Schlagwort: ziviler Ungehorsam

  • Endzeitstimmung der aktuellen Politik

    Endzeitstimmung der aktuellen Politik

    Neuer ziviler Ungehorsam

    Wer in den letzten Monaten die Politik beobachtet hat, dem ist vermutlich Folgendes aufgefallen: Es verändert sich was.
    Da gab es plötzlich eine Diskussion über das Urheberrecht und den Artikel 13 (17), welche nicht nur mehr als vier Millionen Menschen veranlasste, eine Petition dagegen zu unterzeichen, sondern auch mehrere hundertausend vornehmlich junge Leute auf die Straße trieb. Ein derartiges Phänomen hatten wir seit langem nicht mehr in Deutschland. Damit nicht genug: Schon seit Wochen gehen in zahlreichen deutschen Städten tausende junge Schüler auf die Straßen, um für eine gerechte Klimapolitik zu demonstrieren.

    Verblüffte und genervte Politiker

    Normalerweise müssten Politiker froh sein, denn es passierte genau das, was sie schon seit Jahren fordern: Junge Menschen, die sich für Politik interessieren. Allerdings nicht in der von den Etablierten gewünschten Art und Weise.
    Sie schlossen sich nicht etwa Parteien an, sondern fanden im Internet ihre eigenen Plattformen. Foren und Soziale Medien, in denen sich vorwiegend junge Leute bislang in den Bereichen Musik, Filme, Mode und Technik bewegt hatten, wurden völlig unerwartet auch zu Sprachrohren für ihre politischen Ansichten. Wie sich nun immer mehr herauskristallisiert, sind diese Ansichten so gar nicht mit der etablierten Mainstream-Politik kompatibel.

    Die bisher führenden Akteure auf dem politischen Parkett – manche bezeichnen sich selbst als Profis – geraten darüber zunehmend in Panik, zumal sich diese „Youngster Communities“ schwer bis gar nicht steuern lassen. Politiker, die es gewohnt sind, ihre Meinungen gezielt über alte Medien zu verbreiten, wurden von der Geschwindigkeit überrascht, mit der sich in dem von ihnen vernachlässigten Raum des Internets alternative Meinungen entwickeln.

    Hashtags wie #Artikel13, #Uploadfilter, #FF, #fridaysforfuture #climatestrike, #gretathunberg und #NiemehrCDU/CSU, #NiewiederSPD, bekommen mittlerweile eine Aufmerksamkeit, die den „Profis“ schwer auf den Magen schlägt.

    Der 26-jährige YouTuber „Rezo“ hat es nun geschafft, dass sein fast einstündiges Video mit dem Titel „Die Zerstörung der CDU“ binnen fünf Tagen mehr als fünf Millionen mal aufgerufen wurde und treibt das Ganze damit auf die Spitze. Am 23. Mai 2019 beschäftigte sich sogar die Tagesschau damit und versäumte es erwartungsgemäß nicht, auch der „anderen Seite“ Sendezeit zu einer Gegendarstellung einzuräumen. Was AKK dort zu Protokoll gab, wirkte genauso blutleer wie unglaubwürdig.

    Anders Rezo: In diesem Video zitiert er Statistiken und unabhängige Recherchen und resümiert in klarer Sprache, was seiner Meinung nach in den 14 Jahren der CDU Regierung falsch gelaufen ist. Klima-, Bildungs-, Digital- und Sozialpolitik stehen im Fokus seiner Kritik. In diesen Feldern hat er, egal wie man sein Video bewertet, vieles genau auf den Punkt gebracht und transparent mit entsprechenden Fakten gespeist.
    Die unerwartete Aufmerksamkeit für die neuen Medien ist den „etablierten Parteien“ natürlich ein Dorn im Auge. Ihre Reaktionen fallen entsprechend negativ aus, sind allerdings auch von bemerkenswerter Hilflosigkeit geprägt. Hilflosigkeit, die die „jungen Wilden“ dann als neues Material verwerten.

    Mehr Überwachung und mehr Zensur als Lösung?

    Welche Auswirkungen könnten die letzten Monate der Internet-Politik für die Zukunft haben?
    Leider sehen hier die Fakten nicht besonders rosig aus. Gesetze wie das Urhebergesetz, das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG), die Vorratsdatenspeicherung, Staatstrojaner und der Überwachungswahn durch neue Polizeigesetze allgemein zeigen deutlich, dass die Politik das „Neuland Internet“ eher als Feindesland abgestempelt hat.
    Die sogenannten Volksparteien versuchen, das Internet durch eine Verschärfung der Zensur und den Ausbau von Überwachungsmaßnahmen zurück in für sie genehmere Bahnen zu lenken und gegen sie gerichtete Kritik zu erschweren. Konkrete und nach Meinung der PIRATEN sehr fragwürdige Ansätze dazu sind in den neuen Entwürfen zum Darknet und in den Forderungen nach einer Klarnamenspflicht im Internet zu erkennen.

    Jugendbewegungen und moderne Politik Hand in Hand

    Die oben aufgezeigten „politischen Internetbewegungen“ allein werden wohl kaum zu einem Umdenken in der derzeitig herrschenden Politik führen. Dazu sind auch parlamentarische Gegengewichte notwendig.

    Der Spitzenkandidat der Piratenpartei, Dr. Patrick Breyer, kann im neuen EU-Parlamemt zusammen mit den Piraten aus Tschechien ein Bollwerk gegen die Überwachungs- und Zensurfanatiker werden.

    Stimmt gegen die Parteien, die euch als Bots oder gekaufte Demonstranten beschimpft haben, gegen die Parteien, die glauben, Millionen Unterschriften gegen Artikel 13 einfach ignorieren zu können.

    Geht bitte wählen. Die Piratenpartei ist eine gute Wahl.
    Hier gehts zum Video

  • Kriminalpolizei speichert EU-Spitzenkandidaten wegen Demonstrationsanmeldung gegen Rassismus und Sexismus in der Polizei

    Kriminalpolizei speichert EU-Spitzenkandidaten wegen Demonstrationsanmeldung gegen Rassismus und Sexismus in der Polizei

    Die Kieler Kriminalpolizei hat den damaligen Landtagsabgeordneten und heutigen Spitzenkandidaten der Piratenpartei zur Europawahl Patrick Breyer wegen einer Demonstrationsanmeldung kriminalpolizeilich erfasst und jahrelang gespeichert. Nach Mitteilung des Landeskriminalamts wurde Breyers Anmeldung einer Demonstration gegen Rassismus und Sexismus in der Landespolizei von dem für politisch motivierte Kriminalität zuständigen Staatsschutz-Kommissariat eingetragen.

    Breyer hatte 2016 aufgedeckt, dass das Kieler Innenministerium frauenfeindliches und rassistisches Verhalten von Polizeianwärtern vertuscht hatte. Weibliche Polizeianwärterinnen sollen u.a. mit Worten und Gesten sexuell beleidigt, Polizeianwärter mit Migrationshintergrund als “Kanacke” und “Kümmeltürke” bezeichnet worden sein. Per Whatsapp hatte ein Polizeianwärter geäußert, er hätte Lust, „mit der MP auch mal in eine Moschee reinzustürmen“. Weil die verantwortlichen Polizeianwärter 2016 trotz dieser Verfehlungen in den Polizeidienst übernommen werden sollten, meldete Breyer vor dem Ort der geplanten Ernennungsfeier eine „Demo gegen Rassismus und Sexismus in der Landespolizei“ an. Dies führte zu seiner kriminalpolizeilichen Erfassung durch das für politisch motivierte Kriminalität zuständige Kieler Staatsschutz-Kommissariat mitsamt Angaben zu der angemeldeten Demonstration.

    Nachdem der wachsende öffentliche Druck zur Verschiebung der Ernennung führte, wurde die Demonstration wenige Tage später abgesagt. Gelöscht wurde Breyers Eintrag aber erst, als dieser Ende 2018 Auskunft über zu seiner Person gespeicherte Daten verlangte. Nur dadurch erfuhr der Bürgerrechtler von dem Vorgang. Er hat nun eine Beschwerde darüber beim Landesdatenschutzzentrum eingereicht.

    „Ich erwarte eine Erklärung dafür, warum das für politisch motivierte Kriminalität zuständige Staatsschutz-Kommissariat 5 mich erfasst hat. Es hat mit der Begleitung von Versammlungen nichts zu tun“

    kritisiert Breyer.

    „Wegen der Versammlungsfreiheit halte ich die jahrelange kriminalpolizeiliche Speicherung der Anmelder einer Demonstration für hochproblematisch. Das kann Personen davon abschrecken, Demos anzumelden. Spätestens nach Absage der Demo hätte die weitere Speicherung in dieser LKA-Datei nicht erfolgen dürfen. Da ich als Bürgerrechtler im Landtag damals die polizeiliche Überwachung in vielerlei Hinsicht kritisch begleitet habe, ist diese Registrierung besonders fragwürdig. Das Landeskriminalamt hat in jener Zeit beispielsweise schon zum Anlass für Ermittlungen genommen, dass ich einen polizeikritischen Artikel des BILD-Blattes verlinkt hatte.“

    Breyer empfiehlt, Datenauskünfte bei Polizei und Verfassungsschutz einzuholen, beispielsweise mithilfe eines im Internet verfügbaren „Auskunftsgenerators“.

    Datenauskunft des Landeskriminalamts vom Dezember 2018