Schlagwort: Uploadfilter

  • Uploadfilter sind jetzt aktiv – ein Rückblick

    Uploadfilter sind jetzt aktiv – ein Rückblick

    Ein Beitrag von Anja Hirschel, Themenbeauftragte Digitaler Wandel

    Seit dem 1. August 2021 ist es soweit: Uploadfilter sind verpflichtend.

    Natürlich wird das Internet nicht implodieren, aber verändern wird sich vieles – und erst mit der Zeit werden sich die Folgen abzeichnen.

    Wir waren gemeinsam auf der Straße und haben gegen die Einführung einer Überwachungsinfrastruktur protestiert. Menschen haben sich für Politik begeistert, weil wir nicht den schönen Versprechungen nach Schutz für Content Creator ohne jegliche Nachteile glauben. Nein, wir sehen, dass unsere freie Meinungsäußerung gefährdet wird, dass gerade kleinere Künstler faktisch gezwungen werden können, einem Lizenzverbund beizutreten. Ich möchte all unsere Argumente jetzt gar nicht wiederholen.

    Wir haben unserer Meinung in vielen Demos Stimme verliehen – wurden als Bots bezeichnet! – und haben Millionen Unterschriften an die Europaabgeordnete Barley übergeben.

    Wir wurden nicht gehört.

    Die Europaabgeordneten sind umgekippt, haben den Artikel 17, vorher Artikel 13, angenommen. Sogar damals haben sie uns noch versichert, die Reform würde ohne Filter umgesetzt. Wir sollten doch Vertrauen in die Parteien haben.

    Leicht gesagt, schwer getan, wenn jedem IT-ler bereits klar war, dass die Umsetzung ohne Uploadfilter rein technisch nicht machbar ist. Wie soll eine Plattform die engen Zeitvorgaben einhalten, wenn nicht durch Automatisierung? Wer kann ihnen einen Vorwurf machen, wenn sie die Filter als Service einkaufen, anstatt mühsam selbst zu implementieren?

    Genau so entstehen zentralisierte Filterdatenbanken. Als Service. Leicht an die Bedürfnisse anzupassen.

    Wenn die Hoffnung der Vernunft widerspricht, bleibt nur zu hoffen dass die Dystopie und der mögliche Missbrauch dieser mächtigen Instrumente nicht die Auswirkungen zeigen, die wir befürchten. Es ist uns ein Anliegen, weiterhin aufmerksam die Entwicklungen zu verfolgen und – wenn möglich – zu gestalten. So, wie unter anderem unsere Piraten im Europaparlament es unermüdlich tun.

    Ist Filtersoftware erst einmal implementiert, kann sie jederzeit missbraucht werden:
    Erlaube deiner liebsten Regierung nur das, was du auch der am schlimmsten denkbaren Regierung erlauben würdest.

     

     

  • Tag 1 der Uploadfilter: Einschränkung für Kreative, Gefahr für freie Meinungsäußerung

    Tag 1 der Uploadfilter: Einschränkung für Kreative, Gefahr für freie Meinungsäußerung

    Ab dem 01. August 2021 gelten für Urheber, Internetnutzer und Plattformbetreiber neue Regeln im Umgang mit urheberrechtlich geschützten Werken. Hierbei handelt es sich um die Umsetzung der EU-Richtlinie zum Urheberrecht aus dem Jahr 2019. Die Verhandlung dieser Richtlinie wurde in vielen Ländern von zahlreichen Protesten begleitet, auch in Deutschland demonstrierten Hunderttausende vor allem junge Menschen. 

    Nach der Verabschiedung der Reform in Brüssel erklärte die Bundesregierung, dass im Rahmen der Umsetzung auf automatisierte Verfahren, sogenannte Uploadfilter, verzichtet werden würde. Mit den Stimmen der Unionsparteien, der SPD und der Enthaltung der Grünen beschloss der Bundestag dennoch ein Gesetz, das Uploadfilter für große Plattformen unvermeidbar macht.

    Sebastian Alscher, Bundesvorsitzender der Piratenpartei Deutschland, kommentiert: 

    „Wir waren und sind schockiert, dass die Bundesregierung entgegen der Zusagen ein Gesetz beschließt, das Uploadfilter notwendig macht. Ich sehe eine große Gefahr im Aufbau einer solchen Infrastruktur auf Seiten der Plattformbetreiber. Es stehen nun Werkzeuge zur Verfügung, mit denen es ohne großen Aufwand möglich wird, bereits vor Veröffentlichung im Internet Meinungsäußerungen zu unterbinden. Zusammen mit einer ständigen Ausdehnung der Überwachungsbefugnisse ist dieser Schritt überaus bedenklich.“ 

    Anja Hirschel, Themenbeauftragte Digtialer Wandel der Piratenpartei Deutschland, erklärt:

    „Ich sehe in der Umsetzung der Urheberrechtsrichtlinie mit engen Bagatellgrenzen eine Gefahr für die Netzkultur, vor allem mit Blick auf Parodien oder Memes. Die Regeln für kreative Arbeit sind extrem eingeschränkt worden, viele Ideen und Werke machen sie nun unmöglich. Wir haben unserer Meinung in vielen Demos eine Stimme verliehen, wir wurden als Bots bezeichnet und haben Millionen Unterschriften an die verantwortliche deutsche Justizministerin Barley übergeben, doch wir wurden nicht gehört. Nachdem so viele sich teilweise erstmalig für Politik interessierten, wurden sie sofort wieder enttäuscht. So wurde Hunderttausenden vermittelt, dass Entscheidungen ohne sie stattfinden, dass ihre Stimme in diesem Land bestenfalls im Rahmen von Wahlhandlungen etwas zählt.“

  • Artikel 17-Leitfaden zu Uploadfiltern: Europäische Kommission versagt beim Schutz der Grundrechte

    Artikel 17-Leitfaden zu Uploadfiltern: Europäische Kommission versagt beim Schutz der Grundrechte

    +++ Unternehmen können Uploads bereits bei unterstelltem „erheblichen wirtschaftlichen Schaden“ sperren lassen +++ PIRATEN: Meinungsfreiheit muss vor Profitinteresse stehen +++ Nicht Rechteinhaber, sondern die EU muss Kriterien festlegen +++

    Brüssel, 4. Juni 2021 – Nach Verabschiedung der Urheberrechtsreform im Bundestag hat die Europäische Kommission ihren Leitfaden zur Anwendung von Artikel 17, der Richtlinie über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt (CDSMD), veröffentlicht [1]. Artikel 17 fordert den Einsatz fehleranfälliger Uploadfilter, und entgegen ihrer Beteuerung vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vergangenen Jahres [2] versagt die Kommission beim effektiven Schutz der Rechte von Nutzerinnen und Nutzern von Online-Anwendungen.

    Der lange erwartete Leitfaden zu Artikel 17 bestätigt zwar im Grundsatz, dass die automatische Sperrung von Inhalten, die von Nutzer:innen hochgeladen werden, auf offensichtliche Urheberrechtsverletzungen beschränkt werden muss und in Zweifelsfällen nicht erfolgen darf.

    Die Empfehlung sieht jedoch die Möglichkeit für Rechteinhaber:innen vor, bestimmte Inhalte zu kennzeichnen, die ihnen einen “erheblichen wirtschaftlichen Schaden” zufügen könnten. Diese Inhalte müssten Uploadfilter dann automatisiert blockieren, auch wenn sie legal verwendet werden, etwa in Memes als Zitat oder Parodie.

    Sebastian Alscher, Vorsitzender der Piratenpartei Deutschland, erklärt zum Leitfaden:

    Wieder wurde in einer letzten Wendung den Interessen der Rechteverwerter:innen weiter nachgegeben und die Rechte der Nutzer:innen eingeschränkt – trotz aller vorheriger Beteuerungen, diese zu schützen. Nun kann vermeintlich jeder Inhalt als rechteverletzend gekennzeichnet werden, indem man sich auf einen erheblichen wirtschaftlichen Schaden beruft. Damit erklärt die Kommission in aller Deutlichkeit, dass die Rechte der Nutzer:innen nicht universell gelten, sondern sie von der wirtschaftlichen Bedeutung auf Seiten der Rechteverwerter abhängen. Deutlicher kann man nicht sagen, dass die Freiheiten und Rechte von der Willkür der Unternehmen abhängen. So etwas verspielt die Sympathie für die Staatengemeinschaft bei den Menschen: Der europäische Gedanke wird auf den Schutz von Wirtschaftsinteressen reduziert.“

    Patrick Breyer, Europaabgeordneter der Piratenpartei Deutschland, kommentiert die Leitlinie:

    „Kurz gefasst sagt die EU-Kommission: Im Zweifel für den Profit und gegen die Meinungsfreiheit. Diese Empfehlung ist unter massivem Lobbyeinfluss zustande gekommen. Die Zivilgesellschaft, die in Europa zu Tausenden gegen diese radikale Einschränkung der Meinungsfreiheit auf die Straße gegangen ist, wird hier erneut vor den Kopf gestoßen. Die versprochene menschliche Überprüfung wird in den meisten Fällen, gerade bei Kommentaren zu aktuellen Ereignissen, zu spät kommen. Es ist nicht akzeptabel, dass fehleranfällige Zensurmaschinen von Internetkonzernen darüber entscheiden, was wir im Netz noch sagen und lesen dürfen. Unsere Meinungsfreiheit ist zu wertvoll, um dem Profitinteresse geopfert zu werden. Dafür müssen wir auch bei dem anstehenden Digitale-Dienste-Gesetz kämpfen.“

    Hintergrund:

    Im Jahr 2019 verabschiedete das Europäische Parlament die umstrittene Urheberrechtsrichtlinie, mit der fehleranfällige Uploadfilter eingeführt wurden, um vermeintlich urheberrechtsverletzende Inhalte auf Online-Plattformen automatisch zu sperren. Die Verhandlungen veranlassten Hunderttausende europäische Bürger:innen, in EU-weiten Demonstrationen gegen das Gesetz zu mobilisieren, um das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung im Internet zu schützen. Die Richtlinie muss bis zum 7. Juni 2021 in allen Mitgliedsstaaten umgesetzt werden. Der Europäische Gerichtshof verhandelt derzeit eine Klage der polnischen Regierung gegen den umstrittenen Artikel 17. Die Stellungnahme des Generalstaatsanwalts des Europäischen Gerichtshofes wird für diesen Monat erwartet.

    Quellen

    [1] Europäische Kommission: Leitfaden zu Artikel 17 der Richtlinie über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt (Englisch): https://digital-strategy.ec.europa.eu/en/library/guidance-article-17-directive-2019790-copyright-digital-single-market

    [2] copyrightblog.kluweriplaw.com/2020/11/11/cjeu-hearing-in-the-polish-challenge-to-article-17-not-even-the-supporters-of-the-provision-agree-on-how-it-should-work/

  • PIRATEN kritisieren Überwachungsgesetze im Schatten der Pandemie

    PIRATEN kritisieren Überwachungsgesetze im Schatten der Pandemie

    +++ Bundestag beschließt Uploadfilter +++ PIRATEN warnen vor Überwachungsstaat +++ Freiheitsrechte gefährdet +++

    Gestern wurde im Bundestag die Einführung von Uploadfiltern beschlossen. Die Piratenpartei hat sich von Beginn an gegen die EU-Urheberrechtsreform ausgesprochen. Hierfür organisierte sie gemeinsam mit Partnern der #Saveyourinternet Kampagne bereits vor zwei Jahren bundesweit viele Protestaktionen. Aufgrund der Corona-Pandemie gehen wichtige Entscheidungen aktuell jedoch medial unter. Nur wer genau hinsieht, stellt fest, dass nicht nur Gesetze und Beschlüsse zur Pandemiebekämpfung von der Bundesregierung beziehungsweise von der Europäischen Kommission durchgesetzt werden – sondern auch vieles im Bereich Überwachung und Kontrolle.

    Statt Deutschland ins digitale Zeitalter zu führen, wurden u. a. folgende Gesetzesvorhaben zur Überwachung beschlossen oder sind in Planung:

    „Die Umsetzung der Urheberrechtsreform, die Uploadfilter notwendig macht, markiert einen weiteren schwarzen Tag für unsere Freiheitsrechte. Doch es ist nur ein Tiefschlag von vielen in den letzten Monaten. Es macht mich wütend, zu sehen, dass wir Gesetzgebung hinnehmen, die für den Aufbau einer Filter-Infrastruktur sorgt, und damit einhergehende Konsequenzen keine Rolle spielen. Konsequenzen, die auch die nächsten Generationen zu tragen haben. Auch die Bundesregierung nutzt die Ablenkung der Corona-Pandemie für solch weitreichende Beschlüsse. Wenn die Pandemie vorüber ist, dann werden wir uns die Frage stellen müssen, was von unserer Privatsphäre noch übrig ist. Wir dürfen nicht zulassen, dass wir immer mehr Strukturen schaffen, die Überwachungsstaaten ermöglichen, und am Ende sind wir alle gläserne Bürgerinnen und Bürger. Die PIRATEN verstehen Digitalisierung, die Vorteile ebenso wie mögliche Folgen und damit verbundene Einschränkungen unserer Freiheit,“

    erklärt Sebastian Alscher, Bundesvorsitzender der Piratenpartei Deutschland.

    Ausführlicher Beitrag zum gestrigen Beschluss: https://redesign.piratenpartei.de/2021/05/20/koalition-beschliesst-uploadfilter-versprechen-gebrochen/

  • Koalition beschließt Uploadfilter – Versprechen gebrochen

    Koalition beschließt Uploadfilter – Versprechen gebrochen

    Heute hat der Bundestag das Gesetz zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes beschlossen und somit die EU-Urheberrechtsdirektive kurz vor Ablauf der Frist in nationales Recht umgesetzt.

    How it started

    Zur Erinnerung: Vor zwei Jahren sind deutschlandweit hunderttausende Menschen zu Protestdemonstrationen auf die Straße gegangen. In ganz Europa rollte eine Welle aus Demonstrationen, 5,3 Millionen Menschen unterschrieben eine Petition für die Erhaltung des freien Internets. Und obwohl so viele von uns dagegen waren, hatte Katarina Barley das Gesetz damals mit ihrer Stimmabgabe im Europarat erst ermöglicht. Die Koalition aus CDU/CSU und SPD hatte zu dem Zeitpunkt versprochen, dass die Bedenken der Internet-Nutzer nicht ungehört verhallen werden. Die Umsetzung der Direktive werde das Urheberrecht nicht zu einem Zensurmechanismus machen, da dies nur durch den Einsatz von automatisierten Uploadfiltern umgesetzt werden könne – und in der deutschen Umsetzung der Richtlinie werde auf Uploadfilter verzichtet. Von diesem Versprechen ist nun nichts mehr übrig, leider wenig überraschend. Und das, obwohl im Koalitionsvertrag aus dem Jahr 2018 CDU/CSU und SPD festglegt hatten: „Eine Verpflichtung von Plattformen zum Einsatz von Upload[f]iltern, um von Nutzern hochgeladene Inhalte nach urheberrechtsverletzenden Inhalten zu ‚filtern‘, lehnen wir als unverhältnismäßig ab.“

    How it’s going

    Zuletzt haben die Kritiker sich darauf konzentriert, die anstehende Umsetzung abzumildern und dem Druck von Seiten der Lobbyindustrie auf eine Verschärfung Stand zu halten. Mit eher geringem Erfolg – die „Freiheit für Memes“ wurde nicht ganz abgeschafft, sondern mit Ausnahmen, da urheberrechtlich geschützte Werke in kleinen Ausschnitten als Zitate oder im satirischen Kontext verwendet werden dürfen. Jedoch gelten nun sehr strikte Grenzen – für Zitate maximal 160 Zeichen, also weniger als ein einzelner Tweet (hier stehen 280 Zeichen zur Verfügung); für Videos und Tonaufnahmen 15 Sekunden.

    Die Plattformen müssen nun, spätestens ab dem 01. August, sämtliche Uploads von ihren Nutzern überwachen, ob darin möglicherweise eine Verletzung des Urheberrechts vorliegt, und gegebenenfalls voll-automatisch sperren. Solche vorgeschriebenen Filter-Infrastrukturen sind neu – bisher galt das Prinzip, dass eine Urheberrechtsverletzung vom Plattformbetreiber erst nach Bekanntwerden gelöscht werden soll. Es wird wahrscheinlich so kommen, dass kleinere Betreiber solche Filter von den großen Plattformen (Facebook, Youtube) zukaufen müssen, anstatt selbst in die Entwicklung zu investieren, und so wird die Stellungsmacht der großen Player noch weiter gestärkt. Und wenn solche Filter erst einmal etabliert sind, könnten damit natürlich auch andere Inhalte gesperrt werden. Selbt in demokratischen Ländern zeigt sich, dass Zensur, wenn sie erst eingerichtet ist, stets auf immer noch mehr Inhalte ausgeweitet wird – und in den Händen von totalitär operierenden Regierungen könnten sich die Uploadfilter zu einem echten Mechanismus der Machterhaltung entwickeln.

    Ausgerechnet Polens konservative Regierung hat wegen der Uploadfilter Klage am Europäischen Gerichtshof eingereicht – die Entscheidung wird innerhalb der nächsten 12 Monate erwartet. Auch in Deutschland besteht jetzt, nachdem das Gesetz beschlossen ist, die Möglichkeit, dessen Rechtmäßigkeit gerichtlich klären zu lassen.

    Die Uploadfilter sind keineswegs die einzige Alternative, wie die Interessen von Künstlern und Rechteinhabern gegenüber den Plattformen und Internetnutzern durchgesetzt werden können. Niemand streitet ab, dass Kreative für ihre Arbeit fair entlohnt werden sollen – aber es gibt durchaus bessere Möglichkeiten, jenen, die von kreativen Inhalten am meisten profititieren, die Nutzung in Rechnung zu stellen. Am Einfachsten wäre wohl eine Abgabe auf Internet-Werbung, es gibt aber auch viele weitere Vorschläge, bis hin zum einem Künstlergrundeinkommen.

    Freedom to Share

    Die Europäische Bürgerinitiative „Freedom to Share“ [https://freesharing.eu/de] fordert die EU-Kommission auf, das Urheberrecht so zu ändern, dass Künstler fair entlohnt werden und im Gegenzug Internetnutzer urheberrechtlich geschützte Werke privat austauschen können. Wenn die Initiative es schafft, europaweit eine Million Unterschriften zu sammeln, ist die EU-Kommission verpflichtet, sich mit diesem Anliegen zu beschäftigen. Und wenn es erlaubt werden würde, urheberrechtlich geschützte Werke online zu posten, dann gäbe es auch keine rechtliche Rechtfertigung mehr für Uploadfilter und diese würden somit illegal. Lasst uns zusammen schnell die nötigen Unterschriften sammeln!

    In Zusammenarbeit mit der AG Digitaler Wandel

  • Massenüberwachung zum Schutz von Kindern? Gegenwind für neue Uploadfilter-Pläne der EU-Kommission

    Massenüberwachung zum Schutz von Kindern? Gegenwind für neue Uploadfilter-Pläne der EU-Kommission

    Die EU-Kommission will die verdachtslose Durchleuchtung und Überwachung sämtlicher privater elektronischer Kommunikation zur Suche nach möglichen kinderpornografischen Inhalten, die bislang nur von US-Diensten wie GMail, Facebook Messenger und outlook.com praktiziert wird, legalisieren. Im nächsten Jahr soll der Einsatz entsprechender Uploadfilter für alle E-Mail-, Messenger- und Chatanbieter verpflichtend werden. An dem Vorhaben wird zunehmend Kritik laut, zuletzt aus dem Mund eines Missbrauchsopfers.

    Alexander Hanff, selbst Opfer sexuellen Missbrauchs, kritisiert die Nachrichtendurchleuchtung in einem emotionalen Blogbeitrag mit den Worten:

    “Das wird nicht verhindern, dass Kinder missbraucht werden. Es wird den Missbrauch einfach weiter in den Untergrund drängen und seine Aufklärung erschweren.”[1]

    Dem Europäischen Datenschutzbeauftragten (EDSB) zufolge habe die EU-Kommission weder die Notwendigkeit noch die Verhältnismäßigkeit der Gesetzgebung nachgewiesen.[2] Die Bürgerrechtsorganisation „Access Now“ kritisierte, das Vorgehen gegen schwere Straftaten, einschließlich der Ausbeutung von Kindern oder terroristischer Inhalte, könne nicht an private Akteure delegiert werden.[3]

    Der Zusammenschluss von Wissenschaftlern „Global Encryption Coalition“ warnt, die von der EU-Kommission geplante Durchleuchtung auch verschlüsselter Kommunikation würde ein Ende sicherer Verschlüsselung oder den Einbau von Hintertüren bedeuten.

    „Unsichere Kommunikation macht Nutzer anfälliger für die Verbrechen, die wir gemeinsam zu verhindern versuchen. Diese Anforderungen würden Dienstleistungsanbieter dazu zwingen, die Sicherheit ihrer verschlüsselten Ende-zu-Ende-Dienste auszuhöhlen und damit die Sicherheit von Milliarden von Menschen zu gefährden, die täglich auf diese Dienste angewiesen sind. Einfach ausgedrückt: Es gibt keine Möglichkeit, Verschlüsselung zu brechen, ohne alle, auch Kinder, verwundbarer zu machen.“[4]

    Der Europaabgeordnete und Schattenberichterstatter Patrick Breyer (Piratenpartei) hat gestern für seine Fraktion Grüne/EFA die Ablehnung des Vorhabens, mindestens aber die Beschränkung der Durchleuchtung auf die Kommunikation Verdächtiger mit richterlicher Anordnung beantragt:

    “Wie die steigende Zahl der Anzeigen von US-Unternehmen zeigt, wird mit Massenüberwachung und Massenanzeigen die Weitergabe illegalen Materials nicht eingedämmt, sondern allenfalls weiter in verschlüsselte Kanäle gedrängt, was die Strafverfolgung zusätzlich erschwert oder sogar unmöglich macht. Hier wird ein gefährlicher Mechanismus zur Massenüberwachung und eine Denunziationsmaschinerie ungekannten Ausmaßes geschaffen, was weitere Begehrlichkeiten wecken wird. Wird als Nächstes unsere elektronische Post auch nach Urheberrechtsverstößen, Beleidigungen und für Geheimdienste beobachtungsbedürftige Inhalte durchleuchtet? In China wird schon heute mit derselben Technologie im Netz nach Dissidenten gesucht. Soll die Post auch bei uns wieder in einer ‚schwarzen Kammer‘ verdachtslos unsere Briefe öffnen, um sie auf vermeintliche verbotene Inhalte zu überprüfen? Werden Abhöreinrichtungen in alle Wohnungen installiert, die bei vermeintlicher Gewalt die Polizei alarmieren?

    Schon heute bringt die Denunziationsmaschinerie der US-Konzerne immer wieder Menschen zu Unrecht in Verdacht, beispielsweise wem unverlangt verbotene Inhalte zugesandt werden. Wer sich Zugang zu einem fremden E-Mail-Postfach verschafft, kann unliebsame Personen dem falschen Verdacht von ‚Kinderpornografie‘ aussetzen und sie so diskreditieren. Der Schweizer Bundespolizei zufolge sind 90% der von den US-Unternehmen angezeigten Inhalte nicht strafbar, beispielsweise Urlaubsfotos am Strand. Und in Deutschland werden 40% der Ermittlungsverfahren wegen ‚Kinderpornografie‘ gegen Minderjährige eingeleitet.

    Das digitale Briefgeheimnis steht auf dem Spiel. Unter ständiger Überwachung kann eine unbefangene Kommunikation, auf die beispielsweise auch Kinder und Missbrauchsopfer angewiesen sind, nicht stattfinden.“

    Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist die dauerhafte automatisierte Analyse privater Kommunikation nur dann verhältnismäßig, wenn sie auf Verdächtige beschränkt ist.[5] Breyer hat deswegen die US-Unternehmen Facebook und Google wegen Verletzung der Datenschutz-Grundverordnung beim Kieler Landesdatenschutzzentrum angezeigt. Die Datenschutzbeauftragte von Schleswig-Holstein Marit Hansen hat letzte Woche den Hamburger Datenschutzbeauftragten eingeschaltet, bei dem die deutsche Niederlassung von Facebook und Google liegt, und deutliche Kritik geäußert: „Vor diesem Hintergrund ist eine Bereichsausnahme für solche Dienste, die quasi gerade erst in den Schutzbereich gezogen worden sind, außerhalb der eigentlich einschlägigen Regelung (ePrivacy-Richtlinie) meines Erachtens problematisch. Es muss sichergestellt werden, dass der Schutz des Kommunikationsgeheimnisses nicht ausgehöhlt wird.“

    Das Europäische Parlament soll sich in einem Schnellverfahren noch Anfang Dezember positionieren.

     

    Quellen/Fußnoten:

    [1] https://www.linkedin.com/pulse/why-i-dont-support-privacy-invasive-measures-tackle-child-hanff/
    [2] https://edps.europa.eu/data-protection/our-work/publications/opinions/opinion-proposal-temporary-derogations-directive_en
    [3] https://www.euractiv.com/section/digital/opinion/the-fundamental-rights-concerns-at-the-heart-of-new-eu-online-content-rules/
    [4] https://www.globalencryption.org/2020/11/breaking-encryption-myths
    [5] http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=232084&pageIndex=0&doclang=EN&mode=req&dir=&occ=first&part=1

  • Europaabgeordneter Patrick Breyer fordert: Der Digital Services Act muss ein Bollwerk gegen Überwachungskapitalismus und Internetzensur werden

    Europaabgeordneter Patrick Breyer fordert: Der Digital Services Act muss ein Bollwerk gegen Überwachungskapitalismus und Internetzensur werden

    Das Europaparlament verabschiedet diese Woche drei Berichte zum geplanten Digitale Dienste-Gesetz (engl. Digital Services Act) und positioniert sich damit gegenüber der Kommission, die einen ersten Gesetzesentwurf im Dezember 2020 vorlegen will. Mit dem Gesetzespaket will die EU einen klaren Rechtsrahmen schaffen, um die Macht der großen Internetplattformen und die Monopole der amerikanischen Tech-Industrie zu regulieren. 

    Patrick Breyer (Piratenpartei), Berichterstatter der Stellungnahme des Rechtsausschusses, kommentiert: 

    „In sämtlichen Stellungnahmen fordert das Europäische Parlament die Kommission auf, unsere Privatsphäre online endlich wirksam zu schützen. Das Digitale-Dienste-Gesetz muss strenge sektorspezifische Vorgaben enthalten, um den Missbrauch persönlicher Daten und Identitätsdiebstahl zu verhindern. Jeder Bürger und jede Bürgerin soll das Recht erhalten, Internetdienste anonym zu nutzen. Die permanente Aufzeichnung unseres digitalen Lebens muss ein Ende haben. Mit dem Digital Services Act muss Europa gegenüber globalen Technologiekonzernen Meinungsfreiheit statt Zensurmaschinen, Privatsphäre statt Überwachungskapitalismus und Selbstbestimmung statt technologischer Bevormundung durchsetzen!”

    Breyers zweite Priorität ist die Durchsetzung der Meinungsfreiheit im Netz angesichts des weit verbreiteten Einsatzes fehleranfälliger Uploadfilter durch viele Plattformen:

    “Nach der aktuellen Gesetzeslage sind Plattformen nicht verpflichtet, Nutzer online auf potenziell rechtswidriges Verhalten zu überwachen. Aber wir müssen diesen Ausschluss erweitern, um auch eine generelle Filterung von Nutzerinhalten auszuschließen. Diese unzuverlässigen Zensuralgorithmen unterdrücken zahllose legale Äußerungen (“Overblocking”). Unterbezahlte Plattformmoderatoren können dies nicht kompensieren. Strafverfolgung ist die Kernaufgabe des Staates!”

    Des weiteren sollen Quasi-Monopolisten wie Facebook oder Twitter verpflichtet werden, künftig einen Nachrichtenaustausch mit Nutzern alternativer Plattformen zuzulassen, um einen Wechsel unter Beibehaltung der bestehenden Kontakte zu ermöglichen (Interkonnektivität).

    Der Digital Services Act hat fundamentale Auswirkungen auf die Zukunft von digitalen Diensten und Online-Plattformen

    Der geplante Digital Services Act (DSA) gilt nach der Datenschutzgrundverordnung und ePrivacy-Verordnung als nächstes Großprojekt zur Regulierung der Digitalisierung auf EU-Ebene. Das Gesetzgebungsvorhaben soll die seit 2000 bestehende e-Commerce-Richtlinie ablösen und so grundlegende neue Regeln für kommerzielle Internetdienste festlegen.

  • Der Vormarsch der Uploadfilter – PIRATEN zum Referentenentwurf der Umsetzung der EU-Urheberrechtsreform

    Der Vormarsch der Uploadfilter – PIRATEN zum Referentenentwurf der Umsetzung der EU-Urheberrechtsreform

    Am 13. Oktober 2020 veröffentlichte das Bundesjustizministerium seinen Referentenentwurf für die nationale Umsetzung der stark umstrittenen EU-Urheberrechtsreform. Anders als im April 2019 von der Bundesregierung versprochen, sieht dieser aber nicht vor, bei der nationalen Umsetzung der EU-Richtlinie auf den Einsatz von Uploadfiltern zu verzichten. Demgegenüber fordert die Piratenpartei nach wie vor, dass zum Verhindern von Urheberrechtsverstößen keine Uploadfilter zum Einsatz kommen, oder Anforderungen geschaffen werden, die eine Einhaltung ohne Uploadfilter möglich machen.

    „Mit dem veröffentlichten Entwurf zur nationalen Umsetzung der Urheberrechtsreform bricht die Bundesregierung ihr Versprechen, in Deutschland auf Uploadfilter zu verzichten. Denn der Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums lässt den meisten Plattformen so gut wie keine andere Wahl, als Uploadfilter einzusetzen.“,

    kritisiert Sebastian Alscher, Bundesvorsitzender der Piratenpartei. Weiter führt er aus:

    „Die deutsche Bundesregierung fühlt sich offenbar nicht wirklich an ihr eigenes Wort gebunden. Ihr Versprechen an die hunderttausenden Demonstranten hat sie vermutlich nie ernst genommen.“

    Anja Hirschel, Themenbeauftragte für Digitalen Wandel und Spitzenkandidatin der Piratenpartei Baden-Württemberg für die Bundestagswahl 2021, ergänzt:

    „Wir PIRATEN halten den Einsatz von Uploadfiltern weiterhin für inakzeptabel. Insgesamt nutzen Uploadfilter nämlich wenig bis nichts, schränken aber das Recht auf freie Meinungsäußerung ein. Wir halten den Aufbau einer solchen Infrastruktur nach wie vor für sehr bedenklich, da sie mit wenigen Änderungen zur Zensur eingesetzt werden kann. Der vorgeschlagene Gesetzesentwurf würde also dem Aufbau einer leicht zu missbrauchenden, fehleranfälligen und dazu noch ineffektiven Zensurinfrastruktur Tür und Tor öffnen. Politiker müssen, was solche Entwicklungen angeht, besonders wachsam sein und diese verhindern.“

    Doch mit der erhofften Verhinderung von Urheberrechtsverletzungen mit Hilfe von Uploadfiltern soll noch lange nicht Schluss sein. Denn auch die von der EU geplante TERREG-Verordnung könnte in Zukunft den Einsatz von Uploadfiltern vorschreiben und insgesamt sogar noch größere Schäden anrichten als die Urheberrechtsreform.