Schlagwort: Proteste

  • Urheberrechtsreform: PIRATEN fordern Streichung von Uploadfiltern

    Urheberrechtsreform: PIRATEN fordern Streichung von Uploadfiltern

    Zum heute von Bundesministerin Christine Lambrecht vorgestellten Entwurf zur Umsetzung der Urheberrechtsreform kommentiert der politische Geschäftsführer der Piratenpartei Deutschland Daniel Mönch:

    „Die Proteste gegen die Urheberrechtsreform und insbesondere den Artikel 13 sind inzwischen mehr als ein Jahr her. Damals waren Zehntausende auf der Straße, um zu verhindern, was jetzt passiert: Die Anpassung des Internets durch die europäische Bürokratie an Verwertungsstrukturen aus dem letzten Jahrtausend. Gerade diese Strukturen und gesetzlichen Vorschriften waren dafür verantwortlich, dass sich in Europa kaum relevante Internetkonzerne entwickeln konnten.

    Wenn der Vorschlag des Justizministeriums in dieser oder ähnlicher Form zum Gesetz gemacht wird, drohen allen, die das Internet verwenden, erhebliche Einschränkungen. Zwar findet sich im Entwurfstext die ein oder andere vermeintlich gut gemeinte Ausnahme für kleinere Plattformen oder nicht kommerzielle Nutzung; diese werden aber kaum reichen, um die negativen Folgen abzufedern.
    Durch Pre-Flagging, also das Markieren der Inhalte durch den Nutzer, soll sichergestellt werden, dass keine legalen Inhalte durch Uploadfilter blockiert werden. Dieses Konzept ist nur in der Theorie praktikabel, in der Realität wird es vermutlich dafür sorgen, dass sich ein Besuch im Internet bald wie der Besuch in einer deutschen Amtsstube anfühlen wird. Denn anders als von der SPD auf Twitter verkündet, finden sich im Text sehr wohl Uploadfilter, auch wenn darin von maschinell überprüfbaren Inhalten gesprochen wird. Wir fordern Justizministerin Lambrecht auf, diesen Entwurf zurückzuziehen und Uploadfilter aus dem Text zu entfernen.“

     

    „Nach wie vor ist ein Teil des Entwurfs, dass Internetplattformen Uploadfiltersysteme vorhalten, um eingehende Inhalte zu analysieren und bei Bedarf blockieren zu können. Wir halten den Aufbau einer solchen Infrastruktur nach wie vor für sehr bedenklich, da sie mit wenigen Änderungen zur Zensur eingesetzt werden kann. Politiker müssen, was solche Entwicklungen angeht, besonders wachsam sein und diese verhindern, wann immer es möglich ist.“,

    fordert Sebastian Alscher, Bundesvorsitzender der Piratenpartei Deutschland.

    Weitere Hintergrundinformationen der Piratenpartei Deutschland zur EU-Urheberrechtsreform: https://redesign.piratenpartei.de/eu-urheberrechtsreform/

    Quellen/Fußnoten
    https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Dokumente/DiskE_II_Anpassung%20Urheberrecht_digitaler_Binnenmarkt.pdf?__blob=publicationFile&v=2
    https://twitter.com/spdbt/status/1275779298868236290

  • Kann man mit Finanzentzug oder Abschaffung der Polizei insgesamt Polizeigewalt reduzieren oder verhindern?

    Kann man mit Finanzentzug oder Abschaffung der Polizei insgesamt Polizeigewalt reduzieren oder verhindern?

    Originaltitel: Eliminating or reducing police violence by abolishing or defunding the police?
    (Freie Übersetzung nach Jeffrey Ian Ross, US-amerikanischer Spezialist für Polizeigewalt und Kriminologie und Preisträger des John Howard Award des Jahres 2020 der Academy of Criminal Justice Sciences.)

    Es war vorhersehbar: Mit einer derart großen Anzahl an Protestierenden, die sich gegen den Mord an George Floyd durch einen weißen Polizeibeamten stellen, antworteten viele Polizisten wiederum mit Gewalt.

    In der letzten Woche konnten wir aus erster Hand oder über die sozialen Medien viel unangebrachte, nichtprovozierte, gewaltvolle sowie exzessive Polizeigewalt (unter anderem Würgegriffe, Festhalten durch Knien auf Brust/Rücken, Tränengas, Vertreiben der Personen durch Polizeifahrzeuge, Gummigeschosse, …) als Antwort auf friedlichen Protest beobachten.

    Als jemand, der Polizeigewalt studiert hat, kann ich sagen, dass diese Praxis in der Geschichte der USA tief verwurzelt ist. Und obwohl Gewalt durch die Polizei in immer weniger Fällen rechtlich erlaubt ist, (beispielsweise durch den Standard „force continuum“), ist es nach wie vor Praxis geblieben, was zum Teil auf das Rechtssystems (beispielsweise Immunität der Polizeibeamten), die Macht der Polizeigewerkschaften und andere soziale Institutionen zurückzuführen ist. Eines der vorherrschenden Themen in der Geschichte der amerikanischen Polizeiarbeit waren Forderungen nach Veränderung und die Notwendigkeit von Reformen. Aber die Polizei zu ändern war ein harter Kampf; es gab nur wenige Siege und viele Rückschläge.

    Gleichzeitig mit dem Versuch der Demokratischen Partei, Polizeireformgesetze durch den Kongress zu verabschieden, haben in jüngster Zeit zwei relativ radikale Vorschläge durch Proteste, Nachrichten und soziale Medien Aufmerksamkeit erregt: Abschaffung/Abbau der Polizei und Entzug von finanziellen Mitteln.

    Obwohl diese Forderungen eine gewisse Unterstützung finden, stoßen sie erwartungsgemäß auf den Widerstand konservativer Politiker und Experten und Polizeigewerkschaften, weil diese Wählerschaften das Gefühl haben, dass ihre Macht in Frage gestellt wird. Sie haben Angst vor Gruppen, die diese Positionen vertreten, und die Alternativlösungen müssen noch klar festgelegt werden. Es gibt auch die Auffassung, dass wir die Polizei nicht einfach abschaffen können. Denn wenn wir das täten, bliebe die Frage, wer uns vor Kriminellen beschützen wird?

    Radikal oder nicht, in Minneapolis sind Bemühungen im Gange, die Polizeistationen „abzubauen“ und einen neuen Mechanismus zu entwickeln, um die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten. In New York City kündigte Bürgermeister Bill de Blasio, der nach den Polizeiaktionen im Zusammenhang mit den jüngsten Protesten heftig kritisiert wurde, am späten Sonntagabend an, dass er plant, die finanziellen Mittel des NYPD zu kürzen.

    Die jüngsten Entwicklungen werfen die Frage auf, ob die Abschaffung wirklich eine so utopische Idee ist. Nicht ganz. Zum Beispiel werben die Quäker und ein großer Kreis im akademischen Bereich der Kriminologie und Strafrechtspflege seit sehr langer Zeit für die Abschaffung von Gefängnissen. Neben der Gründung der Internationalen Konferenz über die Abschaffung der Strafen, der Abhaltung halbjährlicher Treffen, regelmäßigerPodiumsdiskussionen bei akademischen Konferenzen und einer wachsenden Zahl an Stipendien, war ihr größter Erfolg, das Bewusstsein für die Kostspieligkeit von Gefängnissen sowohl finanziell als auch in Bezug auf den menschlichen Tribut zu schärfen, den sie denjenigen, die inhaftiert sind, ihren Lieben und dem Rest der Gesellschaft abverlangen. Wenn wir über den Abbau der Polizei nachdenken, sind wir gezwungen, auch andere mögliche Mechanismen in Betracht zu ziehen, die die gleichen Ziele erreichen können, die wir den Polizeidienststellen anvertrauen.

    Eine Zwischenposition ist die Umverteilung der Polizeibudgets. Die meisten Amerikaner sind schockiert über die extrem hohen Summen, die sie für die Polizei ausgeben und den Prozentsatz, den sie in unseren Stadt- und Bezirkshaushalten verbrauchen. Zum Beispiel gibt allein das NYPD 6 Milliarden Dollar pro Jahr aus.

    Wie kommt es dazu? Jedes Jahr stehen Chefs und Kommissare der Polizei bewaffnet mit ausgefallenen PowerPoint-Präsentationen vor Rathaus- und/oder Bezirksvorständen und erklären, warum sie mehr Geld benötigen. Im Interesse des organisatorischen Überlebens ist das sinnvoll. Denn nur wenige gewählte Politiker wollen bei der Kriminalitätsbekämpfung schwach erscheinen (erinnern Sie sich an Willie Horton). Also kapitulieren sie und winken diese aufgeblähten Polizeibudgets fast durch. Ebenso haben Polizeigewerkschaften und Akkreditierungsstellen die Polizeibehörden und die ihnen obliegenden Regierungsstellen dazu gedrängt, ihre Budgets auf ein alarmierendes Niveau zu erhöhen.

    Unter der Annahme, dass die Budgets weitgehend unverändert bleiben, müssen wir sicherstellen, dass die Polizeibudgets für die Dinge ausgegeben werden, für die die Gemeinden (nicht nur die Polizei) wollen, dass sie ausgegeben werden (d. h. Umverteilung), wie z.B. verbesserte Polizeiausbildung, bessere Beziehungen zwischen den Polizeibehörden, polizeiliche Rechenschaftsmaßnahmen, polizeiliche Sportligaprogramme (ähnlich dem Baltimore-Beispiel) usw. Aber alles nur in dem Ausmaß, das die Bürger wollen.

    Die Alternative ist ein umfangreicherer Entzug der Finanzierung. Die Budgetkürzung der Polizei ist haushaltspolitisch sinnvoll. Seit den 1960er Jahren haben die US-Bürger die politischen Entscheidungsträger und Gesetzgeber aufgefordert, die Unsummen, die sie für das Militär ausgeben, zu kürzen. Als Reaktion darauf haben die Bürger öffentliche (auch Regierungs-) „Watchdog“-Agenturen gegründet, die die Ausgaben von Regierungsbehörden überwachen, um sie im Zaum zu halten.

    Es sind viele Ideen im Umlauf, was mit dem Überschuss an Polizeibudgets oder mit den vorgeschlagenen Haushaltserhöhungen geschehen soll. Man könnte das verbleibende Geld in Programme und Fachleute (z. B. Sozialarbeiter, öffentliche Lehrer, etc. ) umlenken, die der Gemeinschaft auf verschiedene Weise nutzen können. Warum muss man zum Beispiel einen Polizisten rufen, wenn ein Obdachloser störendes Verhalten an den Tag legt? Ein geeigneterer Fachmann für diese Aufgabe könnte ein Sozialarbeiter sein, der für den Umgang mit dieser Bevölkerungsgruppe ausgebildet ist.

    – mit freundlicher Genehmigung des Autors Jeffrey Ian Ross.

  • Eskalation der Gewalt in Hongkong – PIRATEN fordern Regierung auf zu handeln

    Eskalation der Gewalt in Hongkong – PIRATEN fordern Regierung auf zu handeln

    Seit Monaten befindet sich die Finanzmetropole und Sonderzone Hongkong im Ausnahmezustand. Fast täglich erreichen uns Bilder von durch die Zivilbevölkerung getragenen und organisierten Protesten gegen eine zu starke Kontrolle durch die Volksrepublik China über das autonome Gebiet. Gegenwärtig haben sich Protestierende in der Hong Kong Polytechnic University verbarrikadiert und liefern sich Kämpfe mit der örtlichen Polizei. Erstmals wurden jetzt auch Soldaten der chinesischen Streitkräfte beim Räumen von Barrikaden fotografiert.

    „Unter den Augen der Europäischen Regierungen herrscht in Hongkong der Ausnahmezustand. Die Polizisten, vermeintlich von der chinesischen Armee unterstützt, belagern die Universtität und gehen gegen diejenigen vor, die sich gegen die weitere Einschränkung ihrer zugesicherten Freiheiten wehren. Regelmäßig beobachten wir seitens der chinesischen Staatsführung Maßnahmen, die weit in die Persönlichkeits- und Freiheitsrechte eingreifen. Die Zeit ist gekommen, wir dürfen nicht mehr schweigen! Keine ökonomische Abhängigkeit darf so groß sein, dass man sich als Bundesregierung einen Maulkorb verpassen lässt,“

    fordert Sebastian Alscher, Bundesvorsitzender der Piratenpartei Deutschland.

    Alexander Kohler, Themenbeauftrager der Piratenpartei für Außen- und Sicherheitspolitik, macht deutlich:

    „Deutschland und die EU dürfen nicht weiter in einem Dornröschenschlaf der außenpolitischen Bequemlichkeit verharren. Europa muss mit einer Stimme sprechen und China Einhalt gebieten. Wir erleben, dass Journalisten in ihrer Tätigkeit behindert werden – eine freie Berichterstattung über die Ereignisse in Hongkong muss sichergestellt sein. Die militärische Zusammenarbeit mit China muss eingeschränkt werden.“

    „Als der Aktivist Joshua Wong zu Besuch nach Berlin kam, um für die Forderungen der Bevölkerung von Hongkong zu werben, hat sich das politische Berlin überschlagen und mit werbewirksame Bildern und Presseberichterstattung Unterstützung signalisiert. Es ist nun höchste Zeit, dass die Bundesregierung ihrer Verantwortung gerecht wird. Die chinesische Führungsriege beobachtet sehr genau, wie weit sie gehen kann ohne dass sie merkliche Reaktionen durch die USA und Europa befürchten muss. Wir PIRATEN fordern sofortiges Handeln, nicht erst dann, wenn chinesische Truppen offen durch Hongkong patroulieren,“

    ergänzt Daniel Mönch, politischer Geschäftsführer der Piratenpartei.

  • Die Demokratie wird ausgesetzt, der Rechtsstaat versagt

    Die Demokratie wird ausgesetzt, der Rechtsstaat versagt

    Ein Gastbeitrag von Andreas Gerhold

    Wenn mit Andy Grote, dem Innensenator Hamburgs, ein deutscher Innenminister von einem „Festival der Demokratie“ spricht, gleichzeitig aber Sonderrechtszonen, in denen Grundrechte außer Kraft gesetzt sind, geschaffen werden, wenn er warnt, dort könne die Wahrnehmung des verbrieften Grundrechts auf Versammlungsfreiheit lebensgefährlich sein, weil ausländische Sicherheitskräfte auf Demonstrantinnen und Demonstanten schießen könnten, wenn vorsorglich Gefangenenlager eingerichtet und Schnellgerichte geschaffen werden – dann ist die Demokratie nicht nur in Gefahr, dann ist sie ausgesetzt.

    Das geschieht derzeit mitten in Deutschland, mitten in Hamburg – weil sich zwanzig Regierungschefs darüber auslassen, wie ihre Staaten noch reicher, mächtiger und einflussreicher werden können. Doch eins ist gewiss: Demokratie kann man nicht nach Belieben ab- und später wieder anschalten. Demokratie muss auch gewährleistet sein, wenn es schwierig ist, denn wie Heribert Prantl in seiner politischen Wochenvorschau in der Süddeutschen Zeitung richtig festgestellt hat: Demonstrationsfreiheit ist ein Grundrecht, kein Gnadenrecht.

    Obwohl sich die G20-Protestplattformen, an denen sich ein breites gesellschaftliches Spektrum aus NGOs, Parteien, Gruppen und Initiativen von der bürgerlichen Mitte, den Kirchen bis hin zu Autonomen und anderen Linksradikalen beteiligen, auf einen gewaltfreien Protest geeinigt haben, an dem sich alle Menschen, auch Familien und Rollstuhlfahrer beteiligen können, eskalieren Senat und Polizei schon im Vorfeld seit Monaten. Und das leider häufig von der Öffentlichkeít unkritisch unterstützt. Sie diskreditieren die Organisatoren und Teilnehmer pauschal als potentiell gewalttätig, mehr noch: Sie setzen Protest mit Gewalt und Krawall gleich. Auseinandersetzungen werden aktuell geradezu herbeigeredet. Es scheint, als seien Polizei und Politik daran interessiert, dass es knallt, um zukünftig eine abschaltbare Demokratie zu rechtfertigen.

    Die Schikanen sind enorm: Hausdurchsuchungen in Hamburg und Rostock, sogenannte Gefährderansprachen, Verweigerung von Demo-Routen und Plätzen für Abschlusskundgebungen, das Verweigern und Stürmen gerichtlich genehmigter Protestcamps, der Angriff auf die freie Anwaltschaft, ja selbst Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts werden mit Füßen getreten. Die taz spricht von „professionellen Eskalationen“, schreibt wörtlich: „Im Vorfeld des G20-Gipfels gibt sich die Polizei alles andere als deeskalativ. Im Gegenteil: Willkürlich probt sie den Ausnahmezustand.

    Aufgrund fragwürdiger, nicht geprüfter Gefahrenprognosen der Sicherheitsbehörden, vor allem des Hamburger Verfassungsschutzes, wird der gesamte G20-Protest unter Generalverdacht gestellt. Dieser Verdacht wird als Begründung genommen, demokratische Grundrechte wie das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Versammlungsfreiheit einzuschränken und zum Teil ganz auszusetzen. Wieder einmal zeigt sich, dass der Schutz der Grundrechte nicht den Staatsorganen alleine überlassen werden kann.

    Nachdem die Polizei am vergangenen Sonntag gewaltsam ein genehmigtes G20-Protestcamp geräumt hat, bekommt Hamburgs Bürgermeister jetzt die Quittung: „Die vorher gespaltene G20-Protest-Szene übt plötzlich den großen Schulterschluss – und das ist gefährlich für den Senat!“, stellt die Hamburger Morgenpost fest, nachdem im Rahmen einer Pressekonferenz  der Kampagne „Hamburg ist unsere Stadt – Grundrechte verteidigen“ zahlreiche Vertreter verschiedener Organisationen – vom Pastor bis PIRAT – die rechtswidrige Räumung des Camps in Entenwerder und die Eskalation durch die Polizei kritisiert hatten. Nach den ersten Wasserwerfereinsätzen am Dienstagabend berichtet die Tagesschau einen anderen Ablauf als die Polizei: “NDR-Reporter Christian Baars schildert die Geschehnisse anders [als die Polizei]. Ihm zufolge waren einige hundert Menschen in einem Park neben der besagten Straßenkreuzung zusammengekommen, um zu „cornern“. Das heißt, sie saßen oder standen dort und tranken Bier. Ihm zufolge tauchten unvermittelt hunderte Polizisten mit vier Wasserwerfern, Räumfahrzeugen und einem über dem Platz kreisenden Hubschrauber auf. Sie hätten alle Zufahrten zur Kreuzung versperrt. Erst in diesem Augenblick sei die Straße blockiert gewesen.“

    Bisher ist bei zwei großen Demonstrationen, bei mehreren Räumungen von Protestcamps und unzähligen Aktionen mit etlichen zehntausend Protestierenden nur von der Polizei Gewalt ausgeübt und erheblich gegen geltendes Recht verstoßen worden. Die Polizei provoziert und eskaliert in einem nicht tolerierbaren Maß. Bisher haben sich die Demonstranten noch nicht provozieren lassen und sind friedlich geblieben. Selbst als ihre Zelte zerstört wurden und sie trotz gerichtlicher Genehmigung auf dem Protestgelände nicht kochen, essen oder schlafen durften. Selbst als die Demonstranten von der Polizei am Pferdemarkt völlig grund- und sinnlos mit Wasserwerfern angegriffen wurden, blieben sie erstaunlich friedlich. Ich hoffe selbstverständlich, dass es so bleibt, befürchte jedoch, dass dies ein Wunschglaube ist. Die Polizei sucht die Auseinandersetzung, hebelt Grundrechte aus und eskaliert.

    Sicher kommt es Interessierten auch zupass, dass so über die Inhalte des Gipfels und des Protestes weniger oder gar nicht berichtet wird. Ob sich Olaf Scholz damit auch als Hardliner für höhere Weihen empfehlen möchte, ist erstmal Spekulation. Es ist aber vorauszusehen, dass sich die Polizei und die Hamburger Regierung nach dem Gipfelwochenende – egal wie es verläuft – gegenseitig auf die Schultern klopfen werden: Bleibt es friedlich, wird man sich das als Erfolg des martialischen Vorgehens zuschreiben, kommt es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen, wird man die Richtigkeit der eigenen Prognose und des harten Vorgehens betonen.

    Selbst die Organisatoren der heute Abend stattfindenden antikapitalistischen Demonstration „Welcome to Hell“ haben immer wieder betont, dass sie keine militante Auseinandersetzung suchen wollen. Trotzdem ist zu befürchten, dass der polizeiliche Einsatzleiter Hartmut Dudde, wie nachgewiesenermaßen schon mindestens fünf mal im Laufe seiner Karriere, sich nicht an Recht und Gesetz halten wird. Ich rechne fest damit, dass die Demonstration unter Vorwänden unterbunden werden wird. Ich hoffe sehr, dass sich die Teilnehmer nicht auf Auseinandersetzungen einlassen werden – wenn sie überhaupt die Chance dazu bekommen.

    Als Piratenpartei stellen wir uns gegen Polizeigewalt und die Aushebelung von Grundrechten. Wir stehen für gewaltfreien Protest gegen den G20-Gipfel in Hamburg. Demokratische Grundrechte müssen gleichwohl gewährt werden, selbst wenn es schwierig und im Zweifel kostspielig ist. Das Versammlungs- und Demonstrationsrecht ist ein Grundrecht, das uns die Gründermütter und Gründerväter des Grundgesetzes als verbrieftes Recht in die Verfassung geschrieben haben. Und das nicht ohne Grund! Unsere Geschichte zeigt: Polizeigewalt, das Aushebeln von Grundrechten ist mit dem Rechtsstaat ganz und gar nicht vereinbar.

    Freiheit schützt man nicht, indem man sie abschafft – Demokratie scheitert immer am Schweigen der Mehrheit, die sie nicht schützt, deshalb noch einmal: Lasst uns gemeinsam unsere Grundrechte verteidigen, lasst uns am 08.07.2017 in Hamburg gegen G20 protestieren!

     

    Aufruf der Piratenpartei mit dem Hamburger Bündnis gegen Überwachung
    http://piraten-hh.de/2017/06/28/aufruf-hamburger-buendnis-gegen-ueberwachung/

    Kampagne „Hamburg ist unsere Stadt – Grundrechte verteidigen
    http://grundrechte-verteidigen.hamburg/

    Andreas Gerhold ist Abgeordneter der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte, innenpolitischer Sprecher der Piratenpartei Hamburg, Vorsitzender Cannabis Social Club Hamburg e.V. und Mitinitiator der Kampagne „Hamburg ist unsere Stadt – Grundrechte verteidigen“