damit elementare Funktionsbedingungen einer freiheitlichen demokratischen Gesellschaft. Die verdachtsunabhängige und wahllose Vorratsdatenspeicherung schafft Risiken des Missbrauchs und des Verlusts vertraulicher Informationen über unsere persönlichen Kontakte, Bewegungen und Interessen. Telekommunikationsdaten sind außerdem besonders anfällig dafür, von Geheimdiensten ausgespäht zu werden und Unschuldige ungerechtfertigt strafrechtlichen Ermittlungen auszusetzen.

    Quellen/Fußnoten:
    Siehe auch die Pressemitteilung „Nie wieder Vorratsdatenspeicherung!“ vom 24.07.2019.

  • EU erwägt allgemeine Uploadfilter-Pflicht und Internetverbote

    EU erwägt allgemeine Uploadfilter-Pflicht und Internetverbote

    Die EU-Kommission will Online-Plattformen künftig auch in anderen Fällen als Urheberrechtsverstößen allgemein zum Einsatz von Upload-Filtern zwingen. Mit solchen „proaktiven Maßnahmen“ soll die Verbreitung illegaler und auch legaler, angeblich „schädlicher Inhalte“ verhindert werden. Außerdem könnten unerwünschte Veröffentlichungen mit der Sperrung von Online-Konten bestraft werden. Diese Vorschläge ergeben sich aus einem geleakten Arbeitsdokument der EU-Kommission.

    Patrick Breyer, Europaabgeordneter der Piratenpartei Deutschland, kommentiert:

    „Die alarmierenden Pläne in der Kommission würden Online-Plattformen dazu zwingen, als ‚Internetpolizei‘ und ‚Internetzensoren‘ zu handeln. Fehleranfällige Upload-Filter, die das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung verletzen, drohen immer öfter eingesetzt zu werden.

    Umgekehrt sollten verfehlte nationale Rechtsvorschriften wie das deutsche NetzDG ersetzt und dadurch die freie Meinungsäußerung besser als bisher geschützt werden. Messengerdienste und soziale Netzwerke könnten miteinander verbunden werden, was gut für den Wettbewerb wäre und dem Nutzer eine echte Wahlmöglichkeit einräumt. Das Recht, Internetdienste anonym zu nutzen, könnte erstmals auf EU-Ebene geschützt werden.

    Die Meinungsfreiheit, die Wahlmöglichkeiten der Verbraucher, das Recht auf Privatsphäre und die Grundprinzipien eines globalen Internets müssen im Mittelpunkt jeder Regulierung digitaler Dienste stehen. Es geht um unseren digitalen Lebensraum. Die gesamte Internetgemeinde schaut der EU sehr aufmerksam auf die Finger. ‚Zensursula 2.0‘ werden wir nicht zulassen.“

    Hintergrund:
    Die EU-Kommission will Internetplattformen für Verhalten ihrer Nutzer verantwortlich machen, auch wenn sie davon keine Kenntnis haben, wie es bereits in der Urheberrechtsreform und der Verordnung über terroristische Inhalte vorgesehen ist. Nicht zuletzt erwägt die Kommission die Einrichtung einer öffentlichen Regulierungsbehörde, die für die Überwachung und Durchsetzung der Anwendung des jeweiligen Rechts zuständig wäre. Konkret äußern sich dazu die GD CONNECT (Generaldirektion für Kommunikationsnetze, Inhalte und Technologien) und die GD HOME (Generaldirektion Migration und Inneres) in dem geleakten Arbeitsdokument.