Schlagwort: TTIP

  • DIN wird 100 Jahre alt, PIRATEN gratulieren

    DIN wird 100 Jahre alt, PIRATEN gratulieren

    Das Deutsche Institut für Normung (DIN) wurde am 22.12.1917 als „Normenausschuss der deutschen Industrie“ gegründet und ist die bedeutendste Normungsorganisation in Deutschland. Wir gratulieren herzlich zu diesem runden Jubiläum!

    Bei dem Begriff „Normen“ werden die meisten desinteressiert abwinken. Normen gelten ja als langweilig oder schlimmstenfalls hinderlich dafür, neue Wege zu gehen. Doch das ist ein verzerrtes Bild von dem, was Normen wirklich bedeuten. Denn ohne Normen würde unsere moderne, technische Welt schlichtweg nicht funktionieren.

    Hätten wir keine internationalen Normen für digitale Kommunikation, dann gäbe es diesen Artikel nicht. Ohne Norm für Stecker wäre die Inbetriebnahme jedes elektrischen Gerätes ein Abenteuer. Der Versuch, ein Auto zu betanken ohne genormte Einfüllstutzen und Zapfpistolen, wäre ziemlich gefährlich. Immer wenn Dinge in großer Menge hergestellt werden, helfen Normen, damit wir sie auch wirklich einsetzen können.

    Am Anfang der Industrialisierung musste deutlich umgedacht werden. Zuvor hatten alle Hersteller ihre Produkte in Handarbeit quasi als Einzelstücke angefertigt. Mit der Serienfertigung wurde es notwendig, die Teile eines Produktes immer gleich anzufertigen, um eine Austauschbarkeit zu gewährleisten. Die Fabriken begannen also, ihre Produkte und deren Einzelteile zu standardisieren. Das Resultat waren höhere Produktivität, fallende Preise und damit zunehmende Verfügbarkeit von Produkten.

    Das löste aber noch nicht das Problem, dass Produkte verschiedener Hersteller nicht zusammen passten. Sehr deutlich wurde das beim Militär. Große Mengen Material, alles mit speziellen Einzelteilen, das ergab ein riesiges Problem bei Wartung und Nachschub.

    Selbst aus heutiger Sicht so triviale Teile wie Schrauben waren ein Problem. Jeder Hersteller verwendete Gewinde und Abmessungen, für die gerade Werkzeuge vorhanden waren. 1918 begann DIN, das Chaos bei der Befestigungstechnik zumindest in Deutschland abzuschaffen: die erste veröffentlichte Norm war „DIN 1 – Kegelstifte“.

    Neben der Verbesserung militärischer Produkte wurde Normung in der Anfangszeit auch häufig zur Abschottung von Märkten verwendet. Gezielt inkompatibel entwickelte Normen sollten ausländische Konkurrenten aus dem eigenen Markt fern halten. Die Erkenntnis, dass man sich damit auch selber den Zugang zu diesem ausländischen Markt erschwerte, kam erst später.

    Der wachsende Welthandel nach dem 2. Weltkrieg und die zunehmende Öffnung innerhalb Europas brachte eine Umorientierung in der Normung hin zu internationaler Kooperation. Heute arbeitet das DIN nicht mehr isoliert als deutsches Normungsinstitut, sondern über die europäischen Dach-Institute CEN, CENELEC und ETSI mit den anderen Instituten in ganz Europa zusammen. CEN, CENELEC und ETSI wiederum arbeiten mit den internationalen Instituten IEC, ISO und ITU. Normung ist heute in Deutschland und der EU keine nationale Angelegenheit mehr sondern etwas, das zusammen mit fast der ganzen Welt passiert.

    Fast der ganzen Welt, weil ein großer Staat nicht mitmacht: die USA. Dort gibt es keine klare Normungsstruktur, sondern über 600 Institute, die miteinander konkurrieren. Die USA sind weit weg von dem europäischen Prinzip „Ein Sachverhalt, eine Norm“ und haben ihren Nachbarn Kanada teilweise in ihre chaotische Normenschwemme eingebunden.

    Darum ist es auch so gefährlich, was die EU mit den Abkommen CETA und TTIP treibt. Diese drohen nämlich das europäische Normungssystem zu zerstören, indem die nordamerikanischen Standards auch hier gültig werden. DIN und die anderen europäischen Institute haben mit vielen Jahren Arbeit dafür gesorgt, dass die meisten Normen in der EU in allen Ländern einheitlich sind; CETA gefährdet dies jetzt und könnte uns wieder zum Anfang des Binnenmarktes zurückkatapultieren. Wir wollen hoffen, dass CETA noch aufgehalten wird, bevor solcher Schaden entsteht.

    Auf jeden Fall: Danke, liebes DIN, für 100 Jahre Arbeit daran, letztlich unser aller Leben einfacher zu machen. Wenn auch manch einem beim Anblick einer Norm das Leben sehr kompliziert erscheint, ohne Normen würde ganz viel nicht funktionieren – ohne DIN hätten wir nicht einmal einheitliche Schrauben.

  • Frei(drehender)Handel

    Eigentlich geht man ja davon aus, dass Menschen in verantwortlichen Positionen ihre Umwelt wahrnehmen und darauf reagieren, wenn sich Dinge ändern. Die Generaldirektion Handel der EU Kommission und insbesondere die Unterhändler für Handelsabkommen scheinen aber resistent gegen die störende Beeinflussung durch Fakten zu sein. Die Proteste gegen TTIP und CETA, speziell gegen die Schiedsgerichte, sind offensichtlich ohne Folgen an der Kommission vorbei gegangen. Wie man den von Greenpeace veröffentlichten Teilen der Verhandlungstexte entnehmen kann, ist das klassische ISDS Schiedsgerichtsverfahren in JEFTA ebenfalls vorgesehen. Nicht die leicht abgemilderte Variante, die für CETA erdacht wurde, sondern die volle Ausführung wie in TTIP.

    Wie aktuell und komplett der Leak von Greenpeace ist, lässt sich leider nicht so leicht überprüfen, denn auf der Website der Kommission findet sich zu JEFTA nichts, zumindest nichts Konkretes. Der Stand der Kapitel ist von Ende 2016/Anfang 2017. Es könnte also noch einiges hinzu gekommen sein. Das, was vorliegt, lässt aber nichts Gutes erahnen.

    Ursprungsregeln sind im Exportgeschäft relativ wichtig, entscheiden sie doch darüber, ob eine Ware als tatsächlich aus dem Exportland stammend behandelt wird. Damit soll verhindert werden, dass Waren aus einem Drittland nur minimal bearbeitet werden (z.B. umgepackt) und dann als aus dem Partnerland stammend deklariert werden. Leider sind diese Regeln meistens aufwändig und für jeden Handelspartner anders. Mit Japan wurden besonders schlechte Bedingungen ausgehandelt – maximal 10% Anteil von nicht-Ursprungsmaterial, um ein Produkt als Ursprungsprodukt deklarieren zu können, schließen praktisch alle technischen Produkte aus.

    Bei der Zulassung von Produkten ist wieder mal ein grandioser Fehltritt gelungen. Statt sich darauf zu einigen, die Konformitätsanforderungen und die zugehörigen Standards zu vereinheitlichen, ist eine gegenseitige Anerkennung bei Gleichwertigkeit vereinbart worden. Hört sich harmlos an, bedroht aber das europäische CE-System, da dies darauf basiert, dass für jeden Sachverhalt nur genau ein technischer Standard gültig ist. Mit JEFTA müssten dann japanische Standards irgendwie in CE eingebaut werden, statt sich gleich auf die Verwendung der ISO/IEC/ITU etc. Standards zu einigen.

    Würde all dies nicht wieder einmal heimlich hinter verschlossenen Türen verhandelt werden, dann könnten Verbände und sachkundige Bürger bei solch groben Fehlern konstruktive Kritik anbringen. Aber es wird darauf vertraut, dass die Unterhändler allwissend sind, auch nachdem sie bereits gezeigt haben, dass eine solche Einschätzung garantiert nicht auf sie zutrifft. Dazu passt es dann gut, dass die Kommission plant, auf dem G20 Gipfel mit lautem Gackern die Ablage dieses faulen Handelseis zu verkünden. Auch diese Information kam nur durch einen Leak an die Öffentlichkeit.

    Mittlerweile gibt es Bestrebungen, das tot geglaubte TTIP wieder auferstehen zu lassen. Wahrscheinlich hat man in Washington bemerkt, wie sehr sich das Verhandlungsteam der EU bei technischen Standards und öffentlicher Beschaffung über den Tisch hat ziehen lassen.
    Es wird Zeit für eine andere Handelspolitik. Aber dazu müssen offensichtlich die Leute weg, die bisher diese unsäglichen Abkommen konstruieren und in die Wege leiten.

     

  • TTIP – Game Over?

    Nachdem Donald Trump zum neuen Präsidenten der USA gewählt worden war, wurde TTIP für so gut wie tot erklärt. Bereits im Wahlkampf hatte sich Trump lautstark gegen Freihandelsabkommen positioniert und angekündigt, auch das seit 1994 bestehende nordamerikanische Freihandelsabkommen NAFTA verändern oder aufkündigen zu wollen. Die Frage ist nun, was nach Trumps Amtseinführung von diesen Ankündigungen übrig bleiben wird. Immerhin sind die Gewinner solcher Abkommen Personenkreise, die man getrost als Trumps Peergroup bezeichnen kann: Milliardäre, die skrupellos ihren Vorteil suchen.

    Campact hat dazu bemerkt, dass Trump mit dem Ende von TTIP nicht viel zu tun habe: Dies sei primär ein Erfolg der internationalen Öffentlichkeit gewesen, die dagegen aufgestanden sei. Das ist mit Sicherheit zu einem erheblichen Teil richtig. Es ist für Politiker schon ziemlich unangenehm, wenn gegen eines ihrer Lieblingsprojekte mehr als 3,6 Millionen Unterschriften gesammelt werden und mehrfach Hunderttausende auf die Straße gehen. Dazu kommt, dass „die Wirtschaft™“ keineswegs so geschlossen hinter derartigen Projekten steht, wie die beteiligten Politiker der Öffentlichkeit gerne vorgaukeln würden: Bereits 2014 sprach sich der mittelständische Verband AMA gegen die intransparenten Verhandlungen zu TTIP und CETA aus. In 2015 begannen sich kleine und mittelständische Firmen in mehreren europäischen Ländern gegen TTIP zu positionieren, in Deutschland wurde KMU-gegen-TTIP gegründet.

    Nachdem immer mehr Details zu den unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelten Abkommen ans Licht gelangten, führte das Schwergewicht unter den deutschen Wirtschaftsverbänden, der Bundesverband mittelständische Wirtschaft BVMW, eine Befragung unter seinen Mitgliedern durch. Das Ergebnis kam einer roten Karte für die Freihandelspolitik gleich: Über 80 Prozent der Unternehmen versprechen sich keine Vorteile, und immerhin noch 60 Prozent befürchten Nachteile durch die Abkommen. Das Kalkül der neoliberal orientierten Wirtschaftsabteilung in der EU-Kommission scheint nun in die Richtung zu gehen, dass man hofft, CETA durchgeboxt zu haben und dann erst mal unter der Wahrnehmungsgrenze mit kleineren Abkommen weiter zu machen. TTIP offiziell (vorerst) zu Grabe zu tragen passt da gut als Ablenkungsmanöver. Ob und wie TTIP später wieder auftaucht, werden wir dann sehen.

    Ähnliches war schon zu beobachten, als ACTA 2012 im Europaparlament scheiterte. Massiver Widerstand der Öffentlichkeit hatte den Parlamentariern klar gemacht, dass sie mit ACTA gegen die Interessen der Bevölkerung handeln würden. Statt dessen tauchten erste Teile des Vorhabens in CETA wieder auf.  Die restlichen Bausteine von ACTA werden wir dann vermutlich im TISA-Abkommen und in anderen Handelsabkommen finden, also, wenn wir die Vertragstexte dann irgendwann mal lesen dürfen. Bis zu zwanzig weitere Freihandelsabkommen bereitet die EU-Kommission derzeit vor, wie die Welt kürzlich berichtete, davon am weitesten fortgeschritten ist das Abkommen mit Japan. Einsicht in Vertragstexte? Fehlanzeige. Vielleicht gibt es bald wieder Leseräume. Doch aus der Übersicht zum derzeitigen Stand der Verhandlungen ist zumindest zu entnehmen, dass erneut alle Zutaten enthalten sind, die Freihandelsabkommen so unbekömmlich machen: Investorenschutz, geistiges Eigentum, Standards für Lebensmittel und so weiter.

    Gerne verweist die EU-Kommission auf das Freihandelsabkommen mit Südkorea, das in der Verhandlungsphase wenig öffentliche Aufmerksamkeit erhielt, erfolgreich abgeschlossen werden konnte und von dem alle Seiten profitieren. Vergessen wird dabei dann gerne, zu erwähnen, dass dieses Abkommen viele der strittigen Zutaten nicht, oder in sehr viel verträglicherer Form enthält. Es ist die übliche Salamitaktik: Wenn sich die Bürger nicht wehren, zieht man die Daumenschrauben langsam aber sicher weiter an. TTIP ist also wahrscheinlich weg, CETA wird möglicherweise demnächst noch durchgeboxt und die nächsten Abkommen sind schon in Vorbereitung.

    Das grundlegende Problem all dieser Freihandelsabkommen ist, dass die Bürger der beteiligten Wirtschaftsräume erst gar nicht an ihrem Zustandekommen beteiligt werden sollen. Dabei sollte der massive Widerstand eigentlich ein klares Zeichen gewesen sein, dass Abkommen dieser Art nicht gewünscht sind. Freihandel nach neoliberalem Rezept erzeugt immer eine Menge Verlierer, beginnend mit all denjenigen, die nicht daran beteiligt sind. Gerade Entwicklungs- und Schwellenländer haben häufig das Nachsehen, wenn wohlhabendere Länder die Handelsbedingungen untereinander regeln. Die Folgen bekommt die Welt anschließend in Form von Verteilungskämpfen, Unruhen, regionalen Konflikten, Kriegen und demzufolge auch Flüchtlingen zu spüren. Zudem finden sich in Abkommen neuerer Art zunehmend Mechanismen, die rechtsstaatliche Mechanismen auszuhebeln sowie soziale und Umweltstandards zu senken drohen.

    Echter Freihandel kann nur weltweit, also über die WTO organisiert werden, doch das ist natürlich aufwändiger, weil mehr Beteiligte mit am Verhandlungstisch sitzen. So wurden in 2015 die Zölle auf über 200 Produktgruppen im Bereich Hightech gestrichen. Davon profitieren alle Staaten gleichermaßen und es ist ein Produktbereich, in dem keine Region einen besonderen Schutzbedarf hat, wie das zum Beispiel bei der Landwirtschaft der Fall ist.

    Was bleibt also zu tun? TTIP ist zwar vorläufig vom Tisch, es besteht aber die Gefahr, dass es unter anderem Namen wieder aufersteht. CETA ist im Prozess der Inkraftsetzung, hat aber noch etliche Hürden zu nehmen. Wenn auch nur einer der EU Staaten nicht zustimmt, hat sich das ganze Abkommen erledigt.  Die Initiativen gegen TTIP und CETA haben Wirkung gezeigt, daraus sollten wir das Selbstvertrauen ziehen, dass wir etwas ändern können. Es gilt also vor allem, den öffentlichen Druck aufrecht zu erhalten, sobald wieder einmal bekannt wird, dass die EU-Kommission beabsichtigt, ein neues oder altbekanntes Freihandelsabkommen nach neoliberalem Rezept aufzukochen.

    Eine Lösung des grundsätzlichen Problems ist aber nur möglich, wenn die konservativen und wirtschaftsfreundlichen Politiker der EU-Kommission abgewählt werden. Dazu wird es noch ein langer Weg sein, aber das Ziel sollten wir nicht aus den Augen verlieren. Auch weil das ein wichtiger Faktor dafür ist, bei den Bürgern wieder Vertrauen in die EU zu schaffen.

    Ein Gastbeitrag von Guido Körber

  • PIRATEN zu CETA: Wer hat uns verraten?

    »Vorratsdatenspeicherung und CETA zeigen, dass in der SPD Überwacher und Konzernlobbyisten die Fäden in der Hand halten und Bürgerinteressen mit Füßen getreten werden«, prangert der Vorsitzende Patrick Schiffer von der Piratenpartei Deutschland die heutige Entscheidung des SPD-Konvents an.

    »Wie kann eine Partei glaubwürdig über geheim ausgehandelte Abkommen abstimmen, wenn sie selbst hinter verschlossenen Türen berät und die Öffentlichkeit ausschließt? Heute hat sich die SPD eindeutig gegen Umweltverbände, Gewerkschaften und die Zivilgesellschaft gestellt. Uns ist besonders wichtig, dass CETA ein veraltetes Urheberrecht zementiert und Datenschutz zum Handelshemmnis zu degradieren droht.

    Die von den SPD-Bossen geforderten Nach-Verhandlungen sind Augenwischerei, weil CETA zunächst unverändert in Kraft treten soll und die zentralen Problemen ohnehin außen vor bleiben: die Sonderrechte für Konzerne und die Beschneidung der demokratischen Entscheidungsspielräume der Volksvertretungen. Wir PIRATEN werden weiter dafür kämpfen, die Ratifizierung zu stoppen!«

  • PIRATEN TTIP: Einbahnstraße bei technischen Standards

    Die Meldung des TTIP-Leaks durch Greenpeace NL legte das Desaster der Kanzlerin Angela Merkel offen.
    »Solange bei TTIP keine Transparenz hergestellt ist, werde ich kein grünes Licht für TTIP geben als Parteivorsitzender«, sagt CSU-Chef Horst Seehofer.

    Die Piratenpartei Deutschland sieht die Verhandlungen zum Freihandelsabkommen TTIP kritisch und durch die neuen Veröffentlichungen in ihrer Einschätzung bestätigt: TTIP-Experte Guido Körber:

    »Das von uns analysierte ‚Dokument 10‘ lässt klar den Schluss zu, dass die USA versuchen, ihre technischen Standards in Europa durchzusetzen, und die EU-Kommission hält dem nichts entgegen. Wir halten die Vereinbarung für eine einseitige Aufgabe der europäischen Interessen.«

    TTIP Leak Blog

  • Kleine und Mittelständische Unternehmen (KMU) gegen TTIP

    Etliche Wirtschaftsverbände, die EU-Kommission und diverse andere Gruppen werden nicht müde, ständig zu erzählen, was das Transatlantische Freihandelsabkommen (TTIP) an Vorteilen für kleine und mittelständische Unternehmen bringen würde.

    Die PIRATEN und viele Initiativen wie auch KMU gegen TTIP sehen das deutlich anders und warnen schon länger davor, dass TTIP viel verspricht, davon wenig halten kann, dafür aber diverse negative Effekte bringen würde. 

    Bisher standen die Aussagen gegeneinander, wie Unternehmen das Handelsabkommen sehen. Die Befürworter, ganz vorne mit dabei der BDI, wähnten den exportstarken deutschen Mittelstand hinter sich. Nur wollte das nicht dazu passen, dass man in Gesprächen selten Unternehmer trifft, die für TTIP sind.

    Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft, einer der größten Wirtschaftsverbände überhaupt (über 270.000 direkte und indirekte Mitgliedsunternehmen), wollte das jetzt genauer wissen.

    Das Wirtschaftsforschungs- und Beratungsunternehmen Prognos führte eine Umfrage unter BVMW-Mitgliedsunternehmen durch, die von 800 Unternehmen beantwortet wurde. Fast die Hälfte dieser Unternehmen exportiert selber. Das ist erheblich mehr als der Durchschnitt und verleiht den Ergebnissen damit noch mehr Gewicht, da die betroffenen Unternehmen überrepräsentiert sind.

    Nur 19 % der Unternehmen sehen bessere Exportchancen durch TTIP, aber 46 % erwarten mehr Konkurrenzdruck. Positive Auswirkungen erwarten die meisten nur für große Konzerne.

    Eine Angleichung von Standards wollen 66 % der Unternehmen lieber in multilateralen als in bilateralen Verträgen geregelt sehen. Und nur 16 % sehen Schiedsgerichte als sinnvoll an.

    Vor allem von Politik und Wirtschaftsverbänden erwarten sich die Unternehmen mehr Informationen über die geplanten Abkommen.

    Insgesamt kann man das Ergebnis als schallende Ohrfeige für eine verfehlte Wirtschaftspolitik der EU sehen. Es wird Zeit, dass in Brüssel die Einsicht ankommt, dass die Wirtschaft nicht nur aus wenigen Großunternehmen, sondern überwiegend aus sehr vielen kleinen und mittleren Unternehmen besteht. Diese Unternehmen sind wie die meisten Bürger nicht gegen Freihandel, aber sehr wohl gegen TTIP, das haben wir jetzt schriftlich.

    Das komplette Ergebnis der Umfrage:
  • PIRATEN / TTIP: Nebelkerze Lesesaal

    Die Öffnung von abgeschirmten Leseräumen, in denen die Verhandlungspapiere zum geplanten Freihandelsabkommen für Mitglieder des Bundestages zur Einsicht ausliegen, dokumentiert, wie schon in den Jahren zuvor, das vordergründige Interesse der TTIP- Spindoktoren. Man versucht, sich vom Vorwurf der Intransparenz reinzuwaschen und zu dokumentieren, man habe verstanden. Doch wie bereits in der Vergangenheit, ist dieses Versprechen nichts mehr als die Fortführung einer intransparenten und lobbykratischen Agenda, die darauf zielt, wesentliche Verhandlungsinhalte weiterhin hinter verschlossenen Türen zu verstecken.

    Der Landesvorsitzende der PIRATEN Berlin und Spitzenkandidat zur Wahl in das Abgeordnetenhaus, Bruno Kramm:

    „Auch weiterhin geht es bei TTIP um eine maximale Gewinnoptimierung durch den Abbau von Verbraucherschutz, das Aushöhlen der Daseinsfürsorge und den Abbau von demokratischer Beteiligung. Im Vakuum transnationaler Räume gibt es bis heute keine demokratische Beteiligung an Entscheidungen. Die Menschen innerhalb der nationalen Grenzen können im Gegensatz zu transnationalen Konzernen keinerlei Einfluss nehmen. Konzerne, deren Geschäftsmodelle wesentlich von der Senkung demokratischer Standards abhängen, betonieren mit TTIP ihre neoliberale Vorstellung einer Weltordnung. Dort sind der Mensch und seine demokratische Beteiligung störend und die kapitalistische, sich dem Gemeinwesen verschließende Werteordnung eines hemmungslosen Wachstums auf dem Rücken der Menschen, ihrer Gesellschaften und der Natur die einzige Maxime. Die jetzt eröffneten Lesesäle sind eine bloße Nebelkerze. Außer Parlamentariern haben weder Nichtregierungsorganisationen noch individuelle Kritiker des Freihandelsabkommens Zugang. Keine Smartphones, Computer, Diktiergeräte und Fotoapparate zuzulassen und statt dessen nur Papier und Stift für kurze Schnupperstunden zum Studium eines Vertragswerks von ca. 1000 Seiten auszuhändigen sowie die Verhängung eines strikten Schweigegebotes, ist ein Schlag ins Gesicht der Menschen in den USA und Europa. Auch nach vielen Jahren des zivilgesellschaftlichen Protestes ist TTIP die größte zivile Bedrohung für uns alle. Auch 2016 bleibt uns nur der Protest auf der Straße.“

    Video zur PM:

    https://www.youtube.com/watch?v=1Nr8VccfSyY&feature=youtu.be

  • PIRATEN – EU-Abgeordnete Julia Reda : „TTIP nützt weder Bürgern noch Mittelstand

    Die Piratenpartei Kassel hat am 23. Januar erneut die Demonstration „Gemeinwohl statt Konzerninteressen“ des Nordhessischen Bündnisses „Freihandelsabkommen stoppen!“ unterstützt. Bei der anschließenden Politikerbefragung stellte sich die Abgeordnete der PIRATEN im Europaparlament, Julia Reda den Fragen der interessierten Bürger.
    Reda machte klar, dass die PIRATEN in jedem Falle weiter gegen die geplanten Freihandelsabkommen CETA, TTIP und TISA kämpfen werden.

    „Ich werde im Europaparlament keinen Abkommen zustimmen, die intransparent verhandelt werden, die Parlamente entmachten, und so den demokratischen Willen der Bevölkerung ignorieren. Die Beschwichtigungen und Nebelkerzen der EU-Kommission können nicht verdecken, dass die Abkommen einzig großen Konzernen nützen, aber nicht dem Mittelstand und erst recht nicht der Bevölkerung.“

    Jonas Boungard, Kandidat für die Stadtverordnetenversammlung ergänzte: „In Kassel haben wir glücklicherweise ein breites Bündnis gegen die geplanten Freihandelsabkommen. Gerade lokaler Widerstand ist wichtig, denn die Abkommen bedrohen die Freiheit der Kommunen. Ihr Handlungsspielraum wird durch mögliche Klagen und das drohende Verbot von Rekommunalisierungen stark eingeschränkt.“

    Die Politikerbefragung wurde aufgezeichnet und ist in Kürze unter regenbogentv.de/ttip verfügbar.