Schlagwort: Kennzeichenlesesysteme

  • Kritik an geplanter Autofahrer-Überwachung durch Kfz-Massenabgleich

    Kritik an geplanter Autofahrer-Überwachung durch Kfz-Massenabgleich

    Der Europaabgeordnete (Piratenpartei) und Bürgerrechtler Dr. Patrick Breyer, der seit Jahren gerichtlich gegen den massenhaften Abgleich von Kfz-Kennzeichen vorgeht, kritisiert die Pläne der Bundesregierung zur bundesweiten Einführung der fehleranfälligen Überwachungstechnik:

    „Der massenhafte Abgleich von Kfz-Kennzeichen führt selten und allenfalls zufällig einmal zur Aufklärung von Straftaten. Auf der anderen Seite verschwendet er die wertvolle Arbeitskraft von Polizeibeschäftigten damit, die zu über 90% falschen Treffermeldungen der fehleranfälligen Technik auszusortieren.

    Die permanente massenhafte automatisierte Kontrolle der gesamten Bevölkerung droht wie ein Krebsgeschwür immer weitere Kreise zu ziehen: Heute zur Fahndung und Beobachtung, morgen für Knöllchen gegen Temposünder und zur Diesel-Fahrverbotsüberwachung und übermorgen wird eine biometrische Gesichtserkennung an jeder Straßenecke eingeführt.

    Die vom Grundgesetz garantierte Handlungsfreiheit geht verloren, wo permanent aufgenommen und abgeglichen wird, weil dadurch der Anschein einer permanenten Aufzeichnung und Kontrolle des eigenen Verhaltens erweckt wird. Autofahrer wissen eben nicht, ob ihr Kennzeichen im Fahndungsbestand verzeichnet ist und ob ihre Bewegungen gespeichert werden oder nicht – was durchaus auch irrtümlich erfolgen kann. Wer jederzeit damit rechnen muss, dass sein gesamtes Fahrverhalten aufgezeichnet und nachvollzogen werden kann, der wird möglicherweise sein Bewegungsverhalten ändern. Unter ständiger Überwachung können wir uns nicht frei verhalten.“

    Hintergrund:

    Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt Landesgesetze zum Kfz-Massenabgleich für teils verfassungswidrig erklärt.

    Bayern etwa scannt an 15 Standorten Kfz-Kennzeichen, um sie mit Polizeidatenbanken abzugleichen. Pro Monat werden so 8,5 Millionen Kennzeichen erfasst. 98% der Treffermeldungen waren falsch, weil der Scanner z.B. ein “I” nicht von einer “1” und ein “O” nicht von einer “0” unterscheidet. In Baden-Württemberg wurden 2017 138.000 Kfz-Kennzeichen erfasst; 92% der Treffermeldungen waren falsch. In Hessen wurden 2017 250.000 Kfz-Kennzeichen eingelesen; dort waren 93% der Treffermeldungen falsch.

    2008 erklärte das Bundesverfassungsgericht das hessische und ein schleswig-holsteinisches Gesetz zum Kfz-Massenabgleich für verfassungswidrig und daher nichtig. Der schleswig-holsteinische Innenminister Lothar Hay gab daraufhin bekannt, er verzichte auf eine Neuregelung, denn das Kfz-Scanning binde Personal, das an anderen Stellen sinnvoller für operative Polizeiarbeit zum Schutze der Bürger eingesetzt werden könne.

    Noch nicht entschieden hat das Bundesverfassungsgericht über eine 2018 vom Bürgerrechtler Dr. Patrick Breyer (Piratenpartei) eingereichte Verfassungsbeschwerde gegen den Kfz-Massenabgleich durch die Bundespolizei (Az. 1 BvR 1046/18). Außerdem unterstützt Breyer eine Klage gegen die Kennzeichenerfassung zur Geschwindigkeitsmessung in Niedersachsen (“Section Control”).

    Breyers Partei veröffentlicht geheim gehaltene Standorte der Kennzeichenscanner und eine Bauanleitung für ein Gerät zum Aufspüren solcher Anlagen: https://redesign.piratenpartei.de/kfzscan.

    Das umstrittene Verfahren des Kfz-Kennzeichenabgleichs steht seit Jahren in der Kritik: In vielen Ländern sind über 90% der Treffermeldungen falsch. Der Massenabgleich, mit dessen Hilfe auch verdeckte Bewegungsprofile für Polizei und Geheimdienste erstellt werden, entfalte insgesamt eine schädliche und abschreckende Wirkung auf unsere Gesellschaft, besonders etwa im Vorfeld von Demonstrationen. Dem stehe ein unverhältnismäßig geringer Nutzen gegenüber.

    In Brandenburg klagt ein Mitglied der Piratenpartei gegen die Praxis, aus Anlass wechselnder Fahndungsersuchen dauerhaft und verdachtslos die Kfz-Kennzeichen sämtlicher Autofahrer aufzuzeichnen und monatelang auf Vorrat zu speichern. Der Fall liegt beim Landesverfassungsgericht.

    In Großbritannien, Dänemark und den Niederlanden werden mithilfe von Kennzeichenscannern schon heute sämtliche Fahrzeugbewegungen bis zu zwei Jahre lang auf Vorrat gespeichert. Polizei und Geheimdienste haben europaweit über 3 Mio. Kfz-Kennzeichen und in Deutschland fast 1 Mio. Kfz-Kennzeichen ausgeschrieben, darunter Ausschreibungen zur Sicherstellung, zur Kontrolle, zur Befragung oder zur verdeckten (unbemerkten) Registrierung.

    Weitere Informationen zum Kfz-Massenabgleich: https://www.patrick-breyer.de/?tag=kfz-massenabgleich

  • Vorratsspeicherung aller Autofahrten in Brandenburg: Piratenpartei erhebt Verfassungsbeschwerde

    Vorratsspeicherung aller Autofahrten in Brandenburg: Piratenpartei erhebt Verfassungsbeschwerde

    Brandenburgs Polizei speichert mithilfe von Kennzeichenscannern des Vitronic-Konzerns („Kesy“) nunmehr bereits seit über zwei Jahren flächendeckend, wann welcher Autofahrer wo auf der Autobahn unterwegs war. Diese Vorratsdatenspeicherung auf unbestimmte Zeit ist ein sehr fragwürdiges Alleinstellungsmerkmal der Polizeibehörde eines einzelnen Bundeslandes, das ganz klar gegen geltendes Recht verstößt. Dennoch ließ das Landgericht Frankfurt (Oder) die Klage eines betroffenen Autofahrers dagegen nicht zu, weil er nur „zufällig mitbetroffen“ sei (Az. 22 Qs 40/19). Der Kläger, Marko Tittel von der Piratenpartei, schaltete daraufhin das Landesverfassungsgericht ein.

    Ihm werde wirksamer Rechtsschutz verwehrt, schreibt Tittel in seiner am Wochenende dort eingereichten Beschwerdeschrift. Wo gezielt alle Autofahrten auf Vorrat gespeichert werden, könne von einer „zufälligen Erfassung“ keine Rede sein. Die brandenburgische Bewegungsdatenbank schaffe die Gefahr, zu Unrecht in Verdacht zu geraten und erzeuge einen ständigen Beobachtungsdruck, der mit herkömmlichen Ermittlungsmaßnahmen durch Ermittlungsbeamte nicht zu vergleichen sei. „Durch eine solche Bewegungs-Vorratsdatenspeicherung kann die Bewegungsfreiheit und die Ausübung anderer Grundrechte wesentlich eingeschränkt werden, wenn Verkehrsteilnehmer Nachteile bei Bekanntwerden ihrer Bewegungen befürchten (z.B. bei Presseinformanten, Versammlungsteilnehmern)“, heißt es in der Beschwerdeschrift weiter.

    Ein von der Piratenpartei erstmals veröffentlichtes Formular der Polizei beweist, wie einfach eine Vorratsspeicherung aller Autofahrten in Auftrag gegeben werden kann: Unter Vorlage eines richterlichen Beschlusses zur Observation eines Beschuldigten können Staatsanwälte entweder die Sichtung bestimmter Kennzeichen melden lassen oder aber Millionen von Fahrzeugbewegungen in Brandenburg auf Vorrat speichern lassen.

    Die für den Dauerbetrieb der Kennzeichenscanner im „Aufzeichnungsmodus“ verantwortliche Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) findet, „wegen der wechselnden Tatfahrzeuge“ sei „eine Beweisführung nur ordentlich möglich, wenn die während des Anordnungszeitraumes erfassten Kennzeichendaten für einen gewissen Zeitraum den Strafverfolgungsbehörden verfügbar bleiben. Nur so können erst später bekannt gewordene weitere Fahrzeuge … in den Abgleich mit eingezogen werden.“

    „Sämtliche Fahrzeuge, die an den Scannern vorbei fahren, werden von Kesy aufgezeichnet und dauerhaft gespeichert. Das ist ein Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung der Bürger, für den es keine Rechtsgrundlage gibt. Für die Piratenpartei ist eine verdachtslose Massenerfassung unbescholtener Autofahrer inakzeptabel!“

    kritisiert Guido Körber, Vorsitzender der Brandenburger Piratenpartei.

    Hintergrund: Brandenburgs Polizei betreibt elf stationäre Kennzeichenscanner an neuen Standorten im Land. Die meisten davon veröffentlicht die Piratenpartei im Internet in einer Karte und ruft zur Mithilfe bei der Suche nach den weiteren Standorten auf.

  • Landgericht will nicht über Brandenburgs Kfz-Massenspeicherung entscheiden

    Landgericht will nicht über Brandenburgs Kfz-Massenspeicherung entscheiden

    Rückschlag für die Klage der Piratenpartei gegen die Praxis Brandenburgs, wahl- und anlasslos jeden Autofahrer auf den Autobahnen des Landes jahrelang auf Vorrat zu speichern: Das Landgericht Frankfurt (Oder) lehnt es ab, über die Zulässigkeit der Kfz-Massenspeicherung zu entscheiden. Die Piraten wollen weiter klagen.

    In seinem Beschluss vom 9. Juli (Az. 22 Qs 40/19) schließt sich das Landgericht der Meinung des Amtsgerichts an, nur „zufällig“ miterfasste Personen hätten kein Recht zu klagen. Außerdem sei das Verwaltungsgericht für die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Kfz-Massenspeicherung zuständig.

    Der Kläger Marko Tittel, Autofahrer und Mitglied der Piratenpartei Brandenburg, will weiter klagen und notfalls bis vor das Bundesverfassungsgericht ziehen:

    „Eine wahllose Vorratsspeicherung jeder Fahrt auf der Autobahn schafft den gläsernen Autofahrer und setzt ihn einem ständigen Überwachungsdruck aus, aber auch dem Risiko eines falschen Verdachts oder missbräuchlicher Nachverfolgung seiner persönlichen Lebensführung durch Unbefugte. Ich möchte nicht in einem Land leben, in dem jede Bewegung erfasst und gegen mich verwendet werden kann.“

    Einem diese Woche veröffentlichten internen Bericht zufolge speichert Brandenburgs Polizei mithilfe von Kennzeichenscannern seit über zwei Jahren flächendeckend auf Vorrat, wann welcher Autofahrer wo auf der Autobahn unterwegs war – dauerhaft und auf unbestimmte Zeit. Die Piratenpartei enttarnt im Internet die offiziell geheim gehaltenen Standorte der Kennzeichenscanner, damit betroffene Autofahrer klagen können. Weitere Informationen zum Kennzeichenscanner, zu den rechtlichen Situationen in den jeweiligen Bundesländern, bereits gefundene Scannerorte und wie man beim Enttarnen der Scanner mithelfen kann, befinden sich ebenfalls auf der Seite.

  • Vorratsspeicherung aller Autofahrten: Brandenburgs Strafverfolger sind außer Rand und Band!

    Vorratsspeicherung aller Autofahrten: Brandenburgs Strafverfolger sind außer Rand und Band!

    Brandenburgs Polizei speichert mithilfe von Kennzeichenscannern seit über zwei Jahren flächendeckend auf Vorrat, wann welcher Autofahrer wo unterwegs war – dauerhaft und auf unbestimmte Zeit. Dies ergibt sich aus einem von netzpolitik.org veröffentlichten polizeiinternen Arbeitspapier. Die Piratenpartei, die gegen die Praxis klagt und im Internet Scannerstandorte enttarnt, fordert die Politik zum Einschreiten auf.

    „Dass ein deutsches Bundesland völlig wahllos alle Autofahrer verfolgt und auf Vorrat speichert, hätte ich nicht für möglich gehalten“

    zeigt sich der Datenschutzexperte und Europaabgeordnete der Piratenpartei Deutschland Dr. Patrick Breyer entsetzt.

    „Brandenburgs Strafverfolger sind außer Rand und Band. Die Opposition im Landtag sollte schleunigst den Wissenschaftlichen Dienst mit einer unabhängigen Prüfung der Praxis beauftragen.“

    Als „größten Skandal im Verantwortungsbereich der Polizei“ sieht Breyer die Passage in dem Papier an, derzufolge Brandenburgs Ermittler eine Kfz-Massenspeicherung selbst dann vornehmen, wenn die Staatsanwaltschaft nur eine gezielte Observation anordnet.

    „Der Prüfbericht der Polizei, der für all das einen Persilschein ausstellt, ist ein Abnickpapier. Er geht an der eigentlichen Frage der Unzulässigkeit einer Kfz-Massenspeicherung vorbei. Ich kenne keinen Rechtswissenschaftler, der die Brandenburg’sche Kfz-Massenspeicherung jedes Autofahrers für zulässig hält. Eine polizeiinterne Arbeitsgruppe ist kein Ersatz für eine unabhängige juristische Bewertung. Deswegen klagen wir.“

    Die Piratenpartei enttarnt im Internet die offiziell geheim gehaltenen Standorte der Kennzeichenscanner, damit betroffene Autofahrer klagen können.

  • Wahlloses Scanning aller Autofahrer gehört auf den Müllhaufen sinnloser Regeln

    Wahlloses Scanning aller Autofahrer gehört auf den Müllhaufen sinnloser Regeln

    Zur gerichtlich angeordneten Abschaltung der umstrittenen „Section Control“-Pilotanlage (Az. 7 A 849/19) erklärt der Jurist Dr. Patrick Breyer, Datenschutzexperte der Piratenpartei und Spitzenkandidat zur Europawahl:

    „Diese Technologie zum wahllosen Fotografieren und Scannen aller Autofahrer ist gescheitert und gehört jetzt endgültig auf den Müllhaufen der Geschichte. ‚Section Control‘ erfasst nicht nur unterschiedslos jeden Autofahrer, sondern ist auch teurer und fehleranfälliger als die beschilderte Aufstellung mehrerer herkömmlicher und datensparsamer Radarfallen hintereinander. Die Anlage sollte abgebaut und durch beschilderte herkömmliche Messtechnik ersetzt werden. Wir werden auch das von Niedersachsen jetzt geplante Section-Control-Gesetz kippen, wenn das Land an seinen Plänen festhalten will.“

    Zusammen mit der Bürgerrechtsorganisation freiheitsfoo hatte die Piratenpartei letzte Woche beim Verwaltungsgericht Hannover eine Klage gegen „Section Control“ eingereicht. Sie richtet sich gegen die geplante Rechtsgrundlage, mit der Niedersachsen „Section Control“ in Kürze gesetzlich verankern will. Heute entschied das Verwaltungsgericht über eine frühere Klage, die vor allem mit der derzeit fehlenden Rechtsgrundlage begründet wurde. Das Gericht meldete bereits Zweifel an, ob das Land Niedersachsen für eine solche Rechtsgrundlage überhaupt zuständig ist.

    Breyer widerspricht der Behauptung, Section Control sorge für die Einhaltung der vorgeschriebenen Geschwindigkeit im gesamten Streckenabschnitt:

    “Selbst erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitungen bleiben folgenlos, wenn an anderer Stelle langsamer gefahren wird. Außerdem weisen Kennzeichenscanner eine so hohe Fehlerquote auf, dass viele Raser überhaupt nicht erkannt werden.”

    Der Pilotversuch sei zudem

    “von vornherein nicht geeignet zu überprüfen, ob ‘Abschnittskontrollen’ Vorteile gegenüber (beschilderten) herkömmlichen stationären Messgeräten haben. Denn auf der Teststrecke sind bisher keine (beschilderten) herkömmlichen stationären Messgeräte im Einsatz gewesen. Dass Section Control besser wirkt als keinerlei Kontrollen, ist unstrittig. Dazu braucht es keinen Pilotversuch.”

    Hintergrund:

    Bei herkömmlichen Geschwindigkeitskontrollen werden nur diejenigen Fahrzeuge fotografiert, bei denen eine Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit festgestellt worden ist. Bei dem bisher nur im Ausland eingesetzten Verfahren der “Abschnittskontrolle” oder “Section Control” hingegen werden sämtliche Fahrzeuge – auch von sich vorschriftsmäßig verhaltenden Fahrzeugführern – aufgenommen, um ihre Durchschnittsgeschwindigkeit auf einer bestimmten Strecke berechnen und Geschwindigkeitsüberschreitungen verfolgen zu können. Die Bundesregierung will eine Kfz-Massenerkennung künftig auch in Dieselfahrverbotszonen einsetzen.

  • freiheitsfoo und Piratenpartei klagen gegen „Section Control“

    freiheitsfoo und Piratenpartei klagen gegen „Section Control“

    Die niedersächsische Landesregierung betreibt seit Anfang 2019 einen bundesweit einmaligen Pilotversuch zur abschnittsweisen Geschwindigkeitskontrolle von Kraftfahrzeugen durch automatisierte Kfz-Kennzeichenerfassung. Durch das Prinzip dieser neuartigen Verkehrsüberwachung unumgänglich ist die zumindest zeitweise fotografische Erfassung bzw. Identifizierung sämtlicher Kraftfahrzeuge, die den betreffenden Straßenabschnitt passieren, selbst wenn sie die Höchstgeschwindigkeit einhalten.

    Dieses verletzt wesentliche Grundrechte auf unverhältnismäßige Weise und legt das Fundament für eine zukünftige umfassende Überwachung des Straßenverkehrs, von der alle Fahrzeugführer betroffen sind. Aus diesem Grunde hat der Bürgerrechtler Michael Ebeling vom freiheitsfoo in Zusammenarbeit mit dem Juristen und Spitzenkandidaten der Piratenpartei zur Europawahl Dr. Patrick Breyer nun beim Verwaltungsgericht Hannover Unterlassungsklage gegen die als „Section Control“ bekannt gewordene Überwachungsmaßnahme eingereicht.

    Anders als bei einer bereits anhängigen Klage gegen die Section Control geht es bei dieser zweiten Klage weniger um die derzeit faktisch fehlende Rechtsgrundlage für das Pilotprojekt als um die grundsätzliche Frage, ob derlei Überwachungssysteme in Einklang mit dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung und mit dem Recht auf anonyme Fortbewegung als Essenz einer freien Gesellschaft zu bringen sind oder nicht. Insofern bereiten sich Kläger und Klägerberater darauf vor, sämtliche Gerichtsinstanzen zu durchlaufen, um den geplanten Section Control-Paragrafen im neuen niedersächsischen Polizeigesetz zu kippen.

    Dr. Patrick Breyer kommentiert:

    „Section Control ist weit teurer als die bewährten Geschwindigkeitsmessungen und lässt wegen seiner Fehleranfälligkeit immer wieder Raser ungestraft passieren. Vor allem bereitet diese Technologie – ebenso wie Gesichtserkennung und ‚Video-Lügendetektoren‘ – den Weg für eine immer weiter reichende wahllose Massenkontrolle der gesamten Bevölkerung. Gegen Massenüberwachung kämpfe ich seit Jahren, weil wir unter ständigem Anpassungs- und Überwachungsdruck nicht frei leben können und wollen.“

    Michael Ebeling zur Klage:

    „Ich halte das Recht, sich grundsätzlich anonym im öffentlichen Raum fortbewegen und reisen zu können für ein besonders hohes Gut einer freiheitlich und an der Würde des Menschen orientierten Gesellschaft. Die Section Control – wie auch einige andere jüngere Entwicklungen und politische Bestrebungen – ist ein weiterer Meilenstein auf dem Weg der Zersetzung dieses Freiheitsrechts. Darum werden wir deren Verfassungswidrigkeit gerichtlich feststellen lassen.“

  • Bundesverfassungsgericht: Kfz-Massenabgleich teilweise verfassungswidrig

    Bundesverfassungsgericht: Kfz-Massenabgleich teilweise verfassungswidrig

    Zu dem heutigen Urteil des Bundesverfassungsgerichts erklärt der bayerische Informatiker Benjamin Erhart, der seit 2008 mithilfe von Spendengeldern gegen das massenhafte automatisierte Scanning von Kfz-Kennzeichen klagt:

    „Ich bin erfreut über dieses Urteil, auch weil wir durch so viele Instanzen gehen mussten, und gleichzeitig ein wenig traurig, dass wir das alles tun mussten und es so lange gedauert hat. Wenn das Bundesverfassungsgericht beinahe schon regelmäßig Gesetze kippen muss, weil sie nicht verfassungsgemäß sind, bedeutet dass, unsere Politiker machen ihre Arbeit nicht so gut, wie sie sein müsste. Statt Populismus wäre mehr Nachdenken angebracht. Statt nutzlosem Sicherheitstheater, das Geld in die Kassen einiger weniger IT-Firmen spült, sollte das Geld lieber in gute Ausbildung, Ausstattung und ausreichend Personal bei den Sicherheitsbehörden gesteckt werden. Statt Massenüberwachung in allen Bereichen, die im Grunde die gesamte Bevölkerung zum Feind erklärt, sollten wir lieber daran arbeiten, langfristig die Freiheit aller zu sichern. Abgesehen davon bedanke ich mich bei allen Unterstützern: Das ist auch ihr Erfolg!“

    Der Bürgerrechtler Dr. Patrick Breyer von der Piratenpartei, der im Internet zur „Enttarnung“ der Scanner-Standorte aufruft, erklärt:

    „Die permanente massenhafte automatisierte Kontrolle der gesamten Bevölkerung droht wie ein Krebsgeschwür immer weitere Kreise zu ziehen: Heute zur Fahndung und Beobachtung, morgen für Knöllchen gegen Temposünder und zur Diesel-Fahrverbotsüberwachung und übermorgen wird eine biometrische Gesichtserkennung an jeder Straßenecke eingeführt. Um die verdachtslose Massenerfassung unbescholtener Bürger zu stoppen, werden wir in Kürze Klage gegen das niedersächsische ‚Section Control‘-Pilotprojekt einreichen. Im Übrigen dürften mit der heutigen Entscheidung die Diesel-Scanner-Pläne des Bundesverkehrsministers vom Tisch sein, weil sie nicht dem ‚Schutz von Rechtsgütern von zumindest erheblichem Gewicht‘ dienen.“

    Hintergrund:

    Die heute bekannt gegebene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe betrifft Verfassungsbeschwerden gegen Gesetze zum Kfz-Massenabgleich in Bayern, Hessen und Baden-Württemberg. Beschwerdeführer sind Autofahrer aus Bayern (Benjamin Erhart), Hessen und Baden-Württemberg.

    Bayern scannt an 15 Standorten Kfz-Kennzeichen, um sie mit Polizeidatenbanken abzugleichen. Pro Monat werden so 8,5 Millionen Kennzeichen erfasst. 98% der Treffermeldungen waren falsch, weil der Scanner z.B. ein „I“ nicht von einer „1“ und ein „O“ nicht von einer „0“ unterscheidet. In Baden-Württemberg wurden 2017 138.000 Kfz-Kennzeichen erfasst; 92% der Treffermeldungen waren falsch. In Hessen wurden 2017 250.000 Kfz-Kennzeichen eingelesen; dort waren 93% der Treffermeldungen falsch.

    2008 erklärte das Bundesverfassungsgericht das hessische und ein schleswig-holsteinisches Gesetz zum Kfz-Massenabgleich für verfassungswidrig und daher nichtig. Der schleswig-holsteinische Innenminister Lothar Hay gab daraufhin bekannt, er verzichte auf eine Neuregelung, denn das Kfz-Scanning binde Personal, das an anderen Stellen sinnvoller für operative Polizeiarbeit zum Schutze der Bürger eingesetzt werden könne.

    Noch nicht entschieden hat das Bundesverfassungsgericht über eine 2018 vom Bürgerrechtler Dr. Patrick Breyer (Piratenpartei) eingereichte Verfassungsbeschwerde gegen den Kfz-Massenabgleich durch die Bundespolizei (Az. 1 BvR 1046/18). Breyer hat letzte Woche geheim gehaltene Standorte der Kennzeichenscanner und eine Bauanleitung für ein Gerät zum Aufspüren solcher Anlagen veröffentlicht: https://redesign.piratenpartei.de/kfzscan. Außerdem hat er eine Klage gegen die Kennzeichenerfassung zur Geschwindigkeitsmessung in Niedersachsen („Section Control“) angekündigt.

    Das umstrittene Verfahren des Kfz-Kennzeichenabgleichs steht seit Jahren in der Kritik: In vielen Ländern sind über 90% der Treffermeldungen falsch. Der Massenabgleich, mit dessen Hilfe auch verdeckte Bewegungsprofile für Polizei und Geheimdienste erstellt werden, entfalte insgesamt eine schädliche und abschreckende Wirkung auf unsere Gesellschaft, besonders etwa im Vorfeld von Demonstrationen. Dem stehe ein unverhältnismäßig geringer Nutzen gegenüber.

    Aktuell zieht der nächste Vorstoß der Bundesregierung, Kennzeichenscanner auch für die Verhängung von Bußgeldern gegen Dieselfahrer in Fahrverbotszonen einsetzen zu wollen, Kritik auf sich.

    In Großbritannien, Dänemark und den Niederlanden werden mithilfe von Kennzeichenscannern schon heute sämtliche Fahrzeugbewegungen bis zu zwei Jahre lang auf Vorrat gespeichert. Polizei und Geheimdienste haben europaweit über 3 Mio. Kfz-Kennzeichen und in Deutschland fast 1 Mio. Kfz-Kennzeichen ausgeschrieben, darunter Ausschreibungen zur Sicherstellung, zur Kontrolle, zur Befragung oder zur verdeckten (unbemerkten) Registrierung.

    Weitere Informationen zum Kfz-Massenabgleich

  • „Fahndung“ nach Kennzeichenscannern: Patrick Breyer veröffentlicht Standorte und Bauanleitung

    „Fahndung“ nach Kennzeichenscannern: Patrick Breyer veröffentlicht Standorte und Bauanleitung

    Automatische Kennzeichenlesesysteme (Kennzeichenscanner) werden aktuell in mehreren Bundesländern eingesetzt. Dabei werden massenhaft Kennzeichen der vorbeifahrenden Autos ausgelesen und mit Polizeidatenbanken abgeglichen. Patrick Breyer, Spitzenkandidat der Piratenpartei zur Europawahl, präsentiert nun eine Anleitung zum Bau einer Vorrichtung, die es ermöglicht, die Standorte der Scanner aufzudecken. Schon 15 entdeckte Scannerstandorte in Bayern und Brandenburg sind im Netz auf einer Karte zu finden. Nun sollen weitere Interessierte bei der „Fahndung“ nach Scannern mitmachen und Transparenz herstellen.

    „Der Kfz-Massenabgleich ist Türöffner für eine permanente massenhafte automatisierte Kontrolle der gesamten Bevölkerung. Für Kriminelle ist es ein Kinderspiel, diese Systeme zu umfahren oder auszutricksen; es reicht schon ein falsches Nummernschild. Im Netz der Rasterfahndung landen vor allem unbescholtene Pendler. Die seltenen Zufallsfunde rechtfertigen es nicht, alle Autofahrer unter Generalverdacht zu stellen. Wir akzeptieren keine verdachtslose Massenerfassung unbescholtener Bürger.“Patrick Breyer, Spitzenkandidat zur Europawahl

    Die Kennzeichenscanner weisen Fehlerquoten von über 90% auf und sind sehr einfach zu umgehen. Mehrere Verfassungsbeschwerden, unter anderem von Breyer, liegen dem Bundesverfassungsgericht vor. Eine Klage gegen das neue Einsatzfeld zum Ausstellen von „Knöllchen“ („Section Control“) ist angekündigt. Aktuell zieht der nächste Vorstoß der Bundesregierung, Kennzeichenscanner auch für die Verhängung von Bußgeldern gegen Dieselfahrer in Fahrverbotszonen einsetzen zu wollen, Kritik auf sich. In Großbritannien, Dänemark und den Niederlanden werden schon heute sämtliche Fahrzeugsichtungen auf Vorrat gespeichert. Polizei und Geheimdienste haben europaweit über 3 Mio. Kfz-Kennzeichen und in Deutschland fast 1 Mio. Kfz-Kennzeichen ausgeschrieben, darunter Ausschreibungen zur Sicherstellung, zur Kontrolle, zur Befragung oder zur verdeckten (unbemerkten) Registrierung.