Schlagwort: Urheberrechtsreform

  • Uploadfilter sind jetzt aktiv – ein Rückblick

    Uploadfilter sind jetzt aktiv – ein Rückblick

    Ein Beitrag von Anja Hirschel, Themenbeauftragte Digitaler Wandel

    Seit dem 1. August 2021 ist es soweit: Uploadfilter sind verpflichtend.

    Natürlich wird das Internet nicht implodieren, aber verändern wird sich vieles – und erst mit der Zeit werden sich die Folgen abzeichnen.

    Wir waren gemeinsam auf der Straße und haben gegen die Einführung einer Überwachungsinfrastruktur protestiert. Menschen haben sich für Politik begeistert, weil wir nicht den schönen Versprechungen nach Schutz für Content Creator ohne jegliche Nachteile glauben. Nein, wir sehen, dass unsere freie Meinungsäußerung gefährdet wird, dass gerade kleinere Künstler faktisch gezwungen werden können, einem Lizenzverbund beizutreten. Ich möchte all unsere Argumente jetzt gar nicht wiederholen.

    Wir haben unserer Meinung in vielen Demos Stimme verliehen – wurden als Bots bezeichnet! – und haben Millionen Unterschriften an die Europaabgeordnete Barley übergeben.

    Wir wurden nicht gehört.

    Die Europaabgeordneten sind umgekippt, haben den Artikel 17, vorher Artikel 13, angenommen. Sogar damals haben sie uns noch versichert, die Reform würde ohne Filter umgesetzt. Wir sollten doch Vertrauen in die Parteien haben.

    Leicht gesagt, schwer getan, wenn jedem IT-ler bereits klar war, dass die Umsetzung ohne Uploadfilter rein technisch nicht machbar ist. Wie soll eine Plattform die engen Zeitvorgaben einhalten, wenn nicht durch Automatisierung? Wer kann ihnen einen Vorwurf machen, wenn sie die Filter als Service einkaufen, anstatt mühsam selbst zu implementieren?

    Genau so entstehen zentralisierte Filterdatenbanken. Als Service. Leicht an die Bedürfnisse anzupassen.

    Wenn die Hoffnung der Vernunft widerspricht, bleibt nur zu hoffen dass die Dystopie und der mögliche Missbrauch dieser mächtigen Instrumente nicht die Auswirkungen zeigen, die wir befürchten. Es ist uns ein Anliegen, weiterhin aufmerksam die Entwicklungen zu verfolgen und – wenn möglich – zu gestalten. So, wie unter anderem unsere Piraten im Europaparlament es unermüdlich tun.

    Ist Filtersoftware erst einmal implementiert, kann sie jederzeit missbraucht werden:
    Erlaube deiner liebsten Regierung nur das, was du auch der am schlimmsten denkbaren Regierung erlauben würdest.

     

     

  • Artikel 17-Leitfaden zu Uploadfiltern: Europäische Kommission versagt beim Schutz der Grundrechte

    Artikel 17-Leitfaden zu Uploadfiltern: Europäische Kommission versagt beim Schutz der Grundrechte

    +++ Unternehmen können Uploads bereits bei unterstelltem „erheblichen wirtschaftlichen Schaden“ sperren lassen +++ PIRATEN: Meinungsfreiheit muss vor Profitinteresse stehen +++ Nicht Rechteinhaber, sondern die EU muss Kriterien festlegen +++

    Brüssel, 4. Juni 2021 – Nach Verabschiedung der Urheberrechtsreform im Bundestag hat die Europäische Kommission ihren Leitfaden zur Anwendung von Artikel 17, der Richtlinie über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt (CDSMD), veröffentlicht [1]. Artikel 17 fordert den Einsatz fehleranfälliger Uploadfilter, und entgegen ihrer Beteuerung vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vergangenen Jahres [2] versagt die Kommission beim effektiven Schutz der Rechte von Nutzerinnen und Nutzern von Online-Anwendungen.

    Der lange erwartete Leitfaden zu Artikel 17 bestätigt zwar im Grundsatz, dass die automatische Sperrung von Inhalten, die von Nutzer:innen hochgeladen werden, auf offensichtliche Urheberrechtsverletzungen beschränkt werden muss und in Zweifelsfällen nicht erfolgen darf.

    Die Empfehlung sieht jedoch die Möglichkeit für Rechteinhaber:innen vor, bestimmte Inhalte zu kennzeichnen, die ihnen einen “erheblichen wirtschaftlichen Schaden” zufügen könnten. Diese Inhalte müssten Uploadfilter dann automatisiert blockieren, auch wenn sie legal verwendet werden, etwa in Memes als Zitat oder Parodie.

    Sebastian Alscher, Vorsitzender der Piratenpartei Deutschland, erklärt zum Leitfaden:

    Wieder wurde in einer letzten Wendung den Interessen der Rechteverwerter:innen weiter nachgegeben und die Rechte der Nutzer:innen eingeschränkt – trotz aller vorheriger Beteuerungen, diese zu schützen. Nun kann vermeintlich jeder Inhalt als rechteverletzend gekennzeichnet werden, indem man sich auf einen erheblichen wirtschaftlichen Schaden beruft. Damit erklärt die Kommission in aller Deutlichkeit, dass die Rechte der Nutzer:innen nicht universell gelten, sondern sie von der wirtschaftlichen Bedeutung auf Seiten der Rechteverwerter abhängen. Deutlicher kann man nicht sagen, dass die Freiheiten und Rechte von der Willkür der Unternehmen abhängen. So etwas verspielt die Sympathie für die Staatengemeinschaft bei den Menschen: Der europäische Gedanke wird auf den Schutz von Wirtschaftsinteressen reduziert.“

    Patrick Breyer, Europaabgeordneter der Piratenpartei Deutschland, kommentiert die Leitlinie:

    „Kurz gefasst sagt die EU-Kommission: Im Zweifel für den Profit und gegen die Meinungsfreiheit. Diese Empfehlung ist unter massivem Lobbyeinfluss zustande gekommen. Die Zivilgesellschaft, die in Europa zu Tausenden gegen diese radikale Einschränkung der Meinungsfreiheit auf die Straße gegangen ist, wird hier erneut vor den Kopf gestoßen. Die versprochene menschliche Überprüfung wird in den meisten Fällen, gerade bei Kommentaren zu aktuellen Ereignissen, zu spät kommen. Es ist nicht akzeptabel, dass fehleranfällige Zensurmaschinen von Internetkonzernen darüber entscheiden, was wir im Netz noch sagen und lesen dürfen. Unsere Meinungsfreiheit ist zu wertvoll, um dem Profitinteresse geopfert zu werden. Dafür müssen wir auch bei dem anstehenden Digitale-Dienste-Gesetz kämpfen.“

    Hintergrund:

    Im Jahr 2019 verabschiedete das Europäische Parlament die umstrittene Urheberrechtsrichtlinie, mit der fehleranfällige Uploadfilter eingeführt wurden, um vermeintlich urheberrechtsverletzende Inhalte auf Online-Plattformen automatisch zu sperren. Die Verhandlungen veranlassten Hunderttausende europäische Bürger:innen, in EU-weiten Demonstrationen gegen das Gesetz zu mobilisieren, um das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung im Internet zu schützen. Die Richtlinie muss bis zum 7. Juni 2021 in allen Mitgliedsstaaten umgesetzt werden. Der Europäische Gerichtshof verhandelt derzeit eine Klage der polnischen Regierung gegen den umstrittenen Artikel 17. Die Stellungnahme des Generalstaatsanwalts des Europäischen Gerichtshofes wird für diesen Monat erwartet.

    Quellen

    [1] Europäische Kommission: Leitfaden zu Artikel 17 der Richtlinie über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt (Englisch): https://digital-strategy.ec.europa.eu/en/library/guidance-article-17-directive-2019790-copyright-digital-single-market

    [2] copyrightblog.kluweriplaw.com/2020/11/11/cjeu-hearing-in-the-polish-challenge-to-article-17-not-even-the-supporters-of-the-provision-agree-on-how-it-should-work/

  • Warum der Vorschlag von Herrn Altmaier zum Verbot von Inhalte-Schnipsel im Rahmen der Urheberrechtsreform zu begrüßen ist.

    Warum der Vorschlag von Herrn Altmaier zum Verbot von Inhalte-Schnipsel im Rahmen der Urheberrechtsreform zu begrüßen ist.

    Wie nun bekannt wurde, plant Wirtschaftsminister Altmaier die Verwendung kleiner Video-, Audio- oder Textausschnitte im Social Media Bereich zu verbieten. [1] Das BMWi begründet dies zunächst damit, dass man eine andere Lösung finden sollte, legt aber bisher keine Alternative dazu vor. 

    Sebastian Alscher, Bundesvorsitzender der Piratenpartei Deutschland erklärt:

    „Etwas besseres kann den Communities nicht passieren, zwingt es doch viele endlich in die Nutzung dezentraler verschlüsselter Konten auf alternativen Plattformen. Anders gesagt: Herrn Altmaiers Bestrebungen sind eine Einladung in den Untergrund. Wer hofft, durch Verbote Menschen mundtot zu machen, schafft nur eines: Er findet sie nicht mehr. Dieser einfallslose Vorschlag der Union, nach dem klassischen CDU-Credo: ‚Was schert mich die Realität, wenn ich sie verbieten kann?‘ ist ein gutes Beispiel für das mangelnde technische Verständnis einer Partei, die sich der Digitalisierung stellen muss.“ 

    Quellen/Fußnoten:

    [1] https://www.heise.de/news/Urheberrechtsreform-Altmaier-macht-gegen-Nutzung-von-Inhalte-Schnipseln-mobil-4946759.html 

    Referentenentwurf des BMJV für das Gesetz zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes: https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/DE/Gesetz_Anpassung-Urheberrecht-dig-Binnenmarkt.html

  • Urheberrechtsreform: PIRATEN fordern Streichung von Uploadfiltern

    Urheberrechtsreform: PIRATEN fordern Streichung von Uploadfiltern

    Zum heute von Bundesministerin Christine Lambrecht vorgestellten Entwurf zur Umsetzung der Urheberrechtsreform kommentiert der politische Geschäftsführer der Piratenpartei Deutschland Daniel Mönch:

    „Die Proteste gegen die Urheberrechtsreform und insbesondere den Artikel 13 sind inzwischen mehr als ein Jahr her. Damals waren Zehntausende auf der Straße, um zu verhindern, was jetzt passiert: Die Anpassung des Internets durch die europäische Bürokratie an Verwertungsstrukturen aus dem letzten Jahrtausend. Gerade diese Strukturen und gesetzlichen Vorschriften waren dafür verantwortlich, dass sich in Europa kaum relevante Internetkonzerne entwickeln konnten.

    Wenn der Vorschlag des Justizministeriums in dieser oder ähnlicher Form zum Gesetz gemacht wird, drohen allen, die das Internet verwenden, erhebliche Einschränkungen. Zwar findet sich im Entwurfstext die ein oder andere vermeintlich gut gemeinte Ausnahme für kleinere Plattformen oder nicht kommerzielle Nutzung; diese werden aber kaum reichen, um die negativen Folgen abzufedern.
    Durch Pre-Flagging, also das Markieren der Inhalte durch den Nutzer, soll sichergestellt werden, dass keine legalen Inhalte durch Uploadfilter blockiert werden. Dieses Konzept ist nur in der Theorie praktikabel, in der Realität wird es vermutlich dafür sorgen, dass sich ein Besuch im Internet bald wie der Besuch in einer deutschen Amtsstube anfühlen wird. Denn anders als von der SPD auf Twitter verkündet, finden sich im Text sehr wohl Uploadfilter, auch wenn darin von maschinell überprüfbaren Inhalten gesprochen wird. Wir fordern Justizministerin Lambrecht auf, diesen Entwurf zurückzuziehen und Uploadfilter aus dem Text zu entfernen.“

     

    „Nach wie vor ist ein Teil des Entwurfs, dass Internetplattformen Uploadfiltersysteme vorhalten, um eingehende Inhalte zu analysieren und bei Bedarf blockieren zu können. Wir halten den Aufbau einer solchen Infrastruktur nach wie vor für sehr bedenklich, da sie mit wenigen Änderungen zur Zensur eingesetzt werden kann. Politiker müssen, was solche Entwicklungen angeht, besonders wachsam sein und diese verhindern, wann immer es möglich ist.“,

    fordert Sebastian Alscher, Bundesvorsitzender der Piratenpartei Deutschland.

    Weitere Hintergrundinformationen der Piratenpartei Deutschland zur EU-Urheberrechtsreform: https://redesign.piratenpartei.de/eu-urheberrechtsreform/

    Quellen/Fußnoten
    https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Dokumente/DiskE_II_Anpassung%20Urheberrecht_digitaler_Binnenmarkt.pdf?__blob=publicationFile&v=2
    https://twitter.com/spdbt/status/1275779298868236290

  • PIRATEN warnen vor Einsatz von Uploadfiltern als Allheilmittel

    PIRATEN warnen vor Einsatz von Uploadfiltern als Allheilmittel

    Heute vor genau einem Jahr hat das EU-Parlament die Urheberrechtsreform inklusive der in Artikel 13 bzw. Artikel 17 vorgeschriebenen Uploadfilter angenommen. Trotz der massiven Proteste wurde damit erstmals der Einsatz von Uploadfiltern gesetzlich gefordert – wenn auch ohne das Wort Uploadfilter zu nennen. Die Urheberrechtsreform stellt damit einen Dammbruch da; schließlich wird seitdem der Einsatz von Uploadfiltern immer öfter gefordert.

    Dr. Patrick Breyer, Bürgerrechtler und Europaabgeordneter der Piratenpartei, warnt:

    „Rückblickend lässt sich leider feststellen, dass es genau so gekommen ist, wie wir PIRATEN befürchtet haben: Sobald einmal der Einsatz von Uploadfilter im EU-Parlament durchgewunken worden ist, ist die Hürde für Regierungen, Uploadfilter zu fordern, aber auch für Unternehmen, Uploadfilter einzusetzen, stark gesunken. Aktuell müssen wir sogar befürchten, dass Uploadfilter von vielen Politikern als Allheilmittel für alle möglichen Probleme im Internet gesehen werden und deshalb ihren Weg in immer mehr Gesetzesvorschläge finden. Dies wäre fatal, da Uploadfilter fehleranfällige, ineffektive Zensurmaschinen sind, die die Meinungs- und Informationsfreiheit von uns allen beschneiden, ohne dabei die gewünschte Wirkung zu erzielen!“

    Nachdem die EU-Kommision auf dem Einsatz von Uploadfiltern gegen „terroristische Inhalte“ besteht und eine allgemeine Uploadfilter-Pflicht gegen jedwege unerwünschte Inhalte erwägt, prescht jetzt mit YouTube das erste Unternehmen vor, das die umstrittenen Uploadfiltern zur Personaleinsparung unter Berufung auf den neuartigen Coronavirus auf ihrer Videoplattform ohne menschliche Überprüfung einsetzen will.

    „Höchst problematisch ist, dass Uploadfilter nicht nur den Weg in immer mehr Gesetzesvorschläge finden, sondern dass die Rahmenbedingungen für deren Einsatz immer schlechter werden. So fordert die EU-Kommission in ihrem Entwurf einer TERREG-Verordnung beispielsweise, dass jeder einzelne Webseitenbetreiber, selbst wenn er nur einen WordPress-Blog betreibt, Uploadfilter implementieren muss. Das wäre das Aus für sehr viele hilfreiche und interessante Blogs, Wikis, Foren und andere Internetplattformen, die Nutzern Mitmach-Möglichkeit bieten! Den Schaden der Urheberrechtsreform zumindest etwas zu begrenzen ist uns damals unter anderem gelungen, weil es eine so große Protestwelle gegen die geforderten Uploadfilter gab und das Thema damit genügend mediale Aufmerksamkeit hatte. Ohne eine derartige öffentliche Aufmerksamkeit ist es heute wesentlich schwieriger für uns PIRATEN, Uploadfilter und andere Zensurinfrastruktur erfolgreich zu bekämpfen und zu verhindern. Deshalb muss die Netzgemeinde zusammenhalten und ihre Stimme gegen derartige Gesetzesvorschläge erheben – gerade jetzt bei den Verhandlungen zur Einführung von Anti-Terror-Filtern!,“

    führt Dr. Patrick Breyer weiter aus.

  • 1 Jahr Urheberrechtsreform: PIRATEN veröffentlichen Übersichtsseite

    1 Jahr Urheberrechtsreform: PIRATEN veröffentlichen Übersichtsseite

    Genau ein Jahr ist es heute her, dass das EU-Parlament die umstrittene Urheberrechtsreform inklusive der in Artikel 13 bzw. jetzt Artikel 17 vorgeschriebenen Uploadfilter angenommen hat – und das trotz massiver Kritik von Experten, über 150.000 Demonstranten allein am 23. März 2019 und über 5 Millionen Petitionsunterzeichnern. Damit wurden die größten Proteste, die es jemals für ein freies Internet gab, vom Europaparlament und der Bundesregierung einfach ignoriert.

    Seither hat sich einiges bezüglich der Urheberrechtsreform getan. Deshalb hat die Piratenpartei eine Webseite zu allen wichtigen und aktuellen Informationen über die Umsetzung der EU-Urheberrechtsreform erstellt. Die Seite fasst möglichst kompakt den aktuellen Stand und die Entwicklungen seit der Abstimmung vor einem Jahr zusammen und listet Ideen auf, was jeder einzelne tun kann, um auf die Umsetzung der Reform ins deutsche Recht Einfluss zu nehmen.

    „Besonders interessant wird das Urteil des Europäischen Gerichtshofes zur Klage der polnischen Regierung gegen Artikel 17 der Urheberrechtsreform. Das Urteil könnte die Uploadfilterpflicht in der Urheberrechtsreform wieder kippen. Wir PIRATEN werden den Prozess der Umsetzung der Reform auf jeden Fall ganz genau beobachten und so gut es geht dazu beizutragen, dass die nationale Umsetzung bestmöglich für uns Internetnutzer wird,“

    kommentiert Sebastian Alscher, Bundesvorsitzender der Piratenpartei.

    Dr. Patrick Breyer, Bürgerrechtler und Europaabgeordneter der Piratenpartei, ergänzt:

    „Mit der Annahme der Urheberrechtsreform im EU-Parlament wurde heute vor einem Jahr ein Stück unserer digitalen Meinungsfreiheit zum Profit der Contentindustrie verkauft und gleichzeitig dem Aufbau einer leicht zu missbrauchenden, fehleranfälligen und dazu noch ineffektiven Zensurinfrastruktur Tür und Tor geöffnet. Noch ist die Urheberrechtsreform nicht in deutsches Recht umgesetzt worden. Je nachdem, wie die Bundesregierung diese umsetzt, wird das mehr oder weniger Schaden für uns Internetnutzer zur Folge haben. Nur zusammen und mit genügend öffentlicher und medialer Aufmerksamkeit können wir es schaffen, den durch die Urheberrechtsreform verursachten Schaden so gut es geht zu minimieren! Dabei kann jeder einzelne helfen!“

  • Agrarminister winken Urheberrechtsreform durch – R.I.P. Internet

    Agrarminister winken Urheberrechtsreform durch – R.I.P. Internet

    Der Ministerrat der Europäischen Union hat heute mit den Stimmen der Bundesregierung den Weg für eine Urheberrechtsreform geebnet. Die Piratenpartei Deutschland hält eine solche Reform grundsätzlich für notwenig, allerdings nicht um jeden Preis, wie beispielsweise die Erfordernis von Uploadfiltern.

    „Dieser Tag wird vielen Kreativen in Erinnerung bleiben. Dieses Finale der Reformbemühungen bestätigt hunderttausenden Protestierenden und Millionen von Petenten, dass nicht nur ihre Zukunft sondern auch die Grenzen ihrer Ausdrucksmöglicheiten von Politikern festgelegt werden, die in der Sache weder die Probleme noch die Lösungsmöglichkeiten verstehen. Es ist Zeit für einen Wandel – wer unser Land und unseren Kontinent für die nächsten Jahrzehnte stark und erfolgreich machen möchte, sollte wenigstens die Technologien der Gegenwart verstanden haben, oder auf diejenigen hören, die damit vertraut oder davon betroffen sind,“

    sagt Sebastian Alscher, Bundesvorsitzender der Piratenpartei Deutschland.

    Weiter kommentiert der politische Geschäftsführer der Piratenpartei Daniel Mönch:

    „Es ist bezeichnend für die gesamte Debatte, dass ausgerechnet die Landwirtschaftsminister in Europa über die Zukunft des Internets beschließen.
    Politiker, die im Internet maximal Youtube, Facebook und Twitter kennen, legen Richtlinien fest, die in Zukunft das Leben von Millionen Menschen beeinflussen, ohne auch nur im Ansatz zu verstehen, was sie da gerade anrichten.

    Experten, die ausnahmslos vor den Folgen von Artikel 11 und 13 gewarnt hatten, wurden ignoriert. Auch die wiederholten Appelle aus den betroffenen Wirtschaftszweigen wurden einfach nicht gehört. Selbst die größten Proteste für ein freies Internet mit Hunderttausenden auf der Straße und über 5 Millionen Unterschriften wurden zugunsten eines Lobbytreffens am Vorabend der Abstimmung übersehen.

    Die Verantwortung für dieses Ergebnis sehen wir PIRATEN bei der SPD, insbesondere bei Justizministerin Katarina Barley. Den Wählern im Koalitionsvertrag und bei allen möglichen Interviews erzählen, dass die SPD gegen Uploadfilter ist, aber dann, wenn es darauf an kommt zu kneifen, ist Betrug am Wähler. Die Wähler haben ein Anrecht auf Verlässlichkeit der von ihnen gewählten Repräsentanten. Das eine zu sagen, um dann genau das Gegenteil zu tun, ist unglaubwürdig und verspielt jedes Vertrauen.“

    Um die Farce zu komplettieren ließ sich Umweltministerin Klöckner bei der Abstimmung auch noch vertreten, und die Bundesregierung wirbt mit einer eilens erstellten Protokollerklärung, die noch deutlicher zeigt, wie wenig sie verstanden hat, worum es wirklich geht, um Verständnis.

  • Urheberrechtsreform und Inklusion

    Urheberrechtsreform und Inklusion

    Für behinderte Menschen ist das Internet nicht nur das Fenster zur Welt, sondern oft auch die einzige Möglichkeit, Geld zu verdienen. Artikel 13/17 würde dem einen Riegel vorschieben. Ein Gastbeitrag von einem Betroffenen.

    In Deutschland sollen Menschen mit einer Behinderung gefördert werden, so dass ihre Nachteile, seien sie psychischer oder physischer Natur, ausgeglichen werden.
    Jedoch scheint der CDU das Thema Inklusion nicht wichtig. Die von dieser Partei mitinitiierte Reform des Urheberrechts, insbesondere der umstrittene Artikel 13 (17), hat das Potential, mein Studium und meine Existenz in Deutschland zu bedrohen.

    Über mich, mein Leben und meine Krankheit:

    In den letzten 5 Jahren verlief mein Leben vollkommen anders und weitaus schlechter, als ich es jemals geplant hatte.
    Im Jahre 2014, als ich mich gerade im 2. Semester meines Studiums befand, erkrankte ich an Colitis Ulcerosa, einer chronischen und bisher unheilbaren Darmkrankheit. Die Symptome können durch Medikamente und diverse Therapien nur unterdrückt werden. Obwohl die Erkrankung nicht selten auftritt, bekennen sich viele Betroffene nicht öffentlich dazu, sei es aus Scham oder aus Angst, von den Mitmenschen abgelehnt zu werden. Die Krankheit hat mir damals das Weiterführen meines Studiums verwehrt. Es ist mir kaum möglich, das Haus zu verlassen. Die schlaflosen Nächte und die Nebenwirkungen der Tabletten und Infusionen haben mich vollkommen verändert; psychisch als auch physisch. So wiege ich heute fast 20 Kilo weniger.
    Das Schlimmste aber ist: Ich gelte als austherapiert, weil jegliche Behandlungen keine Wirkung gezeigt haben. Dafür waren einige davon mit so starken Nebenwirkungen verbunden, dass ich nicht einmal mehr die einfachsten Tätigkeiten ausführen konnte.
    Nach dem unvermeidlichen Abbruch meines Direktstudiums schrieb ich mich bei einer Fernuni ein, um keine Lücke in meinem Lebenslauf entstehen zu lassen und meine Zukunftschancen zu wahren.
    Die letzten Jahre konnte ich einigermaßen normal leben. Der Preis dafür sind hohe Kortison-Dosierungen und die Einnahme sehr vieler Medikamente. Dennoch blieb mir das längere Verlassen meiner Wohnung nach wie vor verwehrt.
    Schließlich musste ich meinen Stolz beiseite schieben und öffentliche Hilfe in Anspruch nehmen. Ich schickte also meine Patientenakte und einen Antrag an das Versorgungsamt, um meinen GdB (Grad der Behinderung) zu bestimmen. Nach kurzer Zeit erhielt ich eine Bestätigung, sodass ich nun mit schwerbehinderten Menschen gleichgestellt bin.

    Was also tun in meiner Situation?

    Auf Youtube und Twitch bin ich seit längerem unter „DeinRoXas“ bekannt. Ich helfe Menschen und unterhalte sie mit meinen Livestreams. Es gelang mir, dieses Hobby zu einem Nebenjob umzufunktionieren. Ein „normaler“ Nebenjob war und ist aufgrund meiner Krankheit bis heute undenkbar für mich. Eigentlich war es schon immer mein Traum, mein Hobby eines Tages zum Beruf zu machen. Dank der aktuellen Politik von CDU und SPD rückt dieser Traum allerdings in weite Ferne; mehr noch: Diese Politik stürzt mich in existenzielle Nöte.

    Was bedeutet die Urheberrechtsreform für mich?

    Mein Hobby als Nebenjob hat es mir bislang ermöglicht, mein Studium zu finanzieren und meine Einschränkungen durch die Behinderung auszugleichen.
    Die Reform des Urheberrechts wird diese Option vollkommen zunichte machen. Die Groko-Parteien ruinieren meine Zukunft, meine Perspektiven, meinen Beruf und mein psychisches Wohl.
    Der Artikel 13 (17) ist in dieser Form ein Schritt in die falsche Richtung. Wenn ich Videos veröffentliche, die beispielsweise Nintendospiele thematisieren, erhebt Nintendo keinen Einspruch gegen diese Verwendung, solange bestimmte Regeln befolgt werden. [2]

    Es ergibt sich nunmehr die absurde Situation, dass ich vom japanischen Hersteller selbst die Erlaubnis habe, seinen Content unter Einhaltung dieser Regel auf Youtube zu publizieren, während im Hintergrund demnächst ein Uploadfilter droht, der genau dies verhindert. Ich verstehe an dieser Stelle nicht, wieso diverse Politiker, die offensichtlich keine Ahnung von der Materie haben, einen solchen Uploadfilter bzw. eine Erkennungssoftware einfach durchwinken.
    Kein wirklicher Funfact dazu: Die gleichen Politiker haben Uploadfilter in ihrem Koalitionsvertrag ausdrücklich abgelehnt.

    Ich frage diese Politiker:

    • Wie soll ein anderer Nebenjob in meiner speziellen Situation, die aber viele andere aus den unterschiedlichsten Gründen ebenso betrifft, auszuüben sein?
    • Wie soll ich in Zukunft mein Leben, mein Studium, handhaben, wenn mir mein Nebenjob, den ich von zu Hause aus ausüben konnte und der mir noch etwas Freude am Leben bereitet, verliere?

    Es kann gut sein, dass ich diesen Nebenjob bald aufgeben muss, verbunden mit der bitteren Erkenntnis, dass die führenden Politiker dieses Landes auch gegen Menschen mit Behinderung vorgehen, um die Lobbyisten, die sie an die Macht brachten und sie an der Macht halten, zufrieden zu stellen.

    Ist das nur mein persönliches Problem?

    Nein. Mit meiner Leidensgeschichte stehe ich bei weitem nicht alleine da. Es gibt viele Creator wie mich, viele Erkrankte, die vor ähnlichen Problemen stehen, sich aber nicht trauen, lautstark zu opponieren.
    Die Einführung von Uploadfiltern wird nicht nur eine enorme Änderungen für Konsumenten einbringen, sondern auch für Künstler und Kreative auf Plattformen wie etwa Twitch und Youtube.

    Bevor etwas veröffentlicht wird, sei es ein geschütztes Zitat, ein Bild, ein Video oder ein Livestream, muss geprüft werden, ob das Material gegen Urheberrechte verstößt. Diese Filter-Technik ist nach Meinung von Experten unausgereift und könnte auch Inhalte löschen, bei denen kein Verstoß vorliegt.
    Livestreams auf öffentlichen Straßen könnten gesperrt werden, wenn Musik im Hintergrund zu hören ist und der verantwortliche Creator keine Lizenzen für diese besitzt.
    Es sind viele Fragen offen, die weder IT-Experten noch die Politiker, die für Artikel 13 sind, sachgerecht und vernünftig beantworten können.
    Aufgrund dieser Unklarheiten bleibt besagten Plattformen nichts anderes übrig, als unter Umständen die gesamte EU auszugrenzen, weil sie ansonsten selbst dafür sorgen müssten, dass keine Urheberrechtsverletzungen auftreten.

    Mein Fazit:

    Ist in einer Demokratie nicht das Volk der eigentliche Souverän? Was mir Hoffnung macht: Speziell junge Menschen erheben in letzter Zeit ihre Stimme, demonstrieren, entwickeln ungeahntes und vom Mainstream wohl auch ungewolltes Interesse für die Politik. Sie werden daraufhin beschimpft, sogar als „Bots“ tituliert, welche angeblich von US-amerikanischen Konzernen beeinflusst und für Demonstrationen bezahlt werden, aber sie lassen sich nicht beirren. Interessant wird sein, wie sie bei den demnächst anstehenden Wahlen abstimmen.

    Momentan wird die Stimme der Bevölkerung jedoch ignoriert. Menschen mit Behinderungen, so wie in meinem Falle, die sich ihren Lebensunterhalt finanzieren und kaum eine andere Möglichkeit oder eine Aussicht auf gesundheitliche Besserung haben, bekommen von der CDU/CSU weitere Nachteile im Leben aufgedrückt.

    Und am Ende stellen wir uns alle nur noch eine Frage: „Welcher Aspekt hat in der heutigen Demokratie einen größeren Stellenwert? Demokratie oder Lobbyismus?“