Schlagwort: Verfassungsbeschwerde

  • PIRATEN-Verfassungsbeschwerde wegen Vorratsspeicherung aller Autofahrten in Brandenburg erfolgreich

    PIRATEN-Verfassungsbeschwerde wegen Vorratsspeicherung aller Autofahrten in Brandenburg erfolgreich

    Im Streit um die Praxis des Landes Brandenburg, mithilfe von Kennzeichenscannern im „Aufzeichnungsmodus“ alle Fahrzeugbewegungen auf den Autobahnen des Landes auf Vorrat zu speichern, hat der Autofahrer Marko Tittel, Mitglied der Piratenpartei Brandenburg einen Zwischenerfolg errungen. Das Landesverfassungsgericht hat die Abweisung von Tittels Klage durch das Landgericht Frankfurt (Oder) aufgehoben (Az. VerfGBbg 62/19). Laut Urteil habe Tittel „ein Abwehrrecht gegen den Einsatz der automatischen Kennzeichenerfassung und in der Folge erst recht auch gegen die Speicherung der mittels automatischer Kennzeichenerfassung gewonnenen Daten […], wenn sich der Einsatz nicht auf eine Ermächtigungsgrundlage der Strafprozessordnung stützen lässt.“

    Nun muss das Landgericht entscheiden, ob die Strafprozessordnung die Vorratsdatenspeicherung abdeckt. Piratenpartei und Landesdatenschutzbeauftragte sind sich sicher, dass dies nicht der Fall ist.

    Der Bundestag berät derzeit erst über die Einführung einer Ermächtigung zum Kfz-Massenabgleich in der Strafprozessordnung. Die Länder fordern über einen Abgleich hinaus sogar die Vorratsspeicherung sämtlicher Fahrzeugbewegungen.

    Kläger Tittel begrüßt die Verfassungsgerichtsentscheidung:

    „Das Landgericht Frankfurt (Oder) muss diesen Fall nun erneut behandeln. Das freut mich sehr, zeigt es doch, dass meine Beschwerde, die zuvor vom Landgericht generell abgewiesen wurde, doch ihre Berechtigung hat. Eine wahllose Vorratsspeicherung jeder Fahrt auf der Autobahn schafft den gläsernen Autofahrer und setzt ihn einem ständigen Überwachungsdruck aus, aber auch dem Risiko eines falschen Verdachts oder missbräuchlicher Nachverfolgung seiner persönlichen Lebensführung durch Unbefugte. Ich möchte nicht in einem Land leben, in dem jede Bewegung erfasst und gegen mich verwendet werden kann.“

    Der Europaabgeordnete und Bürgerrechtler Dr. Patrick Breyer (Piratenpartei), der seit Jahren gerichtlich gegen den massenhaften Abgleich von Kfz-Kennzeichen vorgeht, kritisiert die Pläne der Bundesregierung zur bundesweiten Einführung der fehleranfälligen Überwachungstechnik:

    „Der massenhafte Abgleich von Kfz-Kennzeichen führt selten und allenfalls zufällig einmal zur Aufklärung von Straftaten. Auf der anderen Seite verschwendet er die wertvolle Arbeitskraft von Polizeibeschäftigten damit, die zu über 90 Prozent falschen Treffermeldungen der fehleranfälligen Technik auszusortieren.
    Die permanente, massenhafte, und automatisierte Kontrolle der gesamten Bevölkerung droht wie ein Krebsgeschwür immer weitere Kreise zu ziehen: Heute zur Fahndung und Beobachtung, morgen für Knöllchen gegen Temposünder und zur Diesel-Fahrverbotsüberwachung, und übermorgen wird eine biometrische Gesichtserkennung an jeder Straßenecke eingeführt. Unter ständiger Überwachung können wir uns nicht frei verhalten.“

    Hintergrund:

    Brandenburgs Polizei betreibt elf stationäre Kennzeichenscanner an neun Standorten im Land. Die meisten davon veröffentlicht die Piratenpartei im Internet in einer Karte und ruft zur Mithilfe bei der Suche nach den weiteren Standorten auf. Brandenburgs Polizei und Staatsanwaltschaften speichern mithilfe von Kennzeichenscannern auf Vorrat, wann welcher Autofahrer wo auf der Autobahn unterwegs war – dauerhaft und auf unbestimmte Zeit.

    Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt Landesgesetze zum Kfz-Massenabgleich für teils verfassungswidrig erklärt.

    Bayern etwa scannt an 15 Standorten Kfz-Kennzeichen, um sie mit Polizeidatenbanken abzugleichen. Pro Monat werden so 8,5 Millionen Kennzeichen erfasst. 98% der Treffermeldungen waren falsch, weil der Scanner z.B. ein “I” nicht von einer “1” und ein “O” nicht von einer “0” unterscheidet. In Baden-Württemberg wurden 2017 138.000 Kfz-Kennzeichen erfasst; 92% der Treffermeldungen waren falsch. In Hessen wurden 2017 250.000 Kfz-Kennzeichen eingelesen; dort waren 93% der Treffermeldungen falsch.

    Noch nicht entschieden hat das Bundesverfassungsgericht über eine 2018 vom Bürgerrechtler Dr. Patrick Breyer (Piratenpartei) eingereichte Verfassungsbeschwerde gegen den Kfz-Massenabgleich durch die Bundespolizei (Az. 1 BvR 1046/18).

  • Kampf um Digitale Privatsphäre: Bundesverfassungsgericht urteilt über Bestandsdatenauskunft

    Kampf um Digitale Privatsphäre: Bundesverfassungsgericht urteilt über Bestandsdatenauskunft

    Am kommenden Freitag entscheidet das Bundesverfassungsgericht über die Sammel-Verfassungsbeschwerde gegen den staatlichen Zugriff auf Passwörter und die Identität von Internetnutzerinnen und -nutzern (sogenannte Bestandsdatenauskunft, Az. 1 BvR 1873/13, 1 BvR 2618/13). Die Entscheidung ist ebenfalls relevant für das jüngst beschlossene Gesetz zur „Hasskriminalität“, das den staatlichen Datenzugriff auf Internetunternehmen wie Facebook, Google oder Twitter erweitert.

    2013 erhoben die Bürgerrechtler Katharina Nocun und Patrick Breyer als Erstbeschwerdeführer neben 6.373 weiteren Bürgerinnen und Bürgern Verfassungsbeschwerde gegen die sogenannte Bestandsdatenauskunft. Nach diesem Gesetz können Behörden u.a. Internetnutzerinnen und -nutzer identifizieren und Zugangscodes zu Telekommunikationsdiensten herausgeben lassen, z.B. Passwörter zu E-Mail-Postfächern.

    Die Mitbeschwerdeführerin und Autorin Katharina Nocun erklärt:

    „Die Kritik der Bundesdatenschutzbeauftragten zeigt, dass hier dringend nachgebessert werden muss. Die gesetzlichen Hürden für tiefgreifende Eingriffe in die Privatsphäre sind viel zu niedrig. Dass es für die Identifizierung von Internetnutzern keinen Richtervorbehalt braucht, ist grob fahrlässig. Es kann nicht sein, dass BKA und Verfassungsschutz auch ohne konkreten Verdacht auf eine Straftat Internetnutzer ausspionieren dürfen. Wie leicht dies zu falschen Verdächtigungen und Datenbankeinträgen führen kann, habe ich leider am eigenen Leib erleben müssen. Weil ich eine Protestseite gegen die Bestandsdatenauskunft ins Netz gestellt habe, landete mein Name vollkommen zu Unrecht in der bundesweiten Polizeidatenbank für ‚Cybercrime‘. Von solchen skandalösen Vorgängen werden wir uns jedoch nicht einschüchtern lassen.“

    Der Mitbeschwerdeführer und Europaabgeordnete der Piratenpartei Patrick Breyer:

    „In einem Klima des politischen Überwachungswahns sind Datenabfragen unter viel zu geringen Voraussetzungen zugelassen worden. Dadurch ist die Gefahr, infolge einer Bestandsdatenabfrage zu Unrecht in das Visier von Ermittlern oder Abmahnkanzleien zu geraten, drastisch angestiegen. IP-Adressen sind ein sehr fehleranfälliges Ermittlungsinstrument, weil sie nicht auf den konkreten Nutzer schließen lassen. Ich rate allen Internetnutzern zum Einsatz eines Anonymisierungsdienstes, um sich vor falschem Verdacht und ungerechtfertigter Verfolgung zu schützen.“

    In ihrer Stellungnahme an das Bundesverfassungsgericht unterstützte die Bundesdatenschutzbeauftragte die Verfassungsbeschwerde u.a. in den folgenden Punkten: Das Gesetz zur Bestandsdatenauskunft sei vielfach unklar, unverhältnismäßig weitreichend und widerspreche teilweise sogar „eindeutig den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts“. Abgefragte Zugangsdaten wie z.B. zu Cloud-Speichern oder zum Onlinebanking seien behördenintern bisher „einer Vielzahl von Personen zugänglich“, obwohl sie eigentlich besonderer Schutzvorkehrungen bedürften. Wegen der gestiegenen Bedeutung des Internets solle das Bundesverfassungsgericht abweichend von seiner bisherigen Rechtsprechung die Nachverfolgung von Internetnutzern anhand der IP-Adresse nur noch auf richterliche Anordnung zulassen.

    In einem internen Bericht kritisierte die Bundesdatenschutzbeauftragte die Bestandsdatenabfragen des Bundeskriminalamts: Danach kundschafte das BKA mithilfe der Bestandsdatenauskunft Personen aus, die einer Straftat nicht einmal ansatzweise verdächtig seien, und liefere diese an ausländische Behörden aus – mit ungewissen Konsequenzen. Das Bundeskriminalamt nutzt die umstrittene Bestandsdatenauskunft inzwischen fast neunmal so oft wie noch 2013.

    Quellen:
    Die Beschwerdeschrift
    Zusammenfassung der eingegangenen Stellungnahmen
    Informationen zur Verfassungsbeschwerde

  • 17-jähriger Pirat zieht vor das Bundesverfassungsgericht

    17-jähriger Pirat zieht vor das Bundesverfassungsgericht

    Der Bundestag hält daran fest, dass 16- und 17-jährige in Deutschland zur Europawahl nicht wahlberechtigt sein sollen. Dies hat der Bundestag 30 jugendlichen Beschwerdeführer/innen mitgeteilt und ihren Wahleinspruch abgewiesen, darunter den Einspruch des 17-jährigen Lukas Küffner (Piratenpartei) aus Nürnberg.

    Zur Begründung schreibt der Bundestag, es könne offen bleiben, ob die erforderliche Reife bei „einzelnen Personen“ unter 18 vorliege. Generell bestehe bei Jugendlichen dieses Alters eine „höhere Gefahr, den notwendigen Grad von Einsichts- und Entscheidungsfähigkeit noch nicht erreicht zu haben“. Zur Wahl dürfe eine Person nur zugelassen werden, wenn sie „entscheidungsfähig und zur freien Bildung ihres eigenen Wählerwillens fähig“ sei.

    Lukas Küffner will gegen diese Entscheidung nun gemeinsam mit anderen vor das Bundesverfassungsgericht ziehen.

    „Es heißt immer, Jugendliche würden sich nicht für Politik interessieren. Das stimmt jedoch nicht. Immer mehr Jugendliche gehen auf die Straße, um für ihre Zukunft zu demonstrieren, weil diese Zukunft bedroht ist. Warum sollten wir die Entscheidungen einer alternden Wählerschaft überlassen, die wenig bis gar nicht betroffen ist? Junge Menschen sollten über ihre Zukunft mitbestimmen dürfen!“

    Der Europaabgeordnete Dr. Patrick Breyer (Piratenpartei) kritisiert die Entscheidung des Bundestags als „arrogant und bevormundend“.

    „Dass junge Menschen Politik lieber den Experten überlassen sollten, ist Lindner’sche FDP-Logik. Diese Überheblichkeit hat mit der heutigen Lebenswirklichkeit und dem vielfältigen politischen Engagement junger Menschen nichts zu tun.“

    In den EU-Ländern Österreich und Malta dürfen bereits 16-jährige an der Europawahl teilnehmen. Auch das Europaparlament hat sich für ein Wahlrecht ab 16 ausgesprochen.

  • Irisches Gericht stoppt verdachtslose Vorratsdatenspeicherung

    Das irische Gesetz zur verdachtslosen Vorratsspeicherung sämtlicher Telefonverbindungen für Strafverfolger ist vom dortigen High Court als Verstoß gegen die EU-Grundrechtecharta gekippt worden. Die Piratenpartei fordert Konsequenzen von Bundesregierung und EU:

    „Die Kontakte, Bewegungen und Internetverbindungen unverdächtiger Bürger wahllos zu speichern, überschreitet die rote Linie zum Überwachungsstaat“

    erklärt der Bürgerrechtler Patrick Breyer, Spitzenkandidat der Piratenpartei zur Europawahl.

    „Die Sonntagsreden von Bundesregierung und EU zu Menschenrechten sind verlogen, solange sich fast alle EU-Staaten weigern, ihre vom EuGH für grundrechtswidrig erklärten Gesetze zur Vorratsdatenspeicherung aufzuheben.“

    Zusammen mit anderen Beschwerdeführern um Digitalcourage und dem Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung hat Breyer Verfassungsbeschwerde gegen das deutsche Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung eingelegt.
    Breyer warnt vor Versuchen verschiedener Regierungen, im Zuge der geplanten ePrivacy-Verordnung durch die Hintertür Gesetze zur verdachtslosen Vorratsdatenspeicherung oder auch eine „freiwillige Vorratsdatenspeicherung“ durch Telekommunikationsanbieter zu legalisieren:

    „Ein polizeilich-industrieller Komplex versucht auf EU-Ebene, mithilfe von Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung den gläsernen und angepassten Telefon- und Internetnutzer durchzudrücken. Wir setzen dem die Vision selbstbestimmter und unbequemer Menschen entgegen, die Politik in die eigene Hand nehmen.“

  • Verfassungsbeschwerde: Kein Kfz-Massenabgleich an Grenzübergängen

    Verfassungsbeschwerde: Kein Kfz-Massenabgleich an Grenzübergängen

    Ein Jahr nach Inkrafttreten des „Gesetzes zur Verbesserung der Fahndung bei besonderen Gefahrenlagen und zum Schutz von Beamtinnen und Beamten der Bundespolizei durch den Einsatz von mobiler Videotechnik“ hat Patrick Breyer, Themenbeauftragter der Piratenpartei für Datenschutz, Verfassungsbeschwerde gegen die Ermächtigung der Bundespolizei zum Massenabgleich von Kfz-Kennzeichen eingereicht.

    „Ein Kfz-Massenabgleich ist der Türöffner für eine Gesichtserkennung, wie sie die Bundespolizei in Berlin bereits erprobt, also der Prototyp einer permanenten massenhaften Kontrolle der gesamten Bevölkerung.“

    erklärt Ute Elisabeth Gabelmann, politische Geschäftsführerin der Piratenpartei.

    „Es geht beim Kfz-Massenabgleich keineswegs nur um die Sicherstellung gestohlener Fahrzeuge, sondern auch um Ausschreibungen von Personen zur Kontrolle (diese Personen werden bei jedem Antreffen kontrolliert) oder zur Beobachtung (jedes Antreffen wird festgehalten). Insgesamt vermittelt ein Kfz-Massenabgleich den Eindruck ständiger Überwachung, was für eine freie Gesellschaft inakzeptabel ist.“

    Das Bundesverfassungsgericht will noch dieses Jahr über Verfassungsbeschwerden gegen Landesgesetze zum Kfz-Massenabgleich in Bayern, Hessen und Baden-Württemberg entscheiden. Bemerkenswert ist das Eingeständnis Bayerns, dass sich 99% der maschinellen Treffermeldungen nach Überprüfung als Falschmeldungen herausstellen (keine Übereinstimmung). Gescannt wurden u.a. anreisende Demonstranten gegen die Münchener Sicherheitskonferenz 2014.

  • PIRATEN reichen Verfassungsbeschwerde gegen das Videoüberwachungsverbesserungsgesetz ein

    PIRATEN reichen Verfassungsbeschwerde gegen das Videoüberwachungsverbesserungsgesetz ein

    Die Piratenpartei Deutschland reicht Verfassungsbeschwerde gegen das kürzlich in Kraft getretene Videoüberwachungsverbesserungsgesetz beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ein.

    Aus diesem Grund lädt die Partei am Mittwoch, 28. Juni, um 11 Uhr zu einer Pressekonferenz in das A&O Hotel und Hostel Karlsruhe Hauptbahnhof (Bahnhofplatz 14-16, 76137 Karlsruhe) ein, auf der die Gründe und der Inhalt der Verfassungsbeschwerde im Detail erläutert werden. Verfasst hat die Beschwerde Meinhard Starostik, Rechtsanwalt und Richter am Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin, in Absprache mit den Beschwerdeführern.

    Neben Patrick Schiffer, Vorsitzender der Piratenpartei Deutschland und Meinhard Starostik, Rechtsanwalt und Richter am Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin werden die Beschwerdeführer Anja Hirschel, Spitzenkandidatin der Piratenpartei Deutschland aus Baden-Würtemberg, und Stephan Körner, Spitzenkandidat der Piratenpartei Bayern, teilnehmen. Frank Herrmann, ehemaliger Abgeordneter im Landtag NRW, ist terminlich leider verhindert, äußert sich dennoch energisch gegen die Überwachungspraxis der Bundesregierung:

    „Das ‚Videoüberwachungsverbesserungsgesetz‘ ist ein kleines Gesetz mit großer Wirkung. Durch nur zwei zusätzliche Sätze im alten Bundesdatenschutzgesetz wird den für die Aufsicht zuständigen Landesdatenschutzbeauftragten die Möglichkeit genommen, Videoüberwachung im öffentlichen Raum zugunsten des Rechtes auf Privatheit einzelner einzuschränken.“

    Durch die im Gesetz erfolgte Definition, dass Videoüberwachung wirksam ist, „um Leben und Freiheit (der Menschen) zu schützen“, sind dem Einsatz von Überwachungskameras im öffentlichen Raum fast keine Grenzen mehr gesetzt. Die individuellen Grundrechte der Menschen nach Artikel 1 und Artikel 2 des Grundgesetzes sind hier nicht ausreichend berücksichtigt. Für die Piratenpartei Deutschland ist daher schon jetzt klar: Dieses Gesetz ist verfassungswidrig.

    Stefan Körner, Spitzenkandidat der PIRATEN in Bayern:

    „Es ist eine Farce, dass CDU und SPD unser aller Freiheit durch massive Überwachung schützen wollen. Durch die Klage wollen wir erreichen, dass die politische Definition der Wirksamkeit der Videoüberwachung für nichtig erklärt wird. Das Gesetz schafft hier schlichtweg falsche Fakten. Jeder neue Anschlag, bei dem nachher das Bild des Täters von einer Überwachungskamera präsentiert wird, belegt, dass Videoüberwachung untauglich ist, um Gefahren abzuwehren und Anschläge zu verhindern. Leben und Freiheit werden durch Kameras eben nicht geschützt. Videoüberwachung dient hauptsächlich der Dokumentation, der Kontrolle und der Vereinfachung der Strafverfolgung. Aber um es ganz klar zu sagen, eine allgemeine Dokumentation unseres täglichen Lebens halte ich nicht für angemessen, nur um Straftaten einfacher verfolgen zu können. Gesellschaftliche Probleme lassen sich nicht durch Überwachung lösen.“

    Auch der flächendeckende Einsatz von Videoüberwachung in Bussen und Bahnen sowie auf Bahnhöfen wird durch das Gesetz legitimiert. Ob das notwendig ist, spielt im Gesetz keine Rolle mehr.

    „Man muss dieses Vorgehen in Zusammenhang mit dem jetzt möglichen automatisierten Zugriff von Polizei und Verfassungsschutz auf unsere biometrischen Passbilder und die Pläne zur Einführung der Gesichtserkennung an Bahnhöfen sehen. Die Vision der Sicherheitsbehörden, jederzeit einen möglichen ‚Gefährder‘ durch Bilderkennung lokalisieren zu können, rückt näher. Und wir bewegen uns in großen Schritten hin zum Überwachungsstaat. Das betrifft jeden von uns! Dagegen müssen, dagegen werden wir uns wehren“

    Anja Hirschel, Spitzenkandidatin der PIRATEN zur Bundestagswahl unterstreicht die Bedeutung der Verfassungsbeschwerde.

    Aus diesem Grund erwartet die Piratenpartei Deutschland vom Bundesverfassungsgericht, dass die große Koalition aus CDU, CSU und SPD wieder einmal auf die Notwendigkeit hingewiesen wird, die individuellen Grundrechte der Menschen in unserem Land zu schützen und dass das Videoüberwachungsverbesserungsgesetz für nichtig erklärt wird.

    Zum Hintergrund:

    Der Entwurf für das Videoüberwachungsverbesserungsgesetz wurde von der Bundesregierung bereits am 21.Dezember 2016 beschlossen. Schon vorher wurde Kritik geäußert, unter anderem von der Bundesdatenschutzbeauftragten, die den Entwurf harsch beanstandet hat. In einer Entschließung der 92. Konferenz der unabhängigen Datenschutzbehörden des Bundes und der Länder vom November 2016 wurde die Bundesregierung aufgefordert, den Entwurf zurückzuziehen. Der Gesetzentwurf wurde am 27. Januar 2017 dennoch in den Deutschen Bundestag eingebracht. Am 15. Februar beschloss der Innenausschuss eine Anhörung von Sachverständigen, die dann am 6. März auch durchgeführt wurde. Wie so oft unterstützten die Sachverständigen der Polizei das Gesetz, während es die unabhängigen Wissenschaftler, der Richterbund und Datenschützer mehrheitlich als schlecht bis verfassungswidrig einstuften.

    Ohne sich durch die Meinung der Sachverständigen beirren zu lassen, beschloss die schwarze-rote Mehrheit im Innenausschuss zwei Tage nach der Anhörung am 8. März das Gesetz ohne Änderungen. Der Deutsche Bundestag stimmte einen Tag später mit gleicher Mehrheit kurz vor Mitternacht ebenfalls zu. Zu diesem Zeitpunkt, als es um immense Einschnitte in die Grundrechte der Bevölkerung ging, waren nur noch wenige Parlamentarier im Plenarsaal. Mit der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt ist das Gesetz am 5. Mai 2017 in Kraft getreten.

    Quellen:

    Verfassungsbeschwerden kosten Geld. Bitte unterstützt uns mit einer Spende: https://redesign.piratenpartei.de/mithelfen/spenden/

  • Bundesregierung muss sich zu Bestandsdaten-Verfassungsbeschwerden äußern

    Bundesregierung muss sich zu Bestandsdaten-Verfassungsbeschwerden äußern

    Das Bundesverfassungsgericht will zwei Verfassungsbeschwerden von PIRATEN und 6.000 Bürgern gegen die umstrittene Bestandsdatenauskunft zur Identifizierung von Internetnutzern und zur Anfrage von Passwörtern prüfen. Es hat die Bundesregierung und die Datenschutzbeauftragten aufgefordert, bis zum 30. Juli 2017 Stellung zu beziehen.

    Der Kieler Abgeordnete und Sprecher der Piratenpartei Deutschland für Datenschutz, Patrick Breyer und die ehemalige Politische Geschäftsführerin der Piratenpartei Deutschland, Katharina Nocun, haben 2013 als Erstbeschwerdeführer eine Verfassungsbeschwerde gegen das Bestandsdatengesetz eingereicht. Vertreten werden sie durch den Rechtsanwalt Meinhard Starostik, der bereits die erfolgreiche Verfassungsbeschwerde gegen die Vorratsdatenspeicherung vertreten hat. Starostik ist Richter am Landesverfassungsgericht Berlin. Die Kläger sehen dieses Gesetz zur Datenabfrage als verfassungswidrigen Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung.

    Patrick Breyer erklärt dazu:

    „Ich hoffe, dass das Bundesverfassungsgericht diesen staatlichen Angriff auf die Vertraulichkeit unserer Passwörter und unsere Anonymität im Internet stoppt. „Menschen in Notlagen, Wirtschaftsunternehmen, Regierungsbehörden, Journalisten, politische Aktivisten – sie alle sind in bestimmten Situationen auf anonyme Kommunikation und Internetnutzung angewiesen. Wer die Freiheit aufgibt, um etwas Sicherheit zu gewinnen, der ist nur einen Regierungswechsel vom autoritären Überwachungsstaat entfernt.“

    Geprüft wird erstens eine Sammel-Verfassungsbeschwerde von knapp 6.000 Personen gegen das Bundesgesetz zur Bestandsdatenauskunft (1 BvR 1873/13 und 1 BvR 2618/13). Erstbeschwerdeführer sind die ehemalige politische Geschäftsführerin der Piratenpartei Katharina Nocun und der Themenbeauftragte für Datenschutz der Piratenpartei Deutschland Patrick Breyer. Die Beschwerde beanstandet u.a. das Fehlen einer eindeutigen und normenklaren gesetzlichen Regelung, unter welchen Voraussetzungen Anbieter Zugangssicherungscodes wie Mailbox-PINs oder E-Mail-Passwörter an Staatsbehörden herausgeben dürfen.

    Weitere Informationen und die Beschwerdeschrift im Volltext: https://www.bestandsdatenauskunft.de

    Karlsruhe prüft zweitens eine Verfassungsbeschwerde von sechs Landtagsabgeordneten der Piratenpartei gegen das schleswig-holsteinische Landesgesetz zur Bestandsdatenauskunft und gegen das Telemediengesetz (1 BvR 1732/14). Diese Beschwerde richtet sich nicht nur gegen Datenauskünfte von Telekommunikationsanbietern wie der Telekom, sondern auch von „Telemedien-Diensteanbietern“ wie Facebook, Google oder Twitter. Sie will die Herausgabe von Daten über Internetnutzer und ihr Kommunikations- und Surfverhalten einschließlich ihrer Passwörter ohne richterliche Anordnung bereits bei Verdacht von Bagatelldelikten stoppen.

    Weitere Informationen und die Beschwerdeschrift im Volltext.

     

  • Stoppt das Sicherheitstheater! Es bringt nichts.

    Das Bundeskabinett hat heute beschlossen, insgesamt vier Gesetzesentwürfe auf den Weg zu bringen, um eine „Erhöhung der Sicherheit in Deutschland“ zu gewährleisten. Dazu gehört auch eine Gesetzesnovelle, die der Bundespolizei neue Befugnisse geben soll, um „intelligente Überwachung“ einzusetzen, etwa automatische Systeme zum Lesen von Autokennzeichen sowie Bodycams. Außerdem soll den Einsatzleitstellen erlaubt werden, Telefongespräche aufzuzeichnen. (mehr …)